HISTOLOGIE: Nebenniere der Ratte

Begonnen von Holger Adelmann, September 04, 2011, 12:31:15 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Holger Adelmann

Liebe Kollegen,

von der Nebenniere sind ja derzeit einige Posts unterwegs, heute ergänze ich diese Reihe noch mit einer umfangreichen Darstellung der Nebenniere der Ratte, da ich diese Woche schöne Semidünnschnitte zu diesem Organ bekommen konnte :)
Ich selbst hatte vor einiger Zeit schon zur Histologie der Nebennieren-Rinde gepostet, aber das Material, welches ich jetzt erhielt ist wirklich exquisit fixiert (Perfusionsfixierung), und somit für eine feinstrukturelle Beobachtung des komplexen Nebennieren-Gewebes viel besser geeignet.

Die Nebenniere ist, wie ja schon bekannt, ein zweigeteiltes Organ. Die dreigeteilte Rinde ist aus Zellen aufgebaut die aus Epithelzellen differenziert sind und ist eine endokrine Drüse, d.h. sie sondert Hormone ins Blut ab. Das Nebennierenmark ist eigentlichTeil des autonomen Nervensystems, es ist quasi ein Ganglion des Sympathikus-Systems.

Die Nebennierenrinde besteht aus 3 Schichten. Von Aussen nach Innen:
1. Zone glomerulosa (Knäuelschicht) G in der Übersicht
2. Zona fasciculata (Strangschicht) F in der Übersicht
3. Zona reticularis (Netzschicht) R in der Übersicht

Alle Hormone der Nebennierenrinde sind sogenannte Steroidhormone, sie sind chemisch vom Grundstoff Cholesterol abgeleitet und werden bei Bedarf von den Zelllen der NNR aus diesem synthetisiert.

Cholesterol (der Ausgangsstoff):


(1) Die Zellen der Zona glomerulosa (G) produzieren sogenannte Mineralcorticoide, vor allem das Aldosteron, welches über das Renin-Angiotensin-System in der Niere gesteuert wird. Aldosteron erhöht die Rückresorption von Natrium und bewirkt die vermehrte Ausscheidung von Kalium und Protonen (H+) in den Nierentubuli. Die Regelkreise sind kompliziert, ein wichtiger Trigger der Aldosteronausschüttung ist eine Verminderung vom Blutvolumen und Blutdruck ("Dursthormon").

Aldosteron:


(2) Darunter folgt die wesentlich breitere Zona fasciculata (F), in der die Zellen zu langen Strängen und Säulen geordnet sind. Diese Schicht produziert überwiegend die sogenannten Glukocorticoide, vor allem Cortisol. Cortisol ist lebensnotwendig. Es ist neben den Katecholaminen wie Adrenalin und Noradrenalin ein wichtiges Stresshormon, das die Körperfunktionen auf Kampf bzw. Flucht programmiert. Das Cortisolsystem reagiert aber träger als das Katecholaminsystem, Cortisol besitzt ein sehr breites Wirkungsspektrum, es mobilisiert im Stoffwechsel Zucker und Fett aus den Speichern und wirkt darüberhinaus anti-entzündlich.  

Cortisol:


(3) Die darunter gelegene, locker gebaute, netzartige Zona reticularis (R) gibt Vorstufen der Androgene (männliche Sexualhormone) ins Blut ab, insbesonders Dehydroepiandrosteron (DHEA) and Androstendion, welche dann in Hoden bzw. Eierstöcken zu den eigentlichen Androgenen wie Testosteron etc. umgewandelt werden.

DHEA (links), Testosteron (rechts):


Das Nebennierenmark (M in der Übersicht) ist embryologisch ganz anderer Herkunft und ist eigentlich ein Ganglion des vegetativen Nervensystems. Seine grossen, blasig erscheinenden Nervenzellen haben sich sozusagen ebenfalls in Zellen innerer Sekretion gewandelt und geben bei Bedarf die Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin in die Blutzirkulation ab. (In der Überganszone zwischen Rinde und Mark sind Markzellinseln oft in den angrenzenden Zellverband der Zona reticularis eingebettet, wie in meinem Bild zu sehen).

Adrenalin und Noradrenalin sind Streßhormone. Sie steigern in Sekundenschnelle die Herz-Kreislauf-Funktionen und versetzen Nerven und Gehirn in Alarmzustand. Ihre ursprüngliche Aufgabe war es, den Körper zu Kampf oder Flucht (fight or flight) zu befähigen. In Notfällen mobilisieren sie die Energiereserven.

Adrenalin (links), Noradrenalin (rechts):


Das grosse Mosaik ist hier:
http://www.fotos-hochladen.net/uploads/suprarenrattemc08uoilg1.jpg

Ich wünsche wie immer viel Spass beim Anschauen.

