Botanik: Ziegenkraut Epimedium grandiflorum *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, September 13, 2025, 16:22:23 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Epimedium grandiflorum, das großblütige Brachkraut oder Bischofshut, ist eine Blütenpflanzenart aus der Familie der Berberidaceae, die in Ostasien (insbesondere China). Japan und Korea beheimatet ist.

Das Verbreitungsgebiet vom Ziegenkraut erstreckt sich von Albanien bis in die Südalpen, nach Westen reicht es bis Piemont. Es gibt Fundortangaben für die Länder Österreich, Italien, Slowenien, Serbien, Kosovo, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Albanien. In Frankreich, Deutschland, in den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, England und in der Slowakei ist Epimedium alpinum ein Neophyt.

Die Alpen-Sockenblume gedeiht in montanen schattigen, warmen Laubwäldern in Höhenlagen meist von 1000 bis 1200 Metern. Sie ist selten.

Das Adjektiv "montan" beschreibt generell etwas, das mit Bergen oder Gebirgen zu tun hat.

Generative Merkmale:
Es handelt sich um eine sommergrüne, mehrjährige Pflanze, die bis zu 40 cm hoch wird, mit leuchtend roten Stielen und grünen, herzförmigen Blättern (in der Jugend kupferfarben), die an der Unterseite leicht behaart sind.
Der ,,Wurzelstock" (Rhizom) ist kriechend. Ein grundständiges Laubblatt wird nach der Blütezeit gebildet.

Bild 01 Großblütige Sockenblume Epimedium grandiflorum

Verfasser: KENPEI

Die Blütezeit reicht von Mai bis Juli. Jeweils wenige Blüten sind zu einem lockeren, endständigen, mehr oder weniger klebrig-drüsig behaarten und rispigen Blütenstand angeordnet.

Die zierlichen, zwittrigen und gestielten Blüten sind vierzählig mit doppelter Blütenhülle und bei einer Breite von ungefähr 1 Zentimeter.
Die Blüte ist nur durch eine einzige Ebene in zwei spiegelbildlichen (zygomorphe) Hälften teilbar, was bei einer Breite von etwa 1 cm gilt.

Eine zygomorphe Blüte, auch monosymmetrisch oder bilateralsymmetrisch genannt, ist eine Blüte, die nur durch eine einzige Symmetrieebene in zwei spiegelbildliche Hälften geteilt werden kann. Diese Art der Symmetrie tritt häufig bei Pflanzen auf, die an bestimmte Bestäuber angepasst sind, und ist im Gegensatz zu radiären Blüten zu sehen, die mehrere Symmetrieebenen aufweisen.

Die vier Kelchblätter haben eine Länge von bis zu 4 Millimetern, sind grün bis rötlich gefärbt und früh hinfällig. 
Die vier Kronblätter sind dunkelrot und doppelt so groß wie die Kelchblätter. Es sind vier schuh-, mützenförmige, gelbe und gespornte Nektarblätter vorhanden.

Bild 02 Alpine barrenwort Epimedium alpinum  in The University of Helsinki Botanical Garden in Kaisaniemi

Foto: Anneli Salo

Bild 03 Einzelblüte, Epimedium alpinum ist ein Neophyt.

Urheber: Aelwyn
Im Frühjahr bildet sie violette langspornige Blüten.

Bild 04 Laubblätter, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum

Foto: H.-J_Koch

Die gefiederten, langstieligen Blätter sind doppelt dreizählig.
Die kurz gestielten, spitzen bis zugespitzten oder rundspitzigen, dünnen bis ledrigen Teilblättchen sind 2 bis 8 Zentimeter lang, eiförmig, am Grund pfeil- bis herzförmig, meist grannig, borstig, stachelig gezähnt, bewimpert oder ganzrandig, oft mit rötlichem Rand.
Die Randgrannen sind oft mehr als 1 Millimeter lang und stehen in einem Winkel von 45 Grad bis 60 Grad ab. Die Blattoberseite ist dunkelgrün, die Unterseite ist mattgrün und anfänglich zerstreut mit kurzen, krausen, rötlichen Haaren bedeckt und verkahlend.

