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Zahn eines alten Mannes

Begonnen von Gerd Schmahl, Juli 02, 2025, 21:38:16 NACHMITTAGS

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Gerd Schmahl

Hallo,
nach über einem halben Jahrhundert treuen Dienstes, hat sich ein Schneidezahn aus meinem Mund verabschiedet. Ich habe ihn in Epoxy2000 gegossen, mit dem Dremel zerteilt und zu einem Dünnschliff verarbeitet.
EigenerZahn-HF-SPA4-Stitch-3000.jpg

Seine volle Schönheit entfaltet sich im X-Pol mit Rot1:
EigenerZahn-Xpol+Rot1-Pano-SPlA4-3000.jpg

Was es hier so zu sehen gibt, habe ich hier mal beschriftet:
EigenerZahn-HF-SPA4-Stitch-beschriftet.jpg

Deutlich sieht man, dass die Schneide schon gut abgenutzt ist und hier der Zahnschmelz fehlt. Man sieht auch, dass das Zahnbein weicher ist: Es ist nach innen weiter abgenutzt. Während der Zahnschmelz noch vor dem Durchbrechen des Zahnes gebildet wurde (da bekam ich gerade meine Zuckertüte) und nicht nachwachsen kann, wächst das Zahnbein immer weiter. Allerdings wächst es nur innen und verengt so die Pulpa immer mehr. Von ihr ist nicht viel übrig geblieben. Dafür gibt es reichlich Zahnstein. Seine mikrokristalline Struktur erscheint im Mikroskop schwarz, sowohl im HF als auch im X-Pol. Der ist sehr bröselig und seine abgebrochenen Splitter haben beim Schleifen deutliche Riefen im Epoxydharz hinterlassen (rechts oben)

Und hier nochmal die Zahnspitze/-schneide im Detail. Bei diesem Bild lohnt es sich, es in einem anderen Tab zu öffnen oder herunter zu laden und hinein zu zoomen. Es ist ein Stitch aus 6 Bildern mit dem 10er Objektiv. Auch die Übersichtsbilder sind Stitches, allerdings mit dem 4er.
Zahnspitze-XPol-SPA10-Stitch3000.jpg

Viel Freude beim Betrachten wünscht
Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

jcs

Hallo Gerd,

über ein halbes Jahrhundert täglicher Dauereinsatz, das ist doch eine tolle Leistung von so einem Zahn! Meine Mikrotommmesser halten jedenfalls nicht so lange.

LG
Jürgen

Peter T.

Hallo Gerd,

geniale Bilder. Gibts ein neues Lied dazu ("Ode an meinen Zahn" oder so)?
Liebe Grüße
Peter

Spectrum

Hallo Gerd,
Das ist dann wohl der sprichwörtliche "Zahn der Zeit".
Schön in Szene gesetzt.
Grüße Holger
Holger
Duzen und meine Bilder (auch ungefragt)  bearbeiten, mit eigenen Aufnahmen ergänzen und weitergeben erwünscht!

Nochnmikroskop

Hallo Gerd,

Du bist wirklich ein "Mikroskopischer Allesfresser".
Interessante Bilder, danke fürs Zeigen.

Nur ein Mikroskop hält länger, obwohl ja auch mit der Zeit Delamination und ein Zahnverlust droht.  :D 

LG Frank
Meistens Auflicht, alle Themenbereiche
Zeiss Axiolab, Leitz Orthoplan, Keyence VHX, Olympus SZX16, Canon EOS 700D, Panasonic G9, Touptek u.a.
keine KI

Siegfried

#5
Hallo Gerd
Eine Geschichte, ein Präparat aus dem wahren Leben und mikroskopisch,  fotografisch sehr schön, lehrreich und aussagekräftig dargestellt. 8)
Aber mit dem alten Mann muß ich dir Wiedersprechen.  Mein Freund Eberhard Raap, 87 jährig, sagt immer zu mir,  Sigi (72) du bist doch noch jung. 8) In diesem Sinne,
    lg von Siegfried

Gerd Schmahl

Hallo,
danke für die Rückmeldungen.

@Sigi: Das ist deshalb der "Zahn eines alten Mannes" weil die Pulpa fast gänzlich zugewachsen ist. Bei einem jüngeren Zahn, wäre da mehr Hohlraum. Man erkennt ja deutlich, dass die Pulpa mal fast bis zur Spitze reichte. Das was im letzten Bild so schön rot-violett erscheint, ist die zugewachsene Pulpa.

Das "alt" hat in diesem Fall wenig mit meinem "gefühlten" Alter zu tun - da geht schon noch was.

LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

liftboy

Hallo Gerd,

Zitatda geht schon noch was.

Da hoffen wir doch drauf :-))

Grüße
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Jürgen Boschert

Hallo Gerd,

tolle Arbeit! Darf man fragen, wie lange Du daran schleifen musstest?
Beste Grüße !

JB

beamish

Ich bin auch ziemlich begeistert!

Grüße
Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

Sourdough

-
#10
-

Gerd Schmahl

#11
Hallo Jürgen,
ZitatDarf man fragen, wie lange Du daran schleifen musstest?

Ich habe nicht auf die Uhr geschaut. Es ging aber besser und schneller als ich dachte. Ist von der Härte nicht vergleichbar mit verkieseltem Gestein:
1. Desinfektion/Fixierung in 70%igem Ethanol (ca. 1Monat - nicht dass so lange nötig gewesen wäre)
2. Einschluss in Epoxy 2000 (ca. 10min +1Tag Härtepause)
3. Damit der Harzklotz zum Trennen gut und fest liegt, wurde er kurz angeschliffen und mit UV-Kleber auf ein Diaglas geklebt (ca. 10min)
4. Trennen mit Dremel und kleiner Diamantscheibe (mit Vor- und Nachbereitungen im Garten ca. 15 min)
5. Anschliff der besseren Hälfte auf Diamantschleifplatten mit den Körnungen 200, 600, 1000 und 2000 - letzter Schliff auf Nasschleifpapier und Glasplatte mit Körnung 3000.(ca. 15min + ein Tag Trockenpause)
6. Abwischen mit wasserfreiem ISOpropanol und Aufkleben auf Objektträger im Gießener Format mit UV-Kleber CONLOG 665 (ca. 2min)
7. mit dem Dremel auf ca 1mm heruntergeschnitten (2min)
8. Schliff mit Diamantplatten gleicher Körnung wie oben, nur, dass ich sehr viel länger mit der gröbsten Platte schleifen musste und am Ende eine wiederholte Kontrolle der Dicke erfolgen musste, eine leichte Keilbildung war auszugleichen. Die letzten drei Schleifgänge erfolgten trocken, weil dünnes Knochen-/Zahnmaterial zum Quellen und Verbiegen neigt. (ca. 30 - 40min)
9. Abwischen mit ISO und Aufkleben des DG mit UV-Kleber, Endreinigung, Etiketten schreiben und kleben (ca. 5min)

Also ohne die nötigen Pausen zum Härten und Trocknen ca. 2h Arbeitszeit. Die Fotoarbeiten am Mikroskop und die Bearbeitung der Fotos haben länger gedauert.

LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Schuhmicro

#12
Hallo Gerd,
der Zahn der (brauchte viel) Zeit. (Edit: Holger dachte das auch)
Ich dachte für 10 Sekunden So jetzt hab ich (bald) ein Mikrotom, da kann ich auch mal was damit schneiden und sowas machen.
Mein erster Schnitt, ein Zahn  :P .
dann dachte ich hmm das geht doch gar nicht zum schneiden Knochen villeicht, aber Zahnschmelz ist zu hart.  :-\
Ein Dünnschliff aaah war ja klar. Ohne Arbeit geht das nicht.
X-Pol ohne Rot I = λ/4-Platte? ginge das auch?
bei mir fehlt auch der Schmelz vorne
wirklich schön gelungen Danke Gerd.
Gruss
Martin
🖖(Lebe lang und poste viel)

Jürgen Boschert

Lieber Gerd,

danke für die ausführliche Beschreibung.
Beste Grüße !

JB

Gerd Schmahl

Hallo Martin,
ZitatX-Pol ohne Rot I = λ/4-Platte? ginge das auch?
X-Pol ohne Hilfsobjekt sieht so aus.
EigenerZahn-Xpol-Pano-SPlA4.JPG

Bunt wird es mit einem Hilfsobjekt, wobei die λ/4-Platte nicht das Gleiche ist wie Rot1. Wenn es aber nicht um kristalloptische Messungen geht, sondern um die Darstellung verschiedenen Kristallausrichtungen (und genau das bedeuten die verschiedenen Farben im Bild vom Zahn), geht das mit jeder Verzögerungsplatte, auch mit Tesa-Film auf einem Stück Glas. Die Farben sind dann nur andere. Übrigens wechseln die Farben auch, wenn man das Objekt (in diesem Fall den Zahn) dreht. Wenn ich es um 90 Grad drehe wird mit dem Rot1 aus Blau Gelborange und umgekehrt.

Beste Grüße
Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.