alten Feintrieb gängig machen

Begonnen von Lothar Gutjahr, Dezember 16, 2011, 20:10:43 NACHMITTAGS

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Lothar Gutjahr

Guten Abend,

heute hatte ich die ebaybeute:  http://www.ebay.de/itm/270863493709?ssPageName=STRK:MEWNX:IT&_trksid=p3984.m1497.l2649 komplett zerlegt um neben der schwergängigen Tubusführung auch die bis dahin in ihrer Funktion mir noch unbekannte Feinverstellung zu prüfen,zu reinigen und zu fetten ja erfolgreich zu reparieren.
Zunächst stand die Frage was das für ein Fabrikat ist schon mal andeutungsweise im Raum. Der runde Tisch ist übrigens aus Bakelit gepresst welches gegen eine metallene Tischhalterung geschraubt ist. Auf der oberen Seite schön mattschwarz lackiert und in keinster Weise verdrehbar. So fehlt auch jegliche Verstellmöglichkeit in x-y.



Das MA steht nur auf dieser oberen Abdeckplatte Die Plankonvexlinse findet sich als Symbol mit den Nummern: 51551für 8 x fach; 45342 für 40 x fach und 6210336 für das MN 90  1,25 , auf den drei Objektiven.Das Gestell sieht eigentlich nach Zeiss aus, meine ich auch bei Zeiss Winkel gesehen zu haben. Eventuell führt ja die Mechanik der Feinverstellung zum ursprünglichen Konstrukteur?



Der Schlitten der Tubusbefestigung wird mit Federkraft gegen den in der Abbildung schräg herausragenden Stift gedrückt.  Dieser Stift wurde offensichtlich bei einem  Reparaturversuch nicht in seine vorgesehene Bohrung eingeführt und lag dann quer. Zum Glück war der dünne Draht, der in an dem L-förmigen Verstellhebel festhält unversehrt. Das linke Zahnrad wird von dem Ritzel auf der Verstellspindel angetrieben und durch das rechte untersetzt. Das rechte treibt mit seinem Ritzel das Zahnsegment, welches als etwa L-förmiger "Kuhfuß" dann über besagten Stift in einer Körnung sitzend den Schlitten verstellt.

Wer sich an diese Arbeit bei ähnlichem Gerät machen will muß schon beim Öffnen der oberen Abdeckplatte gut gegenhalten, bis die beiden Schräubchen draussen sind um nicht mit dem Federdruck die Schrauben zu verkanten. Bei der Montage ist es dann kitzlig, den Stift auf dem Fuß des Hebels so zu positionieren, daß er in das nach innen paralell versetzte dadurch etwas schräg gegenüber liegende Loch eintaucht.

Die richtige Anzahl der Umdrehungen wird durch einen Anschlag am Ritzel der Antriebswelle und seinem Gegenstück auf der Hinterseite des rechten Zahnrades erreicht.
Nachdem ich mich abgemüht habe das Loch zu treffen und im dritten Durchgang der Feinantrieb endlich werkelte, fiel mir ein, die haben früher sicher das Mikroskop umgekippt und leicht schräg gehalten, damit der Stift an seinem Drähtchen gehalten über dem Loch baumelte und dann hinein !

So meine Frage: Kann es denn sein, dass man damals die Gestelle aus einer einzigen Fertigung / Gießerei zukaufte oder waren das Lizenzbauten oder gar eigene "nonames" für eine andere Preisklasse? Und die Objektive sind vermutlich alles Plan Apo´s ? ;D ;D ;D

Es war ein preiswerter Spaß und macht jetzt wieder einen guten Eindruck.

Schönes Wochenende wünscht

Lothar

Florian Stellmacher

#1
Hallo Lothar,

die Ähnlichket zum Zeiss E-Stativ täuscht Dich nicht - das ist offenbar ein sowjetischer Nachbau, allerdigns gefertigt auf den originalen Zeiss-Maschinen, die nach Kriegsende nach Leningrad gebracht wurden.

Beste Grüße,
Florian

P.S.: Die "1939" ist natürlich nicht das Herstellungsjahr!
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Lothar Gutjahr

Danke Florian,

das wird es sein. Auf die Idee muß man erst mal kommen. Aber dann doch verwunderlich, daß die sonst keinerlei Hinweis da drauf haben. Der Buchstabe A mit seiner rundlichen Vorderkante läßt etwas Verdacht aufkommen. War der Rundtisch bei Zeiß auch so ein Pressteil ?

Schönen Abend noch

Lothar

reblaus

Hallo -

zwar meint man, dieses unsymmetrische "A" auch bei irgendwelchen Lomo-Beschriftungen mal gesehen zu haben, allerdings existiert das Zeichen "N" nicht im russischen Alphabet, insofern kann man das nicht als Indiz für die Herkunft werten. Es sei denn die Schablonen für die Gravur sind anno 1945 mit nach Leningrad gewandert, aber dann würde das "A" nicht dazu passen

Das Feintrieb-Räderwerk mit der Begrenzung auf den beiden Zahnrädern, dem Zahnsegment und dem gehärteten Stift, der von einer Federstahldraht-Schlinge gehalten wird ist auch noch im Standard GFL und Phomi I zu finden, allerdings mit ganz anderer Rahmenform. Später wurde die Begrenzung durch eine Spindel in der Grobtriebachse bewirkt.

