Fragen zur Reinigung eines Zeiss West (endlich) Trinokulartubus

Begonnen von Sebastian Kuhn, Oktober 18, 2025, 12:08:37 NACHMITTAGS

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Sebastian Kuhn

Liebes Forum,

ich komme mit der Reinigung eines verpilzten Zeiss West (endlich) Trinokulartubus nicht weiter: Im linken Tubus gibt es eine letzte Fläche, an die ich nicht rankomme, ich hoffe ihr könnt mir hierzu ein paar Tipps geben (siehe Fotos).
Der Tubus ist von eBay (kam staubgeschützt mit Endkappen und in originaler Styroporbox) und wäre ohne Pilzbefall eigentlich in gutem Zustand, ich vermute das Teil hat zu lange in feuchter Umgebung gelagert. Die Hyphen hatten sich an mehreren Stellen über die Linsen und Prismen ausgebreitet. Ich habe die meisten Stellen ganz gut durch leichtes Abwischen zuerst mit Spülwasser (deionisiertes Wasser mit einem Tropfen Pril) und danach mit Reinigungsbenzin säubern können. Im linken Tubus komme ich aber nicht an die letzte Fläche ran, der Pilz muss da an der Unterseite des eingeklebten Prismas oder noch weiter darunter sitzen.

Blick in linken Tubus: verpilzt
Linker_Tubus_verpilzt_DxO.jpg

Geöffnetes Trino: Ich habe alle Prismen und Linsen, die auf diesem Bild zugänglich waren, gereinigt (auch das Prisma im rechten Tubus):
Trinokulartubus_geöffnet_DxO.jpg

Auch die Linse unten am binokularen Teil habe ich gereinigt und alles was ich tiefer drinnen im Tubus noch mit Wattestäbchen erreichen konnte:
Linsenorientierung_DxO.jpg

Am linken Tubus komme ich nun nicht weiter, das eingeklebte Prisma möchte ich nicht auseinanderbauen:
Linkes_Prisma_aussen_DxO.jpg

Die orange markierten Schrauben habe ich versuchsweise alle mal gelöst, kam damit aber auch nicht weiter:
Trinokulartubus_geöffnet_b_DxO.jpg

Weiß jemand, ob ich irgendwie an die optischen Flächen im linken Tubus komme?

Und Bonusfrage: Nach Reinigung der optischen Fläschen werden ja immer noch Hyphen und Sporen im Tubus sein. Besteht die Gefahr, dass sich der Pilz wieder ausbreitet oder (noch schlimmer) auf andere Teile am Mikroskop überspringt? Ich hoffe, dass eine Desinfektion der zugänglichen Flächen (z.B. mit 70% Ethanol) und anschließende trockene Lagerung Schutz genug sind. Ich habe bei mir im Arbeitszimmer immer ca 40-60% Luftfeuchtigkeit - ist das wohl trocken genug?

Vielen Dank für Eure Hilfe und Beste Grüße,
Sebastian

Jürgen Boschert

Hallo Sebastian,

an die gewünschten Flächen müsstest Du von der rechten Seite her drankommen. Das rechte Prisma müsste das Teilerprisma sein und zum Okular hin noch einen Glaszylinder aufgeklebt haben (Ausgleich der optischen Weglänge). Das linke Prisma ist lediglich ein Umlenker.

Zur Sterilisation/Desinfektion optischer Geräte: Bevor wir für OP-Mikroskope Sterilhüllen zur Verfügung hatten, wurden die OpMi-Körper vom Stativ abgenommen und über mehrere Stunden in eine luftdicht verschließbare Zargeskiste mit >10 Tbl. Formol gelegt. Zum nächsten Eingriff wurden sie dann vom bereits steril gekleideten Operateur entnommen und wieder am Stativ angebracht (Öffnen der Kiste und Befestigen am Stativ natürlich durch eine nicht sterile Hilfsperson. Das war bis Anfang der 80-iger Jahre eine bewährte und übliche Methode. Käufliche Sterilhüllen gab es erst später.
Beste Grüße !

JB

Sebastian Kuhn

Hallo Jürgen,

das rechte Prisma ist tatsächlich anders aufgebaut (mit dem von Dir beschriebenen Glaszylinder), aber gleich dahinter liegt eine schwarze Wandung, so dass ich auch von dieser Seite nicht ohne Weiteres ans linke Prisma komme. Zumindest nicht, ohne das justierte und durch Kleber fixierte Prisma ganz herauszunehmen, das mache ich aber lieber nicht :)
Durch Lösen der drei Schrauben konnte ich den binokularen Teil ja wie geschrieben nicht abnehmen, gibt es vielleicht eine Möglichkeit die Knickbrücke weiter auseinanderzunehmen? Kann man die schwarze Blende in der Mitte der Knickbrücke mit einem Objektivschlüssel abschrauben? (Ich hab etwas Angst, dass mir dann komplizierte Technik entgegen fällt).

