Hauptmenü

Denn der Weinstein....

Begonnen von hinrich husemann, Februar 20, 2012, 18:58:01 NACHMITTAGS

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

hinrich husemann

.... ist der Stein im Wein  ;D ;D ;D ( Kaliumhydrogentartrat)

Zunächst orthoskopisch mit Plan 6,3 :



 


Dann konoskopisch mit Objektiv Planachromat 40 / 0,65

551 nm
656 nm

Ich denke mal, er ist zweiachsig. Aber alles liegt wohl auf der gleichen Seite. Vielleicht muß ich mir mal einen Spindeltisch improvisieren. Kennt jemand den Achsenwinkel 2V ?

Etwas karnevalsfernere, dennoch freundliche ostwestfälische Mikrogrüsse
H. Husemann

olaf.med

Lieber Herr Husemann,

es ist immer wieder eine Freude zu sehen, daß es doch noch Menschen gibt, die die wunderschönen Achsenbilder der Kristalle schätzen und sie auch noch dazu so schön fotografieren.

Die Kristalle  sind zweiachsig (sonst gäbe es ein Kreuz um den Achsenausstichpunkt, vergl. http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=10953.0). Der Achsenwinkel ist sehr groß; Groth (1905) gibt einen Wert von 84° an, das erkennt man auch an der Tatsache, daß die schwarze Isogyre kaum gekrümmt ist. Weinstain kristallisiert übrigens monoklin.

Ich schaue jetzt noch mal genau in meiner Flasche nach, ob ich auch so schöne Kristalle finde.

Prost..........

Olaf

Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Klaus Herrmann

Lieber Herr Husemann,

ein doppelter Genuss, erst das Fläschle leeren, damit man an die Kristalle kommt und dann so schöne Bilder machen! :D

Das klar durchsichtige Bild mit den bläulich verfremdeten Kristallen gefällt mir ausnehmend gut!

Zum ersten eine Frage: der Kristall links unten zeigt "Interferenzstreifen"? Ist das eine Polaufnahme?

Die anderen  grünlich opaken sind im AL aufgenommen? Oder warum sind sie undurchsichtig?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

hinrich husemann

#3
Lieber Herr Medenbach,
zunächst danke für die präzise Auskunft. Dann noch eine Frage: Unter welchen Bedingungen - u. A.  NA des Objektivs - kann man bei dieser Größe des Achsenwinkels 2V - mal einem Brechungsindex des Weinsteins einfach zu n = 1,5 angenommen - beide Achsen-Austritte noch gleichzeitig sehen? Wenn ich für den Austrittswinkel in symmetrischer Lage rechne sin E = n * sin V mit V = 42°, bekomme ich m. E. schon Totalreflektion. Oder liege ich da falsch?
Konoskopische Bilder einachsiger Kristalle mit "Kreuz" um den Ausstichspunkt habe ich von NaNO3 ; KNO3 ist m.E. schon 2-achsig.

Lieber Herr Herrmann,
alle Aufnahmen sind im Durchlicht gemacht. Die grünlich (scheinbar) opaken mit DIK, die obere und untere schief beleuchtet. Die untere ist etwas älter, wie der schöne Blaustich reingekommen ist, kann ich leider nicht mehr sagen.

Freundliche Mikrogrüsse an Sie beide
Hinrich Huseman

olaf.med

Lieber Herr Husemann,

leider gibt Groth keine Brechungsindizes an, aber ich bin sicher, daß ich auch die in meiner Bibliothek zuhause finden kann. Jedoch gibt er einen Wert für 2E (Austrittswinkel in Luft) von 162°. Nun könnte man rückwärts daraus den Brechungsindex ausrechnen, aber das wird sicher sehr ungenau. Ein normales Luft-Objektiv mit dieser Apertur gibt es nicht, man könnte es aber einmal mit einem hochaperturigen Ölobjektiv versuchen. In der Blütezeit der Kristalloptik wurden sogar spezielle Immersionsobjektive für Konoskopie von Kristallen mit großen Achsenwinkeln gefertigt. Diese waren für Dijodmethan (Methylenjodid)-Immersion mit dem Brechungsindex 1,74 berechnet. Allerdings waren sie ausschließlich für diese Anwendung zu gebrauchen. Die normale Abbildung war so schlecht, das sie höchstens zum Aufsuchen geeigneter Schnitte taugte.

Natriumnitrat kristallisiert trigonal (wie Calcit) ist damit tatsächlich einachsig, das rhombische Kaliumnitrat ist das Schulbeispiel eines zweiachsigen Kristalls mit sehr kleinem Achsenwinkel. 2V ist gerade mal 7°!

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

Miner

Sehr schön, richtige Kristalle, zum Anfassen.
Danke.

hinrich husemann

#6
Lieber Herr Medenbach,
ich hatte ja nur mit einem Trockenobjektiv gerechnet. Während meines Einkaufsganges durch die "City" fiel mir dann auch ein, daß es mit Immersion gehen müßte. Aus dem von Ihnen angegebenen Austrittswinkel in Luft berechnet sich ja ein Brechungsindex von etwa 1,48 - was natürlich mit Vorsicht zu genießen ist, aber zu meiner "kühnen" Annahme von 1,5 durchaus passt. Da Immersionsöl ja auch dicht hierbei liegt, sollte ja näherungsweise sin E = sin V sein; d.h. mit Aperturen ab 0,7 (oder etwas mehr) sollte man es vielleicht - zumindest theoretisch - mit Ölimmersion "packen" können.

Auch zu den Alkali-Nitraten kann ich noch zwei Bilder beisteuern: Links NaNO3 , rechts KNO3. Die Zweiachsigkeit bei Letzterem ist trotz des kleinen Achsenwinkels noch klar zu erkennen.



Freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann

olaf.med

#7
Lieber Herr Husemann,

ich habe tatsächlich noch Daten zum Weinstein gefunden - sonst hätte ich sie aus Frust selbst gemessen (wäre auch auch wieder ein willkommener Grund gewesen, eine anständige Flasche zu leeren...).

Die Brechungsindizes sind: nz=1,5900, ny=1,5498, nx=1,5105

aus Winchell, A.N. (1943): The optical properties of organic compounds.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

hinrich husemann

Lieber Herr Medenbach,
wenn ich die von Ihnen dankenswerterweise "ausgegrabenen" drei Brechungsindizes des Weinsteins aus 1943 in die von Ihnen in dem nun schon etwas zurück liegenden (Dezember) Thread "Zuckerzeit..." angegebenen Formel für die Berechnung von cos V einsetze, bekomme ich für den Achsenwinkel 2V einen Wert von gut 88°. (Ich hoffe, ich habe mich nicht verrechnet.) Das ist m. E. doch gar nicht sooo schrecklich verschieden von den weiter oben angegebenen 84° aus 1905 (oder sind die Ansprüche da höher? Und wie ist das überhaupt mit der Messgenauigkeit bei n ? Werden Sie immer für die Na-Linie angegeben?)

Freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann

olaf.med

Lieber Herr Husemann,

dieser errechnete Wert ist erstaunlich gut - meist sind diese Angaben völlig daneben, was vor allem an der Ungenauigkeit der Messung der Brechungsindizes liegt. Routinemäßig werden diese heute höchstens noch auf +- 0,002 bestimmt, woraus sich riesige Fehler bei der Berechnung von 2V besonders für niedrig doppelbrechende Substanzen ergibt. Daher traue ich den berechneten Achsenwinkeln nie (außerdem messe ich solche Größen sehr gerne selbst)!

Bei Winchells Angaben fehlte die Information über die Art der Messung und der Meßgenauigkeit, die Angaben beziehen sich aber auf nD, also die Natrium-Linie.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

hinrich husemann

Lieber Herr Medenbach,
darf ich Sie noch mit einer weiteren Frage bemühen? Beim Betrachten von Kristallen - auch meiner eigenen Kristallbilder - bewundere ich immer noch die Kristallflächen mit ihren scharfen Kanten und den exakten Winkeln, die sie miteinander bilden. Aus meinem Mineralogie-Praktikum für Chemiker in Münster - lang, lang, lang ist es her - erinnere ich mich an ein Reflex-Goniometer zur Messung dieser Winkel; eine beeindruckend schöne "Maschine",  mit der wir aber nicht "spielen" durften. Wird heute noch so etwas benutzt und hat Ihr Institut eines?

Freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann

olaf.med

#11
Lieber Herr Husemann,

mit dieser Frage machen Sie mir eine große Freude - ich sammle intensiv und beschäftige mich sehr mit Reflexionsgoniometern und habe nun endlich einmal einen Grund ein solches wunderbares Instrument hier zu zeigen. Der Umgang mit diesen Geräten wird heute leider nicht mehr vermittelt, aber bis noch vor ca. 20 Jahren gehörte eine Messung mit einem Goniometer zum großen mineralogischen Praktikum im Hauptstudium. Heute ist das leider völlig bedeutungslos geworden. Mit Kristallmorphologie beschäftigen sich nur noch Dinosaurier wie z.B. ich. Wenn Sie mir eine postalische Adresse über PN zukommen lassen, schicke ich Ihnen sehr gerne eine schön bebilderte populärwissenschaftliche  Publikation über Goniometer.  Hier aber endlich Bilder:

Ein einkreisiges Reflektionsgoniometer der Fa. Fuess/Berlin, Steglitz aus der Zeit um 1890. Das Meßverfahren ist ziemlich einfach: Der Kristall sitzt in der Mitte auf einem sog. Goniometerkopf, der zentrier- und justierbar ist. Durch das linke Teleskop wird ein Signal auf den Kristall geworfen, von der Kristallfläche reflektiert und der Reflex vom Beobachtungsfernrohr rechts aufgenommen. Durch Drehen des Kristalls kann man nun alle Flächen, die parallel zur Drehachse des Goniometerkopfs orientiert sind, zur Reflektion bringen und die Winkel zwischen ihnen sehr genau messen. Bei diesem Gerät ist der Teilkreis aus massivem Silber in 1/4 Grad Schritten geteilt, über einen Nonius sind Minuten ablesbar.



Ein zweikreisiges Reflektionsgoniometer von der gleichen Firma, ca. 1900. Hier kann man durch eine weiter Drehachse auch dreidimensional messen, also ohne die Flächenpaare vorher parallel zur Drehachse des Goniometerkopfs zu stellen. 



Viel Spaß beim Anschauen,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0

hinrich husemann

Wirklich wunderschöne Geräte, Herr Medenbach! Vom Material und mechanisch-optisch vom Feinsten, historische Raritäten! Danke fürs Zeigen!
Aber so ganz klein durften die zu untersuchenden Kristalle wohl auch nicht sein. Das Gerät aus 1900 scheint ja schon eine eingebaute elektrische Beleuchtung zu haben; das ältere offenbar noch nicht (aber die mittelalterliche "Schusterkugel" wird es ja wohl nicht mehr gewesen sein).
Freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann

olaf.med

Lieber Herr Husemann,

für die einkreisigen Goniometer gab es spezielle gasbetriebene oder elektrische Lampen, bei dem oben gezeigten zweikreisigen Goniometer jedoch war man auf eine elektrische Beleuchtung angewiesen. Hier ein eindrucksvoller Stich eines Meßplatzes mit einem Fuess No. IIa Goniometer aus der Zeit um 1900 (aus Tutton, 1911):



Bevorzugt wurden Kristalle mit einer Größe zwischen 1 mm und 1 cm gemessen - größere machen Probleme und sind meist weniger perfekt ausgebildet - bei kleineren nimmt die Signalqualität und damit die Meßgenauigkeit drastisch ab.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=34049.0