Liebe Pflanzenfreunde,
nach längerer Zeit konnte ich mal wieder zu Mikrotom und Farblösungen greifen und dabei musste der Gemeine Wurmfarn dran glauben, der sich nun schon seit einigen Jahren in unserem Garten hält.
Der Gemeine Wurmfarn (Dryopteris filix-mas), auch Gewöhnlicher bzw. Echter Wurmfarn oder Männerfarn genannt, gilt als häufigster mitteleuropäischer Vertreter der Gattung der Wurmfarne (Dryopteris). Männerfarn und Frauenfarn? Das ist in Christians Beitrag schon angeklungen und geht auf Leonhart Fuchs (1543) zurück, der die recht ähnlichen, von der Schleierform aber deutlich unterschiedlichen Arten Dryopteris filix-mas und Athyrium filix-femina Wurmfarn mennle bzw. Wurmfarn weible nannte.
Dryopteris filix-mas ist sehr häufig in Wäldern, Gebüschen, Waldlichtungen, Steinschutthalden aber auch an Mauern anzutreffen. Man findet ihn bis ins alpine Hochland hinauf. Seine Verbreitung reicht von Europa, West- und Zentralasien bis Nordamerika. Auch in Nordwestafrika ist er - wenn auch selten - anzutreffen.
Die Wedel dieses bis in den Winter grün bleibenden Farns sind in einer trichterförmigen Rosette angeordnet. Sie erreichen eine Länge von 30 bis 140 Zentimetern, selten auch bis 160 cm. Der kurze Blattstiel ist locker mit gelbbraunen Spreuschuppen besetzt. Die Blattspreite ist zweifach gefiedert und läuft spitz zu, dabei sind die abgerundeten Fiederchen am Rand scharf gesägt. Die Fiederspindel, also die Mittelrippe eines gefiederten Blattes, ist am Grund ohne violette Färbung. An den sporentragenden Wedeln sitzen die Sporenbehälter (Sori) zweireihig auf der Unterseite der Fiederchen. Ihre Schleier (Indusien) sind nierenförmig, drüsenlos und umfassen die Sori nicht.
Die Sporen werden von Juli bis September verbreitet und sind 33–46 Mikrometer groß.
Der gemeine Wurmfarn ist eine alte Heilpflanze, die innerlich gegen Bandwürmer und Hakenwürmer verwendet wurde. Wegen der geringen therapeutischen Breite ist die Gefahr jedoch groß, nicht nur den Parasiten sondern auch den Wirt zu vergiften, weswegen die Droge heute nicht mehr verwendet wird.
Aber auch äußerlich wurden und werden Mazerate und Abkochungen von Rhizom und Wedeln besonders in Italien noch bei rheumatischen Leiden, Krampfadern, Gicht und zur Wundbehandlung verwendet.
An Inhaltsstoffen ist neben Gerbstoffen und ätherischen Ölen ein ganzer Cocktail verschiedener Phloroglucinole und Acylphloroglucinole vorhanden.
Bild 1: Illustration aus der "Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz", 1885 (Gera) von Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé

Illustration unter GDFL von Kurth Stüber (
http://www.biolib.de)
Und noch einige Makroaufnahmen vom Wedel:
Bild 2: Der Blattstiel ist von bräunlichen Schuppenhaaren bedeckt

Bild 3: Oberseite der gesägten Fiederchen der zweifach gefiederten Blattspreite

Bild 4: Unterseite der Fiederchen mit den von Schleiern (Indusien) bedeckten Sporenbehältern (Sori)

Hier noch einige Links zu anderen Threads zum Thema Farne im Forum:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=12418 (Wurmfarn, Christian)
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=3686 (Tüpfelfarn, Eckhard)
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=2552 (Adlerfarn, Jörg)
Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen.
Lieber Christian, bitte entschuldige, dass ich so kurz nach Deinem Posting einen Thread zur gleichen Pflanze nachschiebe, aber als Du gepostet hast, hatte ich die Schnitte schon auf der Trockenbank und den Text fertig.
Bevor es nun zu den Mikroaufnahmen geht, kurz zur Präparation:Die Fiederspindel wurde frisch auf dem Handzylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK-Klingenhalter geschnitten. Die Schnittdicke beträgt ca. 50 µm.
Anschließend wurden die Schnitte für etwa 20 Minuten in AFE fixiert.
Gefärbt habe ich die Schnitte mit Rolf-Dieter Müllers W3Asim II. Entsprechende Arbeitsblätter können im
Downloadbereich der MKB-Webseite herunter geladen werden.
Um das Chlorophyll zu erhalten, habe ich einige Schnitte in Wasser gemacht und diese ungefärbt fotografiert.
Hier die Präparate:Bild 5: Makroaufnahme von einem gefärbten Schnitt zur Übersicht

Man erkennt schon die für Farne typischen Leitbündel mit ihren dunklen Leitbündelscheiden und den direkt unter der Epidermis gelegenen Sklerenchymring. Außen einige angeschnittene, mehrzellige Schuppenhaare (ein schönes Exemplar gibt es in Christians Beitrag zum Wurmfarn zu sehen).
Bild 6a-c: Etwas näher heran, Bild 6b ungefärbt, Bild 6c mit Beschriftung, Vergrößerung 100x, Stapel aus 5 bzw. 13 Bildern.



Die Bezeichnungen von außen nach innen:
EP: Epidermis
Skl: Sklerenchym
Pa: Parenchym
LBS: Leitbündelscheide
StZ: Ring stärkehaltiger Zellen unter der Leitbündelscheide
Pl: Phloem
Xl: Xylem
All zu viel hat sich an der Anatomie dieser sehr alten Pflanzenordnung nicht getan. Hier zum Vergleich noch einmal eine Aufnahme von Holger Adelmann aus seinem Beitrag zum Rhynie Chert Material. Wir sehen einen Ausschnitt aus einem 400 Millionen Jahre alten versteinerten Rhizom aus dem Devon.
Bild 7: Ausschnitt aus dem versteinerten Rhyzom eines Aglaophyton major (Rhynie Chert, Devon), Aufnahme Holger Adelmann.

Der Vergleich hinkt ein wenig, da der Aglaophyton major zwischen den Moosen und den Gefäßpflanzen eingeordnet wird und somit ein sehr früher Vorfahre der Farne ist. Die Gemeinsamkeiten finde ich jedoch frappierend - zumindest als Laie ...

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Nun ein Blick auf die Leitbündel.
Bild 7a/b: Eines der großen Leitbündel im Querschnitt, Bild 7a ungefärbt; Vergrößerung 100x, Stapel aus 14 bzw. 6 Bildern.


Schön ist der Aufbau des Leitbündels mit dem innen liegenden, oft eingefalteten Xylem zu erkennen, das vom Phloem umgeben ist.
Das Leitbündel hat einen Durchmesser von gut 0,7 mm.
Bild 8a-c: Nun ein kleines Leitbündel, Bild 8a ungefärbt und 8c mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus 23 bzw 6 Bildern.



Das kleine Leitbündel hier hat einen Durchmesser von etwa 0,35 mm. Zwischen den Tracheen des Xylems und den Siebzellen des Phloems liegen Zellen des Xylem- bzw. Phloemparenchyms. So etwas fortschrittliches wie Geleitzellen haben die Farne noch nicht - kommen aber auch ganz gut ohne aus.

Leider konnte ich in meinen Schnitten keine Siebplatten finden, die Siebzellen habe ich also nur aufgrund ihrer Größe identifiziert.
Die Beschriftung von außen nach innen:
Pa: Das die Leitbündel umgebende Parenchym
LBS: Leitbündelscheide
StZ: Ring der stärkehaltigen Zellen
PL: Phloem
PPa: Phloemparenchym
SZ: Siebzelle
XL: Xylem
XPa: Xylemparenchym
T: Tracheiden
Bild 9a/b: Ein Blick auf das Parenchym, Bild 9a ungefärbt.

Vergrößerung 200x, Stapel aus 13 Bildern. Schön ist das grüne Chlorophyll in den Chloroplasten zu erkennen.

Vergrößerung 400x, Stapel aus 6 Bildern. Tüpfel in einer Zellwand.
Bild 10a/b: Die Leitbündelscheide, Bild 10b mit Beschriftung; Vergrößerung 400x, Stapel aus 6 Bildern.


Bezeichnungen analog Bild 8c.
Bild 11: Ein Ausschnitt aus dem Leitbündel mit Xylem und Phloem, Vergrößerung 400x, Stapel aus 7 Bildern.

Bild 12: Zum Abschluss noch eine Mischlichtaufnahem von den Stomata zwischen den Sori, Vergrößerung 100x, Stapel aus 10 Bildern.

Kombiniertes Auf- und Durchlicht auf dem Leica DME mit zwei "Jansjö" als Auflichtquellen, bedämpft durch Trennpapiere aus der Objektträgerpackung.
Die Stomata sind rund 60 auf 40 µm groß.
Vielen Dank fürs Anschauen! Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.
Herzliche Grüße
Jörg