Fluoreszenz des Stein-Meteoriten NWA 869

Begonnen von Rolf-Dieter Müller, Oktober 06, 2011, 20:42:23 NACHMITTAGS

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Rolf-Dieter Müller

Weil es mir einfach gefallen hat, habe ich ein geschliffenes und poliertes Stück des Stein-Meteoriten NWA 869 erworben.

Erst später kam die Idee auf, dieses Stück unter Auflichtfluoreszenz zu betrachten und ich war erstaunt über die ausgeprägte Primärfluoreszenz in blau und hellgelb dieses vor Jahrmilliarden gebildeten Gefüges.

Meine Frage, bin ich Präparationsartefakten aufgesessen und wenn nicht, ist es möglich die Einschlüsse aufgrund der gezeigten Fluoreszenz zu interpretieren?

Aufnahme mit Filtersatz 09.


Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter Müller

TPL

#1
Hallo Rolf-Dieter,
bitte nicht krumm nehmen, aber auf dem Bild sehe ich eine Menge Artefakte: die blau schimmernde Fläche fluoresziert evtl. gar nicht, sondern ist wahrscheinlich ein Erzmineral mit starker Reflektion. Zumindest sehen die parallelen Streifen verdächtig nach einem Schleifrelief aus. Das ist kein Drama, denn man kann das sicher polieren oder so beleuchten, dass es schwächer in Erscheinung tritt. Zu dem Punkt, was das mineralogisch sein könnte, sollte sich vielleicht eher einer der Meteoriten-Kenner (Frank D.) näher äußern, denn ich habe davon keine Ahnung...

Die kräftige grüngelbe Fluoreszenz führe ich auf das Einbettungsmittel / den Zement zurück (ohne zu wissen, welcher das nun genau ist). Jedenfalls ist es keine Ausnahme, sondern eher die Regel, dass auflichtgeeignete Klebstoffe oder Einbettharze ungewollt fluoreszieren. Ein echtes Problem ist das, wenn man in ansonsten eher dunklen Proben (z.B. Kohlen) nach feinsten Spuren fluoreszierender Stoffe sucht, wie evtl. auch hier in einem Chondriten.

Aber bitte nicht entmutigen lassen: trotz meines gesunden Halbwissens über Meteoriten weiß ich relativ sicher, dass sie sich sehr gut für eine Menge andere Kontrastverfahren eignen (Durchlicht und Auflicht, jeweils unpolarisiert und im polarisierten Licht). Auch interessant ist die Betrachtung im Auflicht-Dunkelfeld, bei dem die Eigenfarben gut zur Geltung kommen.

Und ansonsten: bring das Präparat doch übermorgen mit nach Darmstadt, wenn es geht. Das wäre ja eine Abwechslung zwischen dem ganzen Gemüse... ;D

Herzliche Grüße, Thomas

Rolf-Dieter Müller

Hallo Thomas,

ganz herzlichen Dank für Deine Erläuterungen, denn dann war ja meine Vermutung nicht ganz so falsch, Artefakten aufgesessen zu sein. Und genau das wollte ich wissen.

Damit erübrigen sich auch meine Überlegungen, warum es fluoreszierende Meteoritenstücke geben sollte. Ganz nett war ja der Gedanke, jemand hat diese in vergangenen Sternzeiten als Navigationsbojen ausgelegt.

Das Thema ist somit durch, ich bringe das Stück trotzdem mit nach Darmstadt.

Bis bald und viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter

Fahrenheit

#3
Lieber Rolf-Dieter, lieber Thomas,

ich habe es so verstanden, dass Rolf-Dieter das kleine Handstück unpräpariert unters Mikroskop gelegt hat. Damit sollte kein wie auch immer gearteter Kleber im Spiel sein.

Vielleicht bringt es etwas, den Meteoriten einmal gründlich mit z.B. Isopropanol zu reinigen, um eventuell anhaftende Verunreinigungen zu entfernen? Wer weiss, womit das Stück beim Zersägen gekühlt wurde ...

