Pilze & Flechten: Pilze einmal ganz anders

Begonnen von Fahrenheit, März 19, 2021, 17:10:17 NACHMITTAGS

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Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

heute einmal etwas ganz anderes als Pflanzen und das auch noch ganz anders ;)

Die Tage bekam ich einen Anruf von einem Mineraliensammler, der sich auch mit pflanzlichen Fossilien beschäftigt. Er fragte mich, ob ich ihm zum Vergleich mit einer Versteinerung Querschnitte von den Röhren eines Zunderschwamms anfertigen könnte. Zu früh im Jahr findet der Pflanzenschnippler ja oft nicht viel Interessantes und außerdem war mein Interesse geweckt.
Auf dem nächsten Spaziergang in der Wahner Heide fand sich jedoch nur eine Striegelige Tramete (Trametes hirsuta), kurze Zeit später dann in der Siegaue auch der Zunderschwamm (Fomes fomentarius). Normalerweise arbeiten die Pilzler ja mit Quetschpräparaten und haben es auf die Sporen abgesehen, um zusammen mit dem Aussehen des Pilzes und diverser Reagenzien-Proben die Art sauber bestimmen zu können. Heute gibts die Pilze, gemäß meinem Auftrag, mal geschnitten. 


Beginnen wir mit der Striegeligen Tramete!

Die folgende Beschreibung, wie auch die des Zunderschwamms weiter unten stammen aus der Wikipedia, ich habe Sie nahezu unverändert übernommen und mit meinen Bildern ergänzt (andernfalls findet Ihr einen Autorenhinweis unter dem jeweiligen Bild):
Striegelige Tramete:
https://de.wikipedia.org/wiki/Striegelige_Tramete
Zunderschwamm:
https://de.wikipedia.org/wiki/Zunderschwamm

Die Striegelige Tramete (Trametes hirsuta) ist eine holzbewohnende Pilzart aus der Gattung der Echten Trameten (Trametes) aus der Familie der Stielporlingsverwandten (Polyporaceae) in der Ordnung Stielporlingsartige (Polyporales).

Bild 1: Trametes hirsuta am Stumpf einer Buche


Das Verbreitungsgebiet der Art umfasst Europa (außer Griechenland, Albanien, den Balearen, Portugal, Irland und Island) und Asien (Südsibirien, Iran, Türkei) sowie Nordamerika. In Deutschland ist die Art weit verbreitet, kommt aber nicht überall in gleicher Dichte vor.

Bild 2: Fruchtkörper an einer gefallenen Birke, der Probepilz


Die Striegelige Tramete bildet ziemlich flach bleibende, am Substrat dachziegelartig übereinander stehende, 3 bis 8 cm, in Ausnahmefällen bis 15 cm breite Fruchtkörper aus. Die Fruchtkörper sind rein weiß bis grau- oder cremeweißlich, teilweise mit bräunlicher Zuwachszone, die wellig gezonte, grob striegelig behaarte Oberfläche kann durch Algen grünlich gefärbt sein.

Bild 3: Die behaarte Oberseite des Fruchtkörpers



Die Unterseite der Fruchtkörper ist mit rundlichen, relativ groben (ca. 0,5 mm breiten) Poren bedeckt. Die Röhren sind relativ kurz und weißlich cremefarben, manchmal ist ein leichter Grauschimmer vorhanden. Das Fleisch ist dünn, trocken und zäh. Es besteht aus einer oberen dünnen grauen und einer unteren, dickeren, weißen Schicht, die durch eine schwarze Linie voneinander getrennt sind, Geruch und Geschmack sind unauffällig.

Bild 4: Unterseite des Fruchtkörpers mit Poren


Die Striegelige Tramete ist ein saprobiontischer Holzbewohner, der im Substrat durch Abbau von Lignin eine Weißfäule erzeugt. Die Art besiedelt liegende und stehende Äste und Baumstände und Stümpfe an luft- und bodentrockenen, lichtexponierten Standorten. Sie kommt am Rande von Laubwäldern, in Pflanzungen und Baumplantagen, in Hecken- und Waldrandgesellschaften, auf Kahlschlägen, in Gärten, Parks und entlang von Straßen vor. Ihr Hauptsubstrat ist die Rotbuche, daneben wird ein breites Spektrum weiterer Laubhölzer besiedelt, an Nadelholz kommt sie nur selten vor. Die Fruchtkörper sind einjährig und das ganze Jahr über zu finden, die Sporen werden bei Temperaturen zwischen 0 und 15 °C gebildet, die Sporenbildung beginnt im Herbst bei ausreichend niedrigen Temperaturen und hält für etwa 9 Monate an, wenn frostfreies Wetter herrscht. Die Hauptmenge der Sporen wird im Frühjahr gebildet.

