Aufbewahrungslösung für Pilze

Begonnen von Holger Gerber, Juli 18, 2012, 12:09:12 NACHMITTAGS

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Holger Gerber

Hallo zusammen,

bez. meines neuen Hobbys, der Pilzmikroskopie, bin ich noch auf der Suchen nach einer geeigneten Aufbewahrungslösung.
Mit der Bezeichnung Pilze meine ich die uns bekannten Wald und Wiesenpilze. Und aufbewahren möchte ich natürlich nur Fragmente. Es sollte schon eine Aufbewahrung von 1/2 Jahr möglich sein, so dass man die im Herbst zahlreich gefundenen Untersuchungsobjekte gemütlich in den langweiligen Winterzeit mikroskopieren kann.
Für die (hoffentlich zahlreichen) Antworten danke ich im voraus.

Viele Grüße
Holger

Detlef Kramer

Hallo Holger,

warum denn nicht einfach in AFE (Ethanol 50 %, Formol 5 %, Eisessig 5 %, Wasser 40 %). Das sollte gehen. Aber vielleicht kennen die Pilzler noch etwas besseres.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

Bernhard Kaiser

#2
Hallo Herr Gerber,

Und aufbewahren möchte ich natürlich nur Fragmente.

Trocknen Sie diese an der Luft, auf der Heizung bei ca. 30-40 oC. Bewahren Sie das vollkommen trockene Material in festschließenden Plastiktüten gut beschriftet auf. Zum Mikroskopieren entnehmen Sie mit einer Nadel eine möglichst geringe Menge, weichen diese in einem Tropfen dem. Wasser ein und legen ein Deckglas auf. Durch Druck mit einem Radiergummi auf das DG quetschen Sie das Präparat etwas und mikroskopieren dann.
Wichtig ist wenig Material nehmen.
Was Sie allerdings als Anfänger für wenig halten ist meistens schon zuviel.
So sollten Sie anfangen. Es gibt noch weitere Einweichflüssigkeiten aber am Anfang reicht Wasser. Sie brauchen zur Pilzmikroskopie allerdings ein Ölimmersionsobjektiv (100x).

Es wäre schön, wenn Sie Ihre Ergebnisse hier mitteilen würden.
Es werden hier im Forum sehr oft Ratschläge erteilt, aber meistens melden sich die Beratenen nicht mehr. Irgendwann geht den Beratern dann die Lust aus. Das ist auch wieder nicht das Richtige. Ihre angedachte Vorgehensweise finde ich gut.

Viel Erfolg wünscht Ihnen
Bernhard Kaiser


Dieter Stoffels

#3
Hallo Holger,

als Aufbewahrungslösung für Pilzmaterial kann ich Dir nur 70 %iges Ethanol empfehlen. Zuvor solltest Du möglichst kleine Pilzstücke ausschneiden und in Pfeiffer´schem Gemisch fixieren. Das Gemisch besteht aus 30 mL Holzessig, 30 mL Formalinlösung (37 %ig) und 30 mL absolutem Methanol. Holzessig lässt sich problemlos in der Apotheke besorgen. Die Pilzstücke schwimmen zunächst auf, so dass es sinnvoll ist, sie mit Hilfe eines durchtränkten Zellstofftuches unter den Meniskus der Fixierlösung zu drücken. Nach einigen Tagen sind die Pilzstücke zu Boden gesunken. Nach 5-tägiger Fixierung solltest Du 8 Stunden mit gekühltem Leitungswasser unter mehrfachem Wasserwechsel spülen. Anschließend folgt das 70 %iges Ethanol in dem die Pilzstücke dauergelagert werden können. Eine Fixierung und Lagerung bei Kühlschranktemperatur (4 Grad Celsius) ist optimal, vor allem dann, wenn histologisch (keine Quetschpräparate) weiterverarbeitet werden soll.

Viel Erfolg!

Dieter

Holger Gerber

Hallo Zusammen,

vielen Dank für Eure Antworten!
Dann kann es ja ans Sammeln gehen.
Eine kleine Nachfrage hätte ich noch:
Kann beim Pfeiffer`schem Fixiergemisch der Holzessig durch Eisessig und Methanol durch Ethanol ersetzt werden?

Gruß
Holger

Peter Reil

Hallo Holger,

das was Herr Kaiser schrieb ist die übliche und sinnvolle Methode für "Pilzler".
Das Trocknen ist vollkommen ausreichend für spätere mikroskopische Untersuchungen. Die Eksikkate halten sich locker auch hundert Jahre - oder mehr.
Fixieren etc. ist unnötig - ausgenommen, Sie wollen später z. B. Mikrotomschnitte machen.

