Sciadopitys - meine offenen Fragen zu einem botanischen Unikum *

Begonnen von Omaruru, November 24, 2011, 10:36:32 VORMITTAG

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Omaruru

Hallo zusammen

ich habe mich Aufgrund einer Internet Recherche über neue Daten zu Sciadopitys mit meiner Anmeldung und einer privaten Anfrage bei Jörg ,,Fahrenheit" gemeldet und bin warm empfangen worden. So habe ich einen privaten Mailkontakt angeleiert der doch in die Tiefe geht und den wir dem Forum nicht länger vorenthalten wollen.
Hier eine Aufarbeitung der Mailkonserven.

Sciadopitys verfolgt mich, im Geiste, seit meinem Großpraktikum in botanischer Anatomie. Damals versuchte ich noch meine Erkenntnisse als Handzeichnung festzuhalten. DigiCam war noch ,,out".

Das hatte allerdings einen Vorteil: Ich war gezwungen wirklich genau hin zu schauen und ich konnte  zudem die Ergebnisse verschiedener Untersuchungsverfahren in einer Zeichnung zusammen zu fassen. Später habe ich ein Praktikumsthema für meine Studenten daraus gemacht und so die REM Aufnahmen nachgelegt.

Heute genieße ich die Möglichkeit die Verfahren, nach Bedarf, zu nutzen.


Datum: 15.11.11   Klaus an Jörg

Hallo Jörg,
durch Zufall bin ich in Google auf deine Bilder in
,,Nadeln die keine sind an einem Nadelbaum, der keiner ist - wiedermal Schirmtanne"
« am: Dezember 29, 2009, 15:51:59 »
gestolpert. Kompliment !
Seit ich mir in meinem Fortgeschrittenen Praktikum Anatomie von meinem Prof. eine "Strafarbeit" über Sciadopitys eingefangen habe komme ich von dem Objekt nicht mehr los.
Später hatte ich die Gelegenheit, als Praktikumsleiter, unser Raster-Emi zu nutzen und habe damit mehr offene Fragen kreiert als gelöst.
Gut, über die Phyllokladien streite ich mich nicht. Aber hat schon irgend jemand etwas über die Funktion der Sklereiden und des "Kristallpanzers" gehört, der alle Zellen zum Interzellularraum hin "schützt" ?!
Minierende Insektenlarven      ???

REM Bilder habe ich zur Verfügung, weiß aber nicht wie ich sie hier anhängen kann.
In der Hoffnung auf Anregungen

Klaus


Datum: 15.11.11   Jörg an Klaus

Lieber Klaus,

vielen Dank für Dein Kompliment! Eventuell kennst Du auch schon den kleinen Artikel auf der Webseite des MKB - diesmal mit korrektem Titel:
Nadeln die keine sind an einem Tannenbaum, der keiner ist?
Ich bin zur Schirmtanne gekommen, weil wir eine vor der Haustür haben und die leicht zu schneiden ist - die Phyllokladien waren vor nun gut drei Jahren mein erstes botanisches Objekt nach langer mikroskopischer Abstinenz. ;)
Zu den Astrosklereiden haben wir im Forum schon ergebnislos diskutiert. Den Kristallpanzer habe ich auf meinen Präparaten noch nicht entdeckt, da wäre ich auf eine Deiner REM - Aufnahmen gespannt.

Ob ich etwas zur Sciadopitys beitragen kann, das Dir neu ist, wage ich mal zu bezweifeln: ich bin Hobbyist und beruflich mit EDV beschäftigt. Aber wer weiß?

Herzliche Grüße
Jörg



Datum: 16.11.11   Jörg an Klaus

Lieber Klaus,

da gebe ich Dir meine Mail-Adresse:

Bilder musst Du bei einem Webhoster wie z.B. http://www.fotos-hochladen.net/ hochladen. Du bekommst dann eine URL zurück, die Du direkt hier rein kopieren kannst.

Ich freue mich auf Deine Bilder!