Bild 5: Die Poren in der Aufsicht (Auflicht, Leica NPlan 5x)



Hier die Informationen zur Präparation

Geschnitten habe ich den Fruchtkörper freistehend quer zu den Poren und zur Oberseite auf dem Tempelchen (Zylindermikrotom im Halter als Tischmikrotom) mit Leica Einmalklingen 818 im SHK Halter.
Die Schnittdicke beträgt je ca. 50µm.

Anschließend habe ich wie immer einige Aufnahmen von den frischen, unfixierten Schnitten gemacht.

Fixiert wurden diese für ca. 8 Stunden in AFE. Nach Überführen in Aqua dest. waren die Schnitte dann bereit für die Färbung.

Diese erfolgte einfach mit Metylenblau für ca. 20 Minuten ohne Erwärmen. Eine Mehrfachfärbung ist nicht notwendig, da es keine unterschiedlichen Gewebearten wie bei den höheren Pflanzen gibt.

Anschließend habe ich wieder gut mit Aqua dest. gespült, eine Differenzierung war nicht notwendig.

Eingedeckt wurden die Schnitte nach gründlichem Entwässern mit reinem Isopropanol wie immer in Euparal.

Bild 6: Die ungefärbten Schnitte im Uhrglas, der einzige dunkle Hintergrund zur Hand war mein Laborbuch mit einem genarbten Kunstledereinband.



Kurz zur verwendeten Technik

Die Aufnahmen sind auf dem Leica DMLS mit dem NPlan 5x sowie den PlanApos 10x, 20x 40x und 100x entstanden. Die Kamera ist eine Panasonic GX7, die am Trinotubus des Mikroskops ohne Zwischenoptik direkt adaptiert ist. Die Steuerung der Kamera erfolgt durch einen elektronischen Fernauslöser. Die notwendigen Einstellungen zur Verschlusszeit und den Weißabgleich führe ich vor den Aufnahmeserien direkt an der Kamera durch. Der Vorschub erfolgt manuell anhand der Skala am Feintrieb des DMLS.

Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.

Die Übersichtsaufnahme von den Poren (Bild 5) habe ich im Auflicht (zwei Jansjö LED Leuchten) mit dem Leica NPlan 5x erstellt.


Und nun zu den Präparaten

beginnen wir mit den Poren im Querschnitt:

Bild 7a,b: Ein ungefärbter Schnitt im Durchlicht, Bild 7b mit Maßstab



Man sieht das feine Myzel, das hier lediglich die kreisrunden Poren bildet. Eine weitere Differenzierung ist nicht erkennbar, der Durchmesser der leicht ovalen Pore beträgt an der Langseite ca. 420 µm. Einfach macht es uns der Pilz dabei nicht: eine Färbung muss her.

Bilder 8a,b: Mit Methylenblau gefärbter Querschnitte der Poren mit Maßstab, Bild 8b im Polarisationskontrast



Bei der Aufnahme mit dem Leica PlanApo 10x werden auch gefärbt kaum einzelne Hyphen erkennbar. Die Polaufnahme zeigt, dass beim Wachstum des Fruchtkörpers an den Wänden der Poren feiner mineralischer Staub eingebaut wurde.

Bilder 9a-d: Noch näher heran! Bilder 9b&d mit Maßstab





Auch mit dem 40x PlanApo schaut man nur auf ein Gewirr, hier am Grund einer Pore. Sporen sind nicht erkennbar. Erst mit dem 100x PlanApo zeigt sich das Geflecht  der ca. 3µm dicken Hyphen deutlicher.

Werfen wir nun einen Blick auf die "haarige" Oberseite des Fruchtkörpers. Hier habe ich auf eine Färbung verzichtet, um dem Ursprung der grünen Farbringe auf den Grund zu gehen.

