Botanik: Frisch aus dem Garten - Echter Salbei (Salvia officinalis) *

Begonnen von Fahrenheit, Januar 05, 2012, 21:54:42 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Fahrenheit

Liebe Pflanzenfreunde,

in der vergangenen Woche musste ein Spross vom Echten Salbei (Salvia officinalis) für einen Färbenachmittag herhalten. Dank des bisher recht milden Winters steht der noch wie eine Eins im Garten und der Querschnitt ist auch recht schön. Die dabei angefallenen Blätter kamen dann gleich gegen meine Erkältung zum Einsatz.  ;)

Der Echte Salbei (Salvia officinalis, auch Garten-, Küchen- oder Heilsalbei), ist ein bis 80 Zentimeter hoher Halbstrauch aus der Gattung der Salbeigewächse in der großen Familie der Lamiaceae - Lippenblütler. Die immergrüne Gewürz- und Heilpflanze stammt aus dem Mittelmeerraum, ist aber mittlerweile in ganz Europa verbreitet - woran die Freunde mediterraner Tafelfreuden sicher nicht ganz unschuldig sind.
Aber schon seit jeher gehört der Echte Salbei in einen traditionellen Bauerngarten. Als wärmeliebende Pflanze ist er in Mitteleuropa nur bedingt winterhart und benötigt in klimatisch rauen Lagen Winterschutz. verwildert findet man ihn daher nur selten und in geschützten Lagen ohne großen Konkurrenzdruck.

Die in Bodennähe verholzten Stängel des Echten Salbei sind schwach vierkantig bis rundlich. Sie steigen gerade oder bogig gekrümmt auf und sind besonders im oberen Teil dicht kraus behaart. Aus dem verholzten Stängelteil, aber auch aus den Achseln der unteren Blätter, treiben häufig dicht belaubte, sterile Triebe aus. Die paarweise gegenständig stehenden Blätter haben einen Blattstiel, der bei den unteren Blättern die Länge der Blattspreite von bis zu 10 cm erreichen kann. Die Blattstiele der weiter oben stehenden Blätter sind deutlich kürzer und die obersten Blätter sind stiellos. Die Form der bis zu 5 cm breiten graugrünen Blätter ist lanzettlich bis länglich eiförmig, ihre Blattoberfläche ist runzelig und sie sind auf beiden Seiten weißfilzig behaart. Die Oberseite ältere Blätter ist oft haarlos und der Blattrand glatt oder nur schwach gekerbt.

Die violetten, selten rosa oder weißen Blüten haben die typische Form der Lippenblütengewächse. Die Oberlippe ist fast gerade und vergleichsweise wenig gewölbt. Die Blütenkrone ist zwei bis drei Zentimeter lang. Sie wird umschlossen von einem etwa einen Zentimeter langen, meist rotbraunen Kelch. Dieser ist deutlich in einen oberen Teil mit drei und einen unteren mit zwei Zipfeln gegliedert und auf den Nerven und am Rand flaumig behaart. Die Blüten stehen an kurzen Stielen im oberen Stängelteil zu je vier bis zehn in fünf bis acht lockeren Quirlen. Die Blütezeit reicht von Mai bis Juli.

Alle Pflanzenteile verströmen einen intensiven, würzigen Duft. Dieser rührt von den enthaltenen Ölen und Bitterstoffen her, die auch für die Heilwirkung des Echten Salbeis verantwortlich sind. Die Hauptwirkstoffe sind die ätherischen Öle Thujon und 1,8-Cineol, Gerbstoffe sowie Bitterstoffe. Bei Überdosierung ist das Thujon giftig.
Traditionell ist die bakterien-, entzündungshemmende sowie adstringierende, d. h. zusammenziehende Wirkung des Salbeis bekannt. Bei Entzündungen des Mund- und Rachenraumes werden handelsübliche wässrige oder alkoholische Auszüge zum Gurgeln eingesetzt. Salbeitee kann ebenfalls zum Gurgeln benutzt oder getrunken werden. Ihm wird eine schweißhemmende Wirkung zugesprochen. Die Inhaltsstoffe des Heilsalbeis sollen außerdem sekretionsfördernd wirken und die Funktion des Nervensystems unterstützen.