Herzliche Grüße
Jörg


Datum: 16.11.11   Klaus an Jörg

Hallo Jörg,
Im Anhang die versprochenen Bilder
Liebe Grüße
Klaus


Bild 1: Querschnitt gesamt




Bild 2: Längsschnitt durch das "Schwammparenchym" das durch die Astrosklereiden doch deutlich verfremdet wird.




Bild 3: Sklereide Portrait




Bild 4: Gleiches Model im Lichtmikroskop




Bild 5: angeschnittene Sklereide mit geschichteter Sekundärwand - Keine Jahresringe!




Bild 6: Gleiches Modell im TransmissionsElektronenMikroskop




Bild 7: Sklereide mit Kristallbelag im Detail




Bild 8: noch mehr Detail




Bild 9: Eine Schwammparenchym Zelle mit ihrem Kristallbelag.




Bild 10: Die Kristalle werden offensichtlich während des Wachstums der Sekundärwand in die Wand lückenlos eingebaut, allerdings nur in Parenchymzellen





Datum: 16.11.11   Jörg an Klaus

Lieber Klaus,
vielen Dank für die faszinierenden REM Aufnahmen! Die Kristalle auf den Zellwänden der Parenchymzellen sind mir im Schnittpräparat so noch nicht aufgefallen, ich werde einmal im Pol danach suchen.
ich gehe anhand der Form auch davon aus, dass es sich um Calciumoxalat handelt. Ob es einen Zweck hat oder die Pflanze die Calciumionen einfach nur los werden wollte? Da wäre es interessant zu sehen, ob die Menge der Kristalle immer gleich ist oder von Pflanze zu Pflanze (standortabhängig?) oder abhängig vom Alter der Phyllokladien variiert.
Herzliche Grüße
Jörg


Datum: 17.11.11   Klaus an Jörg

Lieber Jörg,
also zum loswerden wollen von Mineral-Ionen möchte ich anmerken, daß die Pflanzen die ich kenne, nur anorganisches Material aufnehmen das sie auch brauchen, schlicht weil die Aufnahme ein aktiver Stoffwechselprozess ist und physiologisch über spezielle Rezeptoren oder Tunnelproteine in der Zellmembran gesteuert wird. Damit ist eigentlich das Thema Standort erledigt.
Unterschied von Pflanze zu Pflanze ist gut möglich.
Abhängigkeit vom Alter müßte einen Unterschied ergeben zwischen länger lebenden Parenchymzellen und schnell ausdifferenzierten und damit toten Sklereiden, die keine aktiven Stoffwechselprozesse mehr steuern können.
Herzliche Grüße

Klaus


Gesendet: 18.11.2011 An: "Klaus Fassl"
Lieber Klaus,

ich habe eben mal meine alten Schnitte rausgesucht und auf die schnelle eine Aufnahme im polarisierten Licht gemacht. Die Kristalle sind auch dort zu sehen und die Form aus Deinen REM-Aufnahmen so wie Doppelbrechung im Pol weisen stark darauf hin, dass es sich um Calciumoxalat handelt.
Üblicherweise übernimmt ja eine Endodermis um den Zentralzylinder der Wurzel die "Filterfunktion", allerdings müssen wegen des Ladungsausgleiches immer Kationen und Anionen im passenden Verhältnis aufgenommen werden.
Sowohl Calcium als auch z.B. Oxalacetat werden von der Pflanze für den Zellstoffwechsel benötigt - dürfen also rein bzw. werden synthetisiert. Im Strasburger findet man (36. Auflage, Seite 89): "In den Vakuolen vieler Zellen finden sich unterschiedlich geformte Kristalle von unlöslichem Calciumoxalat, was der Abscheidung von überflüssigem Calcium dient."

Bleibt die Frage, wie die Kristalle in die Zellzwischenräume gelangen. Nicht ganz so extrem zeigt sich das Phänomen ja auch bei der von Anatoly vorgestellten Aloe erinaceae - es ist also generell nicht unüblich, nur die Menge finde ich bei der Sciadopitys erstaunlich.

