WDX-Analyse, Vielkristallspektrometer und Röntgenbeugung

Begonnen von Sandy, Dezember 10, 2008, 22:55:30 NACHMITTAGS

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Sandy

Hallo da..

Bin grad dabei, mich mit den Grundlagen der Elektronenmikroskopie und verschiedenen Analyseverfahren auseinanderzusetzen und hoffe hier auf Hilfe, die ein oder andere Frage betreffend..

1. Bei der WDX-Analyse werden die entstehenden Röntgenquanten ja zunächst an einem Kristall gebeugt. Gebeugte Reststrahlung geht an ein Zählrohr etc.. Wieso les ich überall von VIELkristallspektrometern? Wieviele Kristalle werden genutzt und wie wirkt sich das auf die Weiterverarbeitung und Analyse aus?

2. Bei welchen Analyseverfahren generell wird Röntgenbeugung genutzt? Röntgendiffraktometrie, WDX-Analyse.. Fällt noch jemandem eins/ mehrere ein?

Vielen herzlichen Dank im Voraus :)

Peter B.

Hallo Sandy,

zu 1): Warum mehrere Kristalle? Monochromatorkristalle eigenen sich nur für einen bestimmten Wellenlängenbereich. Ein LiF-Kristall z.B. nur für 1.1 - 3.7 A und damit Ka von Ca - As (siehe z. B. S. 9/10: http://www.chemie.uni-jena.de/institute/glaschemie/Anleitung_REM.pdf... hier ist das besser erklärt, als ich das kann...). Um andere chemische Elemente (Ka) zu analysieren, wird der Kristall gewechselt. Die Anzahl der in Mikrosonden verbauten Kristalle ist unterschiedlich, beim Gerät an dem ich vor einigen Jahren gearbeitet habe, waren es 4... 

Mit herzlichen "Röntgen Grüssen", Peter

Sandy

Hallo Peter :)

herzlichsten dank für den link!!! .. hab schon ne weile im netz recherchiert, aber hier scheints ganz anschaulich erklärt zu sein. werd mich mal weiter   reinlesen und schaun, ob noch mehr fragen auftauchen.

MfG Sandy   

wilfried48

Zitat von: Turmalin in Dezember 11, 2008, 00:21:18 VORMITTAG
Die Anzahl der in Mikrosonden verbauten Kristalle ist unterschiedlich, beim Gerät an dem ich vor einigen Jahren gearbeitet habe, waren es 4... 

Mit herzlichen "Röntgen Grüssen", Peter

Hallo Peter,

ich gehe davon aus dass du nicht 4 Kristalle meinst sondern 4 Kristallspektrometer mit jeweils mehreren Kristallen.
Die meisten Mikrosonden haben deshalb mehrere Kristallspektrometer, weil das mechanische Einstellen des Spektrometers auf einen Kristall und die jeweilige Bragg - Bedingung viel Zeit kostet. Wenn man nun Punkt für Punkt eine Oberfläche analysiert und in jedem Punkt einige Minuten Kristalle im Spektrometer verfährt so können sich die reinen Einstellzeiten leicht in Stunden aufsummieren. Deshalb leichten man die leichten Elemente wie z.B. C,N,O,.. mit WDX auf je einem voreingestellten WDX Spektrometer mit dem entsprechenden Kristall und die schweren (hohes Z) mit einem zusätzlichen EDX Spektrometer (Parallelmessung).
Aus diesem Grund haben die meisten voll ausgebauten Elektronenstrahl-Mikrosonden 4 Kristallspektrometer und einen EDX Detektor. Mehr passt auch nicht hin.

Gruss, Wilfried
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Peter B.

Hallo Wilfried,

merci für die Anmerkung! Das stimmt natürlich - in unserem Gerät waren (sind) 4 komplette Kristallspektrometer verbaut.

Grüsse, Peter

Sandy

bin überrascht, dass sich tatsächlich jemand mit diesem thema auskennt ;D also vielen dank nochmal für die unterstützung!!
bin jetzt auch schon um einiges schlauer. mittlerweile sind aber n paar andere fragen entstanden..

3. was hat es mit sogenannten Extraktionsabdrücken auf sich? und warum kann man die bei der EDX auch unterhalb 1 µm analysieren? und warum bei wdx nicht? (wegen der höheren anregungsspannung und der damit auftretenden grösseren emissionswolke/ birne vielleicht?!)

4. Für welche elemente ensteht bei der EDX keine auswertbare charakteristische Röntgenstrahlung? ( alle OZ < 10, wegen dem Berylliumfenster vorm kristall oder hab ich n denkfehler?)

nochmals danke im voraus und herzliche grüße
Sandy

Tracy

Durch Herauslösen von Kristalliten aus der Oberfläche polykristalliner Proben werden Extraktionsabdrücke präpariert. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit der Phasenanalyse mittels Elektronenbeugung.

wilfried48

#7
Zitat von: Sandy in Dezember 11, 2008, 12:19:31 NACHMITTAGS

3. was hat es mit sogenannten Extraktionsabdrücken auf sich? und warum kann man die bei der EDX auch unterhalb 1 µm analysieren? und warum bei wdx nicht? (wegen der höheren anregungsspannung und der damit auftretenden grösseren emissionswolke/ birne vielleicht?!)