Viele Grüße

Rolf

Florian Stellmacher

Lieber Rolf,

Иatürlich hast Du recht mit dem N!

Dann vermute ich mal einen chinesischen Nachbau?



Lieber Lothar,

die billigste Variante des Zeiss E-Stativs, das EB, wurde ebenfalls mit einem nicht drehbaren runden Tisch ausgeliefert.



Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Nomarski

Hallo Lothar,

ZitatDie richtige Anzahl der Umdrehungen wird durch einen Anschlag am Ritzel der Antriebswelle und seinem Gegenstück auf der Hinterseite des rechten Zahnrades erreicht.
Der Anschlag muß wirken, bevor das Ritzel das Ende des Segmentrades erreicht hat, sonst saust entweder das Segmentrad weg, wenn es nicht mehr im Eingriff ist und durch die Tischfeder weggedrückt wird oder was noch schlimmer ist: wenn das Segmentrad irgendwo gegenfährt und du noch weiter am Feintrieb kurbelst, brichtst du durch die hohe Übersetzung ein Zahn aus dem Ritzel raus.

Viele Grüße
Bernd

Lothar Gutjahr

Hallo Bernd,

der Anschlag soll wohl ausschlieslich diesem von dir beschriebenen Zweck dienen. Da habe ich mich dann etwas ungünstig ausgedrückt. Mein Ziel war zu beschreiben, wie das bei diesem Feintrieb realisiert ist. Die Hysterese die du meinst wird durch die Länge der Anschlagbleche gewährleistet. Durch die Untersetzung mittels Zahnrad 1 braucht man N Umdrehungen um den Anschlag an Zahnrad 2 mit dem ein mal pro Umdrehung "auf die Suche gehenden Anschlag" am Ritzel der Antriebswelle zusammenzubringen. Nun wäre noch interessant zu wissen, wie die Russen, wenn sie es waren, die Objektive bezeichnet haben ? Da dürfen wir vielleicht davon ausgehen, daß die in der Anfangszeit mal nur Achromate gebaut haben dürften oder gar die optischen Teile noch in Jena erbeutet hatten.
Ich hatte das Stativ wegen dem runden Tisch ersteigert um da ein Pol- Mik draus zu machen. Jetzt wird es halt etwas anderes.

Schönen Abend noch

Lothar

Florian Stellmacher

#7
Hallo Lothar,

das Logo mit der plankonvexen Linse habe ich sicherlich schon einmal irgendwo gesehen, auch bei LOMO (die Sache mit dem "N" spricht dagegen), inzwischen bin ich mir aber halbwegs sicher, dass es ein chinesisches Mikroskop ist. Diese einfacheren Mikroskope, die später oft in einem mittleren Grauton lackiert wurden, wurden von Kaufhausketten und Fotogeschäften (z.B. Revue) recht güstig verkauft. Die Optik dürfte achromatisch korrigiert sein (auch wenn das Logo anderes behauptet, denn da fehlt ja die zweite Linse  ;D), und letztlich ist so ein Mikroskop jedem Spielzeugmikroskop überlegen. Für 30 Euro inkl. Porto wirst Du wohl auch nichts Edleres, wie es z.T. heute aus China kommt, erwartet haben.

Herzliche Grüße,
Florian

P.S.: Wenn Du ein bezahlbares gutes Mikroskop mit drehbarem Tisch suchst, dann ist dieses Instrument von Winkel-Zeiss sehr empfehlenswert: http://www.modernmicroscopy.com/main.asp?article=91 Nur ein kleiner Teil ist als Lazarettmikroskop für die Wehrmacht gebaut und in einem entsprechend ausgestatteten Kasten ausgelifert worden, wofür insbesondere amerikanische Militaria-Sammler viel Geld bezahlen; die weitaus meisten haben im zivielen Bereich jahrzehntelang gute Dienste geleistet. Diese Mikroskope sind sehr robust und optisch wirklich sehr ordentlich. Bei Ebay kann man ein relativ gepflegtes Exemplar für 50 bis 100 € bekommen - aber Vorsicht: die einfachste Variante hat meines Wissens nach auch hier einen feststehenden runden Tisch, die Stative mit Kondensorhöhenverstellung dürften aber alle über einen Drehtisch verfügen.
Ich habe zwei solcher Mikroskope, eines hatte seit den 40er Jahren in einer benachbarten Landarztpraxis gestanden und wurde sicher nicht geschont, das andere habe ich bei Ebay für ein Handgeld per Sofortkauf ergattert - beide sind mechanisch tadellos, was ich der hohen Fertigungs- und Materialqualität zurechne.
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)


Lothar Gutjahr

Guten Morgen Florian und O-luxianer,

danke für die Kommentare. Ja das Zeiss-Winkel sieht nach einer zukünftigen ebay-Beute aus. Da ist aber keinerlei Zeitdruck. Nur sollte ich mal an den Platz denken. Vielleicht die umfangreiche Ortholuxansammlung abgeben oder dort versuchen einen Drehtisch dazu zu bekommen.

