Frage an alle Chlorophyll-Fluoreszentiker:/:inneninnen

Begonnen von reblaus, November 14, 2024, 13:30:08 NACHMITTAGS

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reblaus

Die Fotos (insbesondere von Anne) habe mich an eigene Untersuchungen vor 50 Jahren erinnert. Dabei ging es um die Ausnützung von Chlorophyllfluoreszenz u.a. für phytopathologische Untersuchungen.
Meine Frage dazu: Wurden die aktuellen Untersuchungen an vorverdunkeltem Material unternommen?
Grund für die Frage:
Damals arbeiteten wir u.a. auch an verzögerter Fluoreszenz (damals Lumineszenz genannt). Wenn man ein intaktes Rebenblatt etwa eine halbe Stunde verdunkelt und dann einen kurzen Lichtblitz darauf gibt, tritt ein rotes Nachleuchten auf, das im Laufe einiger Sekunden wieder verschwindet (Kautsky-Effekt).
Das rührt daher, dass nach einer längeren Dunkelphase der Photosyntheseapparat einige Zeit braucht bis alle Teilprozesse synchron laufen und die eingestrahlte Energie komplett verarbeitet werden kann. Das "umsonst" angeregte Chlorphyll gibt diese als rote Fluoreszenz wieder eine Zeitlang ab.
    Wenn man das Blatt allerdings durch Behandlung mit einem Hemmstoff behandelt der den Elektronentransport blockiert (z.B. Unkrautvertilger Simazin), bleibt die Fluoreszenz auf Dauer erhalten.
     Das Foto zeigt ein Blatt, das mit dem Stiel in eine Simazinlösung taucht und dann nach Lichtblitz mit Restlichtverstärker fotografiert wurde. Farbfotos waren deshalb leider nicht möglich. Die helle Erscheinung den Adern entlang ist die verzögerte Fluoreszenz des mit Simazin vergifteten Gewebes. Man kann verfolgen, wie der Photosyntheseblocker im Laufe eines Tages komplett eindringt.
     Photosynthesefachleute mögen mir meine Vereinfachungen verzeihen und die Qualität des Uraltfotos ebenfalls.
     Möglicherweise wurde bei den aktuellen Fluoreszenzaufnahmen auch mal beobachtet, dass die Fluoreszenz zu Beginn etwas stärker ist als nach längerem Belichtungsgefummel?

Viele Grüße

Rolf




Daniel Scheibenstock

Hallo Rolf,

Die Beobachtung bei Autofluoresenz von Chlorophyl habe ich auch gemacht. Oft hilft es alles einstellen. Licht wieder ausspiegeln , warten, einspieglen und Abdrücken🙂

Die Probe im Dunkeln lagern klingt sehr interessant.

Liebe Grüße Daniel
Leica DMRB HC (DL, Pol)
Motic BA310 LED (DL: PH; DF;POL, AL: POL)
Zeiss Universal (DL: Fluo; POL AL: Fluo,POL. DIC)
Zeiss IM35 (DL; PH; Fluo;POL)
Bresser Stereolupe

Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=48126.0

Rawfoto

Hallo Rolf,
Das hängt vom Objekt ab, zwei Beispiele:
Eine Zieralge, Abdunkeln hilft, die Wirkung ist regenerierbar
Ein Schnitt durch einen Blattstiel, eine Nadelbaum-Nadel, die Wirkung ist nicht regenerierbar.

Für Beispiel 1 kann das UV-Licht (Blauer bis Violetter Filterwürfel) einige Sekunden einwirken, dann nimmt die Anregung stark ab.
Für Beispiel 2 kann das UV-Licht (Blauer bis Violetter Filterwürfel) einige wenige Minuten einwirken, dann ist die Anregung nicht mehr vorhanden.

Freundliche Grüße

Gerhard

PS: bei mir auf der Homepage gibt es bei den Galerien einige Bildbeispiele, wenn du Lust hast ...
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

anne

Hallo lieber Rolf,
ich habe nicht vorher abgedunkelt. Meistens sitze ich zuerst am normalen Mikroskop und suche das Präparat ab und wechsle dann zum Fluoreszenzmikroskop.
Daher haben die Objekte vorher eher eine große Dosis Licht abbekommen.
Bei den Zieralgen bemerke ich auch, dass die Autofluoreszenz nachlässt über die Zeit. Kurzes Abdunkeln hilft da tatsächlich. Die Volvox waren da aber sehr angenehme Objekte, die leuchten auch 100 Bilder lang.
lg
anne

