Bakterieninfektion von Moosblattzellen ?

Begonnen von heneu, Januar 01, 2012, 22:39:59 NACHMITTAGS

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heneu

Hallo zusammen,

Ich bin beim mikroskopieren von Moosblättchen (genaue Art des Mooses kenne ich leider nicht) im unteren Abschnitt eines Blattes auf veränderte Zellen gestoßen, bei denen sich die Chloroplasten auflösen. In diesen Zellen finden finden sich zahlreiche Körnchen- und Stäbchenförmige Strukturen:

Achromat 100x Ölimmersion, Frischpräparat.

Das interessante daran ist, dass sich die kleinen Strukturen in den veränderten Zellen rasch bewegen:
http://www.youtube.com/watch?v=DU-aHsXSf7U
Die großen im Gleichtakt "tanzenden" dunklen Punkte bitte ignorieren, das sind Verschmutzungen auf dem Kamerasensor.  (Bitte entschuldigen: Foto und Video sind verglichen mit dem Blick durchs Okular  nicht optimal, ich experimentiere noch mit der Fotoadaption und Nachbearbeitung.)

Fragt sich natürlich, was ich da eigentlich gesehen habe. Erst dachte ich an mechanisch beschädigte Zellen (Pinzette) und Brownsche Bewegung von Cloroplastenfragmenten.
Bei näherer Betrachtung ist die Bewegung der Pünktchen/Stäbchen aber nicht zufällig, sondern zumindest teilweise gerichtet. Daher glaube ich, dass es sich um Bakterien handelt, die die Pflanzenzellen infiziert haben und die am Abbau der Chloroplasten beteiligt sind.

Folgende Fragen hätte ich an die Forengemeinde:


  • Stimmt Ihr meiner Deutung der Bilder zu?
  • Falls mir so was mal wieder begegnen sollte: Was wären sichere Methoden, um die "Bakterienhypothese" zu beweisen oder zu widerlegen ? (Gibt es z. B. geeignete Lebendfärbungen?)

vielen Dank


Bernhard Kaiser

Hallo,

Ihr Moos könnte zu den Familien Bryaceae oder Mniaceae gehören.

Die Bewegungen kleiner Teilchen innerhalb von Pflanzenzellen dürften auf die "Brownsche Bewegung" (s. Wikipedia) - wie Sie richtig vermuten - zurückzuführen sein.

Ich sehe die Bewegung in Ihrem Film zwar nicht, kenne aber die Erscheinung. Bakterie können, müssen aber nicht ursächlich sein.

MfG
Bernhard Kaiser

heneu

#2
Vielen Dank für die Einschätzung.

Die bewegten Punkte / Stäbchen sind wirklich nicht so leicht auszumachen. Habe im Video den Kontrast verstärkt und die interessanten Bereiche markiert. Ich hoffe, das macht es etwas klarer. Am besten sieht man den Effekt bei 480p Auflösung und mittlerer Bildgröße (http://www.youtube.com/watch?v=DU-aHsXSf7U).

Das Bewegungsmuster sieht für mich nicht allseitig zufällig aus, wie man es bei Brownscher Bewegung erwarten würde.  Wäre es zum sichereren Nachweis von Bakterien evtl. sinnvoll gewesen, das Präparat anzufärben, z.B. mit Methylenblau?


Besten Dank und viele Grüße


heneu

Michael Plewka

hallo Heneu,

von Torfmoosen ist bekannt, dass sich in den Wasserspeicherzellen (Hyalocyten) Organismen ansiedeln können. Auch mag es Bakterieninfektionen bei Moosen geben. Andererseits kann man in Pflanzenzellen allgemein  jede Menge Partikel d.h. Zellorganelle wie z.B. Mitochondrien erkennen, welche aufgrund der Plasmaströmung in Bewegung sind. Es müssen also nicht unbedingt Bakterien sein.
Hierzu noch ein link zu einem bemerkenswerten Video von Holger Adelmann:

http://www.youtube.com/watch?v=PRvq2fch1Fo


beste Grüße Michael Plewka

Bernhard Kaiser

#4
Hallo,

Zitatdas Präparat anzufärben, z.B. mit Methylenblau?

versuchen Sie es. Methylenblau als basischer Farbstoff färbt in Mooszellen mal gut, mal garnicht oder mal nur die Zellwände. Um Bakterien zu färben wäre die Zugabe von ganz wenig KOH sinnvoll (Methylenblau nach Löffler). Ich empfehle immer in hoher Verdünnung zu arbeiten, sonst wird leicht überfärbt.

In dem neuen Video sehe ich nun im unteren Feld was Sie meinen. Halte es aber für normale Plasmabewegungen der Inhaltstoffe.

Ansonsten bin ich gleicher Meinung mit Herrn Plewka.

@Herr Plewka falls noch nicht bekannt: wenn Sie von Torfmoosästchen die Blätter abstreifen und den nackten Stengel mikroskopieren sehen Sie die sogenannten Retortenzellen. Darin siedeln sich öfter Rädertierchen an, die an der oberen Pore herausstrudeln. Ein wunderschöner Anblick.

Freundliche Grüße
Bernhard Kaiser

Michael Plewka

hallo Herr Kaiser,

mir war  bekannt, dass sich in den Taschen des Mooses Frullania Rädertiere ansiedeln können (ich habe allerdings weder die Rädertiere noch das Moos bisher gefunden); der von Ihnen genannte Tipp zu den Retortenzellen ist mir aber neu. Ich werde es auf jeden Fall ausprobieren! Besten Dank also!

beste Grüße Michael Plewka