Neue Seifenhaut-Bilder und Mehr !

Begonnen von Schrodt, Mai 06, 2016, 18:08:03 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Schrodt

Hallo Mikrofreunde,

zur Abwechslung habe ich mal wieder Seifenhäute mikroskopiert. Die chaotischen und fraktalen Formen faszinieren mich immer aufs Neue.
Nachstehend zeige ich davon 8 Bilder.
Mikroskop Leitz Orthoplan  •  Objektiv HD 10 x / 0.18  •  Sehfeld ø 2,8 mm  •  ISO 80  •  f / 4  •  1 / 250 s.

Anmerkung zu den Bildern 1 - 3

Bei großen Seifenhautdicken, wie sie beim Aufziehen der Seifenhaut oft entstehen, sieht man im Mikroskop keine Interferenzfarben, sondern nur ein helles
farbloses Bild, weil die Gangunterschiede gleich oder größer als Kohärenzlänge sind und dadurch keine Interferenz entstehen kann.
Wenn sich die Seifenhaut nach einiger Zeit durch Verdunstung auf ca. 750 nm verdünnt hat, kann man durch seitliches flaches und vorsichtiges Anblasen
der Seifenhaut mit einer Pipette oder einem Gebläseball aus Gummi die auf den Bildern gezeigten Strömungsmuster erzeugen.







Anmerkung zu den Bildern 4 - 8

Die Seifenhaut verdünnt sich weiter dynamisch durch Verdunsten und viskose Ausgleichströmungen zur Erreichung eines Minimalvolumens.
Bei Seifenhautdicken von ≈ > 200 - 750 nm entstehen dann die auf den Bildern gezeigten Muster mit Interferenzfarben der I - IV Ordnung
als Mischfarben aus dem gesamten Spektrum. Dies ist der wichtigste Interferenzbereich !  ( Bilder 4 - 8 )

Wenn man später bei weiterer Verdünnung mit einer Pipette oder einem Gebläseball die randständigen Seifenhautanteile vorsichtig auf die stabile
schwarze Seifenhaut ( Common Black Film ) bläst, entstehen kreisrunde Interferenzflächen und kleine monochrome Objekte.












Anmerkung

Mikroskopiker die sich weitergehend mit der spannenden Seifenhaut-Mikroskopie beschäftigen wollen, finden im Mikro-Forum bei folgenden Links  
tiefergehende Informationen und weitere Bilder:

Digitale Aufnahmetechnik: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=20802.msg155876#msg155876

Wie entstehen die Farben ( 3 Teile ):

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=20535.0

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=20536.0

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=20537.0

Seifenhautbilder:

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=19857.0

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=19859.0

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=19861.0

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=19860.0

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=20436.0

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=20803.0

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=20804.0

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=20825.0

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=23408.msg173803#msg173803

Viel Spaß beim Anschauen

Jürgen aus Hemer

Ernst Hippe

Hallo Jürgen,
sehr schöne Bilder samt Erläuterungen! Bei der Färbung vermute ich eine Rotverschiebung z.B. durch Photoshop? Übrigens hat dies mit Fraktalen nichts zu tun, die entstehen ja durch Iterationsrechnungen rein mathematisch.
Danke fürs Zeigen!
Gruß Ernst Hippe
Vorstellung:Hier klicken

Schrodt

#2
Guten Abend Ernst,

vielen Dank für deine Anmerkungen, ich freue mich, dass Du meine Beiträge verfolgst.

Zur Färbung:

Ich habe für die digitale Bearbeitung nicht Photoshop sondern nur das einfache iPhoto-Programm benutzt. dabei habe ich weder die Färbung noch die Temperatur verschoben, lediglich die Sättigung habe ich bei einigen Bildern etwas verstärkt.

Zur Bezeichnung "fraktale" Formen:

Nach meiner Ansicht sehe ich in vielen Formen der Seifenhäute " Fraktale ". Fraktale sind geometrische Figuren, in denen sich das gleiche Motiv in stets kleinerem Massstab wiederholt. Früher waren Fraktale mathematische Kuriositäten, ich habe zahlreiche Fraktale mit dem Computer berechnet, heute
finden sie ein reges Interesse. Die Entstehung der Fraktale bei den Seifenhäuten ist für mich immer wieder genauso reizvoll wie früher auf dem
Computer-Bildschirm. Nachfolgend ein Seifenhautbild mit " Common Black Film " und fraktalen Formen.



Noch einen schönen Abend.

Mit herzlichen Mikrogrüßen
Jürgen aus Hemer

Ernst Hippe

Hallo Jürgen,
auch ich habe viele Seifenhautbilder gemacht, aber nie mit Deiner Rotintensität. Liegt das an meiner LED-Beleuchtung? Die arbeitet aber sonst neutral.
Nach Deiner Fraktaldefinition müßte auch ein Luftblasenbild mit verschieden großen runden Blasen "fraktal" genannt werden.
Gruß Ernst Hippe
Vorstellung:Hier klicken

Schrodt

#4
Hallo Ernst, vielen Dank für deine schnelle Rückantwort.

Die Beleuchtung war eine Halogen-Glühlampe 12 V 100 W. Vielleicht liegt der Grund für die Rotintensität darin, dass die Seifenhautdicke bei den Bildern
im Bereich von 700 nm lag, dort wird " rot "bei einem Gangunterschied von 2 Lambda durch konstruktive Interferenz verstärkt.

Zu meiner Fraktaldefinition:

Hierzu füge ich die Einbandseiten des Buches " Chaos und Fraktale " an.





