Hauptmenü

Optische Schnitte

Begonnen von Michael Plewka, März 30, 2013, 08:01:59 VORMITTAG

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Michael Plewka

hallo zusammen,

Eines der klassischen Tümplerobjekte ist das "Rädertierchen", womit in vielen Fällen ein Vertreter der bdelloiden Rädertiere wie z.B. Rotaria oder Philodina gemeint ist. Die metachrone  Bewegung der Cilien mit der zahnradartigen Anmutung ist immer wieder  faszinierend anzusehen. Zumeist präsentieren sich diese Rädertiere in Dorsoventralansicht, ein  typischer Anblick, der auch immer wieder Fotograf(inn)en zu entsprechenden Fotos animiert.  Zumeist erschöpft sich aber anscheinend damit das Interesse am Aufbau dieser Viecher, zumindest was die Repräsentation hier im Forum in den letzten Jahren angeht, soweit ich das überblicke.

Ich habe aber selbst festgestellt, dass sich der Aufbau eines solchen Rädertiers nicht so ohne weiteres durch diese typische Ansicht erschließt. Hierzu bedarf es auch einer Seitenansicht auf bzw. durch dieses Tier. Da dieses eine gewisse Breite hat, ergeben sich natürlich auch hier in verschiedenen Fokusebenen verschiedene Aspekte. Ich hatte nun das Glück, das Rädertier Macrotrachela musculosa  solcherart in einer solchen Seitenansicht zu erwischen, dass quasi die Mitte getroffen ist und man so   nun einige typische Organe erkennen kann.



Es bedeuten :
DA: Dorsaltaster (dorsal antenna)
Ro: Rüssel (rostrum); dieser steht -je nach Art- im Winkel von ca 45 - 90 Grad zur Körperlängsachse ab
UL: Oberlippe (upper lip)
Ci: Cilien der Wimperscheiben
Mx: Kauer (Mastax)
die Reihe von Dreiecken markiert den mit Cilien ausgekleideten Rachenraum.

Ich habe nun ein weiteres Exemplar derselben Art in Dorsoventralanischt in verschiedenen Fokusebenen fotografiert und in dem obigen  Bild markiert, welche Ebenen dabei optisch geschnitten wurden.  Dabei muss berücksichtigt werden, dass das obige Tier einen Knick hinter dem Kauer aufweist, während die unteren Aufnahmen von einem gestreckten Tier stammen. Deshalb korresponiert nur etwa die vordere  Hälfte des Tiers  mit den gezeigten Schnittebenen:




Es wird deutlich, dass sich einem Betrachter völlig unterschiedliche Aspekte bieten, je nachdem, in welcher Fokusebene man betrachtet.

Ebene 1 zeigt grundsätzlich die Oberseite (Rückenseite) des Tiers. Man erkennt den  Rüssel  (Ro), der eine vorschiebbare Lamelle und (sensorische?? oder Haft-??) Cilien beinhaltet. Die Cilien sind gut zu sehen. Die Oberlippe weist zwei Lappen auf (Pfeilspitzen). Diese Oberlippe ist ein ganz wesentliches Artbestimmungsmerkmal. Zudem kann man die längsgestreifte Kutikula des Rumpfs an einigen Stellen zumindest erahnen:



Ebene 2 ist ein optischer Medianschnitt. Er zeigt die Ciliatur des Rachen bzw. Mundraums. Weiter hinten erkennt man die Muskulatur des Kauers, dahinter den Darm mit gelbgrünen Nahrungspartikeln:



Ebene 3 zeigt die Bauchseite  (Unterseite). Man erkennt die Unterlippe als untere Begrenzung des Fangtrichters für die Nahrung, die durch die beiden Wimperscheiben herbeigestrudelt wird.  Die langen Cilien dienen hier auch als Reuse dem Aussortieren von zu großen oder "ungeeigneten" Nahrungspartikeln:



Vielleicht hilft dieser Beitrag ja beim Verständis des Aufbaus der Rädertiere.
weitere Bilder hier:
http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/RotEng/source/Macrotrachela%20musculosa.html



beste Grüße Michael Plewka





ruhop

Hallo, Herr Plewka.

Einfach grandios!

Schönen Gruß aus dem Hintertaunus

H. Penzhorn

Ernst Hippe

Dem schließe ich mich als alter Rotatoriphile gerne an. Und schöne Ostertage!
Gruß Ernst Hippe
Vorstellung:Hier klicken

Microx

#3
Hallo Michael
Erstaunliche Bilder,
Welche Mikroskop und objektiven sind Sie mit?

beste Grüße

Rawfoto

Guten Morgen Michael

Danke fuer die bebilderte Beschreibung, die hat meinem Verstaendnis was ist zu sehen sehr geholfen ...

Liebe Gruesse

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Monsti

Hallo Michael,

damit sind bestimmt auch meine fotografischen Ergüsse gemeint:

ZitatZumeist präsentieren sich diese Rädertiere in Dorsoventralansicht, ein  typischer Anblick, der auch immer wieder Fotograf(inn)en zu entsprechenden Fotos animiert.

Dein wie immer schöner Beitrag hilft in der Tat weiter, vielen Dank dafür! Wir hatten über das Fotografieren und Bestimmen von Rädertieren im vergangenen August ja schon diskutiert. Meinerseits liegt es nicht an mangelndem Interesse, sondern eher 1. an meinen begrenzten fotografischen und technischen Möglichkeiten und 2. meiner Abneigung gegen unnötiges Quetschen dieser Tierchen, um zu bestimmungsfähigen Fotos zu gelangen. Deshalb begnüge ich mich oftmals mit der Bestimmung bis zur Gattung (natürlich gibt es Ausnahmen, siehe mein neuer Beitrag ...).

Späte Ostergrüße von
Angie

Michael Plewka

hallo zusammen,

vielen Dank für die netten Kommentare!

@ Microx:
Mikroskop: Reichert / AO "Diastar", DIK, Plan FL Apo 40/ 0,7 (Bild 1) ; PlanApo Öl 40/ 1.0 (Bild 2-4); Kamera: Canon 600, Blitz; Photoshop

@ Angie,
das  "(inn)" war lediglich der "political correctness" geschuldet, ich hatte dabei keine weibliche Person auf meinem geistigen Bildschirm....Nun bist du ja momentan eine der wenigen Personen überhaupt, die intensive Fragen zu den Rädertieren stellt. Insofern bist Du natürlich schon die "Zielgruppe" für diesen Beitrag. Wenn  also zumindest Dir und Gerhard dieser Beitrag etwas vermitteln konnte (bei Herrn Hippe und Herrn Penzhorn gehe ich mal davon aus, dass die Info des Beitrags  "Eulen nach Athen tragen" war), dann ist das ja schon mal was!
beste Grüße Michael Plewka