Bilder 10a-d: Alle Aufnahmen am ungefärbten Schnitt in Ethanol 30% und mit Maßstab





Im ersten Bild 10a erkennt man die in der Beschreibung angesprochene feine schwarze Linie. Sicherlich eine Einlagerung eines Stoffes, der den Fruchtkörper nach unten hin gegen Wasser abdichtet, um die austretenden Sporen nicht zu beeinträchtigen. Der beschriebene Farbunterschied wird hier nicht erkennbar.
Die Haare entpuppen sich - wie nicht anders zu erwarten - als Büschel von Hyphen, in denen verschiedene Algen - meist Kugelalgen - eingelagert sind. Ein wenig "Dreck" ist natürlich auch dabei.
In Bild 10d konnte ich den Durchmesser der Algen mit gut 9µm ermitteln.

Hier muss ich auftrennen, gleich geht es weiter.
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Fahrenheit

Kommen wir nun zum Zunderschwamm!

Die Bestimmung war nicht ganz einfach (Danke, Peter!), zumal die Fruchtkörper durchaus variable sind, in den Siegauen in der Regel an der Oberseite weiß erscheinen. Dies liegt sicherlich an der starken Sonneneinstrahlung an den Standorten der hauptsächlich befallenen Pappeln: sie sehr großen Bäume stehen in der Regel solitär in den Auen. Der angepflanzte Bestand ist schon recht alt und nicht mehr wirklich gesund. Da die Aue ein Naturschutzgebiet ist, lässt man den Dingen ihren Lauf und sicher nur die Wege gegen Holzbruch. 
Verwechslungsgefahr besteht z.B. mit dem Gemeinen Feuerschwamm (Phellinus igniarius, syn. Phellinus trivialis), der ebenfalls an der unteren Sieg vorkommt.

Der Zunderschwamm (Fomes fomentarius) ist eine Pilzart aus der Familie der Stielporlingsverwandten (Polyporaceae). Er befällt geschwächte Laubbäume, vor allem Buchen (Fagus) und Birken (Betula), und bildet an den Stämmen dicke, invers konsolenförmige Fruchtkörper. Die mehrjährigen Gebilde können im Durchmesser bis zu 30 cm erreichen. Die krustige Oberseite ist hellgrau oder blass bräunlich gefärbt und fein zoniert. Die Röhren auf der Unterseite haben eine braune Farbe und sind oft mehrfach geschichtet.

Bild 11: Zunderschwamm an einem Pappelstumpf in der Siegaue


Der Name des Zunderschwamms entstand aus der früheren Verwendung als Zunder. Baumpilze werden aufgrund ihrer Eigenschaft, Wasser zu binden, zudem als Schwämme bezeichnet. Außerdem wurden aus ihm bis ins 19. Jahrhundert blutstillende sowie desinfizierende Wundauflagen hergestellt. Ferner kamen alkoholische Flüssigextrakte u. a. bei Blasenleiden, Magenverstimmungen und Menstruationsbeschwerden zum Einsatz.
In Rumänien wird heute noch die Trama zu einem lederartigen Material verarbeitet, aus dem für den Touristenmarkt kunstvolle Hüte, Taschen und Ähnliches gefertigt werden. Ansonsten hat der Zunderschwamm wirtschaftlich weitestgehend keine Bedeutung mehr.

Der Zunderschwamm ist neben Indien und Pakistan vor allem holarktisch verbreitet, wo er meridional bis boreal vorkommt. In Asien, Nordamerika und Europa ist der Pilz weit verbreitet. Außerdem ist er in Nordafrika und auf den Kanarischen Inseln anzutreffen. In Europa ist der Zunderschwamm überall zu finden.

Bild 12: Unterseite eines jüngeren Fruchtkörpers


Über die Häufigkeit und die Gefährdung des Zunderschwammes gehen die Ansichten in der Literatur auseinander, während Krieglsteiner ihn in die Gefährdungsgruppe G 3 (noch häufig, aber mit starker Rückgangstendenz) einordnet, wird er in anderen Publikationen als gemein beschrieben. Als Grund für den Rückgang wird von Krieglsteiner vor allem die starke forstwirtschaftliche Verjüngung der Wälder gesehen. Hinzu kommen die Abnahme alter und kranker Laubbäume, die aufgrund ihres schwachen Zustandes entfernt werden, sowie das Umforsten in Nadelholzbestände, das Absenken des Grundwassers, eine Intensivierung der Landwirtschaft und die Urbanisierung. In Süddeutschland ist er in unbewirtschafteten Wäldern der häufigste Pilz, in intensiv bewirtschafteten Waldgebieten fehlt er hingegen ganz.

Der Zunderschwamm bildet mehrjährige, konsolenförmige Fruchtkörper, die bis zu 30 Jahre alt werden können. Sie erreichen eine Breite von 10 bis 30 cm, in Ausnahmefällen auch bis 60 cm Breite und bis 20 cm Dicke und Höhe. An Birken ist er jedoch meist deutlich kleiner. Mit zunehmendem Alter und bei Verbrauch des besiedelten Substrates wird der jährliche Zuwachs geringer, so dass relativ hohe, hutförmige Fruchtkörper entstehen. Eine ähnliche Beobachtung lässt sich bei Fruchtkörpern mit zunehmender Höhe am Substrat machen.

Bild 13: Die verschiedenen Zonen des Fruchtkörpers im Querschnitt

Aus Wikipedia, von George Chernilevsky, 2010, gemeinfrei

Die Fruchtkörper sind oberseits hell- bis dunkelgrau, ältere Fruchtkörper können fast schwarz werden. Junge, noch nicht überwinterte Fruchtkörper sind wie die Zuwachszone älterer Exemplare gelb bis rostbraun gefärbt. Die Oberfläche der Fruchtkörper ist konzentrisch rillig bis gefurcht und mit einer harten Kruste bedeckt.

Bild 14: Oberseite des Probestückes


Die oft leicht nach innen gewölbte Unterseite des Zunderschwammes besteht aus einer glatten, grau- bis ockerbraunen Porenschicht (siehe auch Bild 12). Die Poren sind dickwandig und rundlich; in einem Abschnitt von einem Millimeter befinden sich zwei bis vier Poren. Auf Druck verfärben sie sich leicht braun. Die Röhren sind in Schichten angeordnet. Diese Zonen entsprechen – wie auch die Wachstumszonen der Oberfläche – den Wachstumsschüben des Pilzes. Da mehrere solche Schübe pro Jahr auftreten können (oft zwei pro Jahr), kann aus der Zahl der Schichten nicht auf das Alter des Fruchtkörpers geschlossen werden.

Im Innern des Pilzes befindet sich das weiche Pilzgeflecht des Myzelialkerns. Dieser wird von einer verhältnismäßig dünnen Tramaschicht umgeben, die sich außerdem über den gesamten Bereich unter der Kruste erstreckt. Die Trama färbt sich mit Kaliumhydroxid schwarz. Wie andere baumbewohnende Pilzarten zeigt auch der Zunderschwamm den Geotropismus, das heißt, neu zuwachsende Fruchtschichten werden mit der Unterseite zum Erdboden ausgerichtet. Bildet ein Fruchtkörper nach dem Umstürzen des Wirtsbaumes neue Fruchtschichten, werden diese um etwa 90° gegenüber den schon vorhandenen ausgebildet.

Der Zunderschwamm besitzt eine aus drei Formen bestehendes Hyphensystem (trimitisch), bestehend aus generativen Hyphen, Skeletthyphen und Bindehyphen. Erstere sind zylindrisch, dünnwandig und hyalin; die Septen (Trennwände der Hyphen) besitzen Schnallen. Die Binde- und Skeletthyphen sind hingegen dickwandig und gelb- bis hellgoldbraun gefärbt. Die Bindehyphen sind verzweigt und Skeletthyphen nicht oder kaum vorhanden. Es existieren keine Zystiden.

Die Basidien haben eine keulige Form sowie eine Schnalle an der Basis. Sie sind hyalin und besitzen vier Sporen. Diese sind zylindrisch bis lang ellipsoid geformt und 15–22 × 4,4–7 µm groß. Sie sind hyalin, inamyloid und besitzen eine glatte Oberfläche. Das Sporenpulver ist weiß.

Bild 15: Illustration zum Zunderschwamm

Aus Köhler's Medizinal-Pflanzen in naturgetreuen Abbildungen mit kurz erläuterndem Texte (Plate 139), 1890, gemeinfrei

Artabgrenzung
Der Zunderschwamm kann mit Arten der Gattung Lackporlinge verwechselt werden. Diese besitzen jedoch oft eine kräftig braun gefärbte Hutoberseite; die Poren färben sich auf Druck dunkelbraun. Ein sicheres Unterscheidungsmerkmal sind die warzigen Sporen gegenüber den glatten beim Zunderschwamm. Auch die Feuerschwämme können ihm ähnlich sehen. Sie unterscheiden sich durch ihre feste, holzartige Konsistenz mit nicht eindrückbarer Hutkruste. Darüber hinaus besteht eine Ähnlichkeit mit dem Rotrandigen Baumschwamm, der allerdings meist an Nadelholz zu finden ist und eine hellere Trama und nicht verfärbende Poren aufweist.

