Objektive fuer Gelatinefilme: welcher Brechungsindex?

Begonnen von JB, März 22, 2013, 14:20:40 NACHMITTAGS

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JB

Hallo Forum,

Frueher gab es Objektive fuer die Vermessung von Kernspuren in photographischen Filmen, sowohl von Lomo (ЖЕЛ) als auch von Leitz (Ks). Ein Beispiel: http://rafcamera.com/microscopes/objectives/lomo/for-transmitted-light/apochromat/for-gelatine-photoemulsion/lomo-microscope-objective-apo-20x0.80-gelatin?zenid=4dp488qnk0o6sardsd8b7c6fs5

In beiden Faellen sind es Oelimmersionen. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann wurde der getrocknete Film beobachtet nachdem ein Tropfen Immersionsoel direkt auf den Film gegeben wurde.

Meine Fragen:

- Wurden diese Objektive tatsaechlich ohne Deckglas verwendet?
- Von welchem Brechungsindex der Gelatine ging man dabei aus? Photographische Filme koennen ganz unterschiedliche Brechungsindizes haben, erst recht wenn man sie trocknet.

Beste Gruesse,

Jon

JB

Hallo,

Hat noch jemand eine Idee wie diese Objektive verwendet wurden? Ich bin fuer alle Hinweise dankbar :)

Jon

Rawfoto

Hallo Jon

Ohne Deckglas, es war nur Öl zwischen Objektiv und Film. Ich habe das vor vielen Jahren einmal mit Planfilm gesehen (der war schon entwickelt) und man hat das Korn untersucht, zumindest in diesem Fall. Das konnte wiederum mit der Zusammensetzung des Entwicklers gesteuert werden ...

Mehr kann ich dazu leider auch nicht sagen, ich habe dem damals keine Bedeutung gegeben ...

Liebe Grüße

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

ortholux

Hallo Jon,

ohne Deckglas:

http://www.leitz-ortholux.de/pdf/ks_objectives.pdf

Von Leitz gab es übrigens auch Trockenobjektive.

Viele Grüße
Wolfgang

JB

Hallo Gerhard und Wolfgang,

Danke fuer die Hinweise. Die Leitzliteratur kannte ich auch noch nicht, das ist sehr interessant. Demnach kann man das Ks 22:1 Oel auch mit Deckglas verwenden, was ganz praktisch ist.

Interessant ist, dass Leitz so viel Aufwand mit der Herstellung betreibt (Fl und Apo Objektive), aber dann keinen Hinweis zum vorgesehenen Brechungsindex macht. Je nach Fixierung und Trocknung koennte der recht unterschiedlich sein.

Ich habe jetzt zumindest einen Literaturhinweis gefunden; der Brechungsindex der Filme wird dort mit "etwa 1,5" angegeben.

Bozza and Nakano (2012) Automatic microscopes for nuclear emulsion readout in high-energy and particle physics. Current Microscopy Contributions to Advances in Science and Technology pp 1511 ff. http://www.formatex.info/microscopy5/book/1511-1523.pdf

Beste Gruesse,

Jon


"Tell you what, let me pop a quick H on this box. This way we all know that it's filled with hornets."

Klaus Henkel

#5
Zitat von: JB in April 19, 2013, 13:01:22 NACHMITTAGS
Interessant ist, dass Leitz so viel Aufwand mit der Herstellung betreibt (Fl und Apo Objektive), aber dann keinen Hinweis zum vorgesehenen Brechungsindex macht. Je nach Fixierung und Trocknung koennte der recht unterschiedlich sein.
Jon

"Tell you what, let me pop a quick H on this box. This way we all know that it's filled with hornets."

Hallo Jon!
Ich würde nicht annehmen, daß Leitz "keinen Hinweis zum vorgesehenen Brechungsindex" gemacht hat. Leitz hat immer eine Fülle von sehr detaillierten Beschreibungen für Fachleute bereit gehalten. Wenn es in diesem Fall nicht so gewesen sein sollte, wäre das unerheblich. Schließlich ist das Objektiv für einen relativ kleinen, ganz speziellen Anwenderkreis entwickelt worden, deren Angehörige alle notwendigen Details selber bestens kannten. Das war ja deren Beruf.

Hier übrigens Angaben für das Objektiv Achromat KS 45** nA 0,65
** Ausnahme: KS 45/065 mit Deckglas 0,17 verwenden
170/0/37 mm
Bestellnummer 519 042
verwendbar für Schichtdicke 0 - 750 µm
freier Arbeitsabstand in öl buw. Luft max. 500µm
Brennweite 4,1 mm
Okulartyp P(H) H=Huygens-Okular; P=Periplan-Okular bzw. Großfeld-Okular verwenden.

