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Stereo-Mikrofotos

Begonnen von Stuessi, Oktober 18, 2025, 12:15:20 NACHMITTAGS

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Lupus

Hallo Heribert,

das Problem Stereosehen ist wie schon erwähnt ziemlich komplex und auch etwas von der individuellen Physiologie abhängig. Ein Unterschied des ebenen Stereobildes im Vergleich zum realen Stereosehen im Raum besteht bekanntlich darin, dass im 2. Fall neben der horizontalen Bildverschiebung auch die jeweilige unterschiedliche Fokussierung der Augen in der Tiefe und die Konvergenz der Augenachsen dazu kommt - was beim Stereoeindruck automatisch mit berücksichtigt wird.

ZitatIn gleicher Weise erscheint uns die Tiefe größer, wenn man Side-by-Side-Bilder für den Kreuzblick in gleicher Größe als Anaglyphenbild überlagert. Last not least (für Leute die Parallel- und Kreuzblick beherrschen) erscheint die Tiefe in einem Parallel-Bild größer als beim Kreuzblick. Offenbar rechnet unser Gehirn den Augenwinkel mit ein und zieht den Schluss: je paralleler die Augen (bei der Betrachtung gleicher Stereo-Teilbilder) sind, desto größer muss die Tiefe sein.

Beim ebenen Stereobild fehlt der Wechsel zwischen entspannter Augenmuskulatur bei weit entfernten Objekten und angespannten Augen für nahe Objekte. Bei der Bildbetrachtung liegen naturgemäß alle Objekte in gleicher Entfernung, und der mittlere Konvergenzwinkel der Augenachsen bleibt beim Betrachten gleich und ist nur je nach Betrachtungsmethode unterschiedlich (Parallelblick keine Konvergenz, Anaglyphen Konvergenz wie Nahpunkt, Kreuzblick unnatürlich große Konvergenz). Natürlich kommt zu diesem mittleren Konvergenzwinkel bei allen Betrachtungsmethoden in geringerem Maße zusätzlich der Deviationswinkel der Objektpunkte durch ihre abstandsbedingten Querverschiebung hinzu.

Durch die unterschiedliche mittlere Augenkonvergenz der verschiedenen Betrachtungsmethoden interpretiert das Gehirn einen z.T. geringeren Objektabstand, der aber nicht mit dem im Bild wahrgenommenen Deviationswinkel übereinstimmt. Daher wird insbesondere ein im Vordergrund befindliches Objekt bei großem Augenkonvergenzwinkel wie bei Kreuzblick als real kleiner Interpretiert als es von der Bildgröße her wäre (Mikropsie). Dass dabei der (relative) Tiefeneindruck geringer ist konnte ich nicht beobachten.

Man muss aber wohl auch differenzieren was man unter Tiefeneindruck versteht, es ist ein Unterschied ob die wahrgenommene Tiefenstaffelung zweier nahe nebeneinander gelegener Objekte gemeint ist die noch im Schärfezentrum des Auges liegen, oder aber die Nähe eines zentralen großflächigeren Objekts im Vergleich zum entfernten Bildrand. Im 2. Fall ist die Tiefenstaffelung bei starker Annäherung an das Bild (und damit sehr großem Bildwinkel) natürlich nicht mehr so ausgeprägt weil das entferntere periphere Objekt nicht mehr gleichzeitig ausreichend scharf erfasst werden kann.

Und ein weiteres Problem, gerade auch beim Kreuzblick, ist die unterschiedliche trapezförmige Verzerrung des Bildpaars bei großem Bildbetrachtungswinkel aber nicht senkrechtem Blick auf das Bild. Im Gegensatz zur in weiten Grenzen tolerablen horizontalen Verschiebung zweier Bildpunkte sind vertikale Abweichungen, speziell auch die genannte trapezförmige Verzerrung, sehr kritisch bei der Verschmelzung zu einem Stereobild. Das mindert entsprechend den Stereoeindruck besonders in Bildrandbereichen.

Hubert

Heribert Cypionka

Lieber Hubert,

vielen Dank für deine ausführliche Beschreibung! Jetzt liest es sich doch deutlich klarer :)

Ich habe inzwischen auch meinen Demo-Beitrag dazu fertiggestellt...

LG
Heribert 

Stuessi

Lieber Heribert,

danke für Deinen Demo-Beitrag.

Im Beitrag #1 habe ich geschrieben
es gibt viele Verfahren zur Herstellung und zum Betrachten von Stereo-Mikrofotos

Leider gelingt das "Hineinzoomen" nur mit Anaglyphenbildern und damit zufriedenstellend nur mit s/w Bildern.
Oder geht es auch anders?

LG,
Rolf