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die für den Zunderschwamm charakteristische blutrote Färbung der Kruste mit Alkalilauge, ausgelöst durch Deprotonierung des Hauptfarbstoffes Fomentariol. Durch diese Farbreaktion kann der Zunderschwamm von anderen, äußerlich ähnlichen Porlingen, beispielsweise dem Gemeinen Feuerschwamm, unterschieden werden.
Leider stand mir die benötigte Chemie für diese Tests nicht zur Verfügung.

Bilder 16a,b: Unterseite der Probe mit Röhren im Auflicht, Bild 16a Oberfläche, Bild 16b im Anschnitt



Ökologie
Der Zunderschwamm ist ein Schwächeparasit und Saprobiont an Laubhölzern, sehr selten auch an Nadelbäumen. Hauptsubstrat des Zunderschwammes in Mitteleuropa ist die Rotbuche, daneben werden Birken und Pappeln besiedelt, er kann aber auch an anderen Laubgehölzen vorkommen. In Europa gibt es eine Süd-Nord-Verteilung des Hauptsubstrates, im Süden des Kontinentes wird Fagus als Hauptwirt gefunden, im Norden Birkenarten, diese Substratgrenze fällt in Deutschland in etwa mit dem Nordrand der Mittelgebirge zusammen. Fruchtkörper werden in allen Phasen der Holzzersetzung des Pilzes gebildet.

Der Zunderschwamm ist ein typischer Bewohner älterer Bestände. Bevorzugte Waldarten sind Buchen-, Tannen-Buchen- und buchenreiche Hainbuchen-Eichen-Wälder. Auch in Mooren, Heiden und alten Birkenbeständen ist er zu finden. Weniger häufig ist der Pilz dagegen an beschatteten Hängen und Erlen-Auwäldern.

Der Zunderschwamm dringt in seine Wirtsbäume über Ast- und Stammwunden ein und verursacht im Kernholz eine intensive Weißfäule, die den befallenen Baum häufig in mehreren Metern Höhe abbrechen lässt. Der Zunderschwamm kann am abgestorbenen Substrat noch längere Zeit als Saprobiont weiterleben.   


Hier wieder die Informationen zur Präparation

Geschnitten habe ich den Fruchtkörper freistehend quer zu den Poren und zur Oberseite auf dem Tempelchen (Zylindermikrotom im Halter als Tischmikrotom) mit Leica Einmalklingen 818 im SHK Halter.
Die Schnittdicke beträgt je ca. 50µm.

Anschließend habe ich wie immer einige Aufnahmen von den frischen, unfixierten Schnitten gemacht.

Fixiert wurden diese für ca. 6 Stunden in AFE. Anschließen habe ich die Schnitte schrittweise in Aqua dest. überführt.

Die Hyphen des Zunderschwamms sind alle mehr oder weniger stark gelbbraun gefärbt, also habe ich die Schnitte mit Chloralhydrat für ca. 24 (Röhren) bzw. 36 Stunden (Hutoberseite) gebleicht. Entfärben konnte ich sie aber nicht, allenfalls etwas aufhellen. Eine Färbung macht hier also keinen Sinn.

Anschließend habe ich wieder gut mit Aqua dest..

Eingedeckt wurden die Schnitte nach gründlichem Entwässern mit reinem Isopropanol wie immer in Euparal.

Bild 17a,b: Die ungefärbten Schnitte der Röhren (17a) und der Hutoberseite (17b) im Uhrglas, beide Male vor dem Bleichen. Die Hyphen der Schnitte in 17b sind so stark gefärbt, dass sie sogar ausbluten.




Kurz zur verwendeten Technik

Hier gab es keine Änderungen, es gelten die Informationen im gleichnamigen Abschnitt weiter oben bei der Tramete.


Und nun zu den Präparaten

Beginnen wir wie bei der Tramete mit den Schnitten der Röhren.

Bilder 18a-c: Hier zunächst die Aufnahmen vom frischen Schnitt, alle mit Maßstab




man erkennt die starke Färbung der Hyphen, die vom Licht kaum durchdrungen werden. Leider sind auch hier keine Sporen zu erkennen. Der Durchmesser der Röhren liegt bei ca. 250 bis 270 µm.

