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Cryptomonas sp.

Begonnen von SNoK / Stephan Krall, August 17, 2021, 13:56:22 NACHMITTAGS

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SNoK / Stephan Krall

Erlauchte Gemeinde,

in meinem Gartenteich habe ich Kryptomonaden gefunden, vermutlich die Leitgattung Cryptomonas. Eine richtige Bestimmungsliteratur habe ich nicht, nur verschiedene Bücher, Internetseiten und Foren (z. B. dieses), wo einige Informationen zu finden sind. Vermutlich handelt es sich bei den ersten beiden Bildern um C. rostratiformis. Allerdings habe ich nicht die im DIK leuchtenden Maupas-Körper gesehen. Aber vermutlich sieht man die nicht immer, obwohl die Aufnahmen im DIK gemacht sind. Dafür sind auf dem ersten Bild sehr gut die Ejektisomen zu sehen, das sind die kleinen runden Strukturen deren Funktion nicht ganz bekannt ist. Es sind zu jeweils zwei Zylindern aufgerollte Bänder. Mit ihnen wird geschossen...und vielleicht getroffen, was nicht rechtzeitig wegkommt. Zumindest werden sie ausgeschleudert.

Auf dem dritten Bild sieht man die beiden Chloroplasten gut. Da lag das Tierchen offenbar andersrum, und vielleicht ist das große helle Korn in der Nähe der Geißeln ein Maupas-Körper. Das dritte und vierte Bild sind ggf. andere Arten, weil die Einbuchtungen bei der Geißel bzw der Vorsprung nicht deutlich zu erkennen sind. Vielleicht ist das dritte Bild C. erosa oder C. ovata.

Es handelt sich bei den Aufnahmen und verschiedene Exemplare. Die Länge war je nach Exemplar zwischen 35-40 µm. Ich habe mich bemüht, Bilder zu nehmen, wo zumindest eine der beiden Geißeln zu sehen ist, im dritten Bild sind beide zu sehen.

Grüße
Stephan



Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK), Lomo MBD-1 ("Für-alle-Fälle-Mikroskop")
Stemis: Zeiss 508, Wild Heerbrugg M5
Kameras: Sony alpha 6500 und 6400
Webseite: https://kralls.de
Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41749.msg308026#msg308026

Ole Riemann

Hallo Stephan,

schöne Bilder eines immer wieder sehr interessanten Objektes. Auf dem 4. Bild erkennt man übrigens noch die kontraktile Vakuole (rechter Rand) und - sehr schwach - den Kern bzw. Nukleolus (linkes Drittel).

Danke und viele Grüße

Ole


SNoK / Stephan Krall

#2
Lieber Ole,

stimmt, die Fans von Kern und Vakuole hatte ich vergessen und hole es hiermit auch für C. rostratiformis nach  ;). Rechts die Vakuole und links vermutlich der Kern, der allerdings nicht klar abgegrenzt ist.

Grüße
Stephan


Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK), Lomo MBD-1 ("Für-alle-Fälle-Mikroskop")
Stemis: Zeiss 508, Wild Heerbrugg M5
Kameras: Sony alpha 6500 und 6400
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Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41749.msg308026#msg308026

Martin Kreutz

Hallo Stephan,

sehr schöne Beobachtungen an nicht so häufig gezeigten Cryptomonaden! Die Art mit der "Schnauze" auf Bild 1, 2 und 4 ist ziemlich sicher Cryptomonas rostratiformis. Bild 3 zeigt wahrscheinlich C. erosa. Im zweiten Post von Dir zeigst Du meiner Ansicht nach daher nur C. rostratiformis und nicht C. erosa.

Die Ejectisomen im Schlund der Cryptomonaden dienen meines Wissens der Fluchtreaktion und nicht der Verteidigung. Wie funktioniert das? Bei Gefahr (z.B. zunehmenden Deckglasdruck) werden diese ausgeschleudert. Weil dies im Schlund passiert, entsteht durch die plötzliche Volumenzunahme ein Überduck im Schlund der nach außen entweicht und dann wie ein Raketenantrieb funktioniert. Die Cryptomonaden springen dann rückwärts. Hast Du vielleicht auch schon beobachtet.