Herzliche Grüße und bis Morgen in Darmstadt!
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Stefan_O

Salü zusammen,

hier noch mein Senf: bei der blauen Fläche war mein erster Gedanke mit Thomas' seinem identisch: es sieht nach einer Reflexion aus, nicht nach Fluoreszenz. Die gelbe Fläche ist Fluoreszenz, es wäre aber interessant, die Anregungswellenlänge zu kennen, bzw den Anregungsbereich. Photolumineszenz ist in seltenen Fällen bei Meteoriten beschrieben worden, Thermo- und Kathodolumineszenz schon etwas häufiger. NWA 869 ist häufig beschrieben, aber kompliziert, da es eine grosse Masse war, die in sehr viele kleine Bruchstücke mit unterschiedlichen Eigenschaften und Aufschmelzungen geteilt wurde. Von der Publikation über ein Bruchstück lässt sich nicht seriös auf ein anderes schliessen. Einen Hinweis auf Photolumineszenz für NWA 869 konnte ich nicht finden, ganz auszuschliessen ist es aber nicht.

Ein Makrofoto des Stückes wäre nötig, um zu sehen, ob es montiert ist. Auch massive Stücke werden unter Umständen eingebettet bzw getränkt, bei Meteoriten auch gerne die Oberfläche beschichtet, um eine rasche Oxidation zu verhindern. Endgültig klären könnte man die Frage, wenn man die Probe unter einer gute kurzwelligen UV-Lampe anschaut, ohne Mikroskop.

Wer sich für fluoreszierende Mineralien interessiert, dem möchte ich eine Mitgliedschaft in der FMS - Fluorescent Mineral Society - ans Herz legen. (http://uvminerals.org).

Gruss,
Stefan

Klaus Herrmann

Hallo,

ich tippe auch auf Einbettungsharz (vielleicht mit Fluoreszein gefärbt) und Blauanregung 450-490 nm mit LP 520 nm als Sperrfilter.

Sehen wir ja morgen!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

Frank D.

#6
Hallo Rolf-Dieter,

das Thema ist zwar schon "durch", da Meteoriten hier aber eher selten zu finden sind, gebe ich meinen Unsinn auch noch dazu.

Dein Tindouf-Meteorit zeigt uns ein schönes Eisenplättchen mit (irdischen) Schleifspuren, dessen Magnetismus ein typisches Merkmal vieler Steinmeteorite ist.
Die nicht vollständige Trennung während der Erstarrungsphase ist "schuld" an diesen Einschlüssen.

Die blaue Farbe rührt wohl von der starken Reflektion der Anregungswellenlänge -bei Filtersatz 09 ja blau-, die vom Sperrfilter nicht vollständig eliminiert wurde.

Wenn man sich unter den wenigen fluoreszierenden Mineralen einmal diejenigen anschaut, die bei einer langwelligen (ca. 400nm) Anregung im gelb/grünen Bereich leuchten,
findet man meines Wissens nach keine, die in Meteoriten vorkommen.
Wie hier bereits vermutet, sollte es sich um den Klebstoff handeln ....

......oder, ....... etwa doch extraterrestrische Biolumineszenz? .........

Keimfreie Grüße
Frank




Rolf-Dieter Müller

So ganz scheint das Thema doch nicht durch zu sein.

Erst einmal vielen Dank für die weiteren Erläuterungen und Ergänzungen und ich würde noch die erforderlichen Aufnahmen und Nachbetrachtungen liefern können, wenn ich nicht heute Abend noch in einer heiligen Handlung Farblösung für Darmstadt ansetzen muss. Dort bekomme ich sicher auch von den anwesenden Experten eine Einschätzung, ob sich eine weitere Vertiefung lohnt.

Aber noch ganz kurz zu den Beiträgen:

@Jörg, Deinen Vorschlag die Verunreinigung auszuwaschen werde ich folgen, aber erst muss ich mir sicher sein, das dieses wirklich Artefakte sind und sie nicht das Gefüge zusammenhalten sollen (aus welchem Grund auch immer).

