Guten Abend zusammen.
Heute möchte ich ein ganz besonderes "Schmankerl" vorstellen.
Neulich bei ebay angeboten, rümpfte ich zuerst die Nase über das gebastelte Panphot-Plagiat. Sah es doch auf dem Artikel-Foto so aus, als bestünde es aus Sperrholz. Irgendwie machte es mich nach mehreren Wochen Angebotsdauer aber doch neugierig, und ich kontaktierte den Verkäufer. Da dieser nicht weit von mir wohnt, und auch noch ein Aristophot zu verkaufen war, welches mich interessierte, machte ich mich auf den Weg, mir dieses Werk einmal anzusehen.

Das erste in Augenschein Nehmen machte sofort klar, es ist kein "Gebastel". Allein die 19,5 Kg Lebendgewicht ließen ein solides Konstrukt vermuten. Das Gespräch mit dem Verkäufer ergab folgendes: sein Vater war Leica-Kamerasammler und hatte wohl recht gute Verbindungen nach Wetzlar, wohin die ganze Familie auch immer wieder zu Ausflügen mit mußte.
Es gab wohl auch eine Kontaktperson bei Will. Das war in den 80er Jahren, als Will mit Leitz verbandelt war. Wie das Mikroskop entstand, ist leider nicht überliefert. Die meisten Teile kamen von Leitz, die eigentliche Anfertigung wurde wohl bei Will vollzogen (in der Lehrwerkstatt, als Gesellenstück, einfach so...ich weiß es nicht). Wäre das Panphot II nicht 20 Jahre früher auf den Markt gekommen, möchte man meinen, es handelte sich um einen Prototypen dieses Geräts. Hier wurden aber eindeutig Komponenten aus den 80ern verbaut. Bis auf den 40er-Jahre Triebkasten eines alten Panphots.

Der Tubus stammt aus den 60er Jahren und der Berek-Kondensor ist ohnehin etwas älter. Der Objektivrevolver ist dann wieder ein ganz später 4-fach Revolver mit matter Oberfläche, wie er meines Wissens nicht mehr serienmäßig mit dem Ortholux ausgeliefert wurde. Ich gehe davon aus, daß er bei Nachrüstungen zum Einsatz kam. Leitz war damals sehr offen für solche Dinge und verfolgte die sympathische Politik der modularen und erweiterbaren Geräte.
Der Tisch stammt von Will, genauso die Objektive. Und die Prismenschiene ist eine weiße Aristophot-Schiene, also 80er Jahre. Befestigt wird diese über ein Abstandsstück mittels zweier Innensechskanntschrauben. Das Stativ ist an dieser Stelle etwas ausgefräst. Das hat den Vorteil, daß beim Lösen dieser Schrauben die Schiene nicht wegkippen kann.
Ein paar Impressionen des nackten Stativs. Erkennbar die Lampenaufnahmen, wie sie seit dem Ortholux II üblich waren.



Im Fuß verbaut ist die übliche Klapplinse, welche recht stabil durch zwei Federn in der jeweiligen Position gehalten wird. Die Lichtaustrittsöffnung ist durch die hinlänglich bekannte Scheibe mit 35mm Filterfassung gegen Staub geschützt. Eine Leuchtfeldblende ist leider nicht eingebaut.


Die Lackierung erinnert an die der schwarzen Leitz-Stative. Sehr solide und definitiv nicht mit der Sprühdose aufgetragen.
Aber was wäre ein Fotomikroskop ohne Ausbaufähigkeit?
Ein Großobjekt-Tisch darf natürlich nicht fehlen.




Auch dieser mit einer unglaublichen Präzisison und Oberflächenqualität gefertigt. Die Alu-Teile sind geschwärzt, bzw. lackiert. Die Passgenauigkeit durch Stifte garantiert.
Offensichtlich nicht mehr zu Ende gebracht, oder in einer anderen Werkstatt gefertigt wurde die Adaption an die alte Panphot-Kamera. Hier sind Frässpuren zu sehen und das Aluminium blieb roh. Vorn der Adapter für die neuere 9x12-Kamera.


Alles in Allem eine sehr hochwertige Arbeit, wie sie viele Seriengeräte nicht leisten. Haptisch und optisch ein Vergnügen, ist es doch ein vollwertiges Panphot auf kleinem Raum.
Viel Spaß beim Ansehen!
Wolfgang