Oxalsäure aus Pflanzen mikroskopisch nachzuweisen?

Begonnen von Bernd Kaufmann, Mai 14, 2012, 20:11:28 NACHMITTAGS

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Bernd Kaufmann

Hallo,

eine Frage an die Experten: Ist es möglich, z. B. durch Sublimierung Oxalsäure aus Pflanzen mikroskopisch (per Polarisation) nachzuweisen? Hintergrund der Frage ist, dass es seit Jahren Diskussionen darüber gibt, ob bestimmte Pflanzen bei Beschädigungen Oxalsäure ans Wasser abgeben, die Tiere, speziell Garnelen, töten könnte. Die entsprechende Pflanze stünde zur Verfügung. Es handelt sich um Anubias barteri und andere Anubias-Arten.
Viele Grüße
Bernd ©¿©
www.aquamax.de
Lieber per Du.

Eckhard

#1
Lieber Bernd,

Dazu musst Du die Pflanze schneiden und den Schnitt mit Calciumnitrat beträufeln. Dabei wird die Oxalsäure als Calciumoxalat ausgefällt. Die Kristalle sind im Mikroskop gut erkennbar.


Calciumoxalat Kristalle im polarisierten Licht

Anscheinend dient das Calciumoxalat auch als Frassschutz und wird von der Pflanze selbst gebildet (um Calcium zu binden und zu entsorgen). Umgangssprachlich wird das Calciumoxalat in Pflanzen auch als Kristallsand bezeichnet. Macht übrigens die Klingen beim Schneiden schnell stumpf :(

Herzliche Grüsse
Eckhard  
Zeiss Axioscope.A1 (HF, DF, DIK, Ph, Pol, Epifluoreszenz)
Nikon SE2000U (HF, DIK, Ph)
Olympus SZX 12 (HF, DF, Pol)
Zeiss Sigma (ETSE, InLens SE)

www.wunderkanone.de
www.penard.de
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Bernd Kaufmann

Lieber Eckhard,

vielen Dank! Jetzt brauche ich nur noch Calciumnitrat und ein nettes Handmikrotom ... Ich werde nicht fertig mit meinen Einkäufen.  ;D

Ein schönes Bild! Ist dabei außer der Polarisation etwas gefärbt?
Viele Grüße
Bernd ©¿©
www.aquamax.de
Lieber per Du.

Klaus Herrmann

#3
Hallo Bernd,

ich hätte jetzt spontan gesagt: sie sublimiert nicht - aber sie tut es tatsächlich schon ab 100°.

Problem der Sublimation aus Pflanzen z. B. aus dem jetzt gerade überall sprießenden Rhabarber ist, dass natürlich auch das Wasser bei 100° verdampft und da sie gut wasserlöslich ist, wird sie sich im kondensierten Wasser lösen.
Die Fällung der freien Säure als Ca-Salz ist im Saft sicher möglich, die Kristalle sind aber durch die sehr geringe Löslichkeit (spontane Fällung) frustrierend winzig.

Deine eigentliche Frage lässt sich sicher experimentell untersuchen. Besagte Pflanze wird zerschnipselt in dest Wasser und dann tropft man Ca- Nitratlösung dazu, das sollte dann spontan eine weislich milchige Fällung von Ca-Oxalat geben.

# Eckhard: deine Kristalle sind wohl nicht durch Fällung entstanden, sondern waren schon da?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


Vorstellung: hier klicken

RainerTeubner

Hallo Klaus,

Imker nutzen diese Eigenschaft der Oxalsäure, um die Bienenstöcke zu "räuchern", um die Varroa-Milbe zu bekämpfen. Oxalsäuredämpfe sind für den Imker und die Bienen weniger giftig als für die Milben.

Viele Grüße

Rainer
Mikroskop: Carl Zeiss Standard Universal
Bildbearbeitung: Gimp, Helicon focus und picolay
Kamera: Canon EOS 5D II

Eckhard

Hallo,

Zitat von: Klausdeine Kristalle sind wohl nicht durch Fällung entstanden, sondern waren schon da?

Ja, dies ist eine Ku'damm Platane, mit hartem Berliner Leitungswasser gegossen, voller Calciumoxalat. 

Ausgefällte Oxalsäure sieht eher wie Sand aus - die Bezeichnung Kristallsand kommt nicht von ungefähr. Die Kristalle sind eben mini klein. 


Platane, Wacker W3A, Dunkelfeld

Man erkennt schön die Häufung des Calciumoxalats um die Organe der Pflanze. 

Zitat von: BerndEin schönes Bild! Ist dabei außer der Polarisation etwas gefärbt?

Der erste Schnitt ist mit Etzold Blau (FCA) gefärbt, der letzte mit Wacker W3A. Das erste Bild ist zwischen gekreuzten Polarisationen, das zweite im Dunkelfeld aufgenommen.

Etzold Blau hat einen Vorteil: Du kannst schneiden, fixieren und direkt färben. So sparst Dir die absteigende Alkoholreihe und das Bad in Aqua dest.. Auch sieht man bei Etzold Blau die Kristalle besser als bei der Wackerfärbung.

Von Klaus gibts die Chemikalien, wenn Du Dich versuchen willst.

Herzliche Grüsse
Eckhard
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Bernd Kaufmann

Lieber Klaus,
Zitat
ich hätte jetzt spontan gesagt: sie sublimiert nicht - aber sie tut es tatsächlich schon ab 100°.

Problem der Sublimation aus Pflanzen z. B. aus dem jetzt gerade überall sprießenden Rhabarber ist, dass natürlich auch das Wasser bei 100° verdampft und da sie gut wasserlöslich ist, wird sie sich im kondensierten Wasser lösen.

vielleicht eine dumme Frage - aber was passiert denn, wenn danach das erst verdampfte Wasser mit der gelösten Oxalsäure verdunstet?

ZitatDie Fällung der freien Säure als Ca-Salz ist im Saft sicher möglich, die Kristalle sind aber durch die sehr geringe Löslichkeit (spontane Fällung) frustrierend winzig.

Hmm - was ist denn frustrierend winzig? Es geht mir dabei ja nicht um Schönheit, sondern um den (möglichst bildlich darstellbaren) Nachweis. Hast Du eine ganz grobe Prognose, ob das einigermaßen sinnvoll darzustellen ist?

ZitatDeine eigentliche Frage lässt sich sicher experimentell untersuchen. Besagte Pflanze wird zerschnipselt in dest Wasser und dann tropft man Ca- Nitratlösung dazu, das sollte dann spontan eine weislich milchige Fällung von Ca-Oxalat geben.

Daraus ergibt sich ein ganzer Sack voll weiterer Fragen. Deshalb zuerst nur die wichtigsten: In betroffenen Aquarien wurde bei umfangreicheren Teilungsschnitten der Rhizome der Pflanzen beobachtet, dass danach Garnelen massenhaft verstarben. Da in Aquarien wahrscheinlich so gut wie immer sowohl Calcium, als auch Nitrat vorhanden sind, ist dann eine solche Fällung vorstellbar? Und die zweite Frage ist, ob das Ca-Oxalat noch giftig ist, wenn es von den Garnelen aktiv oder passiv aufgenommen wird.
Viele Grüße
Bernd ©¿©
www.aquamax.de
Lieber per Du.

Klaus Herrmann

Lieber Bernd,

Zitatvielleicht eine dumme Frage - aber was passiert denn, wenn danach das erst verdampfte Wasser mit der gelösten Oxalsäure verdunstet?

so dumm dann auch wieder nicht! ;) sie könnte als feine Kristallkruste zurück bleiben! Probieren geht über Diskutieren! Das gilt auch für die 2. Frage!
Ich habe schon Fällungen angeschaut, die Kristalle sind so klein, dass man sie unterm Mikroskop bei 400 facher Vergrößerung nicht sieht. Aber in diesem Fall wäre das Erscheinen der milchweißen Trübung ein deutlicher Hinweis auf Oxalsäure.

Des weiteren: man braucht freie Ca2+-Ionen. Wenn da Sulfat oder CO2 im Wasser ist, dann steht nicht mehr so viel Ca2+ zur Verfügung, weil die auch schwer lösliche Salze bilden mit dem Ca2+. Vielleicht gibt es in der Pflanze ja noch andere für die Garnelen giftige Substanzen?
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Bernd Kaufmann

Zitat

so dumm dann auch wieder nicht! ;) sie könnte als feine Kristallkruste zurück bleiben! Probieren geht über Diskutieren! Das gilt auch für die 2. Frage!

Lieber Klaus,

Dein Spruch ist hier goldrichtig und ich bin ihm zu nachtschlafender Zeit schon selbst gefolgt. Irgendwie erinnerte ich mich, vor etwa zwei Jahrzehnten mit meinem alten Standard und Primitiv-Polarisation schon einmal Raphiden-Nadeln gesehen zu haben. Dann habe ich mir eine Rasierklinge geschnappt und habe den gefühlt dicksten Handschnitt ohne jegliche Hilfsmittel gemacht. Einfach das Rhizom geteilt und dann eine Scheibe abgeschnitten und in einem Tropfen Wasser angeschaut. Hier das Ergebnis, auf das ich optisch wahrlich nicht stolz sein kann, aber es zeigt, was ich sehen wollte und was ich dunkel in Erinnerung hatte aus meinem mikroskopischen Embrionalstadium:


(Ohne irgendwelches Kontrastverfahren)


(400 x, polarisiert)

Meine Recherche nach Ca-Oxalat und verwandte Begriffe brachten dann auch u. A. das hier zutage: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2352.0 und von Herrn Hippe: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=1437.0

Ob nun die Garnelen das Zeug fressen oder die Nadeln sonstwie aufgenommen werden, weiß ich nicht und werde auch keine Versuche dazu machen, aber ich bin nun sehr sicher, dass die Informationen zur Giftwirkung auf Garnelen alles andere als aus der Luft gegriffen sind, denn sie kommen auch von absolut vertrauenswürdigen Leuten.

ZitatIch habe schon Fällungen angeschaut, die Kristalle sind so klein, dass man sie unterm Mikroskop bei 400 facher Vergrößerung nicht sieht. Aber in diesem Fall wäre das Erscheinen der milchweißen Trübung ein deutlicher Hinweis auf Oxalsäure.

Gut, aber das hat sich nun quasi von selbst erledigt, wenn man so einfach die Raphiden findet.

Vielen Dank für Deine Mühe!
Viele Grüße
Bernd ©¿©
www.aquamax.de
Lieber per Du.