Zeiss-Jena-Mikroskopleuchte, Rubinglas

Begonnen von TPL, November 23, 2011, 23:11:51 NACHMITTAGS

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TPL

Liebe Bakelit- und Schummerlicht-Liebhaber,

kennt jemand dieses schöne Stück (das Bild stammt aus dem Angebot - wurde also vor dem Versand gemacht):


Das Leuchtmittel ist eine 100W-Projektionslampe (die mitgelieferte ist von Osram und funktioniert noch). Standfuß, Schalter und Stecker sind aus schwarzem, bzw. dunkelbraunem Bakelit. Zum Mikroskop hin ist ein Kollektor mit einer etwas schwergängigen, aber intakten Irisblende (mit rund 20 Lamellen!) in die tiefroten Glaskuppel eingeschraubt.
Weiß jemand, warum die Verkleidung der Leuchte aus diesem tiefroten (Rubin-?) Glas gefertigt wurde?

Ich habe dieses schöne Stück kürzlich in der Bucht entdeckt und konnte nicht widerstehen. Heute kam es in einem großen, festen Karton an. Äußerlich sah Alles gut aus, aber leider war das "Innenleben" der Leuchte nicht gesichert, sodass sie jetzt leider so aussieht:


Der innere Glaszylinder hat einen Außen-Durchmesser von 47 mm, eine Wandstärke von 1,4 mm und eine (geschätzte) Höhe von 13,5 cm. Der Zylinder ist auf seiner Außenfläche fein mattiert und die unteren 6 cm sind geschwärzt. Warum wurde das so gemacht? Hatte das mehr als "nur" ästhetische Gründe? Weiß jemand eine Quelle für solche Teile?

Vielen Dank für jeden Hinweis, Thomas

Peter V.

Lieber Thomas,

das ist ja wirklich traurig!  :'(
Helfen kann ich Dir bei Deiner Frage nicht. Allerdings frage ich mich, wieso es das leuchtmittel so erwischt hat! Es war doch in die Fassung eingeschraubt und konnte daher vermutlich nicht irgendwo anschlagen - oder? Oder hat auch hier wieder ein nicht abgemilderter Schlag den Glaskolben relativ zur Fassung bewegt und für das Zerbrechen des Glases geführt ( wie es uns "Carglass" ja immer vorführt... ;) )?

Mitfühlende Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

TPL

Lieber Peter,
das Leuchtmittel ist intakt, aber der mattierte Glaszylinder, der drüber geschoben wird (ich nehme an, um die Glühwendel diffuser zu bekommen), ist wohl aus den Klemmen am Sockel gerutscht und gegen das Innere der Glaskuppel getitscht :'(.
Glück im Unglück: der Anbieter hat sich bereits gemeldet und mir eine teilweise Erstattung angeboten. Vielleicht kann ich den Glaszylinder ja beim Glasbläser nachmachen lassen. Ich werde hier mal nach einem Laborbedarfsladen suchen, der mir das Teil nicht schicken muss...

Herzliche Grüße, Thomas

Mila

Lieber Thomas,

in Bad Münstereifel gibt es den Glasbläser Eich (der hat schon viele Laborteile für mich repariert...): http://glas-eich.de/gbe/index.php?id=2

Das wäre doch vielleicht eine Option. Noch dazu hat die Firma einen Stand auf dem Bonner Weihnachtsmarkt, optimal zur Kontaktaufnahme ;)

Liebe Grüße
Mila

Lothar Gutjahr

Hallo Mila,

da sage ich als Trittbrettfahrer auch gleich mal dankeschön. Ich habe eine englische Destille, wo unten an im Sumpfbereich der Schlauchanschluss abgebrochen ist. Das ist ein Ablass für "dickes" ( wird verwendet um langkettige Fettsäuren aus Aceton zurückzugewinnen) Da werde ich morgen gleich mal anrufen, ob das reparabel ist.