Das Deine Cryptomonaden keine Maupas Körper zeigen ist merkwürdig. In den Cryptomonaden aus meinen Fundgebieten sind sie eigentlich immer vorhanden und erschweren die Fotografie, weil sie hell aufleuchten und das Objekt überstrahlen.

Ich glaube bemerkt zu haben, dass Deine Bilder etwas rauschig sind. Du bist doch nicht etwa von der reinen Lehre abgewichen und hast mit hohen ISO Werten fotografiert?

Martin

SNoK / Stephan Krall

#4
Lieber Martin,

danke für die Hinweise. C. rostratiformis habe ich mir auch angeschaut, aber es gibt einfach keine guten Abbildungen. Selbst Michael Plewka hat nur eine sehr undeutliche Aufnahme auf seiner Webseite. Kennst Du Literatur, wo man das genauer nachschlagen kann? Ich habe mir gerade, ziemlich teuer, Freshwater Algae von Lund & Lund gekauft. Aber da geht es auch nur bis zur Gattung, wie im Kosmos Algenführer. Ich werde das im Beitrag aber anpassen.

Die springenden Cryptomonaden habe ich gesehen, aber nicht die ausgeschleuderten Ejektisomen. Was die Maupas-Körper angeht, sind auf manchen Bildern von Michael und auch im Internet bisweilen keine zu sehen.

Die reine Lehre: Nein, nie im Leben würde ich wieder abweichen! 100 ISO, sonst nichts. Aber die Dinger sind auch ziemlich klein. Ich mache jetzt immer Tonwertkorrektur, Ebenenduplizierung mit Hochpass-Filter und abschließend Unscharf maskieren. Beim Hochpassfilter passe ich auf, ob der überhaupt viel bringt und lasse ihn bisweilen weg. Mal sehen, ich habe diesmal auch RAW-Bilder gemacht. Vielleicht sehen die anders aus, denn bearbeitet habe ich bisher nur JPG.

Grüße
Stephan

Nachtrag: Ich habe inzwischen nicht Kosten noch Mühen gescheut, mir Neat Image als PlugIn für Photoshop Elements 2020 gekauft, neue Bilder gemacht, neu bearbeitet, auch RAW und hochfeine JPGs, aber besser und unverrauschter bekomme ich es nicht hin. Vielleicht liegt es daran, dass es in der Rhein-Main Region nach der Apfelernte immer den frischen Rauscher gibt. Aber es könnte sein, dass man auf dem Bild unten wenigsten einen Maupas-Körper sieht. Das Tierchen ist so um die 70 µm lang.

Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK), Lomo MBD-1 ("Für-alle-Fälle-Mikroskop")
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Martin Kreutz

Hallo Stephan,

für die Bestimmung der Cryptomonaden verwende ich immer folgendes Werk:

Huber-Pestalozzi, G. (1968): Das Phytoplankton des Süßwassers, Systematik und Biologie. Cryptophyceae, Chloromonadophyceae, Dinophyceae, 3. Teil, Vol. XVI. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart. IX + 310 pp.

Das Werk ist natürlich auch schon veraltet, enthält aber brauchbare Zeichnungen und gibt vor allem eine größere Diversität wieder. Die Unterscheidung der Cryptomonas Arten durch frühere Autoren beruht oft ausschließlich auf der Größe und Form der Zellen. Das ist meiner persönlichen Ansicht nach etwas dünn, denn ich habe auf Grund meiner eigenen Beobachtungen bemerkt, dass die Formen auch ziemlich variieren.

