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Wild M3C Kombistereo

Begonnen von A. Büschlen, Januar 11, 2016, 09:58:40 VORMITTAG

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Dünnschliffbohrer

Ich habe mich schon immer gefragt, ob das Kombistereo nicht etwas für Pathologen wäre - gerade auch im Schnellschnittlabor. Mit dem Stemi schnell einen Überblick über das Präparat bekommen, wobei die höhere Tiefenschärfe des Stemi bei der höheren Schichtdicke der Schnellschnitte vielleicht von Vorteil wäre? Und sobald etwas Verdächtiges beobachtet wird zur Kontrolle mal schnell das Mikroskopobjektiv einschalten. Und nur in Zweifelsfällen mit dem Dünnschnitt unter das daneben stehende normale Mikroskop?
Meist arbeiten die Pathologen ja ohnehin im niedrigen Vergrößerungsbereich, der bereits durch das einfache  Stemi abgedeckt wird (d.h. kleiner oder gleich 100X).
Wahrscheinlich gibt es irgendwo einen Fallstrick, oder kennen die das Kombistemi einfach nicht? Vielleicht möchte einer der Pathologen hier im Forum etwas dazu schreiben?
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Jürgen Boschert

Hallo,

ich denke, die modernen Stereomikroskope decken diesen Bereich vollumfänglich in exzellenter Abbildungsqualität ab, die Pathologen haben das bloß noch nicht entdeckt. (?) ;D
Insofern könnte ich mir vorstellen, dass sich im professionellen Bereich das Konzept des Kombi-Stereo ein Stück weit überlebt hat.
Beste Grüße !

JB

Florian Stellmacher

#17
Hallo!

1. Pathologen kennen das Kombistereo nicht.

2. Pathologen könnten damit auch nichts anfangen.

Es ist zwar richtig, dass sich die Histopathologie bezogen auf die Zeit der mikroskopischen Untersuchung überwiegend  in geringeren Vergrößerungen abspielt, d.h. aber nicht, dass eine 200 oder 400fache Vergrößerung nicht notwendig wäre. Intraoperative Schnellschnitte, die am Gefriermikrotom geschnitten und schnell HE gefärbt werden, stellen prinzipiell keine anderen Anforderungen an das Mikroskop, sehr wohl aber an den Mikroskopiker. Die Schniiqualität erreicht nämlich methodisch geschuldet nicht die des Paraffinschnitts, insbesondere bei fettigem Gewebe. Typische Artefakte muss man kennen. Warum sollte man gerade in dieser Situation auf ein Mikroskop zurückgreifen, das trotz für ein Stemi guter Qualität letztlich eine geringere Auflösung und auch Vergrößerung bietet? Das Ding hat nicht mal einen Kondensor und bei 100x ist Schluß. Damit kann man wohl in einer Petrischale Protisten angucken, aber für die Diagnostik ist das nicht geeignet. Übrigens liegt bei Pathologen die niedrigste Vergrößerung meist bei 20 oder 25fach, ich habe sogar 12,5fach. Dafür braucht man heute kein zweites Mikroskop.

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

A. Büschlen

Hallo,

Florian schreibt:
ZitatDas Ding hat nicht mal einen Kondensor und bei 100x ist Schluß. Damit kann man wohl in einer Petrischale Protisten angucken,

Tatsächlich ist es so, dass dieses Ding nicht in erster Linie für Phatologen und Protisten gemacht wurde.

Für anspruchsvolle Anwendungen im Auflicht bietet der Hersteller koaxiale Beleuchtungseinrichtungen an.

Für anspruchsvolle Anwendungen im Durchlicht verfügt dieses oben gezeigte Stativ im Durchlichtsockel einschwenkbare Linsen. Diese ermöglichen eine Beleuchtung wie sie mit Kondensoren niedriger Apertur erreicht werden.