Herzliche Mikrogrüße
Jürgen aus Hemer

Ernst Hippe

Danke! Das Buch habe ich auch. Natürlich kann man die Begriffe im Hinblick auf die Natur erweitern. Die streng mathematische Deutung gefällt mir halt besser, ich habe mit "The Beauty of Fractals" der Autoren angefangen.
Gruß Ernst Hippe
Vorstellung:Hier klicken

carypt

warst Du dann früher Licht-roadie bei Jefferson Airplane ?  wow . Sieht toll aus . gruß carypt

moräne

grüß Dich
Jürgen

Ob Fraktal oder nicht, einige Bilder sind phantastisch!

grüß Dich
Gerd

Eckhard

Hallo Jürgen und Ernst,

Als kleine Auffrischung ;) Man kann geometrischen Formen eine Dimension zuordnen, Punkt = 0, Strecke = 1, Fläche = 2 und Körper = 3. Dieses ist die geometrische Dimension oder auch Hausdorf-Dimension. Die klassische Mathematik geht immer von ganzzahligen Hausdorf-Dimensionen aus.

Nehmen wir die Cantor-Menge als Beispiel: man stelle sich einen Maschine vor, die eine Strecke als Input bekommt und zwei Strecken als Output liefert, die jeweils ein Drittel der Länge der Input-Strecke haben. Wenn man diese Maschine rekursiv auf eine beliebige Strecke anwendet, erhält man eine immer größerer werdende Menge immer kleiner werdender Strecken, die sogenannte Cantor-Menge. Die Anzahl der Strecken strebt gegen Unendlich und die Summe der Länge aller Strecken strebt gegen Null. Dies erscheint erstmal unlogisch, egal wie klein eine Strecke ist, unendlich viele von ihnen aneinandergereiht ergeben eine unendlich lange Strecke.

Benoît Mandelbrot hat dieses Rätsel gelöst. Die Cantor-Menge hat eben nicht die Hausdorf-Dimension 1 sondern eine Hausdorf-Dimension zwischen 0 und eins. Eine Aneinanderreihung, als hätten sie eine Hausdorf-Dimension von 1, macht keinen Sinn und produziert den oben aufgezeigten Wiederspruch.

Formen mit einer nicht ganzzahligen Hausdorf-Dimension nannte Mandelbrot ein Fraktal. Da es auch Fraktale mit ganzzahliger Hausdorf-Dimension gibt, hat Mandelbrot die Definition allgemeingültiger geändert.

Die Seifenhäute halte ich nicht für ein Fraktal, auch wenn sie daran erinnern.

Hier ist ein kurzes aber wunderbares Video, dass die IBM kurz vor dem Tode von Mandelbrot mit ihm gedreht hat: https://m.youtube.com/watch?v=Ehwy4Gq27uY

Fraktale Grüße,
Eckhard
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
www.flickr.com/wunderkanone

Schrodt

#9
Guten Morgen Eckhard,

Du hast sehr schön und streng die " klassische Fraktale-Definition " von Benoit Mandelbrot, dem Vater der Fraktale dargestellt. Vielen Dank auch für den Link zu dem guten Film über Mandelbrot, den ich bisher nicht kannte.

Aber außer dem klassischen Fraktaltyp wurden später noch andere Fraktaltypen entdeckt und außer der strengen Definition der Fraktale wurde eine
offene Definition zugelassen, die sich nicht auf die strenge Definition der fraktalen Geometrie beschränkt. Das Ganze ist im Fluss und die Suche geht weiter !

Ich bin daher der Ansicht, dass man das dynamische Formenspiel der Seifenhaut als " chaotisch und fraktal " bezeichnen kann, wenn man sich nicht auf die strenge
Definition der fraktalen Geometrie beschränkt.

Diese Betrachtungen schmälern nicht die Schönheit der reinen Mandelbrot-Fraktale !

Als Abstützung meiner Ansicht zeige ich nachstehend beispielhaft Folgendes:

•  Die Seiten 66 - 72 aus dem Buch von John Briggs " Chaos - neue Expeditionen in fraktale Welten ".

•  Eine Bildseite aus dem Buch von Grilly • Earnshaw • Jones " Fractals and Chaos ".

•  2 Seiten aus FAZNET " Fraktale - Die Höhlen der Mathematik ".

•  2 reine Mandelbrot-Fraktale .

Eckhard, nochmals vielen Dank für deinen konstruktiv kritischen Beitrag, er gab mir die Veranlassung, etwas mehr auf das interessante Gebiet
von " Chaos und Fraktale " einzugehen.

Mit herzlichen Mikrogrüßen
Jürgen aus Hemer































PS.  Leider habe ich bei dem überformatigen Buch von Briggs nicht immer die ganze Seite mit meinem A4-Scanner erfasst, der Sinn ist jedoch überall erkennbar !

Und hier noch ein Nachtrag zu Briggs :



Hier noch die aus Versehen vergessene Briggs-Seite 66.





Frank Fox

Hallo Jürgen,

die Seifenhaut-Bilder sind Dir sehr gelungen.
Danke Dir fürs Zeigen.

Herzliche Grüße aus Trier
Frank
Mikrofotografie
www.mikro-foto.de
www.fotofind.eu

Faszination Mikroskopie
www.dustri.com/nc/de/hachinger-verlag/category/sachbuch.html

Zeitschrift Mikroskopie
http://www.mikroskopie-journal.de/

YouTube - Kanal
www.youtube.com/channel/UC32f7n_zGHMphTHSTC5wylg

Christian3000

Hallo, Jürgen,

faszinierende Bilder, und noch faszinierender werden sie wenn man darüber nachdenkt, wie sie entstehen!

Viele Grüße,
Christian
Vorstellung: click