Lieber Jürgen,
das ist natürlich kein Geheimwissen der Eingeweihten, und sicherlích kenne ich nur einen Bruchteil dessen, was wirklich ein perfekt komponiertes histologisches Mikrofoto ausmacht. Aber gerene schreibe ich auf, was ich weiß.
Hier ein Beispiel von mir, das ich nicht ganz verunglückt aber auch nicht überragend finde. Das Foto zeigt Dünndarmschleimhaut des Menschen, AZAN, 200x
1. Artefakte (z.B. Falten, Risse, Schmutz) soll man nicht aufnehmen sondern Stellen suchen, die fehlerfrei sind.Das versteht sich natürlich von selbst, ist aber mitunter unmöglich umzusetzten, da der Befund, der dokumentiert werden soll, leider genau in unmittelbarer Nachbarschaft eines hässlichen Artefaktes liegt.
2. Das Wesentliche kommt ins Zentrum.Eigentlich auch eine Selbstverständlichkeit, denn der Blíck des Betrachters wandert unwillkürlich zunächst in die Bildmitte. Man kann dies aber auch ausnutzen, um dem Bild vielleícht eine zusätzliche Spannung zu verleihen, indem man genau diese Regel bewusst verletzt und das, was gezeigt werden soll, leicht exzentrisch einstellt.
3. Die Strukturen werden orientiert abgebildet, d.h., dass z.B. das Epithel, das an der Oberfläche liegt, auch nach oben orietiert wird, die Lamina propria darunter ebenfalls gerade daruter verläuft usw. Ich sehe gelegentlich Mikroskope, bei denen die Kamera bombenfest und entsprechend nicht drehbar auf dem Tubus sitzt; natürlich hat das Mikroskop dann auch keinen drehbaren Tisch, sodass der Bildausschnitt nicht gedreht werden kann. So kann man natürlich nicht die Strukturen orietieren.
In der Histologie gibt es ja immer wieder Variationen eines gewissen Spektrums an Grundformen (wie z.B. Schleimhaut); daher ist es wichtig, die Grundform auch möglichst einfach abzubilden, damit das, was eigentlich gezeigt werden soll, leichter zu erkennen ist.
Bei Qerformat und 90° gedrehtem Aufbau liegt die Oberfläche entsprechend an der linken Kante.
Wichtíg ist auch, sich den Adressenten des Fotos vor Augen zu halten. Bilder, die ich in der Vorlesung zeige, sollen schon einigermaßen vernünftig sein, denn die Studenten kennen die Strukturen aus dem Lehrbuch, und darin sind die Bilder i.d.R. ordentlich, oft gibt es auch sehr instruktive Grafiken. Vorträge vor Kollegen des eigenen Fachens erfordern natürlich auch eine gewisse Qualität, da kommt es mir aber schon ein Wenig auf eine eigene "Handschrift" der Fotos an. Fotos für klinische Konferenzen macht man meistens schnell und nebenbei, daher sind die viellecht nicht so schön wie manch andere. Und wenn es um Publikationen geht, ist natürlich das Beste gerade gut genug.
Mehr fällt mir jetzt an Allgemeinem nicht ein, sicherlich gibt es noch spezifische Regeln, die aber wohl nur Pathologen interessieren. Und wenn es um Publikationen geht, gibt es natürlich noch Journal-spezifische Regeln vom Dateiformat bis hin zu Bestimmungen darüber, welche Form der Bild-Nachbarbeitung überhaupt erlaubt ist.
Sicherlich können andere hier noch etwas ergänzen.
Herzliche Grüße,
Florian