In wie weit "darf" man Mikrofotos verbessern?

Begonnen von Microbehunter, Januar 17, 2009, 15:47:45 NACHMITTAGS

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Peter V.

#15
Hallo Erik,

Zitatmeiner Meinung nach muss ein Bild grundsätzlich nicht nachkorrigiert werden. Dazu müssen natürlich (im Falle des Knipsens durchs Okular ==> einfachste Variante) alle Parameter in der Kamera vorher richtig eingestellt werden. Doch wer macht das schon bzw. kennt sich mit seiner Kamera überhaupt sehr gut aus?
Ich habe es oft erlebt, daß mit den Automatikfunktionen in den blauen Dunst hineingeschossen wird, frei nach dem Motto: PS wird es schon richten. Dadurch verschenkt man sich wertvolle Bildinformationen oder muss mit mittelmäßigen Ergebnissen leben!!!

Aber worin liegt der Unterschied, ob ich das vorher per Kameraeinstellung / Software mache oder hinteher per Photoshop?

ZitatGute Bilder haben aber wenig mit teurer Ausrüstung zu tun. Bildermachen ist ein Handwerk und man kann mit etwas Übung und Fleiß auch aus wenigen Megapixeln (ich denke an Peter H. Bilder oder die Handstackings von Wolfgang Bettighofer und viele andere Arbeiten von Forumsmitgliedern) unglaublich viel herausholen.

Ähhhh!!??? Richtig! Aber gerade Peter Höbel verwendet doch EBV!!!!! Und Herr Bettighofer doch auch....

ZitatNeidisch wird man da nur bei Diavorträgen => da können wir Digitalknipser mit unseren Beamerbildern jedesmal vor neid erblassen und sehen fast immer unmanipuliertes.

Ganz klar! Weil die Analogfotografie mit Diafilmen technisch und qualitativ den Gipfel der Entwicklung der Fotografie darstellte.
Digitalfotografie wurde ja auch nicht entwickelt, um Qualität und Auflösung der Fotos zu vebessern, sondern weil sie andere Vorteile bot ( Billig, schnelle Verfügbarkeit und einfach Bearbeitung / Verbreitung ). Dafür wurde die Qualität geopfert.
Fotografie auif Farbfilm war gutbürgerliche Küche, Diafotografie 3-Sterne-Küche und Digitalfotografie ist McDonald. Billig, einfach, überall schnell verfügbar, aber eben nicht die Spitze der Kochkunst.

Ich zitiere aus der Wikipedia:

"Diafilme mit geringer Empfindlichkeit (25 bis 50 ASA) bieten eine enorme Auflösung von bis zu 10.000 ppi; entsprechend einem Digitalbild liegt die Auflösung eines Diafilms also etwa bei 14.250 × 9.500 Pixeln = 135 Megapixel, was einer unkomprimierten Dateigröße von rund 387 Megabyte entspräche."


Es ist nur sehr schade, daß mit der Analogfotografie eine bis zu Ihrem Maximum entwickelte Kulturtechnik leider auf lange Sicht komplett aussterben wird. Sicherlich wird in 50 Jahren niemand mehr wissen, was ein Film ist, niemand wird diese seltsamen beschichteten Plastikbänder mehr herstellen.

Herzliche Grüße
Peter

Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

derda

#16
Hallo Peter,

ZitatAber worin liegt der Unterschied, ob ich das vorher per Kameraeinstellung / Software mache oder hinteher per Photoshop?

Die Bilddaten sind ja nur Zahlen, die in einem bestimmten Wertebereich in der Kamera vorliegen. Bspw, könnten in der Kamera nur bestimmte Bereiche (von 100 bis 150) genutzt worden sein, obwohl man durch einen Weissabgleich auch im Bereich von 56 bis 245 hätte liegen können. Nun holt man sich die Bilder auf den Rechner und führt über die Kontrastfunktion eine Transformation der Bilddaten auf einen neuen Wertebereich durch. Die Diskretisierung ist nun eine ganz andere als wenn man gleich einen vernünftigen Weißabgleich gemacht hätte (man spreizt die Daten mit PS nämlich nur auf und bekommt keine neuen Zwischenwerte => kann man ganz gut in homogene Bildbereichen sehen, die durch Kontrastierung schnell pixelig werden).