Herzliche Grüße
Jörg    


Datum: 21.11.11

Lieber Jörg,

danke für dein schönes Bild.  Stammt das aus einer sehr jungen Nadel? Es scheinen bei dir weniger Kristalle vorhanden zu sein.
Der Witz bei der Mikroskopie ist natürlich, wenn ich weiß, daß da etwas ist kann ich mir eine passende Methode suchen. => Bild 11:

Zur Endodermis: Die Endodermis ist dicht bis auf die Durchlaßzellen. Der Transport durch diese ist ein aktiver Transport und bis auf Wasser keine reine Diffusion mehr. D.h. eine Pflanze kann entscheiden was und wieviel davon die Zellwand passieren darf. Klar, daß das Gleichgewicht erhalten bleiben muß.

Zum Thema Straßburger finde ich, daß er als akademisches Lehrbuch ziemlich überaltert ist. Ich glaube ich habe vor ca. 20 Jahren zuletzt damit gearbeitet - seither bin ich auf englische Literatur umgestiegen, die sich neben aktuelleren Literturlisten durchaus trauen neuere Bilder und Grafiken einzubauen.

Aber zurück zu den Kristallen: Selbst bei Interzellulären Kristallen in den Vakuolen, seien es die Quader bei Anatol, seien es Raphidenbündel oder Kristalldrusen, kann und will ich Straßburger nicht folgen. Bei einer Entsorgungs oder Speicherfunktion würde ich voraussetzen, das in jeder Zelle eine entsprechend große Müllhalde oder Deponie existiert. Reversibel oder irreversiebel - Stärke in Getreide, Carotinoide in der Hagebutte, C4 oder CAM Stoffwechsel. Ca dürfte kein begrenzender Faktor sein, aber daß eine Pflanze energiereiches Oxalat zur Entsorgung überschüßigen Calciums einsetzt einsetzt, halte ich für ökophysiologisch unsinnig und kann mir nicht vorstellen, daß unsere, in allen Punkten ökonomisch optimierte, Mutter Natur  ihre Reaourcen so vergeudet.
Fraßschutz in einigen Zellen, um Feinden den Appetit mechanisch oder deren Verdauung chemisch zu boykottieren finde ich dagegen genial und nachgewiesenermaßen effizient und wirksam.

Weiter zu den extrazellulären Kristallen, die durchaus auch nicht nur in Sciadopitys vorkommen. Ihre Form ist so perfekt gleichmäßig, daß ich mit meinen Erfahrungen in der Kristallzüchtung behaupte, daß sie nur in Lösung kristallisieren konnten. Wann und wie ist für mich völlig offen und ich kenne leider auch keine Literatur dazu.
Würden sie sich an den Oberflächen zu den Interzellularen durch Verdunstung bilden würde ich Bilder und Formen erwarten wie im neuen Beitrag von Ernst Hippe oder wie beim Pyramidensalz in der besseren Küche.
Gut, bei der Bildung der Interzellularen könnte das Lumen anfangs noch mit Flüssigkeit gefüllt sein und so eine solche Kristallisation erlauben. (Frage an die Mineralogen ?) Dummerweise finden sich ähnlich perfekte Kristalle auch in der Epidermis einiger Sukkulenten zwischen Sekundärwand und Cutikula.
Ich habe bislang keine Idee wie so etwas funktionieren könnte.
Aber jetzt eine Fragen an Dich.
Lässt sich unsere, bisher private Diskussion irgendwie in das Forum einbringen um mehr Meinungen zu aktivieren?

Lg
Klaus


Bild 11: Parenchym im Lichtmikroskop



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      Jack Horner

Detlef Kramer

Hallo,

ein paar, aus persönlicher Erfahrung geprägte Anmerkungen:

1.
Zitatalso zum loswerden wollen von Mineral-Ionen möchte ich anmerken, daß die Pflanzen die ich kenne, nur anorganisches Material aufnehmen das sie auch brauchen, schlicht weil die Aufnahme ein aktiver Stoffwechselprozess ist und physiologisch über spezielle Rezeptoren oder Tunnelproteine in der Zellmembran gesteuert wird. Damit ist eigentlich das Thema Standort erledigt.