Bild 05 Illustration der Alpen-Sockenblume Epimedium alpinum

Quelle: CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=451392

Systematik:
Ordnung: Hahnenfußartige Ranunculales
Familie: Berberitzengewächse Berberidaceae
Unterfamilie: Berberidoideae
Tribus: Berberideae
Gattung: Elfenblumen
Art: Ziegenkraut
Wissenschaftlicher Name: Epimedium grandiflorum
Syn,: Epimedium macranthum, Endoplectris tricolor, Epimedium grandiflorum f. flavescens, ,  Epimedium pumilum, Epimedium violaceum var.
Trivialnamen: Ziegenkraut, Alpen - Sockenblume, Großblütige Brachkraut, Bischofshut, Großblütige Elfenblume oder Großblütige Sockenblume, Rowdy Lamb Herb, Xianlinpi, Barrenwort, Bishop's Hat, Fairy Wings, Horny Goat Weed, Yangheye oder Yin Yang Huo
Englischer Name: barrenwort
Das lateinische spezifische Epitheton grandiflorum bedeutet großblumig.

Taxonomie:

Die Erstveröffentlichung von Epimedium alpinum erfolgte 1753 durch Carl von Linné (1707 – 1778) in Species Plantarum, Tomus I, S. 117.

Verwendung:
   
Von alters her in der chinesischen Medizin als Potenzmittel genutzt, trat die Pflanze von Australien aus unter ihrem englischen Namen einen Siegeszug als Aphrodisiakum an.
Auf der Hinweistafel vom Kräutergarten stand:
,,Wirksam nach zwei Wochen".  ;D

In der asiatischen Volksheilkunde wird die Walrrebe gegen Gebärmutterkrebs verwendet und aufgrund ihrer durchblutungsfördernden Eigenschaften soll sie auch Konzentration und Gedächtnis verbessern.
Es wird üblicherweise in einer Kapsel mit anderen Inhaltsstoffen verpackt oder als Kräuterflocken oder Pulver mit dem Namen "geiles Ziegenkraut" verkauft.

Drogen: die ganze Pflanze.

Inhaltsstoffe: Kämpferolderivate, wie Icariin (0,2%) und Des-O-methylicariin (ca. 1 %); N - Hexacosylalkohol.

Teil 1
Spross, Querschnitt
30 Mikrometer

Meine Pflanzenproben sind aus dem Kräuterpark Altenau – Harz vom Juli 2025.
https://www.oberharz.de/aktivitaeten/ausflugsziele/kraeuterpark-altenau


Bild 06 Schnittstellen, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum

Foto: H.-J_Koch

Bild 07 Übersicht, ungefärbter Schnitt, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Bild 08 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum




Bild 09 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Bild 10 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Autofluoreszenz, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum

LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 11 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Autofluoreszenz, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Bild 12 Detailaufnahme, ungefärbter Schnitt, Autofluoreszenz, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Arbeitsablauf:
1.Pflanzenprobe liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 7 Minuten
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca.15 Sekunden !!
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 1 Minuten
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 3 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).

Tipp:
Eine schöne Variante erhält man, wenn man in der letzten Färbestufe eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 3:1 verwendet. (3 Tropfen Astrablau und 1 Tropfen Acriflavin separat ansetzen und Gemisch mit der Pipette übertragen.
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste verbleiben.
9. Entwässern mit 3x gewechseltem Isopropylalkohol (99,9 %)
10. Einschluss in Euparal.

Ergebnis:
Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Bei der Betrachtung wird eine Kontrastverbesserung bei Verwendung eines BG 38 Filters (blaugrün, 3 mm dick) erreicht.
Fotos: Nikon D5000, Sony Alpha 6000

Bild 13 Übersicht, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Der kahle Stängel ist bogig aufrecht und oft einblättrig.

Bild 14 Detailaufnahme mit Beschriftung, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum

1 = Markparenchym. 2 = Xylem, 3 = Tracheen, 4 = Rindenparenchym, 5 = Phloem.

Für die chaotische Anordnung der Tracheen im Xylem habe ich noch keine Erklärung.

Bild 15 Detailaufnahme, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Bild 16 Detailaufnahme, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Bild 17 Detailaufnahme, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Bild 18 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum

Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 19 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Bild 20 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Bild 21 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Bild 22  Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Teil 2
Spross, Längsschnitt
30 Mikrometer

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)


Bild 23 Übersicht, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Bild 24 Detailaufnahme, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Bild 25 Detailaufnahme, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum



Bild 26 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Bild 27 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Bild 28 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Bild 29 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum



Teil 3
Blattstiel, Querschnitt
20 Mikrometer

W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)

Der Blattstiel hat einen Durchmesser von 1 mm.

Die Blattstiele der Grundblätter sind länger als die der Stängelblätter.

Bild 30 Übersicht, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Bild 31 Detailaufnahme tailaufnahe, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Bild 32 Detailaufnahme, Ziegenkraut Epimedium grandiflorum


Quellen und weiterführende Informationen:

Wikipedia
,,Die große Enzyklopädie der Arzneipflanzen und Drogen", ISBN: 978-3-89996-508-7
,,Botanika", ISBN: 3-8290.0868-6
Xaver Finkenzeller, Jürke Grau: Alpenblumen (Steinbachs Naturführer). Mosaik Verlag GmbH, München 1996, ISBN 3-576-10558-1
Franz Carl Mertens, Wilhelm Daniel Joseph Koch: Deutschlands Flora. Band 1, Wilmans, 1823, S. 816 f

Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen. Texte werden anschließend individuell von mir selbst verfasst.
Für konstruktiv unde Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.
Die Bilder Nr. 8 und Nr. 25 werden später eingestellt.
Probleme mit pic-upload.de

Gruß
Hans-Jürgen


Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Peter T.

Lieber Hans-Jürgen,

das sind wirklich sehr gelungene und ästhetische Schnitte. Die Blattstiele mit 1 mm Durchmesser sind schon eine Herausforderung.
Sehr interessant auch die wirklich chaotische Anordnung der Tracheen. Irgend einen biologischen Sinn wird das schon haben (?). Mal schauen, ob sich da was dazu finden lässt.

Eine Frage zur Nomenklatur: Du verwendest Epimedium grandiflorum und E. alpinum synonym?

Beste Grüße

Peter
Liebe Grüße
Peter

Hans-Jürgen Koch

#2
Lieber Peter,

danke für dein Lob.

Einige der kleinen Blattstiele gehen beim Färben verloren.
Ich habe jetzt die  Spitze meine dicke Spritzenkanüle für Blutentnahmen (0,9 mm) abgeschliffen.

Montag kaufe ich mir dünnere Nadeln (0,4 mm für subkutane Injektionen).

Bild Nr. 2 ist aus Wikipedia übernommen. Epimedium alpinum hat rote Kronblätter.

Bei der beschriebenen Pflanze Epimedium grandiflorum sind die Kronblätter hellviolett.

Gruß nach München
Hans-Jürgen
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Peter T.

Lieber Hans-Jürgen,

in folgender Publikation über Berberidaceae sind "diagonale" und "hexikale" Anordnungen der Tracheen im Xylem erwähnt. Ob das eine Besonderheit bei Berberidaceae ist, weiß ich nicht, aber das Phänomen ist zumindest schon einmal beschrieben worden.

Wood Anatomy of Berberidaceae: Ecological and Phylogenetic Considerations (S. Carlquist, 1995)

Beste Grüße

Peter

Liebe Grüße
Peter

Hans-Jürgen Koch

Lieber Peter,

danke für den Link.

Meine neuen monofokalen Linsen sind super.
Auf eine Lesebrille muss ich noch 3 Wochen warten.

Ich werde mich dann mit der Holzanatomie der Berberidae beschäftigen.

Die spiralförmige Anordnung (Spiralvernetzung) bei botanischen Tracheen bezieht sich auf die Wandverdickungen im Inneren der Leitungselemente des Xylems.
Die diagonale Gefäßansammlungen sind auffällig.

Gruß
Hans-Jürgen

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Gerne per "Du"

Wutsdorff Peter

Guten abend Hans-Jürgen,
ich schieße mich den lobenden Worten meider Vorgänger an: wieder ein klassischer Hans-Jürgen.
Gruß Peter W,
der 3 Mon abwesend war.

Hans-Jürgen Koch

Hallo Peter W.,

danke.
Schön, dass du wieder da bist.

Gruß
Hans-Jürgen
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