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Pianese-Lösung

Begonnen von Horst Wörmann, Mai 27, 2014, 18:25:37 NACHMITTAGS

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treinisch

Hallo Horst,

nun ja, mit dem Bemerken ist das vielleicht so eine Sache? Der Stain ist relativ selten, fast alle Rezepte, die ich finden konnte, sagen 0.1 g und ist es nicht bei Farbstofflösungen üblich, gar nicht groß nachzudenken und Schmock einfach abzufiltrieren? Außerdem ist die große Frage, ob das Problem bei Chlorid oder Sulfat überhaupt auftritt?

Naja, wie auch immer, ich habe es mal mit der Original-Rezeptur ausprobiert und komme zu der Einschätzung: Ohne Befund.

Hier ein Bild (ich habe die Lösung über einen OT laufen lassen, um zu sehen, wie es mit Schmok aussieht). Es sind zwar wenige kleine Krümel sichtbar, aber meines Erachtens nicht in ungewöhnlicher Menge:



vlg

Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Horst Wörmann

Hallo Timm,

also auch etwas "Schmock", aber nicht so viel wie in meinem Meßkolben. Ich probier's nochmal mit einem anderen Säurefuchsin, beim Malachitgrün habe ich schon ein anderes genommen. Und das war Säurefuchsin/Malachitgrün von welchem Lieferanten?
Im Übrigen:
"ist es nicht bei Farbstofflösungen üblich, gar nicht groß nachzudenken und Schmock einfach abzufiltrieren?"
Da hast Du recht, Filtrieren ist nicht nur üblich sondern notwendig, aber Nachdenken wohl nicht... Jedenfalls kommt der Chemiker in Grübeln, wenn er so was beobachtet.

Viele Grüße
Horst

Horst Wörmann

Liebe Kollegen,
ich bin der der Uvitex-Methode gefragt worden, hier ist sie:

Färbung mit Uvitex 2B
Synonyme Fungiqual, Mykoval, Diäthyl, Fluorescent Brightener 362.

Wegen der unübersichtlichen firmenspezifischen Benennungen hier die Formel:

4,4'-bis(2-di(2-hydroxyethyl)amino-4-(3-sulfophenylamino)-1,3,5-triazin-6-ylamino)stilben-2,2'-disulfonsäure

Uvitex ist ein Farbstoff aus der Klasse der optischen Aufheller. Es färbt insbesondere Zellulose und Chitin. Zur fluoreszenzmikroskopischen Beobachtung wird mit langwelligem UV (365 nm) angeregt und die bläulich-weiße Fluoreszenz bei 435 nm beobachtet. Das Produkt ist gut wasserlöslich; zweckmäßig setzt man eine Stammlösung mit 1g/Liter in Wasser an und verdünnt zur Färbung auf 0,1-0,5 mg/Liter. Die Anwendung einer gepufferten Lösung ist nicht unbedingt nötig, die Inkubationszeit von 15 min im Dunkeln ist empfehlenswert, anschließend wird gründlich mit dest. Wasser ausgewaschen, sonst hat man einen bläulichen Untergrund.
Die Färbung ist nicht spezifisch; sehr viele Polysaccharide, also auch die Zellulose der Zellwand, wird mit Uvitex gefärbt, was die Anwendbarkeit für botanische Fragestellungen  sehr einschränkt; für zoologische Untersuchungen ist die Methode gut geeignet (Welti 1994). Die Färbung ist sehr haltbar und unempfindlich gegen Ausbleichen im UV.
Ähnliche Farbstoffe sind Calcofluor White/Tinopal LPW/CI Fluorescent Brightener 28, Tinopal ABP/CI Fluorescent Brightener 220 usw.

Den gezeigten Paraffinschnitt habe ich in Wasser überführt, gefärbt und dann zum Glück in Wasser fotografiert. Danach in Caedax eingedeckt, was wegen der Eigenfluoreszenz ein großer Fehler war.