Das ist der "Wunsch" aller Pflanzen, funktioniert aber nur mehr oder weniger gut. Nehmen wir das Beispiel der Mangroven (und anderer salztoleranter Pflanzen). Na ist ein schweres Zellgift für alle Pflanzen, auch Meeresalgen. Sie sollten es also nicht aufnehmen. Es gibt Pflanzen, die das praktisch perfekt können: um beim angesprochenen Beispiel zu bleiben: die Rhizophoraceae, perfekte "salt-excluder". Andere können es nicht so gut und müssen das Salz, welches sie "aus Versehen" aufnehmen wieder aus dem Cytoplasma los werden. Die Avicenniaceae, wie viele andere Pflanzen auch, tun dies über Drüsen an der Blattoberfläche. Andere speichern es in riesigen Vacuolen, z.B. der Queller oder die Mittagsblumen (Aizoaceae).

Und so ist es wohl auch mit dem Calcium. Es wird tatsächlich für bestimmte Reglmechanismen in der Zelle benötigt, aber in einer unglaublich geringen Konzentration. Deshalb erfolgt die Regulation der Konzentration über die Bindung an das Oxalat, das äußerst schwer löslich ist, in den Vakuolen oder auch außerhalb der Zellen, was ich bisher nicht beachtet habe.

2.
ZitatDer Transport durch diese ist ein aktiver Transport und bis auf Wasser keine reine Diffusion mehr. D.h. eine Pflanze kann entscheiden was und wieviel davon die Zellwand passieren darf

Das möchte ich präzisieren: nicht der Transport durch die Durchlasszellen ist notwendigerweise reguliert oder gar aktiv, d.h. energieabhängig. Die Unterbrechung des Apoplasten in den Radialwänden  der Endodermis verhindert eine unkontrollierte Diffusion durch denselben und erzwingt dadurch den symplastischen Weg durch die lebenden Endodermiszellen per Diffusion durch die Plasmodesmata. Die eigentliche kontrollierte Aufnahme der Ionen erfolgt hauptsächlich am Plasmalemma der äußersten Zellen, zum kleineren Teil auch an anderen Rindenzellen.

3.
ZitatWeiter zu den extrazellulären Kristallen, die durchaus auch nicht nur in Sciadopitys vorkommen. Ihre Form ist so perfekt gleichmäßig, daß ich mit meinen Erfahrungen in der Kristallzüchtung behaupte, daß sie nur in Lösung kristallisieren konnten.

Da habe ich gedanklich keine solchen Probleme: Die Interzellularräume enthalten gesättigte Wasserdampfatmosphäre. Das sollte reichen.

4. Noch eine nicht ganz ernst gemeinte Anmerkung zu:
Zitataber daß eine Pflanze energiereiches Oxalat zur Entsorgung überschüßigen Calciums einsetzt einsetzt, halte ich für ökophysiologisch unsinnig und kann mir nicht vorstellen, daß unsere, in allen Punkten ökonomisch optimierte, Mutter Natur  ihre Reaourcen so vergeudet.

Das tut Mutter Natur ständig, sonst hätten wir "Tiere" schlicht weg nichts zu essen oder würden die Pflanzenwelt auffressen. Die gesamte Pflanzenwelt ist eine gigantische Verschwendung, sobald die Bedingung oberhalb des Existenzminimums liegt. Außerdem: wieso ist es eine Verschwendung von Oxalat, wenn die Pflanze gar keine andere Möglichkeit hat, ihre cytoplasmatische Ca-Konzentration zu regulieren?

Nachdenkliche, dennoch herzliche Grüße
Detlef

Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Omaruru

#2
Hallo Detlef  ;D

Auweia, da abe ich wohl was angezettelt und das im Mikroskopie Forum ?!

