Botanik: Ein pflanzlicher Blutsauger - Sanguisorba officinalis *

Begonnen von Fahrenheit, August 19, 2012, 23:05:58 NACHMITTAGS

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Nicola B.


Lieber Jörg,

Das sind wirklich fantastische Bilder! Als ich sie gesehen habe, habe ich vor Staunen fast den Mund nicht mehr zu bekommen  :D
Hoffentlich werden meine Schnitte auch irgendwann mal so.
Ich bin wirklich begeistert!

Liebe Grüße

Nicola.

Fahrenheit

Liebe Nicola,

vielen Dank für Dein großes Lob und nicht den Mut verlieren!  :D

Meine Schnitte mache ich auf einem einfachen Handzylinder-Mikrotom und die sind im Vergleich zu den Schnitten der Kollegen hier mit ca. 50 µm eher dick. Bei einem MINT-Camp an der Schule meiner Tochter hatte ich einen Teilnehmer, dessen Freihandschnitte - bis auf eine leichte Keilform  - kaum von diesen Mikrotom-Schnitten zu unterscheiden waren.
Wir haben Efeu Spross geschnitten, der sich gut schneiden lässt, aber trotzdem: da war nur wenig Ausschuss dabei.
Ein Naturtalent, gewiss, aber es geht. Das hätte ich, insbesondere bei der Qualität meiner eigenen Freihandschnitte nicht gedacht.  ;D

Verschiedene Methoden haben wir auf der Webseite des MKB beschrieben, hier ein paar Links:

Botanische Schnitte mit dem Handzylindermikrotom

Botanische Schnitte mit dem HAGA Kastenmikrotom

Botanische Handschnitte mit der Möhrenmethode

Wacker für alle - neue Simultanfärbungen auf Basis der W3A Färbung von Robin Wacker
Die Farblösung gibt es auch bei Klaus Herrmann hier im Forum

Häufig verwendete Bezeichnungen in botanischen Schnitten

Arbeitsanleitungen zum Herunterladen

Herzliche Grüße
Jörg
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Jürgen H.

Lieber Jörg,

es hat ja auch sein Gutes, wenn alte Beiträge wieder nach oben gespült werden.... Mir ging es so wie Holger: Mir wäre der tolle Beitrag sonst entgangen. Insbesondere aber finde ich die tolle Qualität der ungefärbten Schnitte bemerkenswert: 8 a ist fantastisch. Die Sklerenchymtüpfel kommen wunderbar heraus. Fast möchte man fragen: Wozu färbst Du eigentlich. Ohne Farbe hättest Du auch keine Kameraprobleme mit den Rottönen ;-)

Sind das wirklich verschiedene Sklerenchymzellen oder entwickeln sich die weniger getüpfelten aus den getüpfelten?

Liebe Grüße

Jürgen

Detlef Kramer

Lieber Jürgen,

zur Beantwortung Deiner Frage schalte ich mich mal ein. Ob es sich um unterschiedliche Sklerenchym-Typen handelt, kann man so nicht erkennen - vielleicht ist es nur ein tendenzieller Unterschied. Es könnte aber sein, dass die stark getüpfelten Zellen eher isodiametrisch sind und die anderen lang gestreckte Fasern. Das müsste ein Längsschnitt zeigen.

Wozu dienen die Tüpfel? In der Zellwand der jungen, unverdicketen Zellen werden Plasmodesmen angelegt und zwar in Gruppen eng aneinander liegend. Darüber kommunizieren die Zellen untereinander und werden versorgt. Damit dies nun auch funkioniert, wenn die Wände verdickt werden, bilden sich diese Aussparungen, die wir als die Kanäle erkennen. Die Zellen sterben später, aber die Kanäle bleiben natürlich erhalten. Da das Wachstum ja immer nur am Plasmalemma stattfindet, können die Kanäle nicht sekundär verschwinden.

Ich hoffe ich habe mich einigermaßen klar ausgedrückt.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

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Fahrenheit

Lieber Detlef,

danke für Deine Antwort! Ich sehe das auch so, obwohl der Beweis durch Längsschnitt fehlt.
Immerhin müssen ja auch die Zellen des Rindenparenchyms versorgt werden und da es keine durchgehenden Markstrahlen gibt, stellen m.E. die vielen Tüpfel der Sklerenchymzellen in Fortsetzung der Markstrahlen den Stofftransport in die äußeren Zelllagen sicher.

Herzliche Grüße
Jörg
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Jürgen H.

Lieber Detlef, lieber Jörg,

Danke für die erhellenden Antworten!

Es würde mich ebenfalls wundern, wenn es sich bei den getüpfelten Sklerenchymzellen um isodiametrische Zellen handeln würde. Schließlich tauchen sie bei allen Querschnitten von Dir, Jörg, auf. Auch die getüpfelten scheinen sich also längs durch den Stängel zu ziehen.

Was mir bei näherem Betrachten noch auffällt: Die un- oder wenig getüpfelten Zellen befinden sich  außen vor den Gefäßen, was doch auf die Schutzfunktion hinzudeuten scheint, die getüfelten hingegen liegen in Fortsetzung der Räume zwischen dem Phloem. Zum Parenchym hin, also zwischen dem Ploem sind hingegen wieder die wenig getüpfelten zu erkennen. Die getüpfelten scheinen die rote Farbe auch weniger anzuziehen: Zeichen für eine geringere Verholzung?

Was mich interessieren würde, ist die Entwicklung der beiden Zellerscheinungen. So, wie wir sie hier sehen, zeigen sie doch ihr Endstadium im ausgewachsenen Stengel. Im Entwicklungsstadium müssten hingegen die Plasmodesmen doch bei allen späteren Sklerenchymzellen zu sehen sein. Aber tun sie das auch in gleicher Weise?

Schöne Grüße

Jürgen

Fahrenheit

Lieber Jürgen,

ich glaube, da gibt es ein Missverständnis. Detlef und ich vermuten, dass die Zellen zwischen den Leitbündeln eher isodiametrisch geformt sind, und die Zellen der Sklerenchymkappen vor den Leitbündeln eher lang gestreckt.
Das hängt wiederum mit der vermuteten Funktion zusammen: zwischen den Leitbündeln muss es einen Stoffaustausch geben, um die vor dem Sklerenchymring liegenden Zellschichten zu versorgen. Da die Sklerenchym-Zellen am Ende der Ausdifferenzierung abgestorben sind, kann dieser Transport nur auf physikalischem Wege, also passiv erfolgen. Die hohe Tüpfelanzahl und die größeren und häufigeren Zellzwischenräume würden dies begünstigen.
Die Sklerenchymkappen vor den Leitbündeln haben immer eine Festigungsfunktion. Da sind langgestreckte Zellen mit spitzen Zellenden (entsprechend einer größtmöglichen Verzahnung der Zellen) von Vorteil.

Durch die größeren Zellzwischenräume und die Tüpfel wirken die Zellen zwischen den Leitgeweben dunkler. Dies hängt m.E. aber nicht mit einer anderen Art, die Farbe zu halten zusammen. Es handelt sich ja in beiden Fällen um sklerenchymatische Zellen mit identischem Wandmaterial.   

Die Plasmodesmen der lebenden Zellen wirklich zu sehen, dürfte an die Grenzen der Lichtmikroskopie gehen oder diese sogar überschreiten. Detlef, bitte korrigiere mich, wenn ich da falsch liege.

Herzliche Grüße
Jörg
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Jürgen H.

Lieber Jörg,

ja es gibt da irgendwo ein Missverständnis. Wenn es denn isodiametrische Sklerenchymzellen sind, wären sie also nur seitlich verdickt. Denn auf Deinen Bildern sieht man bei den getüpfelten Zellen nur "Röhren" also keine waagerecht liegenden Verdickungen, wie sie z.B. bei den Steinzellen zu finden sind.