LG Lothar

Lothar Gutjahr

Hallo Thomas,

mir hat das keine Ruhe gelassen und ich komme zu folgendem Gedankengang: Die 100 Watt in ein kleines metallenes "Lighthouse" gepfercht erhitzt dieses abartig. So könnte der Vater des Gedanken der sein, dass man gesagt hat, nimm Glas und laß die Wärmestrahlung durch ? Wird das Glas auch so richtig heiß oder bleibt das moderat nach sagen wir mal 30 Minuten? Vermutlich wird es auch noch warm wegen langwelligerer Anteile, was natürlich am Durchlassbereich deines "Kugelfilters" liegt. Variante 2 Photolaborbeleuchtung dürfte ausscheiden, Zumindest fällt mir kein Gerät ein, wo der Lichtaustritt auf dieser Tischmontagehöhe passen könnte.

Also Anstrengung das herauszufinden ist gefragt, wir wollen das jetzt wissen oder ?

LG Lothar

Alfons Renz

Hallo Thomas,

Diese interessante Lampe könnte möglicherweise in Verbindung zu einer mikrophotographischen Einrichtung stehen: In der Dunkelkammer der frühen Zeit verwendete man ähnliche Rotfilter zum Schutz des unbelichteten Films. Das Licht dieser Lampe bot sozusagen eine Dunkelkammerbeleuchtung und zugleich eine Lichtzufuhr für das Mikroskop. Man konnte also mit photographischen Platten ohne weitere Vorsichtsmaßnahmen hantieren.

Die schwäbische Variante einer alternativen Interpretation wäre: Eine Kugel aus Rubinglas, das bekanntlich seine Farbe dem beigemengten Gold verdankt, wurde verwendet, weil eine massiv goldene Kugel zu teuer gewesen wäre!

Mit freundlichen Mikro-Grüßen,

Alfons

Lothar Gutjahr

Hallo Alfons,

da muß ich ja reagieren, grins.

ZitatDie schwäbische Variante einer alternativen Interpretation wäre: Eine Kugel aus Rubinglas, das bekanntlich seine Farbe dem beigemengten Gold verdankt, wurde verwendet, weil eine massiv goldene Kugel zu teuer gewesen wäre!

Wundert es dich da sehr, wenn ein mehr pragmatischer Badenser sagt: weil eine massiv goldene Kugel zu heiß geworden wäre! ;D ;D ;D

Liebe Grüße aus dem Berchtesgadener Land vom geb. Badener

Lothar




TPL

#8
Hallo Lothar und Alfons,
danke für Eure Hinweise. Auf die Idee einer micht-mikroskopischen Nutzung als Dunkelkammer-Leuchte bin ich überhaupt nicht gekommen, obwohl ich selber jahrelang orthochromatischen Film verarbeitet habe. Vielleicht sollte ich meine Negativ-Entwicklungs-Ausrüstung doch noch behalten...

Zur Nutzung als DuKa-Leuchte müsste der Lichtaustritt am Kollektor vollständig abgedichtet sein - z.B. mit einer undurchlässigen Scheibe im Filterhalter. Mal sehen, was sich da basteln lässt. Bei einer DuKa-Leuchte wäre auf einmal auch die Schwärzung der unteren Hälfte des Glaszylinders plausibel, denn ohne diese Abblendung könnte vagabundierendes Weißlicht entlang des Spalts zwischen Glaskuppel und Bakelit-Fuß austreten.

Die Glaskuppel war übrigens nach einstündigem Betrieb oben sehr heiß, aber am unteren Rand noch ohne Schmerzen anzufassen.

Schummerig erleuchtete Grüße, Thomas

Lothar Gutjahr

Hallo Thomas,

vom Aufbau mit dem Sockel her vermute ich inzwischen fast eher eine Lichtquelle für optische Versuche. Typisch ist dafür neben der Bauhöhe auch die eingebaute Irisblende.
Dass die Kugel oben heißer wird als an den Seiten ist dann der internen Konvektion zu verdanken.  Vielleicht haben wir Glück und es stolpert noch ein Kenner der Materie darüber und klärt uns auf.

LG Lothar

TPL

#10
Liebe Altgerätefreunde,
auch zu diesem Gerät habe ich eine Dokumentation gefunden: Auf Seite 29 dieses Zeiss Jena-Prospektes von 1940 ist die

Hochleistungs-Mikroskopierglühlampe "Sphärolux" 100 Watt für direkten Netzanschluß

beschrieben. Es steht zwar nicht unmittelbar dabei, wozu nun die schöne Glaskuppel da ist, aber eine weitere, dort angebotene Leuchte wird "mit einer für Wärmestrahlen durchlässigen Rotglashaube gegen Blendung abgeschlossen". Verblüffend, dass das Rotglas also tatsächlich der Wärmeabfuhr in Kombination mit dem Blendschutz dienen sollte. Eine Eignung als DuKa-Leuchte wird nicht ausdrücklich erwähnt, kann ich mir aber weiterhin gut vorstellen.

Danke für's Miträtseln und herzliche Grüße,
Thomas

Lothar Gutjahr

Danke Thomas,

großes Lob, du hast es selbst gefunden. Aber nicht Wärmeabfuhr; "Wärme-Durchlass". Zu welchem Gerät die Kugel passt, kannst du an der Eintrittshöhe für die externe Beleuchtung bei den Geräten heraussuchen. Bei den Leitzgeräten ginge es schon mal nicht, die sind meist niedriger.

In dem jüngsten Beitrag aus dieser russischen Metallographie sieht man so optisch Bank Lösungen. Dort kann ich mir das gut vorstellen.

LG  Lothar

TPL

Zitat von: Lothar Gutjahr in November 29, 2011, 17:34:33 NACHMITTAGSZu welchem Gerät die Kugel passt, kannst du an der Eintrittshöhe für die externe Beleuchtung bei den Geräten heraussuchen. Bei den Leitzgeräten ginge es schon mal nicht, die sind meist niedriger.

Hallo Lothar,
Du meinst wahrscheinlich Auflicht-(AL)-Beleuchtung, für die eine externe Leuchten eine bestimmte Höhe erreichen müsste. Ich glaube, so kompliziert muss man es sich gar nicht machen: im genannten (und verlinkten) Prospekt sind ja die Mikroskope abgebildet, zu denen die Kugel passt.

Solche Leuchten waren vornehmlich für Durchlicht- (DL)-Beleuchtung gedacht. Und so deute ich auch den leicht nach unten geneigten Kollektur der "Sphärolux". Dessen Neigung kann man zwar mit der großen Rändelschraube verstellen, aber nach unten "blickt" er immer. Die Eintrittshöhe ist bei den damals üblichen, tief montierten DL-Beleuchtungsspiegeln eher unerheblich, solange die Leuchte nicht vom Kondensor oder Objekttisch abgeschattet wird.

Beste Grüße, Thomas

Lothar Gutjahr

Hallo Thomas,

ich hatte den Link zum Prospekt mal wieder übersehen. Ich war jetzt bei meinem Ortholux und dem Lichttunnel an der Rückseite vom Stativ. Das "Lighthouse" vom Ortholux kann man ja auch an so ein kleines Stativ klemmen um schräg auf den Spiegel solcher Geräte zu leuchten. Hatte ich vor Jahren mal bei ebay erstanden um dann festzustellen, das passt ja an mein Ortholux.

Schönen Abend noch

Lothar

TPL

#14
Hallo Lothar,
viele Einbau-Leuchten (nicht Leuchttürme ;)) der Mikroskope zwischen 1949 und 1985 lassen sich auch auf Stativen separat einsetzen (oder eben umgekehrt). Bei Zeiss (West) reichte das von der weit verbreiteten kleinen Leuchte 15 (mitte; Zeiss-Winkel) bis zur Hochleistungs-Mikroskopierleuchte 250 (links; Carl Zeiss, hier aber nur mit 100 Watt / 220 Volt-Leuchtmittel).


Und selbst die großen Bogenlampen gab es in einer Version zur Aufstellung vor dem Mikroskop (die habe ich aber nur in der Einbau-Version).


Bei Leitz ließen sich die rechteckigen Beleuchtungen meines Wissens alle separat aufstellen und durch eine Verbindungsschiene halbwegs in Position halten.

Schönen Gruß, Thomas