Lit.:
Petrini, L.E.; Petrini, O.: Schimmelpilze und deren Bestimmung. J. Cramer, 3. Aufl. 2010, S. 31.
Welti, P.W.: Pilz-Darstellung an Gewebeschnitten. Die Fungiqual A-Methode und ihre Gegenfärbungen. Mikrokosmos 83 H. 2, 103-106 (1994)
Schnepf, E.: Optische Aufheller: Leuchtende Werkzeuge für die Mikroskopie. Teil 1: Mechanismen und Substrate für die Fluorochromierung.
F.W.D. Rost, Fluoresence Microscopy, Vol. II (1995), S. 240/241 (Calcofluor White), S. 300 - 305 (Fluorescence Brighteners)

Viele Grüße aus Bonn
Horst

Holger Adelmann

ZitatDanach in Caedax eingedeckt, was wegen der Eigenfluoreszenz ein großer Fehler war

Lieber Horst,

zum zuverlässigen und haltbaren Eindecken von fluorochromiertem Material nimmst Du am besten D.P.X (auch manchmal DePeX genannt).
Im Vergleich zu einem in Wasser / Glycerin eingeschlossenen Frischpräparat bekommst Du z.B. bei dem DNA Marker DAPI ca. 75% der Fluoreszenzintensität nach DPX Einbettung.
Nach 10 Jahren im Dunkeln (s. Bilder unten) fluoreszieren die Präparate immer noch ordentlich.

Herzliche Grüsse,
Holger

Meiosen aus dem Heuschreckenhoden - Quetschpräparate in 50% Essigsäure








Klaus Henkel

Zitat von: treinisch in Mai 28, 2014, 10:32:40 VORMITTAG

Zitat von: Horst Wörmann in Mai 27, 2014, 18:25:37 NACHMITTAGS
Lösung A: 0,5 g Malachitgrün in 50 ml Aqua dest.
Lösung B: 0,5 g Säurefuchsin in 10 ml Aqua dest.
Lösung C: 0,01 g Martiusgelb in 1 ml Aqua dest.
Diese drei Lösungen werden zusammengegossen, mit 89 ml Aqua dest. und 50 ml Ethanol
versetzt. Fertig.

nur noch eine Anmerkung. Das Originalrezept
(aus Beitrag zur Histologie und Aetiologie des Carcinoms von G. Pianese)
gibt nur 0.1 g Säurefuchsin an, das ist auch das Rezept, das in
Modern Dictionary Cyto And Histo Chemistry von C.K. Shah angegeben wird.

Könnte da das Problem liegen?


In wissenschaftlichen Publikationen werden in der Regel mehr oder weniger genau bzw. mehr oder minder ausführlich Färberezepturen angegeben, mit denen der Verfasser die beschriebenen Erfolge erzielt hat. Damit ist niemals ausgedrückt, daß es sich um eine Art "Original-Rezept" handelt, das der Erfinder der Rezeptur als erster veröffentlicht hat. Der Verfasser erklärt lediglich: "Ich habe es so gemacht." Damit ist sein Vorgehen reproduzierbar.

Daphne und Jakob Zbären von der Mikroskopischen Gesellschaft Zürich geben für Flechten, Zweiebelepidermis, Spermien usw. als Plasmafärbung an:
0,5 g Malachitgrün Chroma 1B 249
0,2 g Rubin S        Chroma 1B 527
0,01 g Martiusgelb Chroma 1B 351

in 50 ml Äthanol 96% lösen und dann 150 ml dest. Wasser zugeben. Mehrere Jahre haltbar.

Gerlach gibt in Botan. Mikrotechnik, 2. Aufl. 1977, wie folgt an:
Lösung A. 0,5 g Malachitgrün in 50 ml Aqu.dest.
Lösung B. 0,5 g Säurefuchsin in 10 ml Aqu.dest.
Lösung C. 0,01 g Martiusgelb in 1 ml Aqu. dest.
Diese drei Lösungen zusammengießen.
Das Gemisch dann versetzen mit 89 ml A.d. und 50 ml 92% unvergälltem Alkohol.

Ich habe ihn angerufen: Was es mit dem unvergällten Alk. auf sich habe.
Ach das, hat er gemeint. Mein Labornachbar hat mir bei seiner Pensionierung einen großen Ballon unvergälltes Äthanol dagelassen. Davon habe ich immer genommen. Ob es auch mit vergälltem Alk. gut funktioniert, habe ich nicht ausprobiert. Wahrscheinlich ist das aber schon.

Daß er 0,5 g Säurefuchsin verwendet hat, liegt wahrscheinlich an der Art seiner Objekte: Während die Zbären Spermien der Maus gefärbt haben, hat Gerlach die Pianesefärbung für pilzinfiziertes Pflanzengewebe verwendet. Da muß man eben probieren, welche Farbstoffkonzentrationen die erwünschte Wirkung besser zeigen.

Eine für alle Materialien gleich gut geeignete Mischung gibt es nicht. Ausprobieren!

Farbige Grüße
KH

Horst Wörmann

Hallo Holger,
danke für den Hinweis auf DPX. Das Caedax stand einfach zu nah!

Ansonsten: ich wollte doch lediglich wissen, warum die Lösungen von Säurefuchsin und Malachitgrün so einen dicken Niederschlag geben....

Viele Grüße
Horst

reblaus

#21
Hallo Horst -

ich hoffe Du gestattest, dass ich Deinen Zwirn noch um ein geringes verlängere  ;D -

K.H. hat nämlich das Prinzip vieler Angaben in Rezepturen so treffend wiedergegeben, dass ich den Drang nicht unterdrücken kann noch ergänzend hinzuzufügen:

Wie kommen die genauen pH-Angaben ( z.B. 4,73 oder 7,37) in "Material und Methoden" zustande, welche die nachfolgende Generation verzweifelt einzuhalten versucht?

Ganz einfach - während der experimentellen Arbeiten hat der Kandidat (nennen wir ihn mal Hallmackenreuther) immer die Flasche mit dem Puffer aus dem Regal verwendet, auf der stand: 4,00. Die Untersuchungen funktionierten damit gut und waren für die Nachwelt von großer Bedeutung und die Methode wurde populär.

Beim Zusammenschreiben der Ergebnisse wollte er gerade schreiben: Das Xyz wurde in Citrat-Phosphatpuffer pH 4,00 aufgelöst, da fiel ihm ein, dass diese Flasche doch eigentlich eine unbekannte Vorgeschichte und Lagerdauer hatte. Als exakter Naturwissenschaftler ließ ihm das keine Ruhe, er nahm also das pH-Meter, und maß nach - Resultat: pH 4,13. (vielleicht war auch dieses Gerät seit Generationen nicht geeicht und dessen Elektrode wurde erst noch durch Einweichen zum Leben erweckt).
Seither setzen Generationen diesen Puffer unter Verwendung eines weit präziseren, frisch geeichten pH-Meters an, sämtliche Chemiefirmen bieten ihn fertig mit Garantiesiegel extra teuer im fertigen Hallmackenreuther-Set an ........

Außerdem hatte er bei der Komponente Xyz einfach verschiedene Konzentrationen ausprobiert ( 1 g/100 ml, 3 g/100 ml, 10 g/100 ml...) und später mit der besten Konzentration weitergearbeitet. Beim Zusammenschreiben fiel ihm ein, dass eine solche Angabe eigentlich unwürdig sei und er hat sie in Mol/L umgerechnet, was eine furchtbar krumme Zahl ergab, die aber heute noch erkennen lässt, welch ungeheurer Aufwand bei der Bestimmung der idealen Konzentration getrieben wurde. Sinngemäß kann es aber auch umgekehrt gewesen sein - er hat 0,1- 0,3- 1,0 molare Lösungen angesetzt und dann auf g/100 ml umgerechnet, damit sich das Rezept leichter nachkochen lässt.

Viele Grüße

Rolf

P.S. Ich kenne natürlich viele Analyseverfahren, bei denen es wirklich auf die zweite Stelle hinterm Komma ankommt  ;)

Klaus Herrmann

Lieber Rolf,

deine Story ist mit Sicherheit aus dem Wissenschaftsleben gegriffen und erklärt hinreichend gut den Wirrwar, den man oft bei Rezepturen beobachten kann.

Erinnert mich an einen schönen Merksatz von Klaus Henkel, den er mir vor sicher 10 Jahren - oder sogar noch mehr - gesagt hat bei meiner Nachfrage nach den genauen Mengenverhältnissen einer Färberezeptur: so ungefähr... cum grano salis... :D
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

treinisch

Hallo Horst,

habe auch noch die Gerlach-Rezeptur ausprobiert, also 0,5 g Säurefuchsin.