Beim normalen Gebrauch fällt der Pilzbefall übrigens kaum auf, das linke Bild ist nur etwas flauer, das stört beim Blick mit beiden Augen durch den Binotubus aber wenig. Wenn ich den Pilz durch Oberflächensterilisation komplett und sicher abtöten könnte, könnte ich auch damit leben. Daher vielen Dank für den Tipp mit dem Formol, ich muss mal schauen, ob man das als Privatperson heutzutage noch in einer Apotheke beziehen kann. Ansonsten hatte ich mir auch schon überlegt, ob ich durch längere Begasung mit Ethanol (also auch in einer luftdichten Kiste) einen ähnlichen Effekt erzielen könnte...

Viele Grüße,
Sebastian

Jürgen Boschert

Hallo Sebastian,

Ethanol würde ich auf keinen Fall nehmen, könnte den Linsenkitt angreifen. Formol/Formalin hat den Vorteil, dass es keine Schäden an Optik und Mechanik hinterlässt. Alternativ könnte ich mir noch Thymol vorstellen.

Die Knickbrücke musste ich bisher noch nicht auseinandernehmen; die beiden Teile kann man wahrscheinlich auch nur trennen, wenn man die Prismen entfernt. Habe eigentlich -so wie auch Du- angenommen, dass man das Binokular nach Herausdrehen der von Dir orange markierten Schrauben als Ganzes abnehmen kann. Schau doch mal, ob sich die Stirnlochmutter mitdreht, wenn Du einen der beiden Tubusflügel bewegst. Wenn nicht, dann würde ich sie lösen und schauen, was passiert.
Wahrscheinlich wirst Du doch das rechte Prisma herausnehmen müssen. Dein letztes Foto zeigt die Schlitzschraube, mit der es fixiert ist. Sie drückt ein Plastikplättchen gegen das Prisma; gegenüber finden sich zwei weitere Plastikpättchen als Widerlager, die jedes mit einem Stift in eine Bohrung des Gehäuses eingelassen sind. Vor Entfernen Prismas würde ich mir die Bildmitte mit Hilfe von Objektmikrometer und Okular-Strichkreuz markieren, damit die Justage beim Einsetzen des Prismas einfacher geht.
Beste Grüße !

JB

Alfons Renz

Hallo Sebastian,

Nach Lösen der winzigen Madenschraube lässt sich die runde Scheibe oben mit einem Stirnlochschlüsel öffnen. Dann lassen sich die beiden Teile des Knicktubus trennen. Dies war kein großes Problem, als ich mal einen solchen Tubus zerlegt habe.

Viel Glück,

Alfons

Sebastian Kuhn

Hallo zusammen,

ich habe nun vorsichtig alle Schrauben am Knicktubus rausgedreht (auch die drei auf der Innenseite, siehe orange Markierung im ersten Post). Der Knicktubus hat nun 1-2 mm Spiel, kann aber immer noch nicht rausgezogen werden, weil vermutlich das linke Prisma (das obere) in den Knicktubus hineinragt und an die Metallplatte mit den drei Löchern in der Mitte des Knicktubus (siehe Foto) anschlägt. Ich habe versucht mit dem Objektivschlüssel diese Platte abzudrehen, scheint aber nicht zu gehen (zumindest nicht mit nur zwei Ansatzpunkten). Sieht so aus, als müsste ich tatsächlich das Prisma rausnehmen...
Ich putze jetzt erstmal alles was geht (Dank des Auseinanderbaus komme ich jetzt noch besser an die Prismen und die Flächen sind besser sichtbar, weil insgesamt mehr Licht rankommt). Danach versuche ich Formol oder eine andere Alternative zur Begasung/Desinfektion aufzutreiben. Vor der Prismenjustage habe ich noch zu großen Respekt :)

Viele Grüße,
Sebastian

Gerd Schmahl

Hallo Sebastian,
viel wichtiger als Desinfektion ist trockene Lagerung. Das setzt vorraus, dass das Mikroskop relativ frei steht und nicht luftdicht verpackt ist. In Plastik verpackte Teile in Verbindung mit wechselnden Temperatueren (ungedämmter Dachboden) und offensichtlich feuchte Lagerung (feuchter Keller) sind in unseren Breiten die beste Vorausstzung für das Verpilzen der Optik. In den Tropen sieht das ganz anders aus! Wenn Du das Teil benutzt und nicht wieder in die Styroporkiste sperrst, wird da auch kein Pilz wachsen. Die allgegenwärtigen Sporen sind nur schwer zu töten. Ich weiß, dass für den Einsatz in den Tropen spezielle Behandlungen durchgeführt wurden (und wohl auch noch werden). Welche das sind weiß ich aber nicht.

LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Sebastian Kuhn

Hallo zusammen,

der Tubus ist nun so weit wie möglich geputzt und wieder zusammengesetzt. Er bleibt auf jeden Fall eingebaut und in aktiver Benutzung in meinem Arbeitszimmer (aktuell: 52% Luftfeuchtigkeit) und ich werde ein Auge drauf halten, dass der Pilz sich nicht wieder ausbreitet.
Formalin (als 30%-ige Lösung) habe ich im Aquarienbedarf ausfindig gemacht (https://www.koi-andreas.de/shop/kusuri-formalin-30/?srsltid=AfmBOorf2HqUMpP8IsrlAYDaymC6fD7_BpNtIg7_ZrrhZTUdwJoh_H4d), ich hoffe dass ich in der Apotheke auch kleinere Mengen bekommen kann.

Viele Grüße,
Sebastian