Botanik: Wilde Möhre (Daucus carota) *

Begonnen von Peter T., Juni 20, 2025, 12:21:08 NACHMITTAGS

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Peter T.

Nachdem die Möhre ja "Handwerkszeug" beim Schneiden ist, soll sie jetzt einmal besonders geehrt werden. Die Wildform der Möhre ist bei Schmetterlingsfreunden beliebt, ist sie doch eine der wichtigsten Futterpflanzen des Schwalbenschwanzes (Papilio machaon).
Meine Exemplare habe ich auf einer ehemaligen Rasenfläche gefuinden. Aufgrund einer Baustelle war der Rasen monatelang abgesperrt und es konnte sich eine Wiese entwickeln. Für mich ein viel schönerer Anblick als der "gepflegte" Rasen.

Bild 1


Am oberen Ende sieht man bereits die sich bildende Blütendolde.

Hier ein junges Exemplar

Bild 2


Und hier ist es so weit: "Möhre in Möhre"

Bild 3


Bei den Schnitten möchte ich auch mit der Wurzel beginnen, weil man hier schön sehen kann, wie sich die Leitbündel entwickeln.
Zur Färbung: Ich hatte erst eine frische Wurzel geschnitten und mit W-ASim III gefärbt, war dann aber mit der Ausbeute an gelungenen Schnitten nicht zufrieden und habe später eine andere Pflanze, die geduldig in Ethanol 70% auf ihren Einsatz gewartet hat, mikrotomisiert und mit FCA nach Etzold gefärbt. Auszugsweise zeige ich einige wenige Bilder mit der W-ASim III- Färbung zusätzlich.

Teil 1: Wurzel

Hier also der Querschnitt durch die Wurzel

Bild 4


Man erkennt ein lockeres Hüllgewebe und einen inneren Kern, den die Leitbündel bilden. Ganz innen sieht man bereits lockere, nicht verholzte und recht großlumige Zellen, die wir aus den Sprossachsen als Markparenchym kennen.

Beim nächsten Schnitt (mit W-ASim III gefärbt) sieht man die eigentliche Struktur der Leitbündel in der Wurzel: Sie sind radial angeordnet.

Bild 5


Dieser Schnitt ist also weiter weg von der Sprossachse als der Erste, oder, wenn man so will, er sitzt tiefer in der Erde.


In der Folge einige Detailbilder


Bild 6


Der innere Bereich der Wurzel. Die radiale Anlage der Leitbündel ist gut zu erkennen.

Bild 7


Das Xylem

Die folgenden Bilder zeigen Details des Wurzelgewebes

Bild 8


Bild 9


Bild 10


Auf den folgenden Bildern sieht man Querschnitte der Wurzel. Die Schnitte nähern sich der Sprossachse, was einige eindrucksvolle Änderungen im Querschnitt ausmacht

Bild 11


Auch hier wieder gut erkennbar die Radialstruktur. Leider ist der Schnitt etwas eingerissen und nicht in einer Schärfeebene. Entscheidend ist aber die Veränderung des inneren Bereiches, je mehr man sich der Sprossachse nähert.

Bild 12


Die Leitbündel beginnen, sich zur Peripherie hin zu orientieren, im Zentrum tauchen die ersten Markzellen auf.

Bild 13


Weiter geht es Richtung Sprossachse

Bild 14


Hier wird der Übergang von der Wurzel zur Sprossachse am deutlichsten. Die Leitbündel streben weiter nach außen, an den Platz, von dem wir sie von den meisten Sprossachsen kennen. Der frei werdende Platz im Zentrum füllt sich immer mehr mit dem späteren Markparenchym. Eines meiner Lieblingsbilder von der Möhre.

Teil 2: Sprossachse

Hier der Überblick

Bild 15


Die Leitbündel sind am Ende ihrer Reise angekommen. Das lockere Speichergewebe der Wurzel wird ersetzt durch Epidermis und Rindenparenchym. Das Markparenchym, das sich bereits im Zentrum der Wurzel gebildet hatte, ist zur dominierenden Struktur im Querschnitt geworden. Was für eine faszinierende Reise der Pflanzenzellen!

Aber jetzt genug der Schwärmerei.

Zunächst ein Überblick im polarisierten Licht

Bild 16


Und nun einige Detailbilder von der Sprossachse

Bild 17


Bild 18


Eine eindrucksvolle Kollenchymbildung. Das bedeutet auch viel Festigkeit für die Pflanze, die Wuchshöhen bis zu 120 cm erreichen kann.

Jetzt noch ein Detail im polarisierten Licht

Bild 19


In der Sprossachse der Möhre findet man kaum Oxalatkristalle. Die Pflanze verzichtet größtenteils auf diesen Fraßschutz. Die Raupe des Schwalbenschwanzes dankt es ihr.

Teil 3: Blattstiel und Blatt

So robust Wurzel und Sprossachse sind, so zart sind Blattstiel und Blatt.

Zunächst der Blattstiel

Bild 20


Man sieht, das war nicht einfach zuschneiden. In der Breite hat der Blattstiel vielleicht 1 mm. Auch im Vergleich mit den Haaren wird die Winzigkeit des Blattstiels deutlich.
Die überaus zahlreichen Haare sieht man am besten im polarisierten Licht. Ich zeige einige Beispiele

Bild 21


Bild 22


Bild 23


Das Blatt selbst im Querschnitt

Bild 24


Nachdem sich die Strukturen des Blattes im Querschnitt aufgrund der Winzigkeit schwer darstellen lassen, habe ich eine Anleihe bei der Moosmikroskopie genommen und das Blatt ungefärbt ins Durchlicht gelegt. Hier die Übersicht

Bild 25


Auch hier erkennt man die Vielzahl an Haaren. Dazu noch einige Detailbilder

Bild 26 (gestackt und DIC)


Bild 27 (gestackt und DIC)


Und hier die Blattspitze mit dem "Doppelhaar"

Bild 28 (gestackt und DIC)


Jetzt einige Spaltöffnungen. Hier habe ich den Kontrast deutlich angehoben, um die Strukturen zu zeigen (DIC)

Bild 29


Es gibt zwar nur sehr wenige Oxalatkristalle, aber im Blatt kommen doch einige vor

Bild 30 (polarisiertes Licht)


Und zum Abschluss noch eine "von unten" durch einen Kristall beleuchtete Spaltöffnung

Bild 31 (polarisiertes Licht)



Das solls gewesen sein von der Wilden Möhre. Es ist ein etwas längerer Beitrag geworden, aber ich finde, für die Verdienste ihrer domestizierten Schwester bei der Pflanzenmmikrotomie hat sie es verdient ;)


Wie immer freue ich mich über Kommentare, Berichtigungen und Ergänzungen.

Liebe Grüße
Peter

purkinje

Hallo Peter,
eine tolle mikroskopische Reise durch die noch-nicht-gelbe-Rübe  ;), sehr schön auch Dein endogener (Kristall) Interferenzkontrast, rustikal (im wahrsten Sinne des Wortes) aber effektiv.
Beste Grüße Stefan

Peter T.

Liebe Grüße
Peter

Hans-Jürgen Koch

Hallo Peter,

die Haare der ungefärbten Blätter (Bild 25-28) sind super fotografiert; ich habe selten so schöne Pflanzenhaare gesehen.

Gruß
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"

Peter T.

Hallo Hans-Jürgen,

vielen Dank für Dein Lob!

(Und auch dafür, dass Du den unreinen Bild-Hintergrund (Bilder 4 und 5) unter den Tisch hast fallen lassen ... ;) )
Liebe Grüße
Peter