ZitatÄhhhh!!??? Richtig! Aber gerade Peter Höbel verwendet doch EBV!!!!! Und Herr Bettighofer doch auch....

Ich wollte auch zu anderen Anmerkungen etwas dazugeben. Dieser Kommentar hatte mit dem Gesagten zu: teurem Equipment zu tun. Das hätte ich etwas strukturierter schreiben sollen, daher Asche auf mein Haupt. Leider ist es hier unmöglich zu einzelnen Beiträgen etwas zu sagen und dann passend einzufügen. Das geht ja leider nur am Ende des Beitrages.

Was das Überleben von Filmen angeht, bin ich sehr optimistisch. Habe erst letzte Woche wieder einen abgeholt und bin nach wie vor begeistert (nachdem ich mir mal einen kompletten Urlaub versehentlich digital entsorgt habe, knipse ich wieder analog).

Viele Grüße

Erik



chaosquante

Hallo,

zu dieser Frage gab es in einer der letzten Ausgaben des Comutermagazins c't eine ausführliche Diskussion. Dort läuft auch gerade ein Wettbewerb zur Bildmanipulation und Ihrer Erkennung. Gerade bei den Magazinen bei denen Bilder (z.B. Landschaftsaufnahmen) eine große Rolle spielen scheint es eine Art Codex zu geben was an Bildveränderung akzeptabel ist und was nicht.

Maßstab ist immer die Wahrnehmung des Fotografen. Nur der Fotograph hat seinen Eindruck im Kopf und kann die Abweichungen des Abbilds beurteilen. Der Fotograph ist in der Lage zu entscheiden welche Kompromisse er bei der Wiedergabe der Realität (z.B. beim Dynamikumfang) eingehen kann um seinen Eindruck bestmöglich wiederzugeben. Anpassungen bei der Helligkeit, beim Kontrast und den Tonwerten die zu einer originalgetreueren Widergabe führen, werden daher nicht als Bildmanipulationen sondern als Teil des photographischen Prozesses angesehen. Allerdings wird anscheinend auch erwartet, das neben den bearbeiteten Bildern auch die unbearbeiteten Originale, möglichst im RAW Format der Kamera, eingeschickt werden um nicht akzeptable Bildmanipulationen auszuschließen.

Ich denke dieses Verständnis ist auch bei der Mikroskopie angebracht. Ein Bild sollte den Eindruck den ich beim Mikroskopieren vom Präparat gewonnen habe möglichst gut wiedergeben und alle Bearbeitungsschritte die diesem Ziel dienen sind legitim.
Ich nehme z.B. beim Blick durch das Okular eine wesentlich größere Tiefenschärfe war als ich mit der Kamera abbilden kann.  Also ist das Stacken von mehreren Bildern eine Möglichkeit meiner Wahrnehmung näher zu kommen und keine Bildmanipulation. Mit Helligkeit, Kontrast und Tonwertkorrektur gleiche ich die Farben am Bildschirm so lange ab, bis die Farbwahrnehmung dem Bild am Okular entspricht. Damit das dann auf allen Bildschirmen möglichst gleich aussieht, sollte man dann auch nur noch farbkalibrierte Bildschirme und Drucker verwenden.