Nach dem Bleichen sieht es etwas besser aus:

Bilder 19a,b: Gebleichter Schnitt, alle Bilder mit Maßstab



Die Röhren hier sind mit um die 300 µm etwas größer. Natürliche Schwankung oder haben sich die Hyphen bei der Bleiche im Chloralhydrat geweitet?
Die Punktförmigen Gebilde sind Hyphen, die genau senkrecht zur Schnittebene stehen, was sich beim Durchfokussieren des Präparates leicht erkennen lässt.

Wenden wir uns nun auch hier der Oberseite des Fruchtkörpers zu!

Wie auch bei den Röhren, habe ich Aufnahmen vor und nach dem Bleichen gemacht, die ich hier gegenüber stellen möchte. Die Hutkruste ist typisch für den Zunderschwamm und ich denke auch sie dient dazu, das Röhrengewebe und die Sporen vor Nässe zu schützen.

Bilder 20: Die gebleichte Hutoberseite mit der Kruste in der Übersicht


Wir sehen von oben nach unten eine ungefärbte Schicht nicht so stark verflochtener Hyphen als Begrenzung, diese ist für die weiße Farbe der Fruchtkörperoberseite  verantwortlich. Darauf folgt eine sehr stark gefärbte Schicht, gefolgt von einer dünneren, weniger stark gefärbten und wieder einer stark gefärbten Schicht. Die Auflösung in den stark gefärbten Bereichen geht gegen Null: einzelne Hyphen sind kaum auszumachen. Dies zeigt, dass nicht nur die Hyphen gefärbt sind, sondern die dunkle Farbe zu einem Stoff gehört, den die Hyphen der Kruste quasi als "Dicht- und Festigungsmasse" ausgeschieden haben.
In der Mitte der Kruste zeigt sich eine Wachstumsstörung.
Darunter liegen wieder die weniger dicht verwobenen, durch die Bleiche gelblichen Hyphen der Trama.

Bilder 21a,b: Etwas näher heran und im Vergleich. 21a zeigt die Kruste direkt nach dem Schnitt, Bild 21b nach Fixierung und Bleiche.

   

Die Kruste ist bei einer Dicke von ca. 600 µm besonders im oberen Teil sehr kompakt. Eine sinnvolle Abbildung (außer zum Messen :) ) ist eigentlich nicht möglich. Erst durch das Bleichen werden zumindest einige Details sichtbar.

Bilder 22a,b: Das Abschlussgewebe, Bild 22a wieder frisch, Bild 22b nach dem Bleichen



Hier sind keine Algen eingelagert, diese würden sich sicherlich auch nicht halten können, da die Hutoberseite in der Regel zu trocken sein dürfte.

Bilder 23a-c: Hyphengeflecht der Trama unterhalb der Kruste. Das Bild 23a vom frischen Schnitt, 23b&c nach dem Bleichen.




Es gibt auch Zonen mit annähernd parallel verlaufenden Hyphen (23c). Die Hyphen haben einen Durchmesser von um die 5 µm.

Vielen Dank fürs Lesen! Anregung und Kritik sind diesmal besonders willkommen, da ich mich bei den Pilzen auf ein mir doch recht unbekanntes Gebiet vorgewagt habe.

Herzliche Grüße
Jörg
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Bob

Hallo Jörg,
da hast Du dich ja einem spannenden neuen Themengebiet zugewendet!
Mein Eindruck bei Flechten war, dass das Bild von 30µ abwärts deutlich klarer wird, je dünner man schneidet. Wenn Du also Lust auf Paraffinschnippeln hast, könnte es sich lohnen.

Viele Grüße,

Bob

Gerd Schmahl

#3
Hallo Jörg,
auch ich habe Deinen Aufsatz über den Zunderschwamm mit Interesse gelesen, da dieser Pilz zu meinen Lieblingen gehört. Ich stelle daraus im Frühjahr (Mai) immer etwas Zunder zum Feuerbohren und Feuerschlagen her. Das Trama ist ein ziemlich cooler Stoff und die mikroskopischen Bilder zeigen auch, warum er so gut Funken fängt: Das ist ein sehr feines Geflächt mit sehr großer Oberfläche, die man zum Funkenfangen auch noch aufrauht. Wenn das Zeug einmal glüht, geht es so schnell nicht wieder aus, aber mit Flamme brennen ("brennt wie Zunder") tut es nicht.
Kleiner Wermutstropfen: Die allgemeine Beschreibung des Pilzes bewegt sich seeehhhr hart am Rand zum Plagiat, wenn man sie mit der von Wikipedia vergleicht. Da hätte es auch ein Link getan.
Beste Grüße
Gerd

EDIT: Die Tamete hat aber einen schönen bärtigen Mund (sorry)
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Fahrenheit

#4
Lieber Bob, lieber Gerd,

vielen Dank für Euer Lob, das mich sehr freut!

