Phyllium, neuronale Verbindungen zwischen Komplexauge und Gehirn

Begonnen von Jürgen H., März 19, 2009, 14:52:02 NACHMITTAGS

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Jürgen H.

Liebe Mitmikroskopiker,

Fahrenheit hat mir die Freude gemacht, zwei Nymphen des wandelnden Blattes präparieren zu können, die gerade geschlüpft waren. Die Tierchen sind in diesem Stadium etwa 1 cm lang, bräunlich gefärbt und von einer etwas lederig erscheinenden Konsistenz. Vielleicht schreibt Fahrenheit selbst zu den Tieren, die zu den Gespenstschrecken gehören, noch etwas mehr.

Ich habe beide Tiere über Iso entwässert und in Paraffin eingebettet. Die hier gezeigten Schnitte sind mit meinem kleinen Schlittenmikrotom gefertigt und mit der Azankombination von Chroma gefärbt.

Leider sind mir die Präparate nicht sonderlich gelungen, beim Einbetten ist mir wohl ein Missgeschick unterlaufen. Risse und Sprünge sind sichtbar. Das Gegrissel im Präparat mag allerdings verschiedene Ursachen haben. Denkbar ist hier wohl auch, dass noch Eidotter in den Tieren im Schlüpfstadium vorhanden ist, der durch die Fixierung zusammengeronnen ist.

Immerhin zeigen die Präparate aber das Problem, auf das es mir in diesem Beitrag ankommt.

Zunächst zur Orientierung: Rechts ist in allen Bildern jeweils ein Teilbereich des Komplexauges zu sehen, nämlich die Ommatidien. Links hingegen erscheint der erste optische Lobus des Gehirns, rötlich gefärbt die Zellkörper der Nervenzellen(Perikarien) blau das neuronale Geflecht.

Und zwischen Lobus und Ommatidien ist erstaunlicherweise viel Leerraum, der nur von einzelnen neuronalen Strängen durchzogen wird.

Um dies zu zeigen, habe ich die Bilder von einigen hintereinander folgenden Schnitten eingestellt. Die Schnitte bändern sich ja beim Paraffin aneinander, sie befinden sich alle auf demselben Objektträger. Die Schnittdicke beträgt etwa 7-8 µ. Vom ersten bis zum letzten Schnitt wandere ich also durch einen kleinen Teil des Kopfes hindurch und zwar in Richtung Abdomen. Es handelt sich um Querschnitte.

Auffällig ist weiterhin, dass sich etwa in der Mitte des Zwischenraumes so etwas wie neuronale "Inseln" quergeschnittene Axonenbündel bilden. Verfolgt man den unteren Teil der Bilder im Fortgang, so hat es den Anschein, als bilde sich von der Komplexaugenseite zunächst ein Nervenstrang heraus, (Bild 1) der in einer solchen "Insel"  (Bild 2) verbleibt. Einige Schnittebenen tiefer  (Bild 7) gesellt sich dieser Insel ein zweiter Strang aus gleicher Richtung zu. Und erst dann bildet sich , eine weitere Schnittebene tiefer, (hier nicht dargestellt) eine neuronale Verbindung zum Gehirn aus.

Von den Schnitten einer Mücke oder einer Zikade bin ich andere Bilder gewohnt. Hier ist der gesamte Raum zwischen Gehirn und Auge mit neuronalen Verbindungen gefüllt. Das führt mich zu der Frage, ob solche Verbindungen beim wandelnden Blatt erst nach dem Schlüpfen aus der Eihülle gebildet werden. Ist eine derartige Erscheinung aus der Insektenwelt einem Mitforisten bekannt?

Mikrogrüße

Jürgen Harst








Fahrenheit

#1
Hallo Jürgen, liebe Insektenfreunde,

gerne schreibe ich noch ein wenig zu den Wandelnden Blättern, die wir nun in zweiter Generation im Terrarium halten.

Es handelt sich um die Art Phyllium siccifolium.
Vorkommen:
Die Art kommt auf den Philippinen, in China, Malaysia und Indien vor, wo sie auf verschiedenen Sträuchern zu finden ist. Die bevorzugten Temperaturen liegen zwischen 22 und 27 °C bei einer Luftfeuchtigkeit zwischen 60 und 80 Prozent.
Größe:
Weibchen bis ca. 10 cm lang und bis ca. 4 cm breit. Die Männchen sind deutlich kleiner und schlanker und im Gegensatz zu den Weibchen flugfähig.
Haltung:
Im einfachen Glasterrarium, z.B. 40*40*60 cm. Als Futterpflanzen kommen in erster Linie wegen der ganzjährigen Verfügbarkeit Brombeerranken in Frage. Auch genommen werden Himbeere, Rosen und Eichen.
Entwicklung:
Aus den Eiern schlüpfen nach 180 bis 270 Tagen Nymphen, die nach 5 Larvenhäutungen ausgewachsen sind.

Von den ca. 130 geschlüpften Nymphen konnten sich 5 nicht von alleine aus der Eihülle befreien. Bei zweien klappte das ohne Schäden mit etwas Nachhilfe. Die anderen drei konnten leider nicht selbstständig laufen und hatten leicht deformierte Beine.
Diese Tiere habe ich in AFE fixiert und zwei davon sind bei Jürgen gelandet, da ich nicht die Möglichkeit zu den nötigen feinen Schnitten habe, um brauchbare Präparate zu erstellen.

Und hier noch einige Bilder von unseren Tieren:

Bild 1: die beiden Weibchen, aus deren Eiern die zweite Generation geschlüpft ist.


Bild 2: Adultes Männchen


Bild 3: Frisch geschlüpfte Nymphe, leider ist die Tiefenschärfe nicht optimal.


Bild 4: Diese Nymphe ist bereits einige Tage alt


Schöne Grüße
Jörg

Edit: 4. Bild hinzugefügt.
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM