Botanik: Virginische Blasenspiere (Physocarpus opulifolius) *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Juni 01, 2012, 13:38:29 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

Der Physocarpus ist eine artenarme Gattung. Fast alle Arten stammen aus Kanada und den nördlichen USA. Die Blasenspiere ist botanisch gesehen nahe mit der Japanische Strauchspiere (Spiraea nipponica) und dem Brautspiere Spierstrauch (Spiraea x arguta) verwandt, zu der sie früher auch gezählt wurde.
Die Pflanze gehört zur Familie der Rosengewächse. Die Pflanze bildet einen hochgewachsenen, breit ausladenden sommergrünen Strauch mit dunkelrotem Laub. Die einjährigen Triebe sind leicht behaart und treiben senkrecht nach oben. Das mehrjährige Holz zeichnet sich dadurch aus, dass die Rinde glatt wird und sich in feinen Streifen schält.
Die Art Physocarpus opulifolius wird etwa 3 m hoch und breit.
Warum heißt diese Pflanze Blasenspiere?
Die im Juni erscheinenden, weißen bis zartrosafarbenen Blütendolden sitzen so dicht beieinander, dass sie der Pflanze den botanischen Artnamen opulifolius (= schneeballblättrig) eingebracht haben. Aus diesen wachsen dann im Frühherbst die rotgefärbten Blasenfrüchte hervor, die beim Zerdrücken lautstark knallen.

Bild 01 Virginische Blasenspiere (Physocarpus opulifolius)


Systematik:

Rosenartige (Rosales)
Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
Unterfamilie: Spiraeoideae
Gattung: Blasenspieren (Physocarpus)
Art: Virginische Blasenspiere
Wissenschaftlicher Name: Physocarpus opulifolius
Volkstümlicher Name: Schneeballblättrige Blasenspiere

Arbeitsanleitung:

Original Färberezept siehe Seite von Herrn Armin Eisner http://www.aeisner.de/
W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf :

1. Probe liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca. 12 Sekunden !!!.
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 2 Minute.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 4 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % ).
10. Als letzte Stufe vor dem Eindecken Xylol einsetzen.
11. Einschluss in Entellan.

Ergebnis :

Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Fotos: Nikon D5000, die Übersichtsaufnahmen wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.

Junger Spross, Querschnitt

Geschnitten habe ich alle Pflanzenteile mit dem Reichert - Jung Schlittenmikrotom Hn 40 auf eine Stärke von 40 µm.

Bild 02 Spross, Übersicht, quer, Physocarpus opulifolius

Die Übersichtsaufnahme wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.

Bild 03 Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Physocarpus opulifolius

EP = Epidermis, R = Rindenparenchym, PPH = Protophloem, MP = Metaphloem, K = Kambium, X = Xylem, T = Tracheen, PX = Protoxylem, MP  M = Markparenchym

Bild 04 Vergrößerung aus der Übersicht,  Physocarpus opulifolius


Bild 05  Xylem, Physocarpus opulifolius


Bild 06 Vergrößerung eines Flügels, Physocarpus opulifolius


Bild 07 Spross, quer, AF – Fluoreszenzaufnahme, Physocarpus opulifolius

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, neuer Sperrfilter LP 519 IF

Junger Spross, Längsschnitt

Bild 08 Spross auf einen kleinen Holzklotz geklebt

Die Pfeile zeigen drei kleine Flügel.

Bild 09 Spross, Übersicht, längs, Physocarpus opulifolius

Die Übersichtsaufnahme wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.

Bild 10 Vergrößerung aus der Übersicht, Physocarpus opulifolius


Bild 11 Spross, längs, Physocarpus opulifolius

Sekundäre Pflanzenstoffe färben die Zellwände bräunlich an.

Bild 12 Spross, längs, AF – Fluoreszenzaufnahme, Physocarpus opulifolius

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, neuer Sperrfilter LP 519 IF

Blattstiel, Querschnitt

Bild 13 Blattstiel, Übersicht, quer, Physocarpus opulifolius

Hufeisenförmiges Leitbündel
Die Übersichtsaufnahme wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.

Bild 14 Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Physocarpus opulifolius

Cu = Cuticula, EP = Epidermis, R = Rindenparenchym, PX = Protoxylem, X = Xylem, PH = Phloem, SK = Sklerenchym

Bild 15 Hufeisenförmiges Leitbündel, Physocarpus opulifolius


Bild 16 Cuticula, Epidermis und Rindenparenchym, Physocarpus opulifolius


Bild 17 Leitbündel, Physocarpus opulifolius


Bild 18 Blattstiel, quer, AF – Fluoreszenzaufnahme, Physocarpus opulifolius

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, neuer Sperrfilter LP 519 IF

Blattstiel, Längsschnitt

Mein erster Versuch einen Blattstiel längs zu schneiden. Der Blattstiel ist ca. 1 mm dick. Auch dieses Pflanzenteil habe ich auf einen kleinen Holzklotz geklebt und dann mit dem Reichert - Jung Schlittenmikrotom Hn 40 auf eine Stärke von 40 µm geschnitten.


Bild 19 Blattstiel, Übersicht, längs, Physocarpus opulifolius

Die Übersichtsaufnahme wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.

Bild 20 Vergrößerung aus der Übersicht, Physocarpus opulifolius


Bild 21 Blattstiel, längs, AF – Fluoreszenzaufnahme, Physocarpus opulifolius

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, neuer Sperrfilter LP 519 IF

Literatur :

Prof. Dr. Eckehart J. Jäger, Dr. Klaus Werner: Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland. Band 4: Kritischer Band. Verlag Elsevier, München.
Haeupler, Muer – Bildatlas der Farn-und Blütenpflanzen Deutschlands.
Andreas Roloff, Andreas Bärtels: Gartenflora. Band 1: Gehölze. Verlag Eugen Ulmer.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Rawfoto

Hallo Hans-Jürgen

Und der Kandidat hat wieder 100 Punkte ... :-) ==> ist wieder toll geworden, danke ...

:-)

Gerhard
Gerhard
http://www.naturfoto-zimmert.at

Rückmeldung sind willkommen, ich bin jederzeit an Weiterentwicklung interessiert, Vorschläge zur Verbesserungen und Varianten meiner eingestellten Bilder sind daher keinerlei Problem für mich ...

Omaruru

Hallo Hans-Jürgen,

wie immer perfekte Bilder und als rühmliche Ausnahme im Forum mit Längsschnitten !!!

Die Beschriftung deiner Bilder kommt aber langsam an die Grenze des Möglichen.

Also wenn du, wie in Bild 03 MetaPhloem und MarkParenchym mit der gleichen Abkürzung versiehst kann das schon verwirren.

Ich als Botaniker würde mich vielleicht noch trauen Proto- und Metaxylem zu unterscheiden, falls hochauflösende Längsschnitte vorliegen. Beide gehören zum primären Xylem und sind im Querschnitt noch nicht der "Stapelverarbeitung" des Kambiums abgeleitet. Ob jetzt Ring- oder Schraubentracheide Proto- oder Meta- genannt werden ???
Kampf der Lehrbücher ;-)

Beim Phloem wird es noch schwieriger, nicht nur für botanische Laien.
Empfehlung: nur beschriften was eindeutig belegt werden kann - längs und quer.
Bei Längsschnitten gerne auch mit höherer Auflösung / Vergrößerung.

Ansonsten freue ich mich auf deine nächsten Berichte.

Liebe Grüße

Klaus
Ich bevorzuge ein kollegiales Du ;-).

Scientists like to name anything.
      Jack Horner

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

wiederum vielen Dank für eine Deiner schöne Dokumentationen, die cih immer wieder gerne lese.

Herzliche Grüße
Jörg
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Zum Mitnehmen: Leitz SM
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Hans-Jürgen Koch

Lieber Gerhard, Klaus und Jörg,

danke für Euer Lob.

@ Klaus,

die Beschriftung MP hatte ich leider doppelt vergeben; ist jetzt korrigiert.
Gibt es in der Wissenschaft Regeln für Abkürzungen wie z.B. MP = MarkParenchym. Der erste Buchstabe großgeschrieben, dann Kleinschreibung ?
Oder sollte man mit Zahlen beschriften ?

Gruß
Hans-Jürgen
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Klaus Wagner

Hallo Hans-Jürgen,

perfekte Bilder. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Und das ist auch genau der Strauch von einem meiner Rätsel. Nämlich das, was jetzt endlich "geknackt" wurde.

Wir ergänzen uns unbewußt perfekt.   ;D

Viele Grüße und schönes Wochenende
Klaus

Omaruru

Hallo Hans-Jürgen,

einheitliche Regeln zur Beschriftung kenne ich nicht. Doppel sind natürlich nicht günstig.
Noch schwieriger wird es wenn man etwas schwammige Begriffe wie Metaphloem oder -xylem verwenden will.
Ich denke dabei wird eine wissenschaftliche Genauigkeit vorgetäuscht, die so nicht existiert.

Liebe Grüße

Klaus
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      Jack Horner

Jan Kros

Lieber Hans-Jürgen
Wieder eien schöne Arbeit mit tolle Bilder
Danke fürs zeigen
Herzlichen Gruss
Jan

Rolf-Dieter Müller

Lieber Hans-Jürgen,

ich möchte mich Jan und allen Vorschreibenden anschließen, wieder eine wirklich ausführliche Arbeit.

Bild 13, der Blattstiel-Querschnitt erinnert mich ein wenig an einen Farnwedel-Querschnitt des Dornfarns. Das scheint ein ganz alter Bauplan zu sein.

Interessant ist auch die Fluoreszenzaufnahme mit Bild 18. Meinen LP 519 habe ich letzte Woche erhalten und muss ihn nur noch ausprobieren.

Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter

Mila

Lieber Hans-Jürgen,

ein schöner Beitrag. Insbesondere die Fluoreszenz-Aufnahmen der Längsschnitte gefallen mir gut, die spiralige Wandverstärkung der Tracheen ist immer wieder beeindruckend.

Herzliche Grüße
Mila

Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

ich bedanke mich bei  allen Schreibern für das Feedback.

@ Rolf-Dieter,

ich bin auf Dein Urteil zum neuen Sperrfilter LP 519 IF gespannt.
Bei meinen AF – Fluoreszenzaufnahmen ist der Hintergrund schön dunkel. Das Fokussieren des Bildes ist schwieriger, der Filter schein viel Licht zu schlucken.
Ich bin zufrieden und werde das gute Stück verwenden.

Gruß
Hans-Jürgen
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