Lieber Gerd,

Du hast Recht: die Beschreibung vom Zunderschwamm ist, wie die der Tramete, aus Wikipedia und ich habe den Hinweis vergessen - ist nachgeholt.
Einen einfachen Link halte ich hier für zu trocken: das Thema soll sich ja am Stück lesen lassen, mit sinnvoll eingebetteten Bildern.

@All: wie seht Ihr das mit der Einbettung von Wikipedia-Beschreibungen?

Herzliche Grüße
Jörg
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jcs

Hallo Jörg,

sehr spannender Beitrag! Die Darstellung finde ich sehr gelungen, Pilze geben ja mikroskopisch einiges her. Interessant finde ich unter anderem die Interaktion zwischen Pilz und Pflanze. Hast Du da eventuell Aufnahmen gemacht, wie der Pilz in das Holz hineinwächst? Gibt es eigentlich Färbungen, mit denen man das Chitin des Pilzes von der Zellulose der Pflanze differenzieren kann?

LG

Jürgen

MikroTux

Schon faszinierend, wie aus "Fadenkneul" ein Gebilde entsteht, das Makroskopisch so einen festgefügten Eindruck macht.

Fahrenheit

Liebe Freunde,

auch Euch vielen Dank für Euer Lob!

Lieber Jürgen,

nein, ich habe nur den Fruchtkörper geschnitten, Hintergrund war ja eine Anfrage nach Querschnitten von den Röhren. Der Rest ist Beifang eines interessierten Mikroskopikers. :)

Um bei den großen Baumpilzen den Übergang aus dem Holz in den Fruchtkörper zu präparieren, braucht es bei der Probenbeschaffung schon richtiges Werkzeug und so invasiv sammele ich eigentlich auch nicht. Ich habe mich einfach an einem Fruchtkörper bedient, an dem bereits jemand anderes sein Mütchen gekühlt hatte:



Zu Färbungen, die sowohl pflanzliches Gewebe als auch Pilzhyphen differenziert sichtbar machen, fällt mir nur die Vierfachfärbung nach Johannsen sein. Dazu kann Hans-Jürgen sicher mehr sagen, er hat mir das Rezept und ein wenig der benötigten Lösungen überlassen.

Zur Färbung der Pilzhypen einige Stichworte: Pianese, Baumwollblaui (Methylblau), Lactophenolblau, Kongorot oder auch Trypanblau.

Lieber Adalbert,

die Texte der Wikipedia darfst Du verwenden, sie stehen in der Regel unter der aktuellen CC BY-SA Lizenz. Man muss nur drauf hin weisen, was ich eingangs vergessen habe, zumal ich den Text zum Zunderschwamm fast wortwörtlich übernommen habe.

Lieber Tux,

ja, der Fruchtkörper des Zunderschwamms scheint sich anhand der Lage am Substrat und den Umweltbedingungen zu organisieren: er beginnt als weissliches Kissen und bildet erst allmählich die typische Form aus.  Die weiße Oberfläche scheint auch nur an sonnigen Standorten aufzutreten und ist vermutlich so etwas wie eine Verwitterungserscheinung.

Allen herzliche Grüße
Jörg
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Gerd Schmahl

#8
Hallo,
ich habe hier ein schönes Beispiel für den im 1. Beitrag angesprochenen Getropismus.
Zitat von: WikipediaWie andere baumbewohnende Pilzarten zeigt auch der Zunderschwamm den Geotropismus, das heißt, neu zuwachsende Fruchtschichten werden mit der Unterseite zum Erdboden ausgerichtet. Bildet ein Fruchtkörper nach dem Umstürzen des Wirtsbaumes neue Fruchtschichten, werden diese um etwa 90° gegenüber den schon vorhandenen ausgebildet.

In diesem Beispiel finden sich 3 Generationen der Zunderschwamm-Fruchtkörper: Die 1. wurde gebildt, als der Birkenstamm noch aufrecht stand, die 2. nach dem Umstürzem und die dritte als der umgestürzte Stamm, der an einem steilen Hang direkt neben einem Weg lag, wohl einen Tritt bekommen und darurch nochmals verkippt wurde. Von Generation zu Generation wurden die Fruchtkörper dabei kleiner, wahrscheinlich, weil das Substrat "ausgelutscht" war. Als ich das fand, war das Holz schon so weit zersetzt, dass ich die Rinde mit den Pilzen einfach abreißen konnte.

Hallo Jörg,
mich würde ja mal der fossile Pilz interessieren, mit dem das verglichen werden sollte. Ich vermute da eher eine Koralle.

Beste Grüße
Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

jcs

Zitat von: Fahrenheit in März 20, 2021, 07:18:39 VORMITTAG
Lieber Jürgen,

Zu Färbungen, die sowohl pflanzliches Gewebe als auch Pilzhyphen differenziert sichtbar machen, fällt mir nur die Vierfachfärbung nach Johannsen sein. Dazu kann Hans-Jürgen sicher mehr sagen, er hat mir das Rezept und ein wenig der benötigten Lösungen überlassen.

Zur Färbung der Pilzhypen einige Stichworte: Pianese, Baumwollblaui (Methylblau), Lactophenolblau, Kongorot oder auch Trypanblau.
Jörg
Hallo Jörg,

danke für die Hinweise. Pianese klingt sehr passend, es gab da hier im Forum auch einen guten Beitrag dazu. Die Frage ist halt immer, wo man das herbekommt. Bei Morphisto scheint es die Färbung als Fertigmischung zu geben.

Das Thema kommt jedenfalls in mein heuriges Mikroskopie-Jahresprogramm, vielleicht lässt sich ja die Mikroskopie von Mykorrhiza so bewerkstellligen.

LG

Jürgen

Fahrenheit

Lieber Gerd,

das ist ja ein ganz wild durchwürfelter Haufen! ;) Spannend, das sich die beiden zentralen "Zweier" scheinbar an der Röhrenseite berühren.
Ich habe bisher nur einen entsprechenden Fruchtkörper an einem umgestürzten Baum in der Siegauge gesehen, an dem die zweite Generation im 90° Winkel zur ersten wächst. Dummerweise habe ich den nicht fotografiert und ich muss ziemlich weit laufen, um da wieder hin zu kommen, lege den aber bei Gelegenheit nach.

Bei der Versteinerung handelt es sich mit guter Wahrscheinlichkeit um ein Teil eines Prototaxiten (Prototaxites). Eine sehr seltsame, aber erstaunlich große Lebensform aus dem Devon. Man ist noch nicht sicher, ob es eher ein Pilz oder vielleicht eine Flechte (ein Pilz mit symbiontischen Algen) gewesen ist. gegen einen Pilz spricht, dass bei der Größe jede Menge organisches Material zum Abbau vorhanden gewesen sein müsste, Algen wurden bisher noch nicht nachgewiesen.
Die Vermutung wurde von einem Paläomykologen aus München anhand der vorgelegten Bilder als plausibel eingestuft.

Ich habe meinem Auftraggeber das Mikroforum empfohlen, wer weiß, vielleicht bekommen wir hier ja einmal Bilder zu sehen.

Lieber Jürgen,

ich habe selbst keine Erfahrung mit der Pianese-Färbung, obwohl ich ein wenig des Farbstoffes hier habe. Ein Versuch ist es auf jeden Fall wert.

Allen herzliche Grüße
Jörg
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Peter Reil

Hallo Jörg,

ich freue mich sehr, dass du in die "höheren Weihen" der Pilzologie eintauchst.  ;)

Schön gemacht, freue mich schon auf deine weiteren Pilzdarstellungen!

Liebe Grüße
Peter
Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, BHT, CH2, CHK, Olympus SZ 30, antikes Rotationsmikrotom

Hilmgrid

Hallo! Was für eine WahnsinnsDoku!
Da ich ja hauptsächlich mit der Mykologie beschäftige, gefällt mir dein Beitrag natürlich besonders gut!
Die beiden Pilze hast du spitzenmäßig präpariert und vorgestellt!
Danke für Deine Doku! :D

Fahrenheit

Lieber Peter,

nochmals danke für die Bestimmung des Zunderschwamms und natürlich auch für Dein Lob!

Liebe / lieber Hilmgrid,

auch Dir vielen Dank! Wie Peter schon andeutete: eigentlich bin ich eher in der Botanik unterwegs, es sei denn, es geht um Speisepilze.
Mal schauen, ob im Herbst noch genug Wald zum Suchen da ist ...

Allen herzliche GRüße
Jörg
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