Bursaria truncatella: Schnittpräparation und Details

Begonnen von paramecium, Januar 07, 2018, 23:23:59 NACHMITTAGS

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paramecium

Ein frohes Neues Jahr in die Runde!

Seit einigen Monaten finde ich in den Wasserproben meines Studienobjekts Bursaria spec. in größerer Zahl (vermutlich B. truncatella). Geringe Vergrößerung ist vonnöten, um diese großen Ciliaten vollständig abzubilden. Lichtmikroskopisch erschließt sich die kompliziert gewundene Membranfaltung der Mundöffnung meist nur schwer. Am ehesten gelingen gute Abbildungen im Dunkelfeld.

Die Aufnahmen offenbaren einen Unfall bei der Präparation. Das erste pipettierte Exemplar wurde aufgrund zu geringer Öffnung der Pipette leider aufgeschnitten. Das angeschnittene Exemplar lebte weiter, die Zelloberfläche schloß sich rasch selbst entlang der Schnittoberfläche. Überhaupt ist es erstaunlich welch komplizierte Deformationen und Zerstörungen der Pellicula die Ciliaten überleben können während sie sich binnen Minuten regenerieren.

Für die Abbildungen der Zelle von Bursaria spec. ist dies natürlich ein Glücksfall gewesen. Denn so erhält man einen Einblick in das Innere der Zelle. Gut erkennbar sind die adorale Organellenzone und einige Wimpern im Mundfeld. Der Schnitt offenbart zudem eine interessanten Einblick in die innere Faltung des vakuolisierten Zellplasmas. Mittels Fluorochromierung (z.B. DiOC) kann man die Trennung der Kompartimente zudem als Oberfläche des endoplasmatischen Reticulums (ER) anfärben (ohne Abbildung). Hier sind diese Kompartimente ungefärbt an der Schnittfläche sichtbar, die hier wie ein poröser Schwamm aussieht.

Die zweite Abbildung zeigt ein unverletztes Exemplar im Dunkelfeld. Diese Bursaria hat wohl eine Schalenamöbe gefressen. Die übrigen transparenten Inklusionen sind wohl gefressene Ciliaten (vermutlich Vorticella spec. und Chilodonella spec., genaue Bestimmung steht noch aus), von denen es in der Probe reichlich gab.

Abbildungen mit einem 10x Objektiv am AxioLab.A1 mit Canon EOS 77D. Die violette Färbung stammt von dem Tripelbandfilter der Fluoreszenzeinrichtung. Aus künstlerischen Gründen habe ich hier auf eine Farbkorrektur der Aufnahme verzichtet. Abgebildet ist jedoch violett eingefärbte Dunkelfeldbeleuchtung.

Viel Spaß beim Betrachten.




Michael Müller

Hallo Thilo,

Gratulation zu dem erstaunlichen Schnappschuss in der ersten Aufnahme. So räumlich und eindrucksvoll habe ich die Kompartimentierung des Zellplasmas noch nie gesehen!

Auch von mir ein frohes neues Jahr

Michael
Gerne per Du

Fahrenheit

Lieber Thilo,

sehr interessant, so hab' ich die Viecherl noch nie gesehen.
Ich hätte gedacht, dass die "auslaufen" wenn die Zelloberfläche verletzt wird. Spannend, wie weitgehend da die Reparaturmechanismen sind.

Ich würde mich freuen, wenn du das Thema auch noch mal für unsere Webseite aufbereiten könntest.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

reblaus

Lieber Thilo -

über diese erstaunliche Dokumentation und die Erkenntnis über den anscheinend recht stabilen "Gelzustand" des Protoplasmas war ich als Amateurtümpler genauso verblüfft wie Jörg!
Frühkindliche Prägungen können bekanntlich nur äußerst schwierig repariert werden und du hast das geschafft -
Erklärung: Vor einem halben Jahrhundert bestand in unserem Institut eine gewisse Konkurrenz zwischen Doktoranden deren Objekte unter den Motten zu suchen waren und der Gruppe, die Protozoen bearbeitete und deren Erkenntnisse für gewöhnlich im "Archiv für Schleimbeutelkunde" publiziert wurden. Gibt es diese Zeitschrift noch?

Viele Grüße

Rolf