Das Zusammenfügen einzelner Bildelemente aus verschiedenen Bildern zu einem Bild oder das entfernen von Bildinhalten, zu einem Bild dass ich so nicht gesehen habe ist dagegen eine Bildmanipulation. Auch so etwas kann sinnvoll sein, z.B. wenn ein Staubkorn,  das mir bei der Betrachtung gar nicht aufgefallen ist, beim Foto von der wesentlichen Bildaussage ablenkt. Oder wenn ein kombiniertes Bild dem Betrachter hilft die Aussage des Bildes besser zu verstehen. Letztlich fallen auch alle Methoden in diese Kategorie bei denen es gar eine direkte optische Wahrnehmung mehr gibt, z.B. rein digitale Mikroskopie oder wenn das Bild von einem Sensor aus vielen Einzelmessungen erst am Rechner zusammengesetzt wird. Ich denke auch solche Bilder kann man veröffentlichen, allerdings sollte die Methode die zur Ihrer Entstehung geführt hat angegeben werden und neben dem fertigen Bild gehören alle Einzelbilder/Messdaten mit zur wissenschaftlichen Dokumentation. Diese Schritte der Bildbearbeitung würde ich mit der mikroskopischen Zeichnung vergleichen. Eine Zeichnung hat gar nicht den Anspruch hat eine identische Abbildung zu sein sondern eine möglichst genaue Wiedergabe der charakteristischen und wesentlichen Bildinhalte.

Auch noch weitergehende Bildmanipulationen können durchaus legitim sein, allerdings verlässt man aus meiner Sicht den wissenschaftlichen Bereich und kommt in den Bereich der darstellenden Kunst.  Solange diese Information auch klar zum Bild mitgegeben wird, kann ich mich an solchen Bildern ebenfalls erfreuen.

Mit freundlichen Grüßen

chaosquante

Jürgen Boschert

Hallo,

@chaosquante:

ZitatDas Zusammenfügen einzelner Bildelemente aus verschiedenen Bildern zu einem Bild oder das entfernen von Bildinhalten, zu einem Bild dass ich so nicht gesehen habe ist dagegen eine Bildmanipulation.
...

und

ZitatAuch noch weitergehende Bildmanipulationen können durchaus legitim sein, allerdings verlässt man aus meiner Sicht den wissenschaftlichen Bereich und kommt in den Bereich der darstellenden Kunst.
...


Das ist so halt auch nicht richtig. Danach wären ja alle Scans (Comouter- und MR-Tomographie, LSM-Bilder, Oberflächenscans von Gestirnen) unwissenschaftlich und "bloße" Kunst.

Das ganze ist halt wesentlich komplexer, als man anfangs vermuten mag, und wird sich wohl m. E. auch nicht so ohne weiteres in Regeln fassen lassen - trotz aller Bemühungen.

Gruß !

JB
Beste Grüße !

JB

derda

"... Das Zusammenfügen einzelner Bildelemente aus verschiedenen Bildern zu einem Bild oder das entfernen von Bildinhalten, zu einem Bild dass ich so nicht gesehen habe ist dagegen eine Bildmanipulation. ..."

Das ist ja das mikroskopische Sehen, was man erst nach sehr langer Übung und beschleunigend durch Zeichnen lernt. Ein Mikroskop macht noch keinen Mikroskopiker, einer zu werden ist ein elend langer Lernprozess. Wer mit der Schärfentiefe eines hochaperturigen Objektives ein Objekt durchläuft und im Kopf ein richtiges Bild zusammenstellt, ist ein MEISTER.


peter-h

#20
Was ist Bildmanipulation ?

Ohne gute und trickreiche Software hätte ich kaum eine Chance bei heiklen Bildteilen ein vorzeigbares Bild zu erzeugen. Ist es dann eine Fälschung? Das linke Bild läßt Strukturen erahnen, das rechte Bild zeigt diese Strukturen, die durch technische Unzulänglichkeiten im Einzelbild überdeckt sind. Also keine Verfälschung ?



Aufnahme mit CZJ Apo 40/0,95 , weiße LED-Beleuchtung , 800 Einzelbilder des Objekts und 800 Einzelbilder für Flatfield als AVI-File aufgenommen. Bei 60 Bilder/sec , keine lange Zeit. Dann beide AVIs mit REGISTAX zu einem Einzelbild gemittelt. Danach mit GIOTTO die Flatfield-Korrektur gerechnet. Es ist keine Stunden-, oder Minutenarbeit, sondern es liegt im Sekundenbereich.

Was setzt der gute alte Film dagegen  ???

Sonntagsgrüße
Peter Höbel

chaosquante

Hallo Herr Höbel,

da haben sie ja ein sehr schönes Beispiel. Für mich ist da die Frage was haben Sie durch das Okular gesehen, das rechte, das linke oder gar kein Bild?