Ich sehe, auch in der Botanik kann man sich (und anderen) endlos Fragen stellen.

Schöne Abendgrüße

Jürgen

Fahrenheit

Lieber Jürgen,

ja, das stimmt und das macht auch die Botanik so interessant.  ;)

Wir haben natürlich ein Problem: ohne einen brauchbaren Längsschnitt können wir nur Vermutungen anstellen. Aber das tun wir immerhin einigermaßen fundiert.  ;D
Ich habe mir die Schnitte noch einmal angesehen: Du spielst sicher auf das Fehlen von "Zelldächern" oder "-böden" an, wie sie z.B. im Mark zu sehen sind. Die fehlen hier in beiden Formen der Sklerenchymzellen.
Ich hatte oben "eher isodiametrisch" geschrieben, da ich klassisches Sklerenchym noch nie mit annähernd kugelförmigen Zellen gesehen habe und ich fest davon aus gehe, dass das auch hier nicht der Fall ist. Die Zellen sind bei im Schnitt größerem Durchmesser nur kürzer als sie in einem reinen Festigungsgewebe zu erwarten sind. An den Enden laufen sie eher spitz aus, was man an den unterschiedlichen Durchmessern der Zellen im Querschnitt sehen kann - hier sind die Zellen unterschiedlich nah am Zellende angeschnitten.
Ein Gegenargument möchte ich aber auch nicht verschweigen: rein statistisch gesehen würde man bei einem Gewebe mit eher kürzeren Zellen bei einem beliebigen Querschnitt häufiger solche "Spitzenanschnitte" erwarten, als in einem Gewebe, dass aus langgestreckten Zellen besteht und daher auf die Länge gesehen einfach weniger solcher Zellenden enthält. Ich hab' nun nicht akribisch vermessen, aber beim Blick auf die beiden Aufnahmen 10 a/b kann ich da keine Auffälligen Unterschiede erkennen. Die Ursache dafür können allerdings auch vielfältig sein. Neben der Annahme, dass die Zelltypen eher gleich lang sind, kann aus dem einen oder anderen Grund auch die Verteilung nicht zufällig sein.

Sicherheit bringt allerdings nur der schon von Detlef angesprochene Längsschnitt. Da ich vermute, dass niemand zufällig ein solches Präparat hat und entsprechende Bilder posten könnte, bleibt nur zu hoffen, dass ich bis Sommer des kommenden Jahres einen Weg gefunden habe, auf meinem Mikrotömchen auch vernünftige Längsschnitte zu machen.  ;)

Herzliche Grüße
Jörg
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Jürgen H.

ZitatDu spielst sicher auf das Fehlen von "Zelldächern" oder "-böden" an, wie sie z.B. im Mark zu sehen sind.

Ganz genau, lieber Jörg. Und wenn es denn spitz zulaufende längs geformte Zellen wären, dann könnten sie sich möglicherweise nur durch die Tüpfelung von den anderen Sklerenchymzellen unterscheiden, allerdings vielleicht aber auch durch die Länge der Zellen.

Warten wir also auf den nächsten Sommer :-) Du mit deinen Schnibbelkünsten bekommst bestimmt einen sauberen dünnen Längsschnitt auch ganz ohne Mikrotom hin.....

Schöne Grüße

Jürgen

Fahrenheit

#25
Lieber Jürgen,

so ist es. Warten wir auf den nächsten Sommer.

Dann muss ich das alte Zeuchs hier ja wieder hervor kramen.  ;D

Wenn zwischenzeitlich jemand feststellen sollte, dass er über einen Längsschnitt vom Stängel des Großen Wiesenknopfes verfügt, würde sicher nicht nur ich mich über entsprechende Bilder freuen.  ;)

Herzliche Grüße
Jörg
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