Botanik: Spielereien mit der Wackerfärbung

Begonnen von Fahrenheit, Oktober 01, 2009, 22:59:31 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Hallo liebe Färberzunft,

die Wackerfärbung ist bekanntlich eine Dreifachfärbung, in deren letzte Stufe Astrablau in wässeriger Lösung zum Einsatz kommt.

Um ein harmonischeres Farbbild zu erhalten, hat Rolf-Dieter Müller vorgeschlagen, das Astrablau mit einer geringen Menge Acriflavin aus der vorangegangenen Stufe zu versetzten. Dies führt dazu, dass die Blaugrün-Töne der 'klassischen' Färbung ins Gelbgrün umschlagen.

Je nach dem, wie viel Acriflavin man im Verhältnis zum Astrablau nimmt, leidet jedoch auch die Differenzierung der Gewebe.

Um dies zu demonstrieren, möchte ich hier 3 Nadelquerschnitte der Schwarzkiefer (Pinus nigra) zeigen, die mit solch unterschiedlichen Farbabstufungen gefärbt worden sind. Die Schnitte sind Mikrotomschnitte von Rolf-Dieter Müller und haben eine Dicke von 17µm.

Bei den Bildern  handelt sich um Aufnahmen von Dauerpräparaten in Euparal. Hier zunächst die Rezepte:
- Aus 70% Ethanol
- ca. 6 bis 8 Minuten in Acridinrot 1% in Ethanol 50%
- Überführen in Aqua dest.
- ca. 60 bis 90 Sekunden in Acriflavin 1% in Aqua dest (bis keine Farbschwaden mehr abgehen)
- Wässern (?)

Versuch 1:
- ca. 3 bis 4 Minuten in Stammlösung Astrablau 2% in Aqua dest (1:1 vedünnt mit Aqua dest)

Versuch 2:
- ca. 3 bis 4 Minuten in Stammlösung Astrablau 2% in Aqua dest (1:1 vedünnt mit Aqua dest) mit
 wenig Acriflavin, sodass ein grüner Farbton entsteht. (Verhältnis Astrablau zu Wasser zu Acriflavin
 wie 4/4/1)

Versuch 3:
- ca. 3 bis 4 Minuten in Stammlösung Astrablau 2% in Aqua dest (1:1 vedünnt mit Aqua dest)
 eins zu eins mit Acriflavin, sodass ein grüner Farbton entsteht. (Verhältnis Astrablau zu Wasser
 zu Acriflavin wie 1/1/2)

- Wässern
- Überführen in Isopropanol
- Einschluss in Euparal

Gefärbt wurde auf einer Testplatte, was den Vorteil hat, dass von allen Reagenzien nur einige Tropfen gebraucht werden - auch dies eine Idee von Rolf-Dieter Müller:


Und wie immer auch noch die Technik:
- Leica DM E mit C-Plan Objektiven (Vergrößerung siehe Bildbeschreibung)
- Canon A520 an Zeiss KPL mit dem Herrmannschen Adapter
- Stacken mit Zerene Stacker (Build 09.2009)
- Bildbearbeitung mit XNView (Korrektur des Schwarz- und Weisspunkts,
 Größe angepasst und leicht nachgeschärft)

Bei der Bildbearbeitung habe ich diesmal auf exakt gleiche Einstellungen geachtet (was natürlich auch für das Mikroskop gilt), um zumindest annähernd vergleichbare Farbeindrücke zu zeigen.

So, genug der Vorrede, hier nun die Bilder.

Bild 1: Astrablau und Wasser 1 zu 1 in der letzten Stufe, Vergrößerung 100x, Stack aus 6 Bildern


Bild 2: Astrablau, Wasser und Acriflavin im Verhältnis 4 zu 4 zu 1, Vergrößerung 100x, Stack aus 11 Bildern


Bild 3: Astrablau, Wasser und Acriflavin im Verhältnis 1 zu 1 zu 2, Vergrößerung 100x, Stack aus 13 Bildern


Neben dem allgemeinen (subjektiven) Eindruck erkennt man die Unterschiede am besten an den Harzkanälen. Bei einem zu hohen Anteil an Acriflavin sind die Zellwände der Drüsenzellen gelbgrün statt blau und heben sich nicht mehr so schön vom Umgebenden Gewebe hat. Gleiches gilt auch für das Phloem in den Leitbündeln.
Auffällig ist auch der Umschlag der Acridinrot-Färbung von Pink-Tönen in den ersten beiden Bildern zu einem satten Rot im letzten Bild. Hier bin ich mir allerdings nicht sicher, ob dies ausschließlich von der letzten Färbestufe abhängt, oder ab andere Einflüsse im Spiel waren (das letzte Präparat habe ich an einem anderen Tag erstellt).

Aus meiner Sicht gewinnt der Schnitt jedoch gegenüber einer Färbung mit reinem Astrablau in der letzten Stufe, wenn man etwas Acriflavin hinzu gibt.

Kritik und Anregungen sind wie immer willkommen!

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Druse

Hallo Jörg,

vielen Dank für die eindrucksvollen Vergleich-Fotos. Da ich selber Pinus  mit Wacker eingefärbt habe, sind diese Fotos besonders interessant.
Die ersten beiden Färbungen finde ich aus pädagogischer Sicht "wertvoller", eben wegen der Differenzierung und deutlicheren Abgrenzung Xylem-Phloem. Auch kommen meiner Meinung nach die Stomata besser zur Geltung.

Aber das ist sicher auch subjektiv.

Hast Du toll hinbekommen mit der Vergleichsfotografie der Schnitte, klasse!

Eckhard

Hallo Jörg,

Du brauchst nur eine Spur Acriflavin im Astrablau.

Ich färbe die Schnitte zusammen in einem Blockschälchen. Nach dem Acridinrot spüle ich kräftig. Dann sehr kurz mit Acriflavin, 10-30 Sek. Das Acriflavin ziehe ich mit einer Pipette aus und gebe es zur weiteren Verwendung in eine Mini Petrischale. Dann wieder kurz in aqua dest spülen. Jetzt kommt Astrablau drauf - kurz schwenken, 1:1 mit aqua dest verdünnen und ein wiederverwendeter Tropfen Acriflavin mit rein.

Gruss
Ecki

Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
www.flickr.com/wunderkanone

Fahrenheit

Hallo liebe Mila,

danke für die Blumen! Und viel Spaß mit den Aufnahmen in Deinem Kurs.
;)

Hallo lieber Eckhard,

danke für Deine Hinweise. So hat es mir Rolf-Dieter auch gezeigt. Ich wollte hier aber mal ausprobieren, und auch zeigen, wo hin die Reise geht, wenn man unterschiedliche 'Mischungen' verwendet.
Daher zum Schluss auch mal Eins zu Eins.

Bei mir dauert das Rausangeln der Schnitte aus dem Acriflavin immer so lange, dass ich die ganz kurzen Färbezeiten mit mehreren Schnitten nicht hin bekomme. Die Aufenthaltsdauer liegt dann irgendwo zwischen 30 und 90 Sekunden.
Bisher habe ich zu wenig Erfahrung mit Wacker, um sagen zu können, wie sich die längeren Acriflavinfärbungen auswirken. Ich denke aber, dass sie mit für das schöne Rot der Acridinrot-gefärbten Gewebe verantwortlich sind.

Euch beiden herzliche Grüße
Jörg

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Klaus Herrmann

Sehr schöne systematische Untersuchung lieber Jörg! Und wie immer super Bilder!

Vom Ergebnis gefällt mir das dritte Ergebnis am Besten. Die Farben sind harmonischer und  die Abbildung prägnanter!

ZitatGefärbt wurde auf einer Testplatte, was den Vorteil hat, dass von allen Reagenzien nur einige Tropfen gebraucht werden - auch dies eine Idee von Rolf-Dieter Müller:

Die Näpfchen-Färbung gibt es natürlich schon von anno Dunnemals. Heinz Streble hat sie mir mal vor gut 20 Jahern beigebracht und dabei habe ich auch den Trick gelernt, der Dein Problem lösen sollte:

ZitatBei mir dauert das Rausangeln der Schnitte aus dem Acriflavin immer so lange, dass ich die ganz kurzen Färbezeiten mit mehreren Schnitten nicht hin bekomme. Die Aufenthaltsdauer liegt dann irgendwo zwischen 30 und 90 Sekunden.

Man saugt die Farblösung mit einer Pipette schnell aus dem Näpfchen und transferiert sie kostensparend in eines daneben. Auswaschen geht genau so: Wasser drauf und ein  zwei mal wechseln nach der selben Methode. Wenn ich auf der Terrasse färbe blase ich das Waschwasser immer kurz auf den Rasen  ;D

Es werden also nicht die Schnitte bewegt, sondern die flüssigen Medien bis hin zum Isopropanol, aus dem sie dann eingedeckt werden.

Copyright für die Näpfchen-Methode liegt in grauer Urzeit - für des Verblasen des Waschwassers auf den Rasen bei mir! :D
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Fahrenheit

Lieber Klaus,

vielen Dank für Deine Hinweise! Das werde ich beim nächsten Färbegang gleich ausprobieren. Bei den 12 verfügbaren Näpfchen werde ich es aber so weit abwandeln, dass zumindest die Isopropanolstufen ein eigenes erhalten. Du weißt, mit Wasser in den Präparaten habe ich so meine Erfahrungen.  ;)

Mir kam es bei meinem Hinweis übrigens hauptsächlich darauf an, dass die Sache mit der Tüpfelplatte nicht auf meinem Mist gewachsen ist. Und natürlich bin ich dankbar für die Anleitung, die ich von Rolf-Dieter erhalten habe.   :)

Wenn ich mich recht erinnere, hast Du uns hier ja auch schon einmal Bilder aus Deinem Freiluftlabor gezeigt, auf denen Du eine Weissglas- oder Porzellanplatte im Einsatz hattest.

Herzliche Grüße
Jörg

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