"Die hier beschriebenen Objektive entsprechen den besonderen Anforderungen bei der Ausmessung photographischer Schichten; sie sind eigens dafür berechnet. Ws wurde großer Wert auf die Entwicklung von Systemen mit hoher Apertur und großem Arbeitsabstand bei geeigneter Vergrößerung gelegt.
Die Verwendung von Ölimmeersionen ist bei Messungen mit Objektiven hoher Apertur an dicken Schichten notwendig, weil sich der Korrektionszustand eines Trockenobjektivs zu stark mit der jeweils eingestellten Tiefe im Objekt ändert."

Soweit Leitz.

Mir selbst ist übrigens nicht so recht klar geworden, welche anwendungsrelevanten Folgerungen Sie aus der Kenntnis des Brechungsindexes der Gelatineschicht ziehen möchten. Der ist dich ganz unerheblich. Für die Beobachtung der einzelnen Silberkörner und der Kornzusammenballungen ist doch nur der Unterschied der Br.Indices von Substrat und Körnern wichtig, damit man sie gut sehen kann. (?). Deshalb ist mir auch nicht klar, was Sie mit "vorgesehenem" Brechungsindex meinen. Der ist doch nicht "vorgsehen", sondern je nach Filmtyp oder Produktionsweise gegeben.

Gruß
KH


JB

Hallo KH,

Zitat von: Klaus Henkel in April 19, 2013, 14:13:53 NACHMITTAGS

Ich würde nicht annehmen, daß Leitz "keinen Hinweis zum vorgesehenen Brechungsindex" gemacht hat. Leitz hat immer eine Fülle von sehr detaillierten Beschreibungen für Fachleute bereit gehalten.


Leitz wusste schon, fuer welchen Brechungsindex sie die Objektive gebaut haben; ich hatte natuerlich den Beitrag beschrieben um zu sehen ob jemand ueber derartiges "Geheimwissen" verfuegt :). Ich habe naemlich nichts derartiges gefunden. Nicht veroeffentlichtes Wissen ist non-existent und geht halt verloren.


Zitat von: Klaus Henkel in April 19, 2013, 14:13:53 NACHMITTAGS

Schließlich ist das Objektiv für einen relativ kleinen, ganz speziellen Anwenderkreis entwickelt worden, deren Angehörige alle notwendigen Details selber bestens kannten. Das war ja deren Beruf.


Wenn das mal so waere ... In dem oben zitierten Artikel bescheiben die Autoren die Verwendungen eines Trockenobjektivs, in dem Wissen, dass "die Abbildungsqualitaet in der Tiere stark abnimmt". Gross stoeren tun sie sich daran nicht, obwohl sie die Oelimmersion als besser beschreiben (und ein Standard-Oelobjektiv dann auch verwenden). Anspruch und Wirklichkeit ...


Zitat von: Klaus Henkel in April 19, 2013, 14:13:53 NACHMITTAGS

Mir selbst ist übrigens nicht so recht klar geworden, welche anwendungsrelevanten Folgerungen Sie aus der Kenntnis des Brechungsindexes der Gelatineschicht ziehen möchten. Der ist dich ganz unerheblich.


Sie haben recht, aber ich wollte mal ganz vorurteilsfrei herausfinden, wozu man diese Objektive verwenden koennte. Wenn der Brechungsindex von Immersionsmedium und Objekt (hier Gelatinefilm) zu stark voneinander abweichen ist die Abbildungsqualitaet in der Tiefe ziemlich schlecht (sphaerische Bildfehler).

Wenn man die Objektive fuer biologische Objekte einsetzen will sollte man also wissen in welchem Medium man seine Objekte ersatzweise einbetten muss um ein gutes Bild zu erzielen.

Moeglich waren gewesen: >1.60 (Brechungsindex von frischer Photoemulsion mit AgBr); <1.40 (fixierter, nasser Film); 1.5X (entwickelter, getrockneter Film).

Wenn mir Leitz nun sagte, die Objetive waeren fuer einen Brechungseindex von 1.54 berechnet worden (das scheint mir gut moeglich; nahe an dem von Immersionsoel), dann wuerde ich eine Objekte in eine hochprozentige Gelatineloesung einbetten (gelatine mount). Wenn Leitz sagte, 1.47 waren vorgesehen, wuerde ich es ein Glycerol-Gelatine einbetten.

Beste Gruesse,

Jon

Klaus Henkel

Zitat von: JB in April 19, 2013, 16:34:12 NACHMITTAGS

Sie haben recht, aber ich wollte mal ganz vorurteilsfrei herausfinden, wozu man diese Objektive verwenden koennte.
Wenn man die Objektive fuer biologische Objekte einsetzen will sollte man also wissen in welchem Medium man seine Objekte ersatzweise einbetten muss um ein gutes Bild zu erzielen.


Falls Sie das vorher schon einmal so erwähnt haben sollten, ist mir das glatt entgangen. In diesem Fall bitte ich um Entschuldigung, daß meine Oberflächkeit Ihnen wiederum Antwort-Arbeit gemacht hat. Soll kaum noch wieder vorkommen!
Danke für die Aufklärung. + Gruß KH