Ich habe heute abend auch nochmal Cryptomonaden in meinen Proben gefunden und konnte zwei Arten fotografieren, die ich für Cryptomonas rostratiformis und Cryptomonas ovata halte. Cryptomonas rostratiformis hat eine deutliche "Nase" und soll am Hinterende breit gerundet sein. Hier fangen schon die Variationen an. Ich finde oft Exemplare mit verbreiterten, runden Hinterenden. Das Hinterende kann bei C. rostratiformis auch leicht gebogen sein, wie auf Deinem zuletzt gezeigten Foto zu sehen. Solche Formen habe ich jedoch nie gefunden. Jedenfalls passen die Merkmale Deiner Exemplare klar auf C. rostratiformis. Hier "meine" Form aus dem Simmelried:



Hier eine zweite Form aus dem Simmelried, die ich für Cryptomonas ovata halte. Tatsächlich ist die genaue Zuordnung der Viecher schwierig und ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich C. ovata ist:



Ja, immer mit der geringsten möglichen Empfindlichkeit fotografieren! Wir wollen ja keine Auflösung verschenken! Ich selbst habe auch Tests Raw/jpg gemacht und konnte nach meinen Bearbeitungsschritten keine Unterschiede feststellen. Daher verwende ich ausschließlich jpg. Aber es gibt hier im Forum auch Puristen, die auf Raw schwören. Dagegen ist nichts zu sagen. Mit diesem Format verliert man in keinem Fall was und man ist auf der sicheren Seite. Ich entrausche mit dem Noiseware Pro Plugin für PS vom Imagenomic. Aber ich bin mir sicher, die "Entrauscher" sind alle ziemlich gleichwertig. Jedenfalls ist Entrauschen der mit Abstand kritischste Schritt bei der Bearbeitung. Manchmal verzichte ich auch darauf, um keine Auflösung zu vernichten (z.B. bei filigranen Schuppen der Heliozoen).

Schönen Abend!

Martin

SNoK / Stephan Krall

Lieber Martin,

sehr schöne Bilder hast Du gemacht. Was die Form der Tierchen angeht, muss man sie auch in Natura beobachten, finde ich. Das habe ich heute unter der Stereolupe eine Weile gemacht, weil sie sehr zahlreich waren. Sie bewegen sich drehend im Wasser. Deswegen haben sie dabei eine eher schraubenförmige Form. Wenn wir sie unter dem Deckglas haben engen wir sie ein oder drücken sie platt. Erst dann bekommen sie die Form, die wir dann sehen.

Was die Maupas-Körper angeht, kann es vielleicht sein, dass sie bei Deinem DIK mehr leuchten als bei meinem. Auf meinem letzten Bild sieht es zumindest danach aus, als wäre es ein Maupas-Körper.

Ich werde jetzt auch wieder nur JPG knipsen. Heute habe ich mal ,,extra fein" eingestellt. Dann ist aber jede Datei 12 MB groß. Das ist mir eigentlich zu viel. Die ISO werde ich testweise auf 50 runtersetzen. Da ich blitze, müsste das problemlos gehen. Und am Entrauschen arbeite ich.

Das mit der Literatur schaue ich mir mal an.

Grüße vom Rauscher
Stephan

P. S.: Ich trinke übrigens viel lieber Rotwein als den Apfelwein-Rauscher.
Mikroskope: Leica DMRB, Leitz Dialux (beide mit DIK), Lomo MBD-1 ("Für-alle-Fälle-Mikroskop")
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Webseite: https://kralls.de
Vorstellung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41749.msg308026#msg308026

ruhop

Hallo, Stephan.

Als ich Deine ersten Fotos von Cryptomonas gesehen habe, dachte ich sofort an C. rostratiformis, war mir aber nicht sicher. Es ist immerhin über 40 Jahre her, daß ich diese - auch in den Hamburger Stadtgewässern -  nicht sehr häufige Art gesehen habe. Es waren damals auch keine Lebendbeobachtungen sondern Präparate auf Membranfiltern. Aber sie sahen den auf den Fotos von Martin gezeigten Exemplaren sehr, sehr ähnlich. Daher waren sie anhand der Abbildungen im Huber-Pestalozzi (damals die "Bibel") leicht zu identifizieren. Ich freue mich, daß ich durch Dich ein Wiedersehen mit dieser Art "feiern" konnte.

Einen schönen Tag noch

Holger