Bild 1: Illustration von Franz Eugen Köhler aus "Köhler's Medizinal-Pflanzen"

Aus biolib.de von Kurt Stüber, public domain.

Wie immer kurz zur Präparation:

Geschnitten habe ich das Frischmaterial auf dem Handzylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK-Klingenhalter mit einer Schnittdicke von ca. 50 µm. Die Schnitte sind in AFE fixiert (Einwirkzeit ca. 20 Minuten).
Die anschließende Färbung erfolgte nach dem W3Asim II Verfahren von Rolf-Dieter Müller. Die Färbung ist auf der Webseite des MKB ausführlich beschrieben und es kann auch ein Arbeitsplan heruntergeladen werden.
Der anschließende Einschluss erfolgte - nach Entwässerung in reinem Isopropanol - in Euparal.

Und nun die Bilder:

Bild 2: Makroaufnahme eines Schnittes im fertigen Präparat

Der Durchmesser des Sprosses beträgt etwa 5 mm.

Bild 3a/b: Segment aus dem Sprossquerschnitt, Bild 3b mit Beschriftung. Vergrößerung 100x, Stapel aus 10 Bildern.


Beschriftung von innen nach außen:
MP: Markparenchym, Zellen innerhalb des Leitbündelrings
PXl: primäres Xylem, älteste Xylem-Zellen, schon mit Tracheen (T)
XL: Xylem - die "Wasserleitungen"
XlP: Xylemparenchym, Xylem-Zellen rund um die Tracheen, verholzt und deshalb hier rot-orange
MS: Markstrahl, einreihig (er) oder mehrreihig (mr), "Querverbindung zwischen den inneren und äußeren Geweben
Ca: Cambium, die Wachstumsschicht, die hier neu gebildeten Zellen differenzieren nach innen in Xylem- oder Markstrahlzellen und
      nach außen in Phloem- oder Markstrahlzellen
Ph: Phloem mit Siebzellen (Siebröhren, SZ) und Geleitzellen (GZ) - aktive Leitung der Assimilate (Zucker und Stärke)
Skl: Sklerenchym, ein verholztes Festigungsgewebe
RP: Rindenparenchym, das Gewebe außerhalb des Leitbündelrings
Kol: Kollenchym, auch ein Festigungsgewebe, die Zellen haben zwar verdickte Zellwände (Cellulose), diese sind jedoch nicht verholzt (ligninfrei).
Ep: Epidermis: die Epidermis schließt den Spross zur Umwelt hin ab, ihre Zellen sind daher mit einer wachsartigen Cuticula überzogen.
H: Haare, hier mehrzellige Drüsenhaare und einige längere Fadenhaare

Bild 4a/b: Mark und primäres Xylem, Bild 4b mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 20 Bildern.


Beschriftung analog zu Bild 3b.
Tü: Tüpfel

Bild 5a/b: Phloem, Cambium und junges Xylem, Bild 5b mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 13 Bildern.


Beschriftung analog zu Bild 3b.
SZ: Siebzellen oder Siebröhren
GZ: Geleitzellen

Bild 6a/b: Rindenparenchym und Kollenchym, Bild 6b mit Beschriftung. Vergrößerung 400x, Stapel aus 18 Bildern.


Beschriftung analog zu Bild 3b.
Tü: Tüpfel

Vielen Dank fürs Anschauen! Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Freundliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Ronald Schulte

Jörg,

Schöne Bilder. Die Wackerfarbung gibt leider viel schönere Färbungen wie die meiste Histologische Färbungen.
Da könnte man natürlich viel länger Farben und so mehr Tiefrot, Blau oder Grün zu bekommen aber dann sieht man auch kein Gewebestruktur mehr.
Ich mag auch immer deine deutliche Beitragaufbau und Beschriftung. Wirklich notwendig für Mitschauer aber auch ist es ein sehr gute Lernmethode für dich selbst um die Zellen zu erkennen.

