Orthoplan Trieb ausbauen?

Begonnen von Stefan_O, Januar 01, 2012, 15:55:33 NACHMITTAGS

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Stefan_O

Salü Zusammen,

ich müsste den Grob/Feintrieb eines Orthoplans zum Reinigen und Fetten ausbauen. Da ich soetwas noch nie gemacht habe, ist es vielleicht besser zu fragen, ob jemand eine Anleitung dazu hat, oder ob es Besonderheiten gibt. Hat jemand von euch eine Anleitung oder kann den Vorgang kurz beschreiben?

Vielen Dank,
Stefan

Florian Stellmacher

#1
Hallo Stefan,

da bis jetzt noch niemand geantwortet hat, will ich Dir von meinen Erfahrungen berichten.

Vorweg: ich bin in meinen technischen Fähigkeiten absolut limitiert und weiß inzwischen, wo ich aufhören muss. Aber ich habe mich vor einigen Jahren einmal an den Trieb des Orthoplan gewagt und kann Dir sagen, dass die Sache recht diffizil ist. Man bekommt, nachdem man den Tisch abmonitert hat, durch Lösen der von vorne zugänglichen Schrauben die Tischführung zerlegt, wobei einem etliche, jeweils abwechelnd orientierte Metallzylinder (das Ganze hat auch einen Namen, den ich vergessen habe) sowie Kugeln entgegenpurzeln. Man kann dann die Teile reinigen, neu einfetten und wieder zusammensetzen. Bei mir hat das zum Glück ausgereicht, um den Grobtrieb wieder geschmeidig zu machen. Wo ich absolut nich herangekommen bin, ist der Koaxtrieb selbst. Ich habe nicht herausfinden können, wie dieser zu öffnen ist. Dies ist mir dann bei einem Diavert, das wahrscheinlich ähnlich konstruiert ist, gelungen - leider, denn als erstes sprang mir eine kleine Metallfeder (eher ein kleines Drahtstück) entgegen, die wieder (richtigrum!) einzusetzen mich über eine Stunde gekostet hat. Ich habe das Gerät dann in die Hände eines Profis gegeben, der es wunderbar wieder hinbekommen hat.

Kurz und gut: Pass bloß auf, dass Du nichts zerlegst, was Du hinterher nicht wieder zusammen bekommst! (Das ist übrigens auch ein ehernes Gesetz der Chirurgie...  ;D)

Hoffentlich kann Dir einer noch bessere Informationen geben!

Herzliche Grüße,
Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Stefan_O

Danke, Florian! Da sich niemand gemeldet hat, durfte ich dieselbe Erfahrung machen wie Du. Die Frontschrauben zu lösen ist eine dumme Idee, zum Glück ist das Stativ so gebaut, dass es eine Auffangwanne hat. In dieser landen dann die Kugeln (8x4 Stück) und die Unterlegscheiben. Der komplette Trieb selber ist mit zwei nicht direkt sichtbaren Schrauben von vorn, und zwei Schrauben von hinten befestigt. Um diese zu lösen muss die Abdeckung am oberen Lampenanschluss gelöst werden. Danach kann man auch gleich die Klapplinse ausbauen, reinigen, fetten und wieder einbauen. Die Kugeln sind recht logisch angeordnet, wichtig ist es die Distanzscheiben unter den Linearlagern korrekt anzuordnen, sonst klappert nachher alles. Zwei der Scheiben sollten eine Linse formen. Daran denken, erst die beiden Schrauben der Frontbefestigung einzustecken, dann das Linearlager zusammensetzen. Zylinder sind bei mir nicht gepurzelt.

Die Knöpfe gehen einfach ab: die M4 Schraube im Feintriebknopf herausdrehen, und eine M5 Schraube hineinschrauben, diese drückt die Feintriebknopf von der Welle. Achtung: darunter liegt eine Scheibe unter der sich ein weiteres Lager mit sehr kleinen Kugeln befindet. Auf einer Seite hat es noch eine Feder vor dem Lager. Ist das alles entfernt, kann man zwei weitere Schrauben lösen und den Grobtriebknopf abnehmen. Zusammenbauen in umgekehrter Reihenfolge. Damit bin ich zumindest an alles wesentliche gekommen, um ein eckelhaftes blau-grünes, verharztes Fett zu entfernen. Ist nicht 100% perfekt, aber man braucht keine Rohrzange mehr für den Grobtrieb, die Klapplinse geht auch wieder. Die Blende des Kondensors war die erste Lektion, sehr versichtig zu sein. Die Lamellen in einem tiefen Rohr zu positionen und den Antrieb richtig aufzusetzen war nervenaufreibend. Hat nach diversen Versuchen aber auch geklappt.

Gruss,
Stefan

Florian Stellmacher

Hallo Stefan,

Du Mutiger!

Herzlichen Glückwunsch, dass sich Dein Mut bezahlt gemacht hat!

Florian
Vorwiegende Arbeitsmikroskope:
Zeiss Axioskop 2
Olympus BHS (DL, Pol, Multidiskussionseinrichtung)
Zeiss Axiophot (DIK und AL-Fluoreszenz)
Zeiss Axiovert (Fluoreszenz)
Wild M400 Fotomakroskop (DL, DF, AL, Pol)

Peter V.