Herzliche Grüsse
Holger

Übersicht:
Nebenniere Ratte, Semidünnschnitt 1 µm, fixiert in Glutaraldehyd in Cacodylatpuffer, Färbung: Toluidinblau, Leitz Orthoplan, PL APO 63/1.40, Moticam 2300, Image-Pro Plus


Holger Adelmann

Noch eine Ergänzung zum Post:
Aus dem wunderschönen gezeichneten Atlas der Histologie von Max Clara (Atlas der normalen mikroskopischen Anatomie, Clara, Herschel, Ferner, Urban & Schwarzenberg, heute Urban & Fischer, 1974) noch eine Schematische Darstellung des Nebennierenmarks.
Die dort erwähnten chromaffinen Zellen (also sich stärker anfärbenden Zellen) sind auch auf meinem Foto unten zu erkennen. Näheres zur Spezialisierung der einzelnen Zelltypen im Mark werde ich noch recherchieren und hier posten.

Herzliche Grüsse
Holger




Holger Adelmann

Ich habe mich jetzt nochmals in die Details zum Nebennierenmark eingelesen:
Die chromaffinen Zellen des Marks speichern das Adrenalin und Noradrenalin in elektronendichten Granula, ich glaube eine Granulierung sieht man auch schon in der LM Färbung in dem Detailausschnitt unten.

Die Sekretion dieser Hormone wird stimuliert durch Abgabe von Acetylcholin aus präganglionären Fasern des Sympathikus (klar, denn das Mark ist ja das Ganglion) nach Stimulation durch Stress-Situationen wie z.B. starke Anstrengung, Unterzuckerung, Angst und Verletzung/Schmerz.

Ich habe mir darauf hin nochmals die Ausschnittvergrösserung des Mosaiks (s.u.) angesehen, kann aber keine Strukturen im Schnitt erkennen, die solche Fasern darstellen könnten. Diese Fasern sind vermutlich auch viel duenner als die typischen sensorischen Fasern, die ich im Bild des Spinalganglions gezeigt habe.

Hat jemand Erfahrung in der Darstellung von Fasern des vegetativen Nervensystems? Muss man die versilbern, um sie zu sehen?
Hat jemand Erfahrung mit Versiberungen und Kunststoffeinbettung?


Herzliche Gruesse
Holger




Ronald Schulte

Holger,

In die Zellen am unterrand sehe ich weiße Löcher. Sind das Vakuolen oder Fett-tropfen?

Ein Versilberungs-Farbprotokol für Kunststoff kenne ich aber kenne leider noch nicht die Resultaten. Habe gerade erst die Chemikalien bekommen.
Ich kann dich das Protokoll senden.

Grüße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Holger Adelmann

Hallo Ronald,

das sind Vakuolen, denn Fettröpfchen wären duch die Osmierung in etwa erhalten geblieben.

Ja, bitte sende mir das Rezept fuer Versilberungen in Kunststoffschnitten, möchtest Du es denn selbst auch mal versuchen?

Ausserdem habe ich mir das Ausschnittsbild nochmals angesehen, und meine, nun doch evt. innervierende Sympathikus-Nervenfasern zu sehen !?

Ich habe diese Strukturen im folgenden Bild mit gelben Pfeilen markiert. Sie scheinen irgendwie aussen an die Markzellgruppe heranzulaufen und sind fuer Kapillaren zu duenn !

Herzliche Gruesse
Holger





Ronald Schulte

Holger,

Das konnten die Fasern sein. Da musst du mal mit dein EM dran!
Vielleicht sind sie aber auch zu versilbern.
Hier das Kulzer Protokoll das für Basalmembranen gedacht ist.

- Perjod-saure 1%, 30min;
- Spulen AD, 3x;
- Methenamin-Silber-losung, 60min bei 60grad Celsius;
- Spulen AD und Mikroskopische Kontrolle. Zu schwache Färbung geht wider zurück in die Silber Losung;
- Schnitte Trocknen auf einer Streckplatte;
- Goldchlorid 0,2%, 1-2min;
- Spulen AD;
- Natriumthiosulfat 2%, 5min;
- Spulen in Leitungswasser,
- Kann mit ein schwache HE oder Safranin O 0,2% gegen gefärbt werden;
- Schnitte Trocknen und eindecken.

Stammlosung Methenaminsilber:
a. Hexamethylentetramin 3%, 100ml;
b. Silbernitrat 5%, 5ml;
a. en b. können getrennt aufbewahrt werden.

Farblosung Methenaminsilber:
- Stammlosung, 50ml;
- Borax 5%, 5ml


Grusse Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.