Gruss Arnold
Schwerpunkt z.Z.:
- Laub- und Lebermoose.
- Ascomyceten als Bryoparasiten.

anne

Lieber Arnold,
das war lange Zeit mein Wunschmikroskop für das Aussuchen von Diatomeen und evtl. das Legen.
Das würde ich z.B. für ein gute Anwendung für dieses tolle Mikroskop halten.
lg
anne

Florian Stellmacher

Hallo,

inzwischen habe ich die Werbeschrift zum Wild Kombistereo aus dem Jahre 1991 herausgesucht ("Der Arbeitsplatz mit vielfachem Nutzen").

Hier steht: "Das KOMBISTEREO" ist ein neuer Instrumententyp, der die Vorteile eines Stereomikroskopes mit den Möglichkeiten mikroskopischer Detailuntersuchungen kombiniert. Eins Wechselschlitten mit einem Steromikroskop-Objektiv und einem Mikroskop-Objektiv erlaubt, Objekte dreidimensional in der Übersicht zu beurteilen und dann Details sofort bis zu 600facher Vergrößerung bei hoher Auflösung zu analysieren. So können viele Aufgaben, für die bisher ein Stereomikroskop und ein Mikroskop notwendig waren, zeitsparend und kostengünstig an einem einzigen Instrument ohne Wechsel des Arbeitsplatzes gelöst werden."

Als Anwendungsbeispiel werden im Auflicht die Materialprüfung, z.B. zum Auffinden von Rissen in der Mikroelektronik, und die Metallographie genannt. Als Durchlichtanwendung wird die Untersuchung von Bakterienkolonien auf einem Närhboden gezeigt. Letzteres dürfte diagnostisch keinen wirklichen Mehrwert bringen. Ich könnte mir vorstellen, dass man vielleicht in der Forschung z.B. an Pilzen, ggf. weiterführende Erkenntnisse bekommen könnte. An Anne, deren Begeisterung für das Instrument ich bei Ihrer Anwendung gut nachvollziehen kann, hat hier keiner gedacht (und an Pathologen erst recht keiner...).

Hier die optischen Daten:
Optische-Daten-Wild-Kombistereo" border="0

Letztlich muss man wohl sagen, dass sich das Kombistereo in der Mikroelektronik keinen Markt erobern konnte, und auch in der Mikrobiologie konnte es keinen Fuß fassen. Das heißt natürlich nicht, dass es für besondere Aufgaben, vor allem dort, wo es um zerstörungsfreie Untersuchungen bei hoher Auflösung geht, kein wertvolles Arbeitsinstrument wäre. Mir fallen spontan z.B. Untersuchungen an Fossilien oder Gemälden ein. Und ich würde es tatsächlich auch am Wassertropfen einsetzten.

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Florian Stellmacher

Jetzt habe ich sogar noch einen neueren Katalog gefunden, in dem das Kombistereo schon unter "Leica" firmiert.

Hier wird ein umfangreiches modulares System mit diversen Ausbaustufen des Stativs und der Optik beschrieben - gleichwohl schweigt sich die Broschüre zum Anwendungsgebiet nun vollkommen aus.
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Dünnschliffbohrer

Hallo Florian,

1) bei meiner Frage ging ich selbstverständlich davon aus - ohne es ausdrücklich zu erwähnen - dass das Mikroskop mit dem im ersten Beitrag auch so abgebildeten Durchlichtfuß mit der Kollektorleuchte ausgestattet ist. Von der schreibt Wild in der Broschüre über Mikrofotografie ja, dass dadurch die Auflösung im Durchlicht wesentlich erhöht wird. Ich bezweifle, dass das normale Durchlichtmikroskop im entsprechend niedrigen Vergrößerungsbereich gegenüber einem so ausgestattetem Stemi eine signifikant bessere Auflösung hat, auch wenn es immer bestritten wird. Da ich diesen Durchlichtfuß für mein M3 aber nicht selbst habe, kann ich es nicht selbst vergleichen und nur vermuten.