Mal sehen, was mir ebay so zutreibt.  Das Laborlux D wird es jedoch nicht werden. Das kann der andere Bieter, der den Preis im Vorfeld schon auf 900 € hochgezogen hat falls er mitliest schon mal zur Kenntnis nehmen. Da wird er es wohl zu dem derzeitigen Preis bekommen, wenn sich niemand anderes dafür interessiert, oder ich heute Abend einen Kleingewinn im Lotto mache. ;D

Schönes Wochenende wünscht

Lothar

(eingeschneit und froh daß es Internet gibt)

Nomarski

Hallo Lothar,

ZitatNun wäre noch interessant zu wissen, wie die Russen, wenn sie es waren, die Objektive bezeichnet haben ? Da dürfen wir vielleicht davon ausgehen, daß die in der Anfangszeit mal nur Achromate gebaut haben dürften oder gar die optischen Teile noch in Jena erbeutet hatten.
Hmmm, ob da ein Zusammenhang zu den alten Feintrieben besteht, vermag ich nun wirklich nicht zu sagen. :-[

ZitatSo meine Frage: Kann es denn sein, dass man damals die Gestelle aus einer einzigen Fertigung / Gießerei zukaufte oder waren das Lizenzbauten oder gar eigene "nonames" für eine andere Preisklasse? Und die Objektive sind vermutlich alles Plan Apo´s ?   

Dazu fällt mir Folgendes ein, wo du noch sagst:
ZitatIch hatte das Stativ wegen dem runden Tisch ersteigert um da ein Pol- Mik draus zu machen. Jetzt wird es halt etwas anderes.

Ich kenne kein Planapo, zumindest nicht aus früherer Zeit, das gleichzeitig als Pol-Objektiv gebaut wurde. Planapos haben bekanntlich viele Linsen und umso schwieriger wird es in der Herstellung die Spannungsfreiheit zu gewährleisten. So hat man sich in der Regel auf Achromate beschränkt.
Neofluare und Plan-Neofluare gab es dagegen sogar auch als Pol-Objektive.

Schönen 4.!
Bernd

liftboy

Hallo Lothar,

leider komme ich jetzt erst dazu, in dieser Rubrik zu lesen.
Das ist tatsächlich der berüchtigte "Uhrwerk"-Feintrieb von Lomo, wie er auch in ähnlicher Form in den älteren Labor- und Arbeitsmikroskopen eingesetzt wurde.
Wenn man den Trieb nach ev. Reinigungen/Reparaturen wieder einsetzt, muss man darauf achten, dass
1. die Grundplatte ganz an den Anschlag geschoben wird, damit das große Zahnrad an den Knopftrieb eingreift, und
2. den Stift in seiner Bodenhalterung mit etwas Fett einsetzt (und nur da!!), dann bleib er so stehen, wie man ihn hinstellt.
Das "Uhrwerk" sollte lediglich von Staub o.ä. befreit werden; es darf nicht geölt werden!

Gruß
Wolfgang
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=785.msg3654#msg3654
LOMO-Service
Das Erstaunen bleibt unverändert- nur unser Mut wächst, das Erstaunliche zu verstehen.
Niels Bohr

Lothar Gutjahr

Grüß dich Wolfgang,

das mit dem zusammenmontieren brauchte bei mir auch mehrere Anläufe, bis ich den Bogen raus hatte. Habe letzendlich noch das Ganze etwas schräg nach unten gehalten um den Stift an seinem Platz zu halten. Das ist aber ein sehr schöner Feintrieb, der besser zum Stacken geeignet ist als diese Vor-und zurück- Steller wie sie in Grobtrieben gerne integriert sind.

Gruß Lothar

Nomarski

Hallo Wolfgang,

ZitatDas "Uhrwerk" sollte lediglich von Staub o.ä. befreit werden; es darf nicht geölt werden!
wer sagt denn sowas?  ??? In die Lager kann immer ein Tröpchen Öl, damit die Zapfen nicht trocken laufen. Macht man bei normalen Uhren doch auch so.

Ansonnsten ist es schon wichtig, daß die Zahnräder richtig zueinander eingesetzt werden müssen, damit die harten Anschläge auch funktionieren, bevor es ausgerissene Zähne gibt.

Viele Grüße
Bernd

Frank D.

Hallo Lothar,

das von Dir gezeigte Getriebe ist auch in den Zeiss Universal- und Photomikroskopen der ganze Zauber des Feintriebes.
"don't change a running system"

Gruß
Frank