Hallo Stefan,

bwundernswerter Mut! Offenbar von Erfolg gekrönt. Aufgrund meiner wenigen bsiherigen Erfahrung mit Trieben ( zumindest dieser Art von Trieben  ;) ) lasse ich von so etwas grundsätzlich die Finger.

Hezrliche Grüße
Peter
Dieses Post wurde CO2-neutral erstellt und ist vegan. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Stefan_O

Fragt sich noch, ob der Tisch jetzt wirklich gerade ist, bzw parallel zur optischen Ebene, oder wie auch immer man das nennen möchte. Ist aber immernoch besser als völlig verharzte Triebe. Zu schade, das es keine Service-Manuals im Netz gibt, das würde das Leben doch einfacher machen. Aber Leitz-Unterlagen sind reichlich rar.

Gruss,
Stefan

olaf.med

Hallo Stefan,

ob Dein Tisch noch richtig justiert ist kannst Du einfach prüfen: Planspiegel auf den Tisch, Auflicht und Leuchtfeldblende zuziehen. Steht der Tisch genau senkrecht zur optischen Achse bleibt das Bild der Leuchtfeldblende beim Drehen des Tischs stehen, wenn nicht, dann beschreibt es einen Kreis.

Gruß, Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Stefan_O

Hallo Olaf,

ich habe am Orthoplan Nr. 2 gebastelt. Das heilige Orthoplan Nr. 1 ist die Auflicht-Pol Variante, mein Respekt dem Händler, der es vor dem Verkauf an mich generalüberholt hat! Orthoplan Nr. 2 hat einen grossen Tisch wie das Metalloplan, also nicht drehbar. Weisst Du, wie ich den überprüfen kann? Planspiegel + Auflicht, Spiegelung muss wieder im Objektiv landen, in der Art?

Gruss,
Stefan

Lothar Gutjahr

Hallo Stefan,

Hier mal die Bastlerlösung: Im wesentlichen kannst du auf dem großen Tisch auch die Glasplatte justieren. Da sind links und rechts in der Aussparung für das Glas je zwei kleine Auflagepünktchen sichtbar. Das sind von unten eingeschraubte Imbusschräubchen mit 1,5 mm Schlüsselweite. Den kleinen Schlüssel hatte ich zum Glück noch von meinem Bogenvisier. Zum Justieren am besten mit zunächst mittelstarker Vergrößerung und Auflicht auf die Platte selbst focusieren Feinstaub ist da hilfreich oder mit einem Lappen aus der Küchenspüle abreiben und die getrockneten Wischspuren hernehmen. Ein Endmaß oder andere absolut paralelle Gegenstände sind da natürlich besser.
Dann kannst du die Platte verfahren und siehst, daß es zunehmend unscharf wird wenn du wegfährst.

Es braucht etwas Übung, zu erkennen warum es unscharf wird ( Richtung auf oder ab) und ebenfalls muß man die Gehirnwindungen etwas anstrengen um immer in die richtige Richtung zu drehen. Und bitte auch mal in die andere Richtung gegenüber drehen, bevor die Schräubchen noch ganz herausragen.
Wichtig noch dabei: Der Feststellknopf für die Tischbewegung ( der kleinste der 4 Drehknöpfe ) muß angezogen sein, sonst hängt der große Tisch schon mal ein paar µ nach vorne runter. Eine Grobjustage würde man mit Shims; sehr dünne Blechfolien an der Gestellauflagefläche oder zwischen Befestigung und Tisch machen. Aber schau erst mal wie weit du mit der Feinjustierung kommst.

Gruß Lothar

olaf.med

Lieber Stefan,

zum Glück hast Du ja Leitz Orthoplane, die mit Sicherheit besten Mikroskope in Modul-Technik, die jemals gebaut wurden. Also nimmst Du schlicht den Drehtisch von Deinem Orthoplan 1, steckst ihn an das Orthoplan 2 und ab die Post mit Spiegel und Auflicht......

Die von Lothar beschriebene Lösung bringt Dir gar nichts, da Du ja  eigentlich den ausgebauten Triebkasten auf Fehljustage überprüfen willst und nicht den Tisch. Selbst für die Justierung des Tischs kann die "Gutjahr-Methode" nicht funktionieren, da man ja nur die obere Tischplatte parallel zur Unterlage bewegt und dabei bleibt die Oberfläche immer im Fokus des Objektivs, auch bei einer Schräglage des Tischs! Um eine solche zu erkennen müßte man bei feststehendem Tisch das Objektiv lateral bewegen, und das geht bei einem Mikroskop natürlich nicht. Also macht man sowas immer mit Autokollimation, und die von mir beschriebene Methode ist im Prinzip nichts anderes.

Viel Erfolg,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Stefan_O

Hahaha, stimmt, der Gedanke ist mir überhaupt nicht gekommen. Werde ich aber so machen, vielen Dank für den Tip!