Freundliche Grüße
Peter Reil
Meine Arbeitsgeräte: Olympus BHS, Olympus CHK, Olympus SZ 30

beamish

Hallo Holger und Dieter,

seit fast Jahrhunderten werden Pilze einfach durch Trocknen herbarisiert, wie von Bernhard Kaiser beschrieben. Wie ich kürzlich gelernt habe, hat sich die Trocknungstemperatur von 40° als ideal herausgestellt, falls das Material auch zu Sequenzierung (DNA) herangezogen weren soll. Dafür empfiehlt sich ein Dörrapparat mit einstellbarer Temperatur (Sigg/Stöckli etc.).
Ich bewahre meine Exsikkate nicht in Plastik- sondern in Papiertüten auf. Die "atmen" und schließen nicht eventuelle Restfeuchtigkeit ein.
Eine Konservierung in irgendwelchen Chemikalien mag vielleicht das "Vergammeln" verhindern. Ich möchte aber nicht wissen (oder doch?), wie sehr das die Mikromerkmale verändern würde....
Bei der Bestimmungsarbeit wird man jedenfalls immer auf Beschreibungen von Trocken- oder Frischmaterial stoßen. Das eigene Material sollte also vergleichbar sein.

Herzlich

Martin
Zeiss RA mit Trinotubus 0/100
No-Name China-Stereomikroskop mit Trinotubus
beide mit Canon EOS 500D

Eckhard F. H.

#7
ZitatDann kann es ja ans Sammeln gehen.

Hallo Holger,
bin zwar vieljähriger Waldgänger und Pilzler, aber - obgleich eifriger Mikroskopierer - unerfahren bezüglich Konservierung pilzlichen Gewebes. Bedenke: Chemikalien verändern unweigerlich deren Mikrostruktur. Darum: Lufttrocknen und zur Mikroskopie vorher in Wasser ohne Zusätze einweichen. Jedenfalls dünkt mir dies der schonendste Weg zur mikroskopischen Analyse. Lasse mich aber gern von Experten belehren (glauben tu´ich´s aber wahrscheinlich nicht  ;D ).
Gruß - EFH

Dieter Stoffels

#8
Hallo Holger,

vermutlich habe ich Deine Frage falsch verstanden. Wenn Du Pilze nur in Form einer Sammelleidenschaft herbarisieren möchtest, ist eine einfache Trocknung sicher ausreichend. Hierbei ist aber zu bedenken, dass das gesammelte Material stets trocken gelagert und vor Schädlingen geschützt werden muss. Die Matrices vieler Pilze besitzen hygroskopische (wasserziehende) Eigenschaften, was langfristig, unter gegebener Luftfeuchte, zu Schimmelpilz- und sekundär zu Milbenbefall führen kann.

Wenn Du die Pilze als Quetschpräparate in Kalilauge verarbeiten möchtest, reicht eine Trocknung ebenfalls aus, da in der Lauge zytologische Merkmale weitgehend verloren gehen. Solltest Du aber das Pilzmaterial histologisch, d. h. zu Paraffinschnitten verarbeiten wollen, ist eine Fixierung unumgänglich.

Bei einem Ersatz von Methanol gegen Ethanol und eines Austausche von Holzessig gegen Essigsäure landest Du letztendlich bei dem von Detlef vorgeschlagenem AFE-Gemisch. Holzessig ist ein "trockenes" Destillat des Holzes. Hierbei handelt es sich um ein Mischprodukt unterschiedlicher Bestandteile und Lösungsmittelanteile. Auf welche Weise die jeweiligen Komponenten, zusätzlich zum Formalin, fixierend oder konservierend wirken, kann ich im Einzelnen nicht beurteilen. Die Ergebnisse mit dem Pfeifferschen Gemisch sind jedoch seit Jahren gut. Sicher wirkt jedes Fixiergemisch auf seine Weise artifiziell. Entscheidender für das histologische Ergebniss einer Pilzuntersuchung ist aber die nachfolgende Entwässerung, bei der der Pilzkörper stark schrumpfen kann (gleiches gilt ja auch für die botanische Histologie). Bei einer Sichtung histologischer Pilzschnitte sollte man somit immer im Kopf behalten, dass das "Fleisch" einer starken Schrumpfung unterliegen kann bzw. unterlegen ist.  Um  den Schrumpfungsgrad abzuschätzen zu können, schneide ich die Pilze vor einer Fixierung und Konservierung am Gefriermikrotom und schließe die Schnitte zur mikroskopischen Vorabbeurteilung in Leitungswasser ein.

Bevor Du nach Alternativen suchst, erfrage doch bitte bei Deiner Apotheke, ob Sie Dir Holzessig bestellen können. Da es häufig als "Naturprodukt" eingestuft wird, ist eine Bestellung meistens unproblematisch.

Viel Erfolg!

Dieter




Holger Gerber

Hallo Zusammen,

was bin ich froh, dass es dieses Forum gibt.
Soviel Information in so kurzer Zeit. Allen Schreibern recht herzlichen Dank.
Für mich kommt dann wohl die Trocknung in Frage. Da ich am Anfang der Pilzmikroskopie stehe, gilt es nun erst einmal die Anatomie zu studieren und dafür jede Menge Präparate zu bemustern. An qalitativ hochwertige Dauerpräparate denke ich im Moment noch nicht. Gerne berichte ich dann zu gegebener Zeit von meinen Ergebnissen - hoffe, dass mir auch ein paar schöne Aufnahmen gelingen.
Nochmals vielen Dank

und viele Grüße
Holger

fauchette

Hallo,
ich beziehe Holzessig aus der Apotheke. Dort kostet er 17,68€ per Liter. Bei Chroma kosten 100ml 4,09€ .
Liebe Grüsse
Petra

Der Weg ist das Ziel