Schnittpräparat von Kunststoffteilen?

Begonnen von witweb, Juli 05, 2024, 15:55:13 NACHMITTAGS

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witweb

Hallo zusammen,

mich haben ehemalige Kollegen gefragt, ob ich nicht ein paar Aufnahmen vom Schnitt eines Kunststoffteils machen kann. Es geht dabei um Musterteile aus Kunststoff, die mit einem Schäumverfahren hergestellt wurden. Jetzt soll gezeigt werden, wie die Schaumstruktur über den Querschnitt ausgebildet ist. Das Material ist PA6 GF30, also Glasfaser verstärktes Polyamid.

Hier ist ein Bild von dem Probenteil, das ich bekommen habe. Es geht um den Bereich, der rot gekennzeichnet ist. Die Dicke ist dort ca. 3 mm. Die drei kleinen Teile rechts habe ich für erste Versuche herausgesägt bzw. abgebrochen.

Screenshot 2024-07-05 154428.jpg

Unter dem Mikroskop ist von der Schaumstruktur nicht viel zu sehen. Die Glasfasern sind zum Teil erkennbar.

RSP 1 AL-DF BB = 4,0 mm.jpg



Nun führt das Sägen und Biegen/Brechen natürlich zu Strukturveränderungen und zu einer unsauberen Trennfläche. Deshalb meine Frage an die Experten:

Wie kann ich einen sauberen Schnitt herstellen? Am besten wäre ein Mikrotom für Glasfaserverstärktes PA. Gibt es wohl nicht, oder? Was könnte ich dann machen?

Fragenden Grüße

Michael


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anne

Hallo Michael,
ich habe in meinem früheren Arbeitsleben solche Proben bearbeitet. Entweder in Harz geschliffen, oder gekühlt geschnitten am Mikrotom. In Harz war es auch oft problematisch, da sich die Poren füllen oder verschmieren.
Ein sehr scharfes Messer könnte evtl. auch eine ausreichende Fläche erzeugen zur Beurteilung.
Lg
Anne

Nochnmikroskop

Hallo Michael,

Ich habe bei meinen Versuchen die Schallplatte schneiden  letztendlich nur mit dem Mikrotom ordentliche Querschnitte sehen können. Auch scharfe, neue Schneiden mit ziehendem Schnitt waren nicht so gut. 
Auch Schleifen mit sehr feinem Medium sah nicht so gut aus, es waren immer lose Fetzen sichtbar.

LG Frank
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Michael L.

Hallo Michael,

einbetten in passendes Technovit unter Vakuum und Dünnschliffe bzw Anschliffe (bei Auflicht) herstellen dann bleibt die Struktur erhalten.

Gruß

Michael

witweb

#4
Hallo zusammen,

@Anne und Michael - Mit Einbetten und Schleifen habe ich noch nichts gemacht. Falls meine jetzigen Versuche und Bilder (s. u.) nicht ausreichen, werde ich mich mit dem Thema aber mal beschäftigen.
Messer geht nicht, oder ich habe nicht das Richtige. Glasfaserverstärktes Polyamid ist aber auch nicht gerade butterweich. Mein Handmikrotom habe ich gar nicht erst hervorgeholt.

@Frank – ich habe mir nochmal deine Berichte zum Schallplattenschneiden angesehen. Aber, wie schon geschrieben, ich habe nur ein Handmikrotom (Kosmos) ...

Was ich jetzt gemacht habe, ist das Material auf verschiedene Weise gebrochen und mir im Auflicht die Bruchkante angeschaut. Fotos machen geht da natürlich nur mit Stacken.
Da es ja um die Schaumstruktur ging, bin ich erst mal zufrieden. Man kann was erkennen. Ob das meinen Ex-Kollegen reicht, muss ich mal sehen. Für Routineuntersuchungen ist das sicher nix.
Bildbreiten 4,0 mm - 1,7 mm - 0,85 mm.

Bruchkante.jpg
RSp 3 AL-DF BB = 4,0 mm.jpg
RSp 4 AL-DF BB = 1,7 mm.jpg
RSp 2 AL-DF BB = 0,85 mm.jpg


Viele Grüße

Michael
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Nochnmikroskop

Hallo Michael,

beim letzten Bild kann man schon die Hohlräume erkennen, sieht schon gut aus. Ist das ein erwartbares Ergebnis?

Wenn ich mal im Job sehen wollte, ob es sich um GFK handelt, oder nicht, habe ich den PA6 schräg angeschnitten und mit meinem 20 Euro-USB Mikroskop angesehen.
Vielleicht wäre einmal ein Versuch mit einem s.g. Stufenbohrer interessant. Die können recht ausbruchfrei bohren und leiten durch die große Metallfläche die Wärme gut ab. Dann den halben Durchmesser wegschneiden und die schräge Fläche ansehen, ähnlich wie beim Keilschnittverfahren zur Schichtdickenmessung.

LG Frank
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jcs

#6
Hallo Michael,

die Bilder sehen doch schon recht gut aus! Du hast Dir da ein durchaus anspruchsvolles Material ausgesucht, was die Probenpräparation anbelangt. Offenbar gibt es zahlreiche geschlossene Poren, d.h. mit Einbetten in Harz kommt man vermutlich nicht weit: Das Harz kann in die geschlossenen Poren nicht eindringen, und beim nachfolgenden Schleifen und Polieren hat man dadurch erst wieder Präparationsartefakte.

Ich denke, mit deiner Vorgangsweise die Proben zu brechen, liegst Du schon richtig. Noch besser wäre ein Kryobruch (Abkühlen in flüssigen Stickstoff) einer eingekerbten Probe, dann gibt es kaum Verformungsartefakte und man bekommt ein unverfälschtes Bild der inneren Struktur.

Lichtmikroskop ist für Fraktographie natürlich nur zweite Wahl, idealerweise schaut man sich so eine Probe im REM an.

LG
Jürgen

mhaardt

Ich habe bei Probekörpern aus dem erheblich weicheren PETG mit einer Klinge ähnlich einer scharfen Rasierklinge in einem Halter Späne der Schmalseite abgehobelt, die ich im Durchlicht anschaue. Pro ein bis zwei Dutzend Späne ist dann einer dabei, der gut geeignet ist:

http://www.moria.de/tech/3d/geometry/

Nicht ideal, aber was Besseres fiel mir nicht ein und die Bilder haben für meine Auswertung gereicht.

Michael

anne

Wie schon gesagt, was auch Michael beschreibt, bei schwierigen Proben hilft oft ein neues Cuttermesser und ein guter Schnitt. Das klappt nicht immer auf den ersten Schnitt.
lg
anne

Nochnmikroskop

Zitat von: anne in Juli 08, 2024, 08:26:11 VORMITTAGDas klappt nicht immer auf den ersten Schnitt.
lg
anne
Hallo zusammen,

bei den Schnitten mit dem Mikrotom war auch nicht immer sofort der erste Schnitt okay, man muss schon einige ansehen und den besten Schnitt verwenden.

Kryobrüche: Michael, da kannst Du ja als Test noch das Kältespray ausprobieren, ist zwar nicht sooo kalt aber die Bruchkante wird schon anders aussehen.

LG Frank
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witweb

Hallo,

meine Kollegen schauen sich zu dem Bauteil noch andere Testergebnisse im Labor an.
Mal sehen, wie es weitergeht.

@Frank – die Idee mit dem Stufenbohrer finde ich super, behalte ich mal auf dem Zettel.
Das mit dem Kältespray mache ich morgen.

@Jürgen - Kryobruch (Abkühlen in flüssigen Stickstoff) und REM. Nachvollziehbar, aber außerhalb meiner Reichweite.

@Michael – Interessante Informationen und Bilder. Dein Hinweis auf 1:12 Ausbeute hat mich ermutigt, doch das Schneiden zu versuchen. Ich habe dann ein paar gelungenere Späne angeschaut. Das ging nach etwas Übung sogar im Durchlicht, wobei ich da polarisiertes Licht verwendet habe, da sonst nicht viel zu sehen war.

@Anne – Danke: ,,neues Cuttermesser und guter Schnitt"...

Noch zwei Bilder von der gleichen Stelle eines Spans. Bildbreite 0,85 mm
Der Erkenntnisgewinn ist allerdings, was die Schaumstoffstruktur angeht, recht gering. Aber wieder was gelernt.
1. Auflicht Dunkelfeld
2. Durchlicht, polarisiert

RSP 5.1 AL-DF BB = 0,85 mm.jpg

RSP 5.2 DL-POL = 0,85 mm.jpg

Beste Grüße und danke für die Tipps!

Michael
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witweb

Hi,

@Frank - mit dem Kältespray geht das ganz gut, praktisch der Kryobruch für Arme.
Das Material wird spröder und das Brechen klingt ganz anders. Hier ein schnelles Foto, ohne Stacking. Bildbreite 0,85 mm.

RSP 6.1 AL-DF BB = 0,85 mm.jpg

@Michael - danke für den Link, habe ich bestellt. Und das Tolle ist, man kann das Teil auch für das Reinigen vom Kochfeld nutzen.  ;)

Beste Grüße

Michael
 
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Nochnmikroskop

Hallo Michael,

Beim Kryobruch zeigen sich die Hohlräume der Schäumung echt gut, oder werden beim Stacken diese wieder etwas egalisiert? Auch die Glasfasern scheinen deutlicher erkennbar. 

Anderer Michael (H.)
Danke für den Link, auch ich habe bestellt, allerdings gab es das noch günstiger und mit insgesamt 40 Klingen. Mit den normalen, dünnen Rasierklingen bin ich auch nicht warm geworden, ich versuche es dann hiermit.

LG Frank
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