Also zu Punkt 1:
Pflanzen die perfekt selektionieren können streichen wir besser aus der Diskussion.
Pflanzen mit Drüsen als Ausscheidungsorgan - die große Ausnahme bei Pflanzen, also das Ausscheidungsorgan - haben auch kein Problem, wenn sie den Energiebedarf für einen Materialtransport gegen ein Konzentrationsgefälle verschmerzen können, wovon ich ausgehe.

Apropopo - was hältst du von Hydathoden als kombiniertes Organ für Ausscheidung und Aufnahme z.B. bei sukkulenten Crassulaceen?

Sollten die Mittagsblümchen den Salzgehalt der Vakuolen durch aktiven Transport beliebig erhöhen können, warum gibt es dann keine intrazellulären Kochsalzkristalle?
Meine Vermutung: Der osmotische Wert der Pflanze wird durch beliebig vorhandenes Kochsalz und den Transport hochgehalten.
Erstens um die Zellgiftigkeit zu umgehen - zellgiftg ist Kochsalz nur im Plasma nicht im Kompartiment Vakuole.
Zweitens kann der Wasserhaushalt über den osmotischen Wert gesteuert werden.

Zu 3: empfehle ich ein einfaches Experiment:
Nimm ein geschlossenes System - sprich Schraubdeckelglas - und fülle etwas gesättigte Salzlösung ein - nicht nicht Zwangsweise Kochsalz oder Kalziumsalze - lege dann einen Schnipsel Filterpapier als Kristallisationskeim hinein der noch aus der Lösung herausragt.
Deckel zu und in ein paar Jahren veröffentlichst du dann das Foto mit den Kristallen die sich bei dir in der Dampfgesättigten Atmosphäre gebildet haben -bitte.

Seit meinen Versuchen im Chemiepraktikum findet Kristallisation bei mir nur dann statt, wenn eine übersättigte Lösung abkühlt und damit die Löslichkeit sinkt - ok Kochsalz ist dafür das ungeeignetste Beispiel - oder wenn die Lösung durch verdampfen des  Lösungsmittels "Wasser" konzentriert wird. Beispiel Salzsiederei oder Meersalzgewinnung aus Salzpfannen.

Zu 4. auch nicht ganz ernst gemeint.
Wenn Mutter Natur uns Tiere geschaffen hätte um von den Müllbergen der Pflanzen zu leben ... ???
Pflanzen leben gut alleine auch wenn wir Tiere die Abfallentsorgung nicht übernehmen, oder ?
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      Jack Horner

Klaus Herrmann

#3
Hallo zusammen,

bei Sciadopytis erinnere ich mich an einen Beitrag im Mikrokosmos 2009 Heft 4, den Detlef mit mir zusammen veröffentlicht hat. Hier im Forum habe ich auch einige Aufnamen gezeigt und damals haben wir auch über die Sklereiden gerätselt.

Sehr schön die Oxalatkristalle im REM von Klaus. Das ist natürlich eine neue Dimension, die wir mit der LM nicht erschließen können.

Die Polaufnahme mit den hell leuchtenden Sklereiden bekommt dadurch eine ganz neue Deutung: das ist der Kristallüberzug mit dem doppelbrechenden Calcit und nicht, wie ich vermutet hatte Cellulose.





Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Omaruru

#4
Hallo Klaus,

danke für deine Bilder, absolut spitze. Vor allem auch das Leitbündel.
Allerdings das Leuchten der Sklereiden wie auch der Papillen der Epidermiszellen dürfte bei der Vergrößerung doch von der dicken geschichteten Cellulose-Sekundärwand stammen wobei die Epidermiszellen nicht lignifiziert sind.

Herzliche Grüße

Klaus
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      Jack Horner

Klaus Herrmann

#5
Danke Klaus für Lob und Erklärung

ZitatAllerdings das Leuchten der Sklereiden dürfte bei der Vergrößerung doch von der dicken geschichteten Cellulose-Sekundärwand stammen.

Vielleicht leuchten die Calcitkristalle heimlich mit. Durch die sehr hohe Doppelbrechung von CaCO3 sind sie ja auch schon in dünnen Schichten aktiv.
Edit: sorry, das war eine schwere Fehlleistung. Natürlich ist Ca-Oxalat gemeint!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Omaruru

#6
Hi Klaus,

Calcit kann mit eine Rolle spielen. Da bringst du mich aber auf etwas. Kannst du mir etwas sagen über den optisch wirksamen Unterschied zwischen Calziumcarbonat als Doppelspat und Calziumoxalat ?
Das könnte die Diskussion mit Detlef klären.

Aber wenn ich mir die leuchtenden Papillen der Epidermiszellen in der Mittelrinne auf der Unterseite anschaue die auch stark verdickte Zellwände haben, wenn auch nicht lignifiziert ?

Klaus
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      Jack Horner

Klaus Herrmann

#7
Hallo Klaus,

da hast du mich bei schwerer Schludrigkeit erwischt!

Natürlich meinte ich Ca-Oxalat - obwohl: nix gnaus weiß mer net! ;)

Aber die sehr hohe Doppelbrechung von 0,172 des Calzits erreicht der Whewellit mit 0,156 nicht ganz, sie ist aber schon auch sehr hoch.

Ob die Werte genau stimmen kann ich nicht sagen, ich hab sie in Ermangelung der Spezialliteratur nur aus meiner Lévy-Tafel entnommen.

Olaf schüttelt sie aus dem Ärmel ;)

Die Papillen, die in der Rinne mit den Stomata dem Verdunstungsschutz dienen sind offensichtlich nicht lignifiziert. In der Wackerfärbung werden sie nur gelb.

Die dritte Aufnahme ist Fluoreszenz! Eine Hellfeldaufnahme, auf der die Papillen zu sehen sind müsste ich nachreichen.
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Omaruru

Hi Klaus,

kreative Schludrigkeit macht Wissenschaft. Kann ich allein mit optischen Mitteln, Ohne REM mit Massenspektrum, zwischen Calzit und Ca-oxalat differenzieren.
Macht in der Lichtmikroskopie nicht den wichtigen Unterschied. Aber Wenn ich mich mit Detlef über ökologische Relevanz diskutiere kann ich Kanonenfutter brauchen.

Who the f.. ist Olaf, meldet der sich von alleine.

;-)
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      Jack Horner

Klaus Herrmann

ZitatOlaf, meldet der sich von alleine.

Da musst du in der Überschrift Biomineralisation - Calcit-Einkristall - Achsenwinkelverhältnis oder ähnliches schreiben, dann ist er hier wie der Blitz ;D ;D ;D

Aber er zeigt in letzter Zeit auch Ansätze sich für Botanisches zu interessieren, es ist also noch Hoffnung. Aber eins ist sicher: kaum einer hat so fundiertes Wissen und kann es vermitteln wie er, wenns um Mineralogisches geht.

Hier siehst du ihn auf einem alten Stich (er ist schon ganz schön alt! ;) )

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=10539.90

ZitatKann ich allein mit optischen Mitteln, Ohne REM mit Massenspektrum, zwischen Calzit und Ca-oxalat differenzieren.

Ob du? Olaf sicher! 8)
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Omaruru

#10
Danke Klaus,

ist genial !
Anfrage läuft.

Grundgütiger - wie mein Idol Sir Sean Connery - sagen würde.
Wenn ich schon an der Uni an ein solches Forum geraten wäre, hätte ich nur halb so lange für meine Promotion gebraucht.
Mit den ein bis zwei Leuten mit denen man im Institut qualifiziert reden konnte  :'(
Aber mal zwei persönliche Fragen:
für nicht Insider: ∞ λ ¼  ?
und wie bekomme ich den Link auf meine Vorstellungsseite in das Profil?

Klaus
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Fahrenheit

#11
Lieber Klaus,

vielen Dank für den Thread, ich ergänze hier noch einmal das Pol-Bild, das ich auf die Schnelle geschossen habe, um zu schauen, ob die Oxalatkristalle in den Interzellularen auch in meinen Präparaten nachweisbar sind:

Wie man sieht, leuchten auch hier einzelne Kristalle auf. Die geringere Anzahl könnte mit dem Alter der Nadeln oder auch mit der Präparation zusammen hängen.

Im folgenden Bild eines freipräparierten Astrosklereiden ist der Besatz meines Erachtens auch zu erkennen.


Den Strasburger magst Du ja nicht so gerne - immerhin sagt er aber überhaupt etwas zu Calciumoxalaten, das über den Hinweis auf deren reine Existenz hinaus geht.  ;D
Ich habe hier noch den Raven/Evert/Einhorn im Regal (eine Vertreter der moderneren, amerikanischen Literatur), der didaktisch deutlich besser aufgebaut ist, sich aber zur Herkunft und zum Zweck der Ca-Oxalate ausschweigt.
Im Eschrich hätte ich was dazu vermutet - Fehlanzeige.

Also noch tiefer ins Bücherregal eingetaucht und den Haberlandt rausgesucht. In der 6. Auflage (von 1924) der Physiologischen Pflanzenanatomie findet sich ab Seite 492 mehrere Seiten zum "oxalsaueren Kalk". Haberlandt geht ausführlich auf die unterschiedlichen Erscheinungsformen ein, ein Hinweis auf die vielen kleinen Calciumoxalat-Kristalle in den Interzellularen - wie bei der Schirmtanne - fehlt allerdings. Weiterhin diskutiert er Arbeiten von Stahl und Lewin: der eine postulierte einen Fraßschutz besonders hinsichtlich Schneckenfraß, der andere widerlegte den Ansatz.
Haberlandt geht auch davon aus, dass das Ca-Oxalat dazu dient, schädliche Stoffe aus dem Stoffwechsel der Zellen zu entfernen, zielt aber nicht auf das Calcium, sondern auf die Oxalsäure ab. Auch lässt er Arbeiten von de Vries, Tschirch und Schimper nicht unerwähnt, in denen nachgewiesen wurde, dass die Kristalle z.B. bei Kalkmangel auch wieder aufgelöst werden. Recht umfangreich, aber alles wie gesagt auf dem Stand von 1924.

Etwas aktueller (:D) findet sich im Pflanzenanatomischen Praktikum (9. Auflage, 2006) von Braune, Leman und Taubert auf Seite 69 ff auch einiges zu den unterschiedlichen Formen, jedoch wieder ohne Diskussion zum Woher und Wozu.

So, damit ist meine private Bibliothek hinsichtlich des Caliumoxalats erschöpft. Es bleibt dabei: allgemein wird angenommen, dass die Abscheidung der Kristalle dazu dient, überflüssige und/oder schädliche Ionen aus dem Zellstoffwechsel zu entfernen, während der Fraßschutz kontrovers diskutiert wird. Dafür kommen am ehesten die Raphidenbündel in Betracht, die oft in speziell geformten Zellen mit zwei "Sollbruchstellen" zu finden sind.

Aus der eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass jüngere Nadeln der Schirmtanne sowohl weniger bis keine Astrosklereiden erhalten, als auch geringere Mengen an auskristallisiertem Calciumoxalat.

Nun bin ich gespannt, ob es neuere Erkenntnisse gibt, die zur Lösung dieses spannenden Rätsels beitragen.
Herzliche Grüße
Jörg        
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Klaus Herrmann

Super Jörg dein herauspräparierter Sklereid (ist das der Singular?) mit den Oxalatkrümeln! :)

ZitatWenn ich schon an der Uni an ein solches Forum geraten wäre, hätte ich nur halb so lange für meine Promotion gebraucht.

Das ist ein Fehlschluss lieber Klaus, du hättest 3 Mal so lange gebraucht, weil du dauernd hier rumgequatscht hättest, statt ordentlich zu arbeiten! ;D
Ich merks ja selber: statt meiner Frau 5 gängige Menues am Abend vorzusetzen gibt es Bratwurscht mit Gardoffelsalat vom Metzger. ;D
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


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Omaruru

Hallo Jörg und Klaus,

Klaus:
das mit der Chat-Sucht ufert wirklich aus, macht aber doch Spaß und meine Freizeit habe ich schon damals meiner Berufung geopfert !
Olaf hat sich schon in meine Vita eingeklinkt. Ich warte auf Antwort. Carbonat oder Oxalat das ist die Frage ???