Schmock! Schon vor der Zugabe des Ethanols eine deutlich größere Menge Schmock überall. Es hat sich eine deutliche Menge einer Substanz sedimentiert, von der Farbe her würde ich sagen dunkelviolett, löslich in Ethanol mit blauer Farbe. Beim Ansäuern mit Eisessig geht der Schmock in Lösung. Das Malachitgrün ist doch recht sauer, ich denke, der Effekt hat etwas mit dem pH-Wert zu tun. Meine Malachitgrün Stammlösung hatte 2.50, das Säurefuchsin 4.40, die fertige Lösung 2.80.

Achte auf den leeren Napf auf dem Foto von heute Morgen, die Lösung ist wirklich gut klar. Der Schmock auf dem OT ist aus der gesamten Menge gesammelt, weil ich sehr flach habe laufen lassen.

Das Säurefuchsin ist Applichem, das Malachitgrün Hausmarke (Ein Präparat aus dem Studium)

vlg

Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Horst Wörmann

Hallo Timm,

auf eine derartige Aussage habe ich gewartet: "Schmock! Schon vor der Zugabe des Ethanols eine deutlich größere Menge Schmock überall". Kurz, knapp, klar und präzise.
Bestätigt also meine Beobachtungen. Also in Richtung pH-Wert und Säurefuchsin-Menge suchen? Im Sauren
ist aber andererseits das Martiusgelb schlechter löslich!

Viele Grüße
Horst

treinisch

Hallo Horst,

vermutlich nicht mehr so wichtig, aber: am pH-Wert liegt es nicht. Ich habe das Ganze noch mal in 200 mM pH=2.4 Phosphatpuffer ausprobiert, außerdem habe ich ausdauernd und tropfenweise zugegeben und nach etwa 10 mg (ich habe mit 1/10 Ansatz experimentiert, bei Originalgröße also 100 mg) begann massive Bildung von Schmock, der am Ende sogar als richtiggehend klebriger Belag am Boden lag.

Natürlich hat der Farbstoff kaum eine Chance gegen so ein massives Puffermileu.

Vermutlich reagieren oder aggregieren der kationische und anionische Farbstoff einfach miteinander und fertig.

vlg

Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Horst Wörmann

Hallo Timm,

doch, das ist immer noch wichtig, weil das Problem noch nicht gelöst ist.
Kann mich nur momentan nicht drum kümmern, Wasserschaden im Labor.

Wenn die beiden Farbstoffe miteinander reagieren, wie wir beide festgestellt haben -
dann kann die Pianese-Lösung doch gar nicht funktionieren. Jedenfalls nicht reproduzierbar.

Viele Grüße
Horst

treinisch

Halo Horst,

da hast du Recht!

Schau allein auf mein Foto oben: Das ist doch eindeutig ein blau?

Die Lösung bei ph = 2.4 ist violett

der Schmock dunkelviolett aber löst sich tintenblau. Klar, das ist normal für Farbstoffe, aber eine ungepufferte Lösung reagiert ja auch noch auf den pH-Wert der Probe etc. pp.

Wenn ich wieder da bin, rechne ich mal aus, bei welchem pH-Wert die geringste Coulomb-Anziehung besteht, vielleicht liegt der gar nicht so weit weg? Wenn man da puffern würde, könnte man vielleicht mehr Säurefuchsin in Lösung bringen?

Ansonsten einfach das alte Rezept.

Wobei ich finde, dass man auch da überlegen sollte zu puffern.

Komisch eigentlich, dass Puffer so unüblich sind bei der Farbstoff-Alchemie?

vlg
Timm
Gerne per Du!

Meine Vorstellung.

Fahrenheit

Liebe Freunde,

hier nur zum Vergleich und ohne botanischen Anspruch (die Färbung ist zu blass und ich kann noch nicht sagen, was zu sehen ist ...) ein Beispielbild von einer Pianese-Färbung mit der Lösung der Firma Waldeck. Das Objekt ist der Klematis-Spross, der das Thema überhaupt angestoßen hat.
Nochmals herzlichen Dank an Eckhard für die Farblösung!



Die Lösung ist ebenfalls blau (recht dunkel ...) und ohne Schmock.  :)
Allerdings schreibt Waldeck in der Färbeanleitung:
Pilzhyphen: rosa
Wirtsgewebe: grün
Da scheint also auch etwas nicht zu stimmen ...

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Klaus Henkel

Eine schöne Färbung.
Übrigens: Waldeck = Chroma.

Schönen Gruß
KH