HISTOLOGIE: Schilddrüse, Epithelkörperchen und Speiseröhre in einem Schnitt

Begonnen von Ronald Schulte, April 10, 2012, 22:18:12 NACHMITTAGS

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Ronald Schulte

Ich wollte mich mal ein Präparat machen von die Schilddrüse (Lat=Thyroid). Den versuch um die kleine Drüse von die Luftröhre ab zu trennen gelang mir nicht und so kam ich auf die Idee um das Ganze Stück mit Luftröhre und Speiserohre aus zu Operieren und zu Fixieren in einfaches 4% Formol.
Bild 1, gibt die Position die Schilddrüse beim Menschen an. Die Rote Linie stellt die Schnittebene vor.





Bild 2, Nach einige Wochen ist das Teil vollständig Fixiert und wird in Leitungswasser 24 Stunden ausgewaschen. Das Wasser soll regelmäßig erneuert werden. Hier liegt das Teil im Wasser und ist am Stereomikroskop Fotografiert.





Bild 3, Stitch von 90 Bilder, Objektiv Leitz Plan Fluotar 10x. Stitch mit PS CS2.
Färbung Toluidin Blau





Bild 4,
Ergänzung in Farben





Bild 5,
Die Schilddrüse (Glandula thyroidea) ist ein Endokrines Organ (endo ,,innen", krinein= ,,ausscheiden", ist ein Organsystem zur Steuerung der Körperfunktionen). Die spezifischen strukturellen und funktionellen Einheiten der ausgebildeten Schilddrüse sind die variabel gestalteten Schilddrüsenfollikel. Es handelt sich dabei um geschlossene sackförmige Gebilde (Durchmesser 50 – 500 µm), die im Schnittpräparat vielfach einen rundlichen Umriss zeigen. Die Wand der Follikel besteht aus einem einschichtigen, oft kubischen Epithel, dessen Zellen der Produktionsort der jodhaltigen Schilddrüsenhormone sind. Das weite Lumen der Follikel enthält eine homogene zähflüssige Masse, das Kolloid. Es enthält die Speicherform des Schilddrüsenhormons, das Glykoprotein Thyroglobulin. Ein dichtes Netz fenestrierter Blutkapillaren umspinnt die Schilddrüsenfollikel. Die Schilddrüsenhormone wirken stoffwechselsteigernd und spielen eine wichtige Rolle bei Wachstum und Entwicklung speziell des Nervensystems.
Objektiv Leitz Plan Fluotar 10x, Färbung HE.





Bild 6,
* = Lumen besteht aus Kolloid
1 = Follikel Epithelzellen
2 = Erythrozyten
Objektiv Leitz Plan Fluotar 25x, Färbung HE.





Bild 7,
Nebenschilddrüse (Epithelkörperchen),
Der Mensch besitzt 4 weizenkorngrosse Nebenschilddrüsen (Glandula parathyroideae), die der Schilddrüse in paariger Anordnung angelagert sind (siehe auch Bild 1). Offenbar hat meine Ratte sie auch nur weis ich noch nicht ob es 2 oder 4 sind. Das Epithelkörperchen weist lichtmikroskopisch im HE Präparat eine einfache Struktur auf. Dicht gelagerte kleine bis mittelgroße Epithelzellen bilden unregelmäßige Stränge und Knäuel, die durch zarte Bindegewebssepten begrenzt werden.
Die Epithelzellen der Parathyroideae bilden und sezernieren das Parathormon (PTH, Parathyrin). Das Hormon hebt den Blutcalciumspiegel an, wenn dieser unter den Normalwert absinkt.

Stitch von 16 Bilder. Objektiv Leitz Plan Fluotar 16x, Färbung Haematoxylin, Fuchsin Basisch.





Bild 8,
Nebenschilddrüse (Epithelkörperchen),
Pfeilpunkten = zarte Bindegewebssepten
1 = Kern von ein Epithelzelle
2 = Mastzelle
3 = Vene mit Erythrozyten
4 = Bindegewebe

Objektiv Leitz Plan Fluotar 25x, Färbung Haematoxylin, Fuchsin Basisch.





Bild 9,
Speiseröhre (Ösophagus).
* = Lumen
1 = Muskulatur
2 = Mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel (wichtig zu vermelden ist das bei der Mensch dieses Epithel unverhornt ist, warum weis ich nicht)
3 = Arterien und Venen mit Erythrozyten.

Stitch von 31 Bilder. Objektiv Leitz Plan Fluotar 16x, Färbung Toluidin Blau





Bild 10,
Speiseröhre (Ösophagus).
Mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel mit viele Bakterien (meist Kokken und Streptokokken).
Im übergangsgebiet von Epithel nach Bindegewebe sind noch zwei Mastzellen zu beobachten die sich Metachromatisch mit Toluidin gefärbt haben.

Objektiv Leitz Plan Apo 63x, Färbung Toluidin Blau





Bild 11,
Erklärung von Bakterien Formen.




Hoffe das die Histologie nicht langweilig wird, es bleibt mir immer wider anregen.
Grüße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Jürgen H.

ZitatHoffe das die Histologie nicht langweilig wird

Langweilig Ronald? Nie!!! Deine Präparierkunst ist spitze! Und Deine Erläuterungen dazu sind wie immer, spannend zu lesen.

Ganz herzlichen Dank und Gruß

Jürgen

Fahrenheit

Lieber Ronald,

nein, Deine Beiträge finde ich ganz und garnicht langweilig. Vielen Dank für die perfekten Bilder und die interessanten Erläuterungen.

Herzliche Grüße
Jörg
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Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Ronald,

ein sehr interessanter Beitrag, phantastische Schnitte und super Aufnahmen.
Mikroskopiker, die sich nur mit der Pflanzenanatomie beschäftigt bekommem so einen Einblick in die Histologie.

Gruß
Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Jan Kros

Hallo Ronald
Wieder eine sehr schöne Schnittserie über ein interessantes Objekt.
Wunderbar
Gruss
Jan

Ronald Schulte

@ Danke für euren Lob. Die Pflanzen-Histologie ist aber gar nicht so einfach. Bin gerade die erste Pflanzen in Technovit am Schneiden aber so einfach geht das noch nicht.
Ich möchte eigentlich sagen das sich Tierliches Gewebe viel einfacher schneiden lässt. Vielleicht mache ich es auch noch falsch, das muss sich noch herausstellen.

Grüße Ronald
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Holger Adelmann

Wie immer super gemacht und beschrieben, Ronald.

Toll, dass du so einen grossen Kunststoffschnitt so sauber hin bekommst, ohne Stauchungen, ohne Risse ...

Herzliche Grüsse
Holger

Ronald Schulte

Holger,

So einfach ist es auch nicht. Ich habe jetzt so 40-50 Schnitte gemacht und diese ist die erste die fast ohne falten ist.
Wenn du richtig hinschaust kannst du in den Osophagus eine kleine Falte sehen und in das Epithelkörperchen eine kleine aber für mich akzeptabel.

Grüße Ronald
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bewie

Hallo Ronald,

vielen Dank! Wann immer ich mal Zeit habe, ins Forum zu schauen, bewundere ich jedesmal Deine perfekten und hervorragend erklärten Dokumentationen. Ist jedesmal ein Hochgenuss!

Ob das Oesophagusepithel verhornt ist oder nicht, hängt wahrscheinlich von der Nahrung ab. Nagetiere, die ja immer wieder harte Körner in grob zerkleinerter Form herunterschlucken, haben meines Wissens fast immer einen verhornten Oesophagus. Tiere, die eher weiche und gut durchgekaute Nahrung zu sich nehmen (wie der Mensch), haben unverhorntes Plattenepithel.

Generell ist das Epithel ja auch der Belastung der jeweiligen Oberfläche angepasst. Plattenepithel an sich, auch unverhornt, ist  sehr viel strapazierfähiger als beispielsweise Zylinderepithel. Unser Anatom hat daher damals beim Studium auch nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die digitale Nasenreinigung ( vulgo: Nasenbohren) ein ganz physiologischer Vorgang ist, das würde man schon daran erkennen, dass unsere Nase unten mit (verhorntem) Plattenepithel ausgekleidet ist und wir erst weiter oben, wo der Finger kaum noch hinkommt, Zylinderepithel finden. Auch dass die Vagina mit Plattenepithel ausgekleidet ist, ist unter dem Aspekt der Belastung ohne weiteres verständlich.

Herzliche Grüße
Bernd Wiedemann

Ronald Schulte

Bernd,

Das habe ich schon vermutet. Könnte es also sein das wenn eine Ratte nur sanftes Futter bekommt Langsam das Verhornte Epithel umwandert in unverhorntes?
Und wenn der Mensch viel Hartes Essen bekommt das Epithel sich auch verhornt?

Grüße Ronald
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Zitat von: Ronald Schulte in April 14, 2012, 20:27:31 NACHMITTAGS
Das habe ich schon vermutet. Könnte es also sein das wenn eine Ratte nur sanftes Futter bekommt Langsam das Verhornte Epithel umwandert in unverhorntes?
Und wenn der Mensch viel Hartes Essen bekommt das Epithel sich auch verhornt?
Könnte sein, zumindest bei Schwertschluckern kann ich mir das gut vorstellen.  :D

Das Phänomen ist bekannt als Metaplasie.

Z.B. Plattenepithelmetaplasie der Lunge bei Rauchern, Zylinderepithelmetaplasie im unteren Ösophagus bei chronischer Refluxösophagitis (Barrett-Schleimhaut), intestinale Metaplasie im Magen bei chronischer Gastritis, gastrale Metaplasie im Duodenum usw.
MfG
Christian

Rawfoto

Hallo Ronald

Ein girklich unglaublicher Beitrag, spitzen Leistung, danke ...

:-)

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

bewie

Hallo Ronald,

ZitatKönnte es also sein das wenn eine Ratte nur sanftes Futter bekommt Langsam das Verhornte Epithel umwandert in unverhorntes?
Und wenn der Mensch viel Hartes Essen bekommt das Epithel sich auch verhornt?

Wo welches Epithel wächst, ist genetisch determiniert. Zwar gibt es eine physiologische Adaption an Belastungen, beispielsweise beim verhornten Plattenepithel - wie man sieht, wenn man die Hände eines Schreibtischtäters mit denen eines Holzhackers vergleicht. Die Hornschicht kann also unter Belastung ziemlich dick werden.

Ein kompletter Wechsel zu einer anderen Epithelart ist aber nicht mehr physiologisch. Die Metaplasien, die Christian schon erwähnt hat, sind abnorme Reaktionen auf ebenso unnormale Umgebungsbedingungen; an solchen stellen geraten die Verhältnisse ziemlich durcheinander, so dass auf Metaplasien dann oft auch bösartige Tumoren entstehen. Mag sein, dass das Plattenepithel in der Speiseröhre bei Hardcore-Vegetariern dicker wird, aber dass es verhornt und damit komplett den Typus wechselt, glaube ich nicht. Ebensowenig dürften Ratten die Verhornung verlieren, wenn sie nur noch mit Joghurt gefüttert werden - vielleicht wird aber die Hornschicht etwas dünner. Untersuchungen hierzu sind mir zwar nicht bekannt, aber ich persönlich glaube, dass ein solcher Nahrungswechsel noch innerhalb der physiologischen Bandbreite liegt. Beim Menschen sowieso, denn wir sind ja bekanntlich Allesfresser - da mögen allenfalls die von Christian schon genannten Schwertschlucker eine Ausnahme machen  ;).

Herzliche Grüße
Bernd Wiedemann

Ronald Schulte

@Bernd und Christian,

Danke für die gute Erklärungen. Das schneidet 'Holz' sagen wir hier in Holland!

Grüße Ronald
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