Spectrum

#4
Hallo Rolf,
Das die die Autofluoreszenz des Chlorophylls mit der Zeit abklingt, und sich dann im Dunkeln wieder regeneriert, habe ich auch bei meinen Tests verschiedener Filterkombinationen an einem Moosblatt beobachten können. Damit die Ergebnisse meiner Testreihe möglichst vergleichbar bleiben, habe ich deshalb auch immer extra eine Ruhepause eingelegt.
Dabei ist mir ausserdem auch noch etwas anderes aufgefallen. Die Regenerationsfähigkeit ist nicht bei allen Zellen des Blattes gleich. Manche Stellen schaffen es offenbar nicht sich mehrfach zu erholen und bleiben dann dunkel. Zumindest vermute ich das. 100% vergleichbar sind die Aufnahmen dazu weiter unten allerdings nicht, da sie mit leicht verschiedenen Anregungsbändern aufgenommen wurden und die Farbkanäle stark nachbearbeitet wurden (grün subtrahiert). Bei den besagten Aufnahmen sieht man das was ich meine, im unteren linken Bereich, (bitte die übrige Beschriftung ignorieren, die gehören zur Testreihe).
Der "Lochfraß" im unteren Bild, der ist gemeint:
ORG_DSC00418.JPGDSC00419.JPG
Holger
Duzen und meine Bilder (auch ungefragt)  bearbeiten, mit eigenen Aufnahmen ergänzen und weitergeben erwünscht!

reblaus

Hallo -

vielen Dank an alle Kommentatoren!

Man sieht daraus wie kompliziert die ganze Sache ist, zumal in den Beispielen unterschiedlichste Versuchsbedingungen herrschen, verschiedene Chlorophyllarten beteiligt sind und auch Anregungslicht unterschiedlicher Wellenlängen benutzt wird.
     Bei unseren Untersuchungen vor 50 Jahren haben wir "weißes" Licht benutzt um dem Tageslicht nahe zu kommen, aber das ging natürlich nur bei verzögerter Messung (ca. 0,05 sec langer weißer Lichtblitz, darauf nach weiteren 0,05 sec die Fluoreszenzmessung bei abs. Dunkelheit). 3 min Lichtblitze haben übrigens auch gereicht um die Photosynthese zu starten und die verzögerte Fluoreszenz zu löschen. Leider steht mir die selbstgebastelte Messeinrichtung nicht mehr zur Verfügung.

     Verwirrend ist in den zitierten Beispielen auch, dass der Rückgang der Fluoreszenz sowohl vom erfolgreichen Start der Photosynthese als auch von der Schädigung des Photosynthesekomplexes durch das Anregungslicht (evt. zu viel UV) herrühren kann.

Werde mich aber noch eine Weile damit beschäftigen

Viele Grüße

Rolf






Spectrum

Hallo Rolf,
freut mich das du dich als Kenner der Materie meinen Fragen annimmst. Eine Schädigung durch zuviel UV Licht wage ich einmal auszuschließen. Der Anteil im Bereich unterhalb 400nm des Anregungslichts sollte verschwindend gering sein. Die bei den beiden gezeigten Fotos verwendeten schmalbandigen blauen LED's unterscheiden sich in Ihren Maxima insofern, dass die Anregung im unteren Bild (das mit dem Lochfraß) im Bereich von 467nm+-11nm erfolgte. Das belegt auch das zugehörige Datenblatt  (kann ich wenn es weiterhilft gerne raussuchen). Die LED im oberen Bild hat ihr Maxima etwas tiefer, wohl im Bereich 440-455nm. Genaueres erfahre ich in Kürze. (Diese LED wird gerade von einem befreundeten Physiker spektral ausgemessen.)
Meine Fragen an dich:

1.Welche Rolle spielen diese unterschiedlichen Anregungswellenlängen im Blaubereich für den Photosyntheseapparat?
2.Kann eine Vorschädigung, oder besser gesagt eine teilweise Beeinträchtigung des Chlorophylls durch Umwelteinflüsse/Alterung dazu führen, das nur noch ein Teil der sonst verwertbaren Lichtanteile genutzt werden kann?
(Hier wäre es natürlich im konkreten Beispiel mit dem Moosblatt interessant zu ermitteln, ob ein erneuter Wechsel zurück zu der anderen LED die "Löcher" wieder zum Leuchten bringt).
Wenn beide Lichtquellen wieder verfügbar sind schaue ich mir das nochmal an.

Zuletzt noch eine weitere Frage:
Lässt sich Chlorophyll B bei geeignetem Wellenlängenbereich auch selektiv anregen?

"Löchernde" Grüße
  Holger

Holger
Duzen und meine Bilder (auch ungefragt)  bearbeiten, mit eigenen Aufnahmen ergänzen und weitergeben erwünscht!

reblaus

Hallo Holger -

leider kann ich mich nicht mehr als Kenner der Materie bezeichnen da mein einschlägiges Wissen schon einige Jahrzehnte veraltet ist weil ich es zwischenzeitlich nicht mehr aktualisieren konnte.
     Aber schau mal in Wikipedia unter Photosynthese/Chlorophyllfluoreszenz/Chlorophylle nach. Man versteht zwar nicht alles aber doch einige wichtige Punkte.

Gruß

Rolf