Punktieren und Zeichnen in Photoshop?

Begonnen von JB, August 26, 2012, 16:31:20 NACHMITTAGS

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JB

Hallo Forum,

Beim mikroskopischen Zeichnen benutze ich gern Punktierungen um die 3-dimensionale Struktur von Objekten herauszuarbeiten (mit mehr oder weniger Erfolg). Dabei variiere ich die Dichte der Punktierung (siehe roter Pfeil unten). Trotz der fast meditativen Wirkung, die das Punktieren von Hand hat, moechte ich gern versuchen das ganze elektronisch zu erledigen, am besten in Photoshop oder einem aehnlichen Programm (GIMP etc.). Photoshop hat ganze Bibliotheken voll von Fuellstrukturen verfuegbar, aber eine Einfache Punktierung ist scheinbar nicht dabei (oder ich habe sie nicht gefunden).

Fuer die beste optische Wirkung sind die Einzelpunkte der Punktierungen sind weder regelmaessig noch zufaellig angeordnet, sondern ueberverteilt (hyperdispersed), so dass es weder wie ein Raster aussieht, noch kommen sich die Punkte zu nahe oder ueberlappen (siehe unten).

Am liebsten waere es mir, ich koennte in Photoshop eine Flaeche mit einer Maske eingrenzen und dann bestimmen, eine Punktierung einer bestimmten Dichte einzufuegen (zB: "Dichte 40%"). Optimal waere es, wenn ich sogar einen Gradienten angeben koennte ("von 10% zu 80% von links nach rechts"). Und eine skalierbare Punktierung (Punktgroesse und -dichte aendert sich je nach Zoomfaktor)?

Hat jemand Hinweise wie ich das erledigen koennte?

Mit freundlichen Gruessen,

Jon


Amphipode, Thoracopod, Innenseite mit Kieme



Alfons Renz

Hallo Jon,

   Ich muss zugeben, dass es mir beim besten Willen nicht gelungen ist, diese Zeichnung richtig zu interpretieren: Wo ist da die Kieme? Sieht sie aus wie ein Tennisschläger, der hier im Bild als Scheibe nach oben ragen würde?



Diese Interpretation habe ich versuchsweise durch stärkere Schwärzung angedeutet  (ganz auf die Schnelle!!). Ob sie zutrifft, weiß ich natürlich nicht!

Um eine Druckvorlage zu erzeugen, müsste die Einschwärzung mit Dreiergrüppchen von Pünktchen sehr exakt mit der richtigen Punktgröße vorgenommen werden. Da ist es nicht nachteilig, wenn in den Ecken und an den Seiten schwarze Flächen entstehen, in denen dann weiße Pünktchen gesetzt werden könnten. Durch stärkere Schwärzung gewinnt das Bild erheblich an Tiefe. Wichtig ist nur, dass die Größe der Pünktchen und Löcher der Auflösung des Druckers entsprechen.

Ich denke nicht, dass Photoshop hierfür eine sinnvolle Funktion anbieten könnte: Da ist zu viel an feiner Abstufung und Variation nötig. Das geht von Hand besser und schneller. Und sieht im Resultat auch viel eleganter aus als z.B. jede Vektorgraphik!

Räumlichkeit entsteht zudem, wenn man die Linien unterbricht und die Borsten nicht auf die Kante setzt.


Viel Erfolg,

Alfons



JB

Hallo Alfons,

Eine tolle Nachzeichung; genau so sieht das in natura aus. Die Kieme ist eine segelfoermige Platte die nach oben aus dem Bild ragt (der Pfeil zeigt nicht auf die Kieme, sondern nur auf die Punktierung um die es geht). Ihre Zeichnung ist hervorragend, die Raeumlichkeit ist weit besser umgesetzt als bei meiner, das nehme ich fuer die Zukunft mit. Die Haare liegen allerdings auf der Kante und nicht auf der Innenseite, soweit ich mich erinnere. Wie haben Sie es geschafft, das in so kurzer Zeit zu zeichnen? Welche Stifte verwenden Sie dazu? 

Trotzdem hoffe ich, dass sich hierfuer noch eine Loesung in Photoshop findet, oder wenigstens eine Arbeitserleichterung. Ich muss etwa 100 solcher Zeichnungen punktieren, per Hand mache ich das garantiert nicht, das endet nur in einer Sehnenscheidenentzuendung. Die Alternative zu einer elektronischen Loesung ist sonst nur es wegzulassen.

Beste Gruesse,

Jon

Alfons Renz

#3
Hallo Jon,

  Es freut mich, wenn der verregnete Sonntag doch noch zu einem verwertbaren Ergebnis geführt hat! Mein bescheidenes Beherrschen der 'Tuschetechnik' beruht in dem, was ich selbst von Peter Wenk gelernt habe, und dieser wiederum von Hermann Weber (=> Lehrbuch d. Entomologie).  Dort habe ich gerade nachgeschaut: Fast 600 Tuschezeichnungen finde ich dort, jede wiederum aus mehreren Einzeldarstellungen bestehend. Und das war nur eines seiner Bücher....