War durch das Okular das linke Bild zu sehen, und das rechte Bild ist nur aufgrund von technischen Unzulänglichkeiten entstanden, dann ist das linke Bild für mich, natürlich nur wenn es das rechte Bild als Grundlage wirklich gibt, das Ergebnis von Bildbearbeitung im Sinne größerer Wahrhaftigkeit.

Konnte man mit dem Auge allerdings gar kein Bild erkennen, z.B. weil UV-Licht außerhalb des sichtbaren Bereiches, verwendet man meiner Ansicht nach eine andere Methode als visuelle Mikroskopie. So geben natürlich auch REM, Tomographie etc. valide Ergebnisse. Während ich beim Foto allerdings auf die Fähigkeiten des Fotografen vertrauen muss, dass ich ein unverfälschtes Ergebnis bekomme, vertraue ich hier auf korrekt programmierte Algorithmen. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass dieses Vertrauen nicht immer gerechtfertigt ist. Auch bei einer mikroskopischen Zeichnung muss ich den zeichnerischen Fähigkeiten vertrauen. Bei einer von mir angefertigten Zeichnung wäre dieses Vertrauen aufgrund meiner limitierten Fähigkeiten sicher nicht angebracht. In anderen Fällen führt erst die gekonnte Bildmanipulation zu einer brauchbaren Aussage.

Diese Manipulationen der Daten sind aus meiner Sicht aber keine Fälschungen, sondern einfach andere Methoden. Diese Methoden haben andere spezifische Stärken und Schwächen als die Fotografie.

Ist im Beispiel das linke Bild aber nie im Okular zu erkennen und wird als ,,einfaches" Foto präsentiert, dann ist es meines Erachtens eine Fälschung. Präsentiert man es als ,,Videoenhanced UV-Microscopy" mit einer ausführlichen Methodenbeschreibung, ist es ein visuelles Ergebnis dieser Methode. Und wird es nur mit dem ästhetischen Anspruch präsentiert, ist es Kunst und in der Kunst ist alles erlaubt.

Mit freundlichen Grüßen

chaosquante

peter-h

Hallo Herr Breitzke,

im 12,5x Okular war natürlich ein rauschfreies Bild zu sehen, wie soll es auch sonst sein, aber absolut keine Gitterstruktur und selbstverständlich auch keine Andeutung weiterer Einzelheiten. Wie in der Bildlegende schon geschrieben, mit einer weißen LED, sowohl eingestellt als auch aufgenommen.

Natürlich muß man wissen, dass ich diese Aufnahmetechnik bis nahe an die theoretische Grenze optimiert habe. Das betrifft die optische Anpassung der Kamera und die Wahl der Kamera mit geeigneter Pixelgröße. Mit dieser Technik und unter Einsatz einer schrägen UV-LED, plus einem sehr guten Apo-Objektiv mit NA 1,4 sind auch die HiRes-Bilder von Diatomeen auf meiner HP entstanden. Und zum Vergleich mit der Wahrheit (Raster-E-Mikroskop von Hitachi S-4800) ist dann auch die folgende Dokumentation entstanden.
http://www.mikroskopie-ph.de/Ap365-FESEM-G.jpg

Es ist also eine reproduzierbare Aufnahmetechnik. Und da ich bekannte Programme (Mittelwertbildung zur Rauschunterdrückung, Flatfieldkorrektur zur Reduktion optischer Fehler)  genutzt habe, sehe ich es nicht als Verstoß oder Fälschung an. Aber die Entscheidung liegt beim Betrachter.

Viele Grüße
Peter Höbel


Peter V.

Hallo!

Es ist nicht mein Verdienst, diesen interessanten link hier posten zu können. Ich habe ihn freundlicherweise von "chaosquante" erhalten. Danke dafür!

http://www.heise.de/foto/Wenn-Pixel-luegen-Bildoptimierung-oder-Faelschung--/artikel/115342/0


Es lohnt sich, den links innerhalb dieses Artikels zu folgen, insbesondere dem link zum "Glenn Feron"

Herzliche Grüpe
Peter

Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.