4. Für welche elemente ensteht bei der EDX keine auswertbare charakteristische Röntgenstrahlung? ( alle OZ < 10, wegen dem Berylliumfenster vorm kristall oder hab ich n denkfehler?)

nochmals danke im voraus und herzliche grüße
Sandy


Hallo Sandy,

zu 3.: Extraktionsabdrücke mach man z.B. an Stählen immer dann, wenn man nur die Ausscheidungen im Stahl z.B. Cr-, Mo- und W- Carbide analysieren will und zwar im Tansmissionselektronenmikroskop, wo man dünne durchstrahlbare Proben braucht. Hierzu wird der Stahl wie für die normale lichtmikroskopische Gefügeanalyse zunächst plangeschliffen, poliert und chemisch geätzt um Kongrenzen und Carbide hervorzuheben. Von diesem sogenannten metallografischen Schliff kann man nun für das TEM einen durchstrahlbaren Extraktionsabdruck gewinnen, in dem man den Schliff mit einer dünnen Kohelfolie bedampft, welche die Ausscheidungen einhüllt und nachher mit einer Säure die Eisenmatrix wegätzt, sodass die nichtätzbaren Ausscheidungen in dem dünnen Kohlefilm fixiert sind und mit dem Film auf einem TEM Objektträgernetzchen aufgefischt werden können. Damit hat man natürlich im EDX eine höhere Ortsauflösungauflösung weil die Elektronenstreubirne entfällt (dünnes Objekt) und auch die Energieauflösung ist höher, da die Röntgenbremsstrahlung aus der schweren Eisenmatrix keinen Untergrund mehr bilden kann.
Theoretisch würde das natürlich auch für WDX gelten, aber WDX braucht extrem plane Proben, da die Abnahmewinkel extrem genau definiert für alle Probenstellen gleich sein müssen (Probenhöhe auf
µm genau definiert, sodass WDX nur an guten planen metallografischen Schliffen funktioniert und nicht an  rauhen Proben. Ausserdem wäre WDX im TEM auch technisch sehr schwierig, da man ja einen sehr engen Polschuhspalt (insbesondere bei Hochauflösunglinsen) hat aus dem die gebeugte Röntgenstrahlung schwer herauszubekommen ist.
zu 4):
Es ist zum einen schwierig druckfeste dünne Fenster zu machen die so niederenergetische Röntgenstrahlung noch durchlassen wie sie zum Beispiel bei Elementen mit niedrigem Z auftritt (Be,C,O,N). Aber es gibt ja auch noch fensterlose Detektoren, jedoch muss der enegriedispersive Detektor auch noch eine Metallschicht aus z.B. 100 nm Aluminium tragen damit er funktioniert, sodass die Röntgenstrahlung auch dort noch absorbiert wird. WDX macht die Energiedispersion dagegen über die Braggbedingung bei der Röntgenbeugung und der Detektor kann z.B. ein Zählrohr mit extrem dünnem organischen Fenster sein.

viele Grüsse
Wilfried
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Sandy

Hallo Wilfried :)

bin begeistert, danke für die anschaulichen erklärungen. je mehr details man versteht, desto überschaubarer und interessanter wird die ganze materie , muss ich sagen!!! zur erklärung, ich hab am montag eine mündliche prüfung in werkstoffanalytik.. viele dinge wurden zwar im praktikum und ina vorlesung erklärt, aber teilweise haperts eben an den details!

nur um sicher zu gehn, nochmal zu wdx: das mit den flachen abnahmewinkel gilt jetzt nur fürs TEM wegen der ultradünnen proben? fürs Rem gilt das nicht oder?

und noch eine frage hinterher ;) Ist das vergleichsweise niedrige bremsspektrum bei der WDS im REM auf den hohen energieverlust an den monochromatorkristallen zurückzuführen? und um auf deine antwort von vorhin zum vierkristallspektrometer zurückzukommen : pro spektrometer sind schon 4 unterschiedliche monochromatorkristalle gemeint, ne?!

danke danke danke :)

wilfried48

Zitat von: Sandy in Dezember 11, 2008, 21:34:25 NACHMITTAGS

nur um sicher zu gehn, nochmal zu wdx: das mit den flachen abnahmewinkel gilt jetzt nur fürs TEM wegen der ultradünnen proben? fürs Rem gilt das nicht oder?

und noch eine frage hinterher ;) Ist das vergleichsweise niedrige bremsspektrum bei der WDS im REM auf den hohen energieverlust an den monochromatorkristallen zurückzuführen? und um auf deine antwort von vorhin zum vierkristallspektrometer zurückzukommen : pro spektrometer sind schon 4 unterschiedliche monochromatorkristalle gemeint, ne?!

Sorry, ich meinte natürlich, dass der Abnahmewinkel und damit die Probenhöhe bei WDX wegen der Fokusierungsbedingung im fokussierenden Kristallspektrometer sehr genau definiert sein müssen, d.h. auch im REM sind rauhe Proben bei WDX nicht möglich sondern nur plane polierte Schliffe (im Gegensatz zu EDX).

WDX hat im Vergleich zu EDX eine viel höhere Energieauflösung (einige eV bei WDX zu etwa 100 eV bei EDX). Damit kommt natürlich vom kontinuierlichen Bremsspektrum nur weniger zum Detektor durch d.h. weniger Untergrund und daher höhere Nachweisempfindichkeit.

Ich meine mich erinnern zu können (ist bei mir inzwischen auch schon über 20 Jahre her, dass ich mich mit WDX praktisch beschäftigt habe), dass jedes der 4 Spektrometer 3 bis 4 Analysatorkristalle hatte.

Viele Grüsse

Wilfried
vorzugsweise per Du

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Sandy

hallo da :) und herzlichsten dank nochmal an alle für tipps und erklärungen.. mündliche prüfung hab ich bestanden und bin noch dazu um einiges schlauer! ;)

herzlichste grüße
Sandy