Jörg:
tapfer recherchiert. Gut wir sind wieder beim Bücher verbrennen?
Fahrenheit oder Fahrenheit 451? entscheide dich.

Sag selbst, wenn du Strasburger sagst und den Raven daneben stellst, aus welchem Buch würdest du als Student lernen wollen? Oder noch lieber ein Kapitel  Anatomie von Hans-Jürgen Koch ???
Gut, ich nehme es persönlich, weil ich im Großpraktikum  mit meinem Praktikumsleiter aneinander geraten bin in Bezug auf das Sonnenblumen Model- ich glaube es ging um das Leitbndel - das dann dann in der Praxis, d.h. meinem Handschnitt -  anders aussah als im Lehrbuch. Mein Prof. hat dann ein salomonisches Urteil gesprochen und damit den Wind aus den Segeln genommen, indem er mir das geheime Projekt "Scia" aufs Auge gedrückt hat. Mit Absicht, weil klar war daß ich nur Lichtmikroskop und meinen Zeichenstift zur verfügung hatte. Nachdem ich nach 3 Wochen Arbeit meine Ergebnisse präsentierte hat er seine eigenen Praktikumszeichnungen von Scia aus dem Regal geholt und verglichen. Seitdem war ich festes Bestandteil des Institutes ohne daß der Praktikumsleiter sein "'Gesicht" verlor.

Nichts gegen Strasburger als Botaniker und sein Lehrbuch der ersten Stunde !
Heute werden Lehrbücher, mit Stand der Literatur von vor 5 Jahren veröffentlicht, von einem mehr oder weniger illustren "editorial board" betreut, fals dieses die aktuelle Literatur auch gelesen hat. Also Strasburger - Gott hab ihn selig - ist nicht mehr Strasburger, es steht unter jedem Kapitel ein eigener mehr oder weniger kompetenter "Autor" der im Normalfall bei Anatomie, also einem nicht geliebten und in Deutschland nicht gepflegten Fach, nur noch die vorherige Version abnickt ohne persönliche Ergebnisse in dem Fach erarbeitet zu haben.

So viel zum Bücher verbrennen - ich meine nicht Fahrenheit 451 und schon gar nicht die ganz gemeine Version von 193*

Nächstes Thema: auch angelsächsische Lehrbücher verfügen nicht über mehr Wissen, vielleicht über bessere Didaktik,

Die einzelne Sklereide- Kristalle klar erkennbar - hast du nur mit Lupe und Nadel aus dem Kontext gerissen, sprich präpariert ?

In Bezug auf ökophysiologische Interpretationen sollte man lieber nicht auf historische Literatur zurückgreifen.
Wenn damals nichts bekannt war ...
Anders bei Anatomie / Morphologie - es gab schon immer Menschen mit Augen im Kopf die auch noch in der Lage waren dies zeichnerisch zu dokumentieren, z.B Ernst Haeckel.

Na ja ich hätte da Scans von alten eigenhändigen Zeichnungen für meine Praktika als PDF.
Z.B. Zea mais Leitbündel oder ein 3D Versuch von Holz als Bastelbogen für die "Kids".
Leider keine Ahnung wie ich sie hier einfüge.

Klaus
Ich bevorzuge ein kollegiales Du ;-).

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      Jack Horner

Detlef Kramer

Hallo Klaus,
ZitatNächstes Thema: auch angelsächsische Lehrbücher verfügen nicht über mehr Wissen, vielleicht über bessere Didaktik,

Was hältst Du denn von dem neuen Lehrbuch "Botanik" von Lüttge, Kluge, Thiel? Kommt aus Deutschland und ist in Deutsch geschrieben und ist m. M. eine gelungene Synthese aus klassischer Botanik und moderner Didaktik.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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