2) Bei meinen vergleichsweise alten Mikroskopen muss ich für diesen niedrigen Vergrößerungsbereich jedenfalls den gewöhnlichen Kondensor gegen einen Brillenglaskondensor tauschen. Das stelle ich mir im Routinebetrieb sehr mühsam und aufwändig vor.  Aber da ich das nur als Hobby mache, kann ich mich da ja auch täuschen. Mag sein, dass es bei deinen Arbeitsgeräten nicht mehr nötig ist (ich weiss leider auch nicht, was es mit den immer wieder angebotenen "Pathologenkondensoren" auf sich hat, bzw. worin sie sich von gewöhnlichen Kondensoren unterscheiden). Und dass man auf höhere Vergrößerungen der Pathologie verzichten könnte, und nicht ein zusätzliches normales Mikroskop bereit halten bräuchte, habe ich ja nun wirklich nicht geschrieben.

Prinzipiell schätze ich immer den Mehrwert der dreidimensionalen Abbildung, auch wenn immer gesagt wird, dass der erfahrene Anwender ihrer nicht bedarf. Ich komme halt von der Stereomikroskopie her, und die Durchlichtmikroskopie war für mich immer zweitrangig.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Florian Stellmacher

Moin Dünnschliffborher,

moderne Kondensoren leuchten, wie ich oben schrieb, auch noch Objektive mit einer Vergrößerung von 1,25 ohne Vignettierung aus. Ein Wechsel des Kondensors ist nicht mehr erforderlich. Hier kommen teilweise auch Mattgläser zum Einsatz.

Die histologischen Schnitte sind nur wenige Mikrometer, im Idealfall nur einen Mikrometer dick. Es wäre falsch zu sagen, dass hierbei die dritte Dimension gar nicht stattfindet, eine räumliche Darstellung ist an diesen Präparaten aber nicht möglich und auch nicht erforderlich. Es wird lediglich in der Fokusebene etwas hin und her veriiert. Und es werden auch in der Pathologie Vergrößerungen bis 400x trocken benötigt, manchmal wird auch geölt, dann gerne mit 63x Fluoritsystemen oder Apochromaten. Dies ist z.B. für den Nachweis von Mykobykterien in der Ziehl-Neelsen-Färbung mitunter erforderlich. Pathologen arbeiten also durchaus auch mit hohen Vergrößerungen, diese nehmen an der gesamten für die Untersuchung erforderlichen Zeit aber nur einen geringen Anteil ein.

Viele Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Stuessi

#24
Zitat von: Florian Stellmacher in November 16, 2021, 18:53:18 NACHMITTAGS
... Werbeschrift zum Wild Kombistereo aus dem Jahre 1991 herausgesucht ("Der Arbeitsplatz mit vielfachem Nutzen"). ...

Hallo Florian,

danke für die gezeigte Tabelle zum Kombistereo.
Sie zeigt, dass ein Einsatz unter 16x Einstellung wegen Vignette (Schlüsselloch Effekt) nicht sinnvoll ist.
Leider stimmen aber die Werte zum Gesichtsfelddurchmesser nicht bei jeder Einstellung.

Vergrößerungseinstellung 16x:
Mit dem NPl 10x/0,20 erreiche ich nur 1,8 mm statt 3,3 mm und mit dem Plan L 25x/0,40 nur 0,7 mm statt der 1,3 mm.

25x Einstellung:
Mit dem NPl 10x/0,20 erreiche ich nur 1,9 mm statt 2,1 mm und mit dem Plan L 25x/0,40 nur 0,7 mm statt der 0,8 mm.

40x Einstellung:
Die angegebenen Werte stimmen!

Bei Einstellungen ab 25x kann ich das Kombistereo als Stereo Mikroskop und als Makroskop verwenden. Immer kann ich mit beiden Augen die Objekte seitenrichtig betrachten.

Viele Grüße,
Rolf