Rauschmittelung durch Stacking - Stacking durch Rauschmittelung :)

Begonnen von Heribert Cypionka, November 16, 2024, 22:46:06 NACHMITTAGS

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Heribert Cypionka

Liebes Forum,

zufällig bin ich erst jetzt auf einen sehr interessanten Beitrag aus 2023 von Hubert (Lupus) zum o.g. Thema gestoßen und möchte einige Ergänzungen dazu machen und daran den PICOLAY-Algorithmus (hoffentlich verständlich) erläutern.

Ich erlaube mir, auch die anschauliche Grafik von Hubert hier noch einmal einzugfügen:



Dazu Huberts Beschreibung:

"Im Gegensatz zum Stacking in der Astro-Fotografie erfolgt beim Fokusstacking in der Makro- und Mikrofotografie wie schon erwähnt praktisch keine Rauschminderung. Ich zeige ein konkretes Beispiel an einer Diatomee (Stauroneis phoenicenteron) indem ich aus einer Aufnahmeserie mit 10 Bildern eine Intensitätsmittelung und Fokusstacking durchgeführt habe. Die Einzelaufnahmen haben identische Fokuslage, unterscheiden sich aber sehr deutlich durch das unterschiedliche Rauschen der Bildpixel (obere Reihe der Bildmontage, jeweils sehr starker Bildausschnitt). Unten links eine Mittelung der Intensitäten aller 10 Aufnahmen, unten Mitte der Fokusstack, der nur eine minimale Rauschminderung zeigt. Unten rechts eine Karte die zeigt welche Aufnahmen das Programm (PICOLAY) jeweils für einzelne Pixelbereiche als "scharf" ausgewählt hat. Die Farbcodierung für die 10 einzelnen Aufnahmeebenen reicht von grün bis blau. Die Einzelaufnahmen sind übrigens unbearbeitete, entwickelte RAW-Dateien, aufgenommen mit einem Samsung Tablet."

Tatsächlich widersprechen sich Fokusstacking und Rauschminderung einerseits grundsätzlich. Beim Stacking sucht der Algorithmus nach Variationen der Pixel in der Nachbarschaft, um daraus Strukturen zu identifizieren. Durch Mittelwertbildung der Pixel einer Nachbarschaft zwecks Rauschminderung werden genau diese Variationen eliminiert. Stacking und Rauschminderung sind also sozusagen natürliche Feinde.

Andererseits werden durch den Stacking-Algorithmus intern mehrfach Mittelwerte gebildet. So werden Strukturen nicht anhand zweier einzelner Pixel erkannt, sondern anhand mehrerer, die zusammengehören. Tatsächlich werden bei PICOLAY im Rahmen der Strukturensuche die Originalbilder durch Mittelwertbildung benachbarter Pixel mehrfach geglättet, um dann die Bereiche zu finden, wo sich geglättetes und Originalbild unterscheiden. Je größer der Unterschied desto sicherer ist dort eine Struktur. Das Verfahren wird mit drei Filtern verschiedener Durchmesser wiederholt, zunächst in enger ('fein'), dann in mittlerer und in weiterer Nachbarschaft. Dabei wird für den mittleren Bereich das Zwischenbild geglättet, das im Feinen schon schon geglättet ist, und für den weiteren das im Mittelbereich geglättete... 

Wer bis hierhin hat folgen können, hat noch nicht alles hinter sich. Bei PICOLAY gibt es zwei weitere Rauschminderungsmechanismen:



Mit Noise suppression (0-30) lässt sich Rauschen der Original-Bilder stufenweise unterdücken. Voreingestellt ist '1', und das hatte offenbar Hubert bei seinem Beispiel eingestellt. Man erkennt es an den verwaschenen Bereichen der blau-grünen Tiefenkarte oben und rechts, und den entsprechend leicht geglätteten Bereichen des gestackten Bildes.

Mit Weighted average % lässt sich bewirken, dass nicht das schärfste im Stapel erkannte Pixel selektiert wird sondern der gewichtete Mittelwert der Top 3 schärfsten Pixel.

So, jetzt reicht's aber. Danke nochmal an Hubert für seine anregenden Erläuterungen!

Heribert

Heribert Cypionka

... Eine Sache möchte ich doch noch ergänzen:

Was passiert eigentlich mit den Bereichen, die die Schwelle der Rauschunterdrückung (Noise suppression) nicht erreicht haben? Da gibt es verschiedene Optionen, natürlich unter Options -> 'Use as stacking background'

Eine Möglichkeit ist der (1) Mittelwert aller Pixel im Stapel an dieser Position. Man kann aber - je nach Hintergrund des Motivs - auch die (2) hellsten oder (3) dunkelsten Pixel wählen. Voreingestellt ist der (4) Mittelwert aus dem hellsten und dunkelsten Pixel. Es gibt aber weitere, sehr nützliche Optionen: Man kann eine (5) fixe einheitliche Farbe für diese Bereiche verwenden und dadurch das Objekt freistellen, z.B für Rotationen im Raum. Schließlich lässt sich auch das (6) letzte Bild des Bilderstapels als Hintergrund nutzen, wodurch man von Farbverläufen bis zur Blümchentapete alles in den Hintergrund setzen kann ;) Die gewählte Option (außer der Voreinstellung) wird im Namen des Stapelbildes durch Kürzel dokumentiert.

So, jetzt lass ich's aber sein. Eine Bitte an die Moderatoren: Wäre es möglich, diesen Faden unter die Rubrik 'Software' zu schieben? Dort wird er wahrscheinlich auf die Dauer leichter gefunden.

Herzlichen Dank,

Heribert Cypionka