@Stefan, das Stück ist plan und 31 x 24 x 5 mm (LxBxH) groß, ursprünglich sicher zu einer größeren Platte gearbeitet, denn zwei Seiten und eine Ecke sind gerundet geschliffen und poliert, die restlichen Seiten sind gebrochen. Den Filtersatz 09 hat ja Klaus schon mit Anregungsfilter und Sperrfilter beschrieben. Ich bekam zwischenzeitlich noch einen Hinweis auf die Seite mit der Beschreibung des Filtersatzes, den ich hiermit nicht vorenthalten möchte, zumal das Spektrumsdiagramm schön selbsterklärend ist: https://www.micro-shop.zeiss.com/de/de_de/spektral-info.php?i=488009-9901-000 . Ein Makrofoto und Beschreibung der Erscheinung bei kurzwelligem Licht würde ich nächste Woche nachliefern.

@Klaus, ich war doch mit der Erklärung von Thomas so zufrieden und jetzt machst Du alles wieder kompliziert. Dein Hinweis auf den Zusatz von Fluoreszein gibt mir zu denken, denn jetzt sind wir plötzlich bei der Werkstoff- oder Materialprüfung. Im übrigen wird auf der o.g. Zeiss-Seite u.a das Fluoreszein als geeigneten Farbstoff  für den Filrersatz 09 angegeben. Für mich stellt sich jetzt aber die Frage, was macht dieser Zusatz in einem Kleb- oder Füllstoff für Sinn? Erste Erklärungsversuche: Bei der sicherlich gewerblichen Zurichtung des Stückes hat man den Werkstoff
1. einfach genommen weil es ein Restbestand von anderen Arbeiten war und hiermit aufgebraucht werden konnte,
2. gewollt mit Fluoreszein versetzt um so Bearbeitungsfortschritte vereinfacht und unter Fluoreszenz zu prüfen,
3. genommen um das Stück aufzuhübschen, denn fluoreszierende Zusätze beeinflussen ja insgesamt die sichtbare Wirkung eines Objektes/Stoffes. 

@Frank, Deine grundsätzlichen Erklärungen zum Meteoriten macht ja alles noch interessanter. Was übrig bleiben wird ist sicherlich die Reflektion der Eisenplättchen. Aber dafür braucht man ja nicht unbedingt Auflichtfluoresenz (Thomas hat da ja schon darauf verwiesen). Es ist für mich aber aufgrund meiner Ausstattung das einzig mögliche Auflichtverfahren. Dein Hinweis auf extraterristische Biolumineszenz sollten wir in jedem Fall aufnehmen, und zwar dann, wenn es keine plausible Erklärung für die Einbringung über/als Füllstoff gibt. Oder sind es doch Reste einer Navigationshilfe, denn so ein Asteroidengürtel ist als realexistierendes und dazu noch zerstreutes Hindernis nicht zu unterschätzen.

Viele Grüße (Mikrogrüße lasse ich mal weg, denn wir bewegen uns ja hier in ganz anderen Dimensionen)
Rolf-Dieter

Rolf-Dieter Müller

Wie angekündigt möchte ich hiermit das Ganzstück ergänzen. Thomas hat es in Darmstadt durchgemustert und konnte, bis auf einen geklebten Bruch, über das hinaus was hier festgestellt wurde und er auch anfangs vermutete, keine weiteren Auffälligkeiten bemerken.



Allen an der Diskussion Beteiligten vielen Dank und ermuntert mich doch, vielleicht einmal Aufnahmen von Dünnschliffen zu zeigen. Das würde nichts Außerirdisches sein, vielmehr etwas aus meinem heimatlichen Umfeld. Die Dünnschliffe sind bereits bei einem lokalen Mineralienkontor beauftragt und wenn ich bei Holgers Exkursion Anfang November besonders aufmerksam bin und vielleicht mitschreibe, kann ich bestimmt etwas zum Hintergrund erläutern.

Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter