Interessante Pilz- und Flechtenfunde 168 – Linden-Zystidenrindenpilz

Begonnen von Bernd Miggel, Januar 12, 2025, 22:18:01 NACHMITTAGS

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Bernd Miggel

Linden-Zystidenrindenpilz (Peniophora rufomarginata)

Fundberichte Nr. 1-158 in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080
ab Nr. 159:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=49256.new#new

Beim Linden-Zystidenrindenpilz (Peniophora rufomarginata) haben wir es mit einem weit verbreiteten, häufigen Saprobionten zu, der streng an Linden gebunden ist. Man findet ihn das ganze Jahr über an noch hängenden oder schon abgefallenen, morschen Ästen in Lindenwäldern, bei Lindenalleen oder solitär stehenden Bäumen. Den hier beschriebenen Fund machte ich an einem am Boden liegenden, 6 cm dicken Ast in einem Kalk-Lindenwald bei Pforzheim-Huchenfeld (Nordschwarzwald) auf 430 m NN.
Quelle für die Bilder: meine Fotos von russula-micro.com.

Bild 1 - feuchter Frk an Tilia-Ast.JPG
Bild 1 – Peniophora rufomarginata in feuchtem Zustand an 6 cm dickem Lindenast. Ränder dem Substrat anliegend und mit der Fruchtkörperfläche gleichfarben. Foto: Bernd Miggel

Bild 2 - trockener Frk an Tilia-Ast.JPG
Bild 2 – Ungleichmäßig aufspringender, trockener  Fruchtkörper mit aufgewölbten Rändern. Foto: Bernd Miggel.
Die Fruchtkörper können 20-30 cm breit und bis 0,5 mm dick werden.  Bei Feuchtigkeit quellen sie auf und zeigen ihre typische rosagraue oder violettgraue Färbung. Sie wachsen rein resupinat, d.h. sie bilden nie irgendwelche Hutkanten und liegen in feuchtem Zustand dem Substrat dicht an. Bei Trockenheit reißen die Fruchtkörper rel. großflächig auf, wobei sich die Ränder hochwölben und die schwärzliche Unterseite zeigen.

Bild 3 - feuchter Frk in Groß.jpg
Bild 3 – Feuchter Fruchtkörper bei stärkerer Vergrößerung, die runzelige Oberfläche zeigend. Foto: Bernd Miggel.

Bild 4 - Frk-Oberfläche.jpg
Bild 4 – Bei sehr starker Vergrößerung läßt sich die feinsamtiger Oberfläche (der Lamprozystiden-Rasen) erahnen.

Führt man einen feinen Querschnitt durch einen Fruchtkörper durch, zeigt sich ein regelrechter Lamprozystiden-Rasen. Die ,,Lampros" sind in reifem Zustand dickwandig und mit einem stark inkrustierten, kegelförmigen, 30-50 x 10-15 µm messenden Kopfteil versehen. Die anderen beiden bei Peniophora vorkommenden Zystiden, also Gloeozystiden und Dendrohyphidien, kommen bei unserer Art nicht vor.

Bild 5 -  Lamprozystiden in 2 Schichten.jpg
Bild 5 – Querschnitt durch einen Fruchtkörper. Die Lamprozystiden wachsen geschichtet, wobei die oberste Schicht mit ihrem inkrustierten Kopfteil aus der Fruchtkörper-Oberfläche herausragt. Foto: Bernd Miggel.

Bild 6 - 2018-02-Lamprozystiden in Groß.jpg
Bild 6 – Querschnitt durch einen Fruchtkörper. Die Lamprozystiden wachsen in dichten Rasen; Kopfteil konisch, dickwandig, inkrustiert. Foto: Bernd Miggel.


Das Hyphensystem ist monomitisch, besteht also nur aus generativen Hyphen. Die Hyphen sind hyalin und dünnwandig und tragen an vielen ihrer Septen deutliche Schnallen.

Bild 7 - Hyphensystem monomitisch mit Schnallen in Wasser.jpg
Bild 7 – Generative Hyphen mit Schnallen, ungefärbt in Wasser. Foto: Bernd Miggel.


Die Sporen sind würstchenförmig (allantoid), hyalin (durchscheinend), dünnwandig und glatt. Eigene Messungen ergaben (50 repräsentative Sporen):
Länge x Breite: 6,8-7,1 x 2,8-2,9 µm, Schlankheitsgrad (Länge / Breite): 2,4-2,54.

Bild 8 - Sporen in Wasser.jpg
Bild 8 – Sporen, ungefärbt in Wasser. Foto: Bernd Miggel.


Verwechslungsmöglichkeiten mit anderen violettlichen oder violettlichgrauen Peniophora-Arten mit aufspringenden Fruchtkörperrändern
• Der Eichen-Zystidenrindenpilz (Peniophora quercina) unterscheidet sich makro morphologisch kaum von unserer Art; mikromorphologisch besitzt P. quercina deutlich größere Sporen. Außerdem ist das Substrat bei P. quercina die Eiche oder die Rotbuche.
• Der Eschen-Zystidenrindenpilz (Peniophora limitata) sieht ähnlich aus. Allerdings sind seine Fruchtkörperränder deutlich schwarz, und seine Sporen sind größer.

Empfehlenswerte Literatur

• BERNICCHIA, A. (2005): Polyporaceae s.l. – Fungi Europaei Vol 12: 477-478.
• BREITENBACH, J. & KRÄNZLIN F. (1986): Pilze der Schweiz Bd. 2, Nichtblätterpilze: Nr. 154.
• Eriksson, J., K. Hjortstam & L. Ryvarden (1978): The Corticicaeae of North Europe Volume 5: 976-979.
•    Jülich, W. (1984): Die Nichtblätterpilze, Gallertpilze und Bauchpilze. Kleine Kryptogamenflora Bd. IIb/1: 203.
• KRIEGLSTEINER, G.J. (2000): Die Großpilze Baden-Württembergs Bd. 1: Nr. 59.15.
• Laux, H. E. (2001): Der große Kosmos Pilzführer: 496-497.
http://www.pilzflora-ehingen.de/pilzflora/arthtml/prufomarginata.php


Viel Freude beim Anschauen!
Bernd


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