Gruss,
Stefan

Lothar Gutjahr

Nix ha ha stimmt- lieber Stefan,

du schriebst, daß du einene großen Tisch hast wie beim Metalloplan. Großer Tisch heißt: 244 mm tief; 253 mm breit mit einer Glasscheibe von 192 x 192 mm auf welcher ein maximaler Verfahrweg von etwa 160 x 160 mm verfahren werden kann. Nun hebe mal die Glasplatte einseitig hoch und unterlege da etwas zum Beispiel ein Streichholz unter einen der Ränder. Du wirst dich wundern, wie gut die Oberfläche im Fokus des Objektives bleibt wenn du jetzt verfährst. Ich nehme an, daß man die Feineinstellung für diese Glasplatte auch bei Leitz so gemacht hat. Sonst machen diese Schräubchen wenig Sinn. Auch wäre es mir ein Graus gewesen den etwas nach vorn hängenden Tisch am Gestell korrigieren zu müssen.

@ hallo Olaf,

ich weiß nicht ob du den Tisch kennst ? Da ist erst mal die Platte, die vom Gestell kommend das Ganze trägt. Als nächstes kommt eine verfahrbare Platte, welche den Y-Weg macht und da drüber kommt die dritte Platte welche den X-Weg verfährt und die Glasplatte trägt. Ich hatte das Problem der schielenden Z-Achse beim Stacken im µ-Bereich bemerkt, wo einem dann das Bild wegdriftet. Diese Justage habe ich aber mit der Blechplatte gemacht, die bei Bedarf eingesetzt wird und die den Piezotranslator trägt. und als Beobachtungsweg reichte die Oberfläche des Wandlers völlig aus. Da nun mit dem Strahlengang der Rand der Glasplatte nie erreicht wird, ist das meiner Ansicht nach die entscheidende Fläche, die da interessiert.

Aber ich entschuldige mich gerne dafür, daß ich euch als dilletierender Laie da ins Handwerk pfusche und werde mich zukünftig wohl besser etwas zurückhalten. Ich dachte halt, wenn ich das von vorn herein als Bastlerlösung bezeichne, läuft man nicht Gefahr gleich zerrissen zu werden. 
Liebe Grüße

Lothar

Stefan_O

Doch hahaha - das bezog sich auf den Austausche der Tische...frappierend simpel.

Lothar, Olaf hat recht: das Ziel war es, den Trieb zu justieren. Ansonsten müsste ich jeden an diesem Mikroskop verwendeten Tisch de-justieren, und das dann beim nächsten Wechsel rückgängig machen. Das macht keinen Sinn.

Du sagst doch, Du hast Foren-Erfahrung? Also nicht gleich eingeschnappt sein. Zwei Lösungen, Olof seine ist besser, da universell.

Gruss,
Stefan

Lothar Gutjahr

Guten Morgen Stefan,

Olaf schrieb:

ZitatSelbst für die Justierung des Tischs kann die "Gutjahr-Methode" nicht funktionieren, da man ja nur die obere Tischplatte parallel zur Unterlage bewegt und dabei bleibt die Oberfläche immer im Fokus des Objektivs, auch bei einer Schräglage des Tischs! Um eine solche zu erkennen müßte man bei feststehendem Tisch das Objektiv lateral bewegen, und das geht bei einem Mikroskop natürlich nicht. Also macht man sowas immer mit Autokollimation, und die von mir beschriebene Methode ist im Prinzip nichts anderes.

Das war der Aufhänger . Davon abgesehen ich wüßte etwas besseres als am Orthoplan laufend Tische zu wechseln. ;D
Die Glasscheibe ist nun mal autonom einstellbar und hat diese Justierschräubchen drunter. Oder wir reden über etwas ganz anderes, dann täte es mir Leid.

Aber vergesse es schnell wieder, ist besser so.

Schönen Tag und schöne Woche

Lothar

olaf.med

Lieber Lothar,

ich möchte hier nicht lange nachkarten, aber Deine Methode kann nicht zur Justierung eines Tisches herangezogen werden! Das zeigt eine ganz einfache geometrische Betrachtung:



In dieser Darstellung ist die Tischführung grün gezeichnet und Deine Glasauflage blau. Im linken Fall ist die Tischführung übertrieben dejustiert, aber die Glasplatte genau parallel zur Führung. Es ist unmittelbar einzusehen, daß bei Bewegung entlang der Tischführung der Fokus trotzdem immer auf der Oberfläche der Glasplatte liegt. Also kann man so die Justierung des Tisches nicht kontrollieren.


Im rechten Beispiel ist die Tischauflage zur Führung dejustiert. Hier sieht man dann sehr wohl bei Bewegung eine Abweichung im Fokus. Zur Korrektur dieses Fehlers kannst Du dann Deine Schräubchen anwenden!

ZitatDavon abgesehen ich wüßte etwas besseres als am Orthoplan laufend Tische zu wechseln.  ;D

Übrigens ist das Wechseln der Tische am Orthoplan wirklich keine Arbeit und muß hier ja auch nur einmal vorgenommen werden.!!!!

Gruß,

Olaf
Gerne per Du!

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... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
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