ARCHAEOMETALLURGIE: Kupferkorrosionsprodukte

Begonnen von Bastian, Dezember 07, 2011, 01:00:55 VORMITTAG

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Bastian

Hallo Forumsgemeinde,
in einem anderen Thread habe ich Phasen gezeigt die einem natürlich enstandenem Cuprit (Cu2O) in allen optischen Eigenschaften sehr ähnlich sind. Besser sollte man wohl von Kupfer(I)oxiden sprechen (danke Stefan für den Hinweis!), gezeigt die aus einer Schmelze kristallisiert sind, was unter natürlichen, d.h. geologischen Bedingungen nicht vorkommt. In geologischen Zusammenhängen tritt der Cuprit in aller Regel als Mineralneu oder -umbildung im Zuge der Verwitterung auf. In archäologischen Zusammenhängen können wir sowohl die Bildung aus der Schmelze, als auch das Verwitterungsprodukt antreffen.

Bild 1: Zur Erinnerung Kupferoxid aus Schmelze, Bildbreite: 260 µm, PPL. Der Kupferoxid kristallisiert dendritisch aus.


Bild 2:  Kupferoxid aus Schmelze, Bildbreite: 260 µm, XPL.


Bilde 3: Bildbreite 260 µm, PPL. Cuprit in Messing , Mineralneubildung, durch Fundlagerung im Boden bedingt. Diagnostisch ist hier die Textur des Minerals, es wandelt das Metall von aussen her, den Korngrenzen und Rissen im Gefüge folgend, um.


Bild 4, Bildbreite 260 µm, XPL. Cuprit in Messing



Bild 5, Bildbreite 260 µm, PPL. Cuprit in Messing



Bild 6, Bildbreite 260 µm, XPL. Cuprit in Messing


Die Verwitterung stoppt natürlich nicht mit der Umbildung in Cuprit, sondern schreitet weiter fort um Malachit (   Cu2(CO3)(OH)2) oder weitere, weniger bekannte Minerale zu bilden. In meinen Funde gab es neben dem eben erwähnten Kupferkarbonat (Bild 7 und 8 ), auch noch ein wunderschönes blaues Kupferhalid (Bild 9 und 10), wobei es sich m.E. um Conellit (Cu19Cl4(SO4)(OH)32·3H2O) handeln könnte....

Bild 7, Bildbreite: 620 µm, PPL, Malcachit (mittelgrauer Einschluss, rechts) und Cuprit (heller Einschluss, links).


Bild 8, Bildbreite: 620 µm, XPL,  Malcachit (grüner Einschluss, rechts) und Cuprit (roter Einschluss, links).


Bild 9, Bildbreite: 620 µm, PPL, Messing, unten links, in verglaster Keramischer Grundmasse. Kupferhalid, vermutlich Connellit, als runder Einschluss.


Bild 10,  Bildbreite: 620 µm, XPL, gleicher Ausschnitt wie Bild 9, Connellit blau.


Viel Spaß beim Ansehen,
Bastian


Holger Adelmann

Hallo Bastian
Das sind sehr schoene und interessante Bilder, auch wenn ich sie auf meiner Reise nur auf dem kleinen BlackBerry ansehen kann.
Bitte erzaehle doch noch etwas zum archaeologischen Hintergrund!

Herzliche Gruesse
Holger

,

Bastian

#2
Holger,
danke der Nachfrage..

Für die Deutung unserer Funde ist es oft sehr wichtig Korrosionsprodukte von Produkten und Beiprodukten der Prozessführung zu unterscheiden. Ich nenne das in unserem fach etwas lapidar "hot" und "cold oxidation". bei den Buntmetallen gibt es eine Menge Oxide die sowohl bei der Verwitterung als auch bei der Verbrennung und/oder thermischer Behandlung entstehen. Ein gutes Beispiel ist die mittelalterliche Kuppferraffination, d.h. also der Entfernung ungewollter Legierungsbestandteile, sowie anderer störender Begleitelemente (je nachdem wie man den Legierungsbegriff auffasst).
Das Verfahren ist denkbar einfach, das Metall wird geschmolzen und Sauerstoff aufgeblasen. Die unedleren Elemente werden oxidiert, relative reines Kupfer bleibt zurück. Die Krätze, also die verbrannten Metalloxide, z.B. Bleioxid (PbO, sog. Lithargit) werden, entfernt und gelangen in kleinen Mengen in den Boden (je nach Bestandteile kann die Krätze wertvoll sein und wird recycelt), wo wir Archäologen sie dann finden. U.U. als einzigen Nachweis alter metallurgischer Aktivitäten. In aller Regel wird das Bleioxid in Bleikarbonat (Cerussit, PbCO3) umgewandelt. So weit so klar und einfach.

ABER: Wenn jedoch metallisches Blei in den Boden gelangt dauert es in archäologischen Dimension nicht lange bis dieses zu Bleioxid und später zu Bleikarbonat reagiert.

Um nun zu entscheiden um welchen Prozess es sich handelte, ist es notwendig sich mit der Korrosion der Metalle und deren Erscheinungsbild auseinander zu setzen. Es ist nämlich durchaus ein für Archäologen und Technologiehistoriker ein ser großer Unterschied ob Blei gegossen wurde, Blei entsilbert wurde oder Kupfer raffiniert wurde...

Es ließen sich noch etliche Beispiele aufführen warum man das braucht aber ich will die Gemeinde hier nicht langweilen...

Bastian



Klaus Herrmann

Lieber Bastian,

ZitatEs ließen sich noch etliche Beispiele aufführen warum man das braucht aber ich will die Gemeinde hier nicht langweilen...

die "Gemeinde" ist durchaus pluralistisch zusammengesetzt. Du kannst also mit glühenden Verehrern deiner Kunst rechnen! :D
Ich z. B. bin eher "multikulturell" orientiert - ich kann mich für alles begeistern, wenn es denn in guter Qualität präsentiert wird - und das ist bei deinen Beiträgen in jeder Hinsicht gegeben - kommt erschwerend dazu, dass mich Werkstoffthemen besonders interessieren. :)

Und zugemüllt hast du das Forum bislang noch nicht gerade mit den paar Beiträgen ;)

Also wirf die Esse an! Schmiede das Kupfer solange es warm ist!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Stefan_O

Die Gemeinde kann ja auch selber entscheiden, ob sie es lesen will oder nicht....mich interessiert es jedenfalls.

Gruss,
Stefan

PS Es wundert mich, dass die Mineraliennamen-Debatte nicht wieder aufgeflammt ist. Beim Giesen und Abkühlen entsteht jedenfalls kein Cuprit, sondern lediglich Kupfer(I)oxid....  :D

Bastian

#5
Hallo Klaus,

vielen Dank für die Ermunterung.
Ich bin aber doch froh dass Du jetzt Kupfer geschrieben hast... Bronze über 8% Zinn wäre ja warmbrüchig  ;)

Stefan,
PS Es wundert mich, dass die Mineraliennamen-Debatte nicht wieder aufgeflammt ist. Beim Giesen und Abkühlen entsteht jedenfalls kein Cuprit, sondern lediglich Kupfer(I)oxid....
Völlig richtig. Kann ich  nur unterstützen! Danke Stefan!
Ich habe es deshalb oben geändert, weshalb Stefans Hinweis nun merkwürdig erscheinen mag.


Bastian