Botanik: Gemeiner Rainkohl (Lapsana communis) *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Juli 14, 2012, 07:41:18 VORMITTAG

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

der Name der Art erinnert daran, dass der Rainkohl  früher als Wildgemüse genutzt wurde, auch wenn die Pflanze wenig ergiebig ist.  Die Blüten und Blätter des Rainkohl sind essbar. Heute wird der Rainkohl im Garten von vielen Leuten eher als "Unkraut" angesehen und gnadenlos ausgerupft, der Rainkohl verdient diese Einstufung jedoch nicht. Die bis zu 160 cm hohe Wildpflanze ist häufig an Wegrändern zu finden. Die Blüten sind nur morgens für 4 – 5 Stunden bei hellem Wetter geöffnet. Bei schlechtem Wetter bleiben sie geschlossen und bestäuben sich selbst.
Bei mir zu Hause  sammelt man diese Pflanze gerne als Futter für Kaninchen und Hasen.
In der Naturheilkunde benutzt man von dem Rainkohl die Blätter und den Milchsaft. Inhaltsstoffe des Rainkohls sind: Bitterstoffe und Inulin (der geheime Schlankmacher).

Systematik:

Ordnung: Asternartige (Asterales)
Familie: Korbblütler (Asteraceae)
Unterfamilie: Cichorioideae
Tribus: Cichorieae
Gattung: Lapsana
Art: Gemeiner Rainkohl
Wissenschaftlicher Name der Gattung: Lapsana
Wissenschaftlicher Name der Art: Lapsana communis
Volkstümlicher Name: auch Gewöhnlicher Rainkohl oder einfach Rainkohl
Englischer Name: Nipplewort  
Französisch: herbe-aux-mamelles

Bild 01 Illustration

Quelle: Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz 1885, Gera, Germany
Dieses Bild ist gemeinfrei.

Bild 02 Gemeiner Rainkohl (Lapsana communis)

Die einjährige Pflanze bildet nur dünne Stängel die sich im oberen Bereich verzweigen.

Bild 03 Blätter vom Gemeinen Rainkohl

Der Rainkohl ist vegetativ an den leierförmigen Grundblättern mit 1 – 2 Paaren von buchtig gezähnten Lappen zu erkennen. Von den Grundblättern bis zum Blütenstand werden die Blätter immer einfacher. Im Verlauf des Stängels findet eine Veränderung der Blätter bis hin zu linealen Blättern im Bereich des Blütenstandes statt. Die Form der Blätter im unteren Bereich der Pflanze ist spitz-eierförmig, die Blätter im oberen Bereich sind eher lanzettförmig.

Bild 04 Schnittstelle, Spross, Lapsana communis


Schnitte mit dem Reichert - Jung Schlittenmikrotom.

Arbeitsanleitung:

Original Färberezept siehe Seite von Herrn Armin Eisner http://www.aeisner.de/
W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf :

1. Probe liegt in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca. 12 Sekunden !!!.
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 2 Minute.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 4 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % ).
10. Als letzte Stufe vor dem Eindecken Xylol einsetzen.
11. Einschluss in Entellan.

Ergebnis :

Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.
Fotos: Nikon D5000, die Übersichtsaufnahme wurde mit ,,MagniFlash" erstellt

Spross, Querschnitt, 35 µm

Bild 05 Übersicht, Spross, Lapsana communis

Die Übersichtsaufnahme wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.

Bild 06 Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Lapsana communis

CU = Cuticula, EP = Epidermis, R = Rindenparenchym, X = Xylem, PH = Phloem, K = Kambium, H = Haar (Trichom), PX = Protoxylem, M = Strahlparenchym, SK = Sklerenchymring,  T = Trachee, MP = Markparenchym.
Der Sklerenchymring umfasst die Leitbündel. In der Mitte ein Parenchym, welches aufgelöst wird, wodurch sich der Hohlraum im Stängel bildet.

Bild 07 Vergrößerung, Protoxylem, Lapsana communis


Bild 08 Vergrößerung, Parenchym,  Lapsana communis


Bild 09 Vergrößerung, Sekretgang (blau) , Protoxylem, Lapsana communis


Bild 10 AF – Fluoreszenzaufnahme, Lapsana communis

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 519 IF

Bild 11 Dunkelfeld, Lapsana communis


Bild 12 Polarisation, Lapsana communis

Das Foto wurde mit Sony Cyber-shot DSC-W30 erstellt.

Wurzel, Querschnitt, 35 µm

Bild 13 Schnittstelle, Wurzel, Querschnitt


Bild 14 Übersicht,  Lapsana communis

Vielstrahlige, Wurzel. Der Durchmesser beträgt 8 mm. Die Epidermis mit Cuticula (schön gelb gefärbt) ist deutlich erkennbar

Bild 15 Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Lapsana communis

PR = primäres Rindenparenchym, Ph = Phloem, K = Kambium, XY = Xylem, T = Trachee
Dass die Rindenzellen vor allem im Bereich der Strahlen so flach sind, hängt mit der Dilatation (Umfangerweiterung) zusammen.

Bild 16 Lapsana communis

Cuticula, Epidermis und Rindenparenchym ( von links nach rechts)

Bild 17 primäres Rindenparenchym , Lapsana communis


Bild 18 Lapsana communis

Links der Ansatz einer Seitenwurzel

Bild 19 Rindenparenchym, Lapsana communis, AF – Fluoreszenzaufnahme

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 519 IF

Bild 20 Xylem,  Lapsana communis, AF – Fluoreszenzaufnahme

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 519 IF

Literatur :

J. Sturm's Flora von Deutschland
Was blüht denn da ?, Kosmos, ISBN 978-3-440-11379-0
Der neue Kosmos Tier-und Pflanzenführer, Kosmos, ISBN 3-440-07286-X
Schubert – Wagner, Pflanzennamen und botanische Fachwörter, Neumann Verlag, 1961

Für Verbesserungsvorschläge habe ich ein offenes Ohr.

Mit freundlichem Gruß
Hans-Jürgen

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

hajowemo

Hallo Hans-Jürgen,

einfach klasse deine Dokumentation. :)
Da gibt es nichts zu verbessern!!! :)

Liebe Grüße
Jochen
Vorstellung
Homepage www.mikroskopie-hobby.de
Gerne per "Du"
Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Joachim7

Hallo Hans-Jürgen,

für mich eine herausragende Arbeit und zugleich ein Vorbild.

Danke für diesen Beitrag.
Freundliche Grüße aus dem Remstal

Joachim

ich bevorzuge das freundschaftliche "DU"

Jan Kros

Lieber Hans-Jürgen
Ich schliesse ich vorigen Schreibern an
Herzlichen Gruss
Jan

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

eine schöne und lehrreiche Dokumentation zum Rainkohl hast Du da wieder für uns zusammengestellt! Wie immer vielen Dank dafür.

Handelt es sich bei Deinen Bildern eigentlich um Einzelaufnahmen oder stackst Du?

Herzliche Grüße
Jörg


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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

#5
Liebe Pflanzenfreunde,

Jochen, Joachim, Jan und Jörg danke für Euer Interesse und die lobenden Worte.

@ Jörg,

ich verfolge die Diskussion über das Stacken von Bildern hier im Forum mit großem Interesse. Meine ersten Versuche waren leider nicht erfolgreich.
Meine Fotos sind Einzelaufnahmen.
Die Idee von Prof. Cypionka werde ich aufgreifen und ausprobieren. http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=12939.0

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"

Detlef Kramer

Lieber Hans-Jürgen,

zwei Anmerkungen zudem schönen und sehr umfassenden Beitrag:

1. in Abb. 6 ist Dir der Pfeil verrutscht und zeigt auf Strahlparenchym.
2. An den Sekretgang in Abb. 9 glaube ich nicht. M. M. nach zeigt die Abb. das Gleiche, wie Abb. 7, nämlich Protoxylem.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

Hans-Jürgen Koch

Lieber Detlef,

danke füe Deine Anmerkungen. Im Bild 06 habe ich eine Korrektur vorgenommen.

Herzliche Grüße

Hans-Jürgen
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Detlef Kramer

Lieber Hans-Jürgen,

auf den Sekretgang bestehst Du weiterhin? ???

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

ich glaube, Detlef liegt richtig: ein Sekretgang wäre m.E. gänzlich geschlossen. Hier grenzen die Zellen jedoch an eine Trachee an und lassen eine Lücke. Es ist die gleiche Struktur wie im Bild darüber.
Du müsstest am Rande des Gangs eigentlich noch die Versteifungen einer Tracheenwand erkennen - ich meine, in Deinem Bild Ansätze davon zu sehen.
Ein weiterer Hinweis mag sein, dass auch sonst (zumindest in Deinen hier gezeigten Bildern) keine Sekretgänge erkennbar sind.

Beim Stacken wünsche ich Dir viel Erfolg und freue mich auf die Ergebnisse!

Herzliche Grüße
Jörg
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Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Detlef, lieber Jörg,

ihr habt Recht. Ich habe in meinen Präparaten keine Sekretgänge gefunden.
Vielen Dank Euch beiden.

Herzliche Grüße

Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"

Rolf-Dieter Müller

Lieber Hans-Jürgen,

eine Würdigung des Rainkohls auf dem ich aufgrund Deines Beitrages mehr achten werde.

Wer Rot sucht, sollte sich den Spross dieser Pflanze vornehmen, äußerst eindrucksvoll.

Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter

Hans-Jürgen Koch

Lieber Rolf-Dieter,

danke füe Dein feedback.
Für meine Beiträge suche ich mir Pflanzen, die bei uns zu Hause wachsen und die ich zuordnen kann.

Gruß

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Oecoprotonucli

Guten Morgen,

sehr schöne Bilder und wieder ein interessanter Mikroskopie-Link!

Ich fühle mich bei dieser Pflanze an eine ähnliche erinnert, die sich bei mir auf dem Balkon ausgesät (oder besser eingesät) hat. Wahrscheinlich handelt es sich um Senecio vulgaris, das Gewöhnliche Greiskraut. Ich hätte drei Fotos dazu, bin mir aber nicht sicher, ob diese hier gewünscht sind, es sind keine Mikrofotos.

Interessant ist dabei, daß eben das Greiskraut giftig ist - man sollte also stets aufpassen, wenn man sich durch "alte Nutzpflanzen" zum Zubereiten eines Salats o.ä. animiert fühlt...

Viele Grüße

Sebastian
Ich benutze privat:
Leitz SM-Lux mit (LED-) Durchlicht und Phaco-Ausrüstung (ca. 1975-77)
Hensoldt Wetzlar Stereomikroskop DIAMAL (1950er Jahre)

Rolf-Dieter Müller

Zitat von: Oecoprotonucli in Juli 21, 2012, 10:46:11 VORMITTAG
...
Wahrscheinlich handelt es sich um Senecio vulgaris, das Gewöhnliche Greiskraut. Ich hätte drei Fotos dazu, bin mir aber nicht sicher, ob diese hier gewünscht sind, es sind keine Mikrofotos.
...

Hallo Sebastian,

das ist doch bestimmt kein Problem und würde auch anerkennend aufgenommen, wenn Du die Fotos in einem eigenen Beitrag einstellst. Dazu ein Mikrofoto zum Beispiel von einem Sprossquerschnitt, gerne auch ungefärbt und wir bleiben beim Forumsthema Mikroskopie.

Ich bin schon gespannt, denn das Greiskraut ist wächst bei mir auch, aber mehr in der Feuerwehrzufahrt bei einem Mehrfamilienhaus.

Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter