Microgromia - Artenvielfalt oder Varabilität

Begonnen von KayZed, September 19, 2022, 12:03:52 NACHMITTAGS

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KayZed

Hallo Mikrofreunde,

nachdem sich u. a. Martin und Ole schon intensiver mit der Schalenamöbe Microgromia befasst hatten und hier mit wunderbaren Fotos aufwarteten, hatte ich nun auch die Gelegenheit diese interessante Mini-Amöbengattung zu beobachten. Ich fand sie massenhaft in einer schwimmenden Deckglas-Kultur eines relativ eutrophen Dorfteiches.

Einserseits ist Microgromia ideal für höhere Vergrößerung, weil sie direkt am Deckglas anliegt, andrerseits besteht das Problem, dass sich sich am liebsten in einer dichten Bakteriensuppe ansiedelt, die beim Fotografieren teilweise störend sein kann. So war es gar nicht so einfach einigermaßen freie Stellen zu finden.

Beim Erstkontakt mit dem 12,5er glaubte ich zunächst an Eisenbakterien-Konglomerate, bis ich mit dem 25er schnell bemerkte, dass es sich um beschalte Einzeller handelte. Ab dem 40er traten dann bei entsprechender Fokusebene die Granulopodien zu Tage und damit war erst mal klar, dass hier eine filose Schalenamöbe am Werk war. Die Seite Microworld (https://arcella.nl/microgromia/) und der interessante Mikrokosmos-Artikel von Martin brachten mich dann der Gattung Microgromia näher.

Ich beschreibe das auch deshalb, weil ich diesen Entdeckungs- und Bestimmungsweg immer wieder für die spannendste Seite des Mikroskopierens empfinde.

Nun fragte ich mich, ob mir bei dem großen Angebot nicht verschiedene Microgromia-Arten unters Okular rutschten?
Ich merkte schnell, dass die Artzuweisung sehr vorläufig und teilweise spekulativ sein musste. Dabei orientierte ich mich vorwiegend an Martins Mikrokosmos-Beitrag:
https://www.zobodat.at/pdf/Mikrokosmos_101_3_0001.pdf

Die erste Microgromia-"Art" beobachtete noch mit dem 50er. Die Schale war rund, mit einem kaum erkennbaren Hals und durch Eisenbakterien auffällig gelbbraun gefärbt, zum Teil auch mit Körnchen besetzt. Ich hätte sie mal vorläuf als Microgromia haeckeliana angesprochen.



Mit dem 100er fand ich dann eine möglicherweise andere Art, die Martin zu Folge wohl am häufigsten vorkommt, Microgromia longisaepimen.
Obwohl viele Exemplare ziemlich versteckt in der Bakteriensuppe lagen, waren doch bei einigen die wesentlichen Details zu erkennen. Ich habe bei diesem Bild mal versucht, sie so weit mir möglich zu beschriften.



Nachdem sich die Microgromia-Gattung u. a. durch eine einzige Kontraktile Vakuole in der Nähe der Öffnung auszeichnet, war ich durch einen weiteren Fund etwas irritiert.
Die Microgromia war wiederum deutlich braun gefärbt, hatte aber nach meinem Dafürhalten mehrere Kontraktile Vakuolen, wenigsten zwei (eventuell ist die dritte eine Nahrungsvakuole). Nun habe ich bei einigen Microgromia-Amöben wiederholt zuführende Vakuolen beobachtet. Diese waren aber immer deutlich kleiner als die terminale Vakuole.
Damit käme bei diesem Exemplar möglicherweise die Heterogromia-Gattung in Frage, die mehrere Vakuolen besitzt.



Vielleicht kann einer der Experten dazu mehr sagen.

Ich werde jedenfalls meine Winzlings-Deckglas-Kultur weiter verfolgen.

Liebe Grüße
KlausZ

Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Wes

Hallo Klaus,

Das ist ein sehr guter Bericht mit Fotos von wirklich guter Qualität! Ich teile Ihre Begeisterung über den Aufwand, der für die Identifizierung auf Artniveau betrieben wird. Wissen Sie, ob die Schale selbst Metalle wie Eisen absorbieren kann oder ob die Farbe nur von den anhaftenden Bakterien stammt?

Beste Grüße
Wes

KayZed

#2
Hallo Wes,

danke für das Lob.

Ja, das Herantasten an neu gefundene Gattungen/Arten macht Spass.

Über die Art der Eisen-(Mangan?)-Einlagerung bin ich mir nicht sicher. Die Partikel auf der Schale müssen nicht unbedingt Eisenbakterien sein. Die Eisenhydroxidverbindungen könnten auch auf abiotischem Weg entstehen und in die Schale eingebaut werden. Zumindest Microgromia haeckeliana hält sich offenkundig bevorzugt in eisenhaltigen Gewässern auf.

Die Fe(II)-Oxidation zu Fe(III) ist ja ein verbreiteter Vorgang in vielen Schalen und Gehäusen von Mikroorganismen. In einer Kultur von Arcella kann man gut beobachten wie die ursprünglich transparenten Schalen immer dunkler und bräuner werden. Ich denke, dass das bei Microgromia ähnlich sein dürfte. Ob an diesem Vorgang auch eisenoxidierende Bakterien beteiligt sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Vielleicht kann ein Experte dazu Genaueres mitteilen.

Viele Grüße
KlausZ

PS: Wir können gerne beim Du bleiben.
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

KayZed

Hallo zusammen,

ich hab zu meiner Microgromia-Amöbe noch ein kleines Video eingestellt. Schon etwas flau und grieselig, weil es nochmal gezoomt ist, aber durch die Bewegungsvorgänge trotzdem ein Informationszuwachs gegenüber statischen Bildern.

https://youtu.be/945SNtQMYDU

Viel Spass
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Ole Riemann

Lieber Klaus,

ich finde das Video super - alle Details sind wunderbar zu sehen, und das leichte Heranzoomen zu Beginn ist sehr gekonnt. Wie machst Du das? Ich habe praktisch keine Video-Erfahrung. Und ich denke, Du hast mittlerweile - trotz Kondensorapertur N.A. 0,9 trocken - eine beachtliche Detailauflösung in Deinen Bildern erreicht. Mehr geht systembedingt vermutlich nicht.

Danke und schöne Grüße

Ole

ImperatorRex

Hallo Klaus,
das Video ist Dir wirklich gelungen! Vielen Dank für das Video.
viele Grüße
Jochen

KayZed

Lieber Ole,

schön wieder was von dir zu hören (lesen).

Danke für dein Lob.

Ich mache schon seit einiger Zeit für den Privatbedarf (früher auch für die Schule) kleine Videofilme.
Ich bin nun bei weitem keine Profi, aber mit der Zeit eignet man sich ein paar Dinge an. Ich arbeite mit Magix VideoDeluxe, mit dem man schon Vieles bewerkstelligen kann. Allerdings muss man einen Kompromiss zwischen Arbeitsaufwand und Ergebnis finden.

Die Zoomfunktion wird im Programm digital durchgeführt und ist deshalb so weich. Von Hand zoomen geht ja am Mikroskop ohnehin nicht und mit Objektiven ist das meist ein wenig ruckelig.
Ein gezoomter Ausschnitt braucht natürlich Auflösungsreserven, die im 4k-Format, in dem ich grundsätzlich aufnehme, eher vorhanden sind.

Videoaufnahmen am Mikroskop machen mir zunehmend Spass, weil damit eine große Palette der Vitalvorgänge dargestellt werden kann. Außerdem habe ich den Eindruck, dass die Filmaufnahmen an der Z7 manchmal besser sind als die Fotos.

Deine Vermutung trifft sicherlich zu, dass ich da systembedingt mittlerweile an eine Grenze komme.
Mal bin ich damit ganz zufrieden, mal wünsche ich, da müsste doch noch mehr gehen.

Herzliche Grüße
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Kurt

Hallo Klaus,

habe das Video soeben entdeckt und muss wirklich sagen, einfach toll, große Klasse!
Ich habe keine Erfahrungen mit Videos. Jedoch kann ich beurteilen, dass es mit dem 100er viel, sehr viel schwieriger ist ein Video oder Bild in dieser Klasse zu produzieren als mit einem 10er oder 25er-Objektiv.
Nun noch eine technische Frage: hast Du zwischen Jenaval und Nikon Z7 eine Optik oder ist es, wie bei mir einfach nur "Ofenrohr-Adaption"?
Deine Bilder von den Bakterien mit Geißeln finde ebenfalls überzeugen!

Viele Grüße
Kurt

KayZed

Hallo Kurt,

herzlichen Danke für deinen anerkennenden Beitrag.

Die Nikon Z7 ist ganz normal per Ofenrohr adaptiert, wie bei den Fotos.
Ich habe gegenüber Ole schon erwähnt, dass ich bei der Z7 manchmal den Eindruck habe, die Filme seien zuweilen fast besser als die Fotos (kann natürlich täuschen).

Jedenfalls habe ich auch bei anderen Videoaufnahmen schon festgestellt, dass die 4k-Filmqualität bei der Z7 im APS-C-Format hervorragend ist.
Die qualitative Nachbearbeitung beschränkt sich oft auf Helligkeits- und Kontrastanpassungen. Die Filmerstellung selbst ist natürlich je nach Beschriftung, Blenden etc. etwas aufwändiger.

Liebe Grüße
KlausZ
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7