Mache weiter so, grüße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Jan Kros

Hallo Jörg
Wieder eien schöne Arbeit
Ich schliesse mich ronald an
Herzlichen Gruss
Jan

Mila

Lieber Jörg,

wow! Klasse :) Ein schöner HP-Start ins Neue Jahr und eine prima Unterstützung für den Botanik-und Drogenkundeunterricht,

herzliche Grüße
Mila

Rawfoto

Hallo Joerg

Habt Ihr noch gar keinen Frost gehabt?!? Das ist ja wirklich unglaublich ...

Super Praesentation, danke fuers Zeigen.

Liebe Gruesse :-)

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Fahrenheit

Liebe Freunde,

Vielen Dank für Euer Lob! Schön, dass Euch mein Beitrag gefällt.

Lieber Ronald,

ja, Die Wackerfärbung und ihre Derivate sind schon toll. Aber ich denke auch, dass die pflanzlichen Zellen sich je nach Gewebetyp deutlicher unterscheiden (alleine schon wegen der Zellwand), als das bei tierischen Zellen der Fall ist. Somit ist es auch einfacher, unterschiedliche Farbstoffe zu finden, die differenziert aufziehen.

Liebe Mila,

bitte bedien' Dich! Dein Präparat liegt auch schon bereit.  ;)

Lieber Gerhard,

och, zwei, drei Tage Schnee hatten wir schon und es war auch schon mal unter Null. Aber nicht nennenswert und der Salbei hat nur ein wenig gelitten.
Ich schieb' morgen mal ein Bild nach.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Johannes Kropiunig

Hallo Gerhard

ZitatHabt Ihr noch gar keinen Frost gehabt?!? Das ist ja wirklich unglaublich ...

Wir hatten hier in Wien ja auch noch keinen Winter mit Schnee und minus Graden.
Aber so ist es eben mit der Jugend... Die machen alles kaputt, sogar das Klima.  ;D ;D

LG
Johannes
Biologische Mikroskop: Zeiss Standard 16
Stereomikroskop: Lomo MBS 10
Kameras:  EOS 1100D, EOS 1000D, EOS 1000Da, und EOS 350Da Peltier gekühlt

Sag es mir - und ich werde es vergessen. Zeige es mir - und ich werde mich daran erinnern. Beteilige mich - und ich werde es verstehen.
Laotse

Mila

Tja: Klimaerwärmung ist besser als Klimaerkältung ;D

Viele Grüße
Mila

Fahrenheit

Liebe Freunde,

heute war es bei uns eher eine Klimaernässung.  ;D

Anbei noch eine aktuelle Aufnahme von unserem Salbei - frisch von heute morgen, so zwischen zwei Regenschauern. Wie man sieht, sind wir nicht die einzigen, die den Salbei mögen.  :D

Bild 7: Salbei im Garten vertreibt jede Erkältung - früher oder später ....


Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

die ersten mikroskopischen Schnitte, die ich vom Salei gesehen habe.
Danke für Deinen Beitrag.

Gruß
Hans-Jürgen

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

<a href="http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2650.0" target="_blank">Hier geht es zur Vorstellung</a>

Gerne per "Du"

peter-h

Im letzten Sommer hatte ich mich auch einmal am Salbe versucht. Leider nicht so erfolgreich  :(
Die feinen Härchen konnte ich aber recht gut aufnehmen.

Wackerfärbung , schiefe Bel.

Grüße
Peter

Fahrenheit

Lieber Peter,

das sehe ich nicht so: Dein Bild gefällt mir ausnehmend gut und die Drüsenhaare hast Du auf alle Fälle deutlich schöner in Szene gesetzt. Danke fürs Zeigen!  :)

Ich würde vermuten, dass Du einen etwas jüngeren Spross geschnitten oder Deine Probe etwas weiter oben am Stängel genommen hast - das Kollenchym in der Eckleiste ist sehr schön ausgeprägt. Das hat sich in meinen Schnitten schon ausgewachsen.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Anatol

Lieber Jörg,

eine interessante Arbeit!
Ich habe im Jahr 2011 Schnitten Salvia splendens  ;)
Herzliche Grüße

Anatoly

Fahrenheit

Lieber Anatoly,

auch Dir vielen Dank für Dein Lob!

Hast Du noch Bilder von Deinen Salvia splendens - Präparaten? Ich würde mich freuen, wenn Du sie hier zeigen würdest.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Anatol

Herzliche Grüße

Anatoly