Cellulosefasern, chemisch geschädigt

Begonnen von detlef.q, September 27, 2011, 21:57:53 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

detlef.q

Hallo Forum,

ich möchte heute ein paar Bilder von chemisch behandelten Cellulosefasern zeigen.

Bei der Herstellung von Celluloseether wird Zellstoff chemisch so verändert (verethert), dass dieser wasserlöslich wird.
Je nach eingesetztem Rohstoff oder Veretherungsgrad bleiben, mehr oder weniger, teil- bzw. unlösliche, chemisch geschädigte Cellulosefasern übrig.

Ich habe diese Fasern bei nicht ganz gekreuzten Polarisatoren betrachtet. Dadurch habe ich ein noch helles Bild erhalten, auf dem die Enden der Fasern, die sogenannte Pilzkopfquellung, deutlich zu erkennen ist.

In den Bereichen, in denen sich die Fasern auflösen, verlieren sie ihre Doppelbrechung.

Die letzten 2 Bilder sind im Phasenkontrast nach Heine entstanden.

Leitz Panphot, Halogenbeleuchtung 75W/220V, Okular Leitz Periplan 10xBr, Adapter-Optik Zeiss Tessar 50mm/1:2.8, Kamera Canon EOS 1000D.

Viel Spaß beim Anschauen

Detlef














Klaus Herrmann

#1
Danke für den schönen Beitrag Detlef.

So was ist eine Erweiterung der sonst hier üblichen Themenbereiche.

Deine Bilder sind besser als man sie in den Lehrbüchern sieht.

Weiß man eigentlich, wieso manche Bereiche der Faser nicht sichtbar verändert werden - also sozusagen "inert" sind? Oder ist der Angriff der Agenzien willkürlich/zufällig?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Mila

Hallo Detlef,

ein schöner Beitrag! Celluloseether, z.B. Methyl- oder Hydroxyethylcellulose werden galenisch als Gelbildner eingesetzt.

Viele Grüße
Mila

detlef.q

#3
Hallo Klaus,

dass meine Bilder besser sein sollen, als sie in den Lehrbüchern zu sehen sind, kann ich ja fast nicht glauben. Danke für Dein Lob.

Bezüglich der "inerten" Bereiche der Fasern ist mir leider nichts bekannt.

Detlef

Jens Jö

Ich glaube, Klaus meint "inert".
"Innert" ist eher schwäbisch . . .

Alfred

reblaus

"Innert" ist bei Schwaben ungebräuchlich - da muss man mehr in Richtung Süden oder Südosten gehen ...

Gruß

Rolf

Klaus Herrmann

#6
Ihr habt ja so recht.

Zitat"Innert" ist bei Schwaben ungebräuchlich
Und ich kann ergänzen auch "inert" ist bei Schwaben eher ungebräuchlich.

Das erste ist eher in der deutschen Schweiz gebräuchlich und bedeutet "innerhalb... z. B. einer Stunde"
das 2. das ich natürlich gemeint habe, ist eher den Chemikern *) geläufig und bedeutet "Nicht reaktiv"

*) wenn man einer ist, dann könnte man wohl erwarten, dass das richtig geschrieben wird  ;D ;D ;D

Wenn man es nicht weiß, dann befragt man die Rechtschreibprüfung  ;)

Die schlägt für "Innert"  "Inder" vor :D

und für "inert" "Inserat"  :D

Da ist guter Rat teuer :P

Bevor wir jetzt den guten Beitrag von Detlef der Lächerlichkeit preisgeben sollten wir wieder zum eigentlichen Thema zurückkehren.

Ich such morgen mal Literatur zum Thema raus!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Mila

Guten Morgen,

was mich interessiert, ist der Zeitverlauf der Quellung. Bleibt es bei dieser Pilzkopfquellung oder quillt die ganze "Faser" nach einer Weile auf?
In Wasser bilden Celluloseether, je nach Temperatur, Konzentration und Scherung Gele bzw. Sole (also kolloiddisperse Systeme und keine echten Lösungen) aus. Der Quellvorgang dauert Stunden und kann bei vielen Celluloseethern in der Kälte beschleunigt werden: Faustregel: heiß dispergieren - kalt quellen lassen. Eine Ausnahme bildet die ionische Carmellose = Carboxymethylcellulose-Natrium, die heiß und kalt gut quillt. Ob dieser Celluloseether auch die Pilzkopfquellung zeigt? Und hast Du, Detlef, die Gelbildner mal in Wasser bei unterschiedlichen Temperaturen betrachtet?

Viele Grüße
Mila

Klaus Herrmann

Hallo Pilzkopf-Freunde,

ich habe in einem längst vergriffenen Buch aus der Kosmos-Reihe Methoden 2 Seiten zum zitieren:





darau geht hervor, dass chemisch ungeschädigte Cellulose die Pilzkopfquellung zeigt.
Die Quellung wird mit Natronlauge  erzielt.

Jetzt ist natürlich die Frage, wie die - chemisch veränderte - durch Veretherung - Cellulose sich verhält. Wie Detlef schön in seinen Bildern zeigt, quillt die schon mit Wasser. Die Pilzköpfe sind sehr schön ausgebildet, was dann eigentlich "gesunde" Cellulose signalisieren würde.

# Mila: deine Frage kann ich auch beantworten: die Quellung schreitet fort, die Cellulose löst sich fast ganz auf unter Bildung eines hochviskosen "Schleims-Tapetenkleister"

# Detlef: bist du überzeugt, dass deine Bilder geringfügig besser sind? :D
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

moräne

Hallo Detlef
das ist ein auch für mich sehr interessanter Beitrag.
Ich habe zwar erst ein paar Mal Fasern mikroskopiert,
habe mir aber vor einigen Jahren einige Seiten aus Büchern über Fasermikroskopie kopiert.
Da habe ich auch schon ähnliche Bilder gesehen, auch solche wo man Abdrücke von Garnen oder Stoffen gemacht hat, wie es glaube ich Fahrenheit vor einiger Zeit  mal gezeigt hat.
Es ist aber für mich immer die Frage von Platz den ich für meine  vielen Aktivitäten brauche.
Ich habe mir früher mal so einen Pappkarton mit eingeschnittenen Rechtecken wo man die Objektträger zur Aufbewahrung reingibt, zugelegt,  er liegt allerdings nur rum.
Weiter Bilder von unterschiedlichen Fasern in diesem Forum, wurden ich sehr begrüßen.

Arrivederci
Gerd


detlef.q

Guten Morgen,

ja mit der Rechtschreibung ist das so eine Sache: Schnell mal eben geantwortet und schon ist's passiert.
Danke, ich habe es verbessert.

Bezüglich der Quellung der Fasern ist mir aufgefallen, dass diese sich im weiteren zeitlichen Verlauf, entgegen Klaus Aussage, nicht auflösen (evtl. mag es da Ausnahmefasern geben). Sie werden höchstens nach längerer Zeit zersetzt, bzw. scheinen zu zerfallen.
Die Endviskosität einer Celluloseetherlösung  stellt sich nach 1– 3 Stunden ein, je nach Viskositätsstufe,  Einsatzmenge und Scherung. In alten Lösungen habe ich ebenfalls diese Fasern gefunden.

Mila: In der Hitze habe ich die Celluloseetherlösungen noch nicht betrachtet. Das wird auch schwierig, da die meisten Cellether in der Hitze ausflocken. Und dann sind die Fasern nicht mehr sichtbar, die Lösung wird weiß.

Für Viskositätsmessungen werden Celletherlösungen im Normalfall übrigens bei Raumtemperatur angesetzt. Mittels leichter Scherung wird dann erreicht, dass sich alles gut löst. Das heiße Ansetzen ist aber wirklich die unproblematischte Methode um ein verklumpen von den doch sehr feinen Pulvern zu vermeiden.
Es gibt auch noch verzögerte Typen, die können ganz einfach eingerührt werden und beginnen mit der Quellung erst nachdem die Lösung leicht alkalisch  eingestellt wurde, oder eben nach einer gewissen zeitlichen Verzögerung.

Klaus:  Ich habe in dem ,,Handbuch der Mikroskopie in der Technik" von Hugo Freund, Band V, Teil 1 zwar nichts über die Pilzköpfe gefunden, dafür aber ein Bild von Baumwollfasern in Kupferoxydammoniak quellend.
Abgebildet sind Fasern mit vielen aufgequollenen runden Kugeln in der Faser.
So ähnlich sehen 2 Fasern in meinen beiden Phasenkontrastbildern aus.

Die Abbildung von den Pilzköpfen, die Du in eingefügt hast, zeigen sehr klein ausgebildete Köpfe. Auf meinen Bildern sind diese aber sehr groß abgebildet und scheinen zum Ende hin immer ,,löslicher" zu werden.  Durch das Anfügen von Ethergruppen an die Cellulose, wird sie ja nun wasserlöslich. Evtl. sieht man auf den Bildern ja Grenzbereiche, die nicht vollständig verethert sind und sich deshalb nicht richtig lösen bzw. quellen.

Gerd: Das was Dir an Platz fehlt, fehlt mir an Zeit. Aber mit diesen ,,unseren" Gegebenheiten müssen wir wohl auskommen.

Viele Grüße
Detlef