 Also, nur nicht schüchtern: Sie wollen doch nicht vor den 'alten Säcken' als Einer dastehen, der schon bei 100 Zeichnungen den Griffel schmeisst? Dabei ist es doch heute so einfach geworden. Statt mit Tusche, Schöllers hartem Zeichenkarton und einem Skalpell zum Korrigieren können Sie heute mit dem digitalen Zeichenstift in Windeseile zeichnen, radieren, kopieren und korrigieren. Ich benutze hierfür ein digitales Wacom Zeichenbrett im Format Din A 4. War damals (vor fast 15 Jahren) nicht billig, erfüllt aber heute noch seinen Zweck.

  Allerdings habe ich dann auch erfahren, dass manche professionelle Grafiker ihre Bilder allein mit der Maus schaffen. Und eher mit Vektorgrafik, was nur vordergründig imponieren kann. Die 'echte' Kunst lebt von den kleinen Fehlern, eben dieser Originalität, die Kunst von Kitsch unterscheidet.

  Aber lassen wir die Kirche im Dorf: Sie werden selbst sehen, dass das Zeichnen nicht nur von Mal zu Mal schneller geht und das Ergebnis immer schöner wird. Am Ende wollen Sie doch auch stolz auf Ihr Werk sein können! Und nur das zählt!

Mit besten Grüßen und Wünschen!

Alfons

p.s. von Honomichel, Risler (auch ein Schüler von H. Weber in Tübingen!) und Rupprecht gibt es eine lesenswerte  Anleitung: "Wissenschaftliches Zeichnen in der Biologie und verwandten Disziplinen" (Gustav Fischer, 1982)


thomasr

Englisch wird das "Stippling" und auch "Dotting" genannt, oft in Zusammenhang mit "Halftoning".
Es gibt auch Pluginunterstützung, z.B. von Pixeology http://www.pixeology.com/ArtisticHalftone/Features.html. Unter Download gibts da auch das Manual. Grundlage ist aber zumeist ein Graustufen-Bild. Für Photoshop finde ich ein Grafiktablet mit druckempfindlichem Stift sinnvoll, die guten sind von Wacom. Es müßte auch ohne Plugin gehen: Über den Druck die "Scatter" und "Jitter" Parameter einer Brush mit Punkten kontrollieren. Ich kenne mich aber damit nicht aus eigener Erfahrung aus. Eigentlich sind Vectorgrafikprogramme wie Illustrator besser geeignet, denn die skalieren besser als Photoshop - das ist und bleibt halt ein Raster-Tool.

Gruß,
Thomas

JB

#5
Hallo Thomas,

Vielen Dank fier die Hinweise. Ich stehe tatsaechlich kurz davor mir so ein graphics tablet zuzulegen. Damit koennte ich sogar direkt vom Zeichentubus auf den Computer gehen :)

Ich vergass das zu erwehnen, aber Illustrator steht mir auch zur Verfuegung. Das ist kein grosses Problem; aber ich moechte gern eine andere Loesung finden als Punkte individuell zu setzen (ob elektronisch oder mechanisch). Lieber waere mir, wenn ich Flaechen (halb)automatisch punktieren koennte.

Beste Gruesse,

Jon

Werner

#6
Hallo Jon!

Zum grafics tablet:
Ich habe ein einfaches Tablet "Hyper Pen" von Aiptek, dessen Verwendung war zum Einfügen von Skizzen in Texte gedacht.
Es ist mit aber unmöglich, beispielsweise ein Rechteck auf dem Bildschirm zu zeichnen - entweder man schaut auf den Schirm oder das Tablet - und der Zusammenhang fehlt einfach. (Mit der Maus zu zeichnen ist einfacher)
Leider hat der Zeichenstift keine Mine eingebaut, um auf einem auf dem Tablett aufgelegten Papier zu skizzieren. Man muß also eine fertige Skizze nachzeichnen - und da kann man gleich abfotografieren.
Eine Lösung wäre vielleicht die löschbare Folien-Wachs-Tafel für Kinder (deren Namen mir nicht einfällt)

In Deinem Fall der Nachzeichung am Zeichentubus sehe ich ein ähnliches Problem: Du mußt manchmal zur Kontrolle auf den Bildschirm schauen und dann wieder am Tablet den Faden aufnehmen - den richtigen. Auf dem Papier siehst Du, was noch fehlt, am Tablet aber nicht.
Ohne ausgiebigen Test vor dem Kauf sollte man sich keines zulegen.

Viele Grüße   -   Werner

Peter V.

Hallo,

das ist wohl eine Frage der Gewöhung. Ich selbst arbeite lieber mit der Maus, meine Frau hingegen kann bei solchen Arbeiten ohne ihr Grafiktablett von Wacom nicht leben.
Allerdings arbeiten professionelle Bildbearbeiter eigentlich nur mit Grafktabletts.

Herzliche Grüße
Peter
Dieses Posting ist frei von kultureller Aneigung, vegan und wurde CO2-frei erstellt. Für 100 Posts lasse ich ein Gänseblümchen in Ecuador pflanzen.

Alfons Renz

Hallo Jon,

  Das Problem der elektronischen Zeichenblätter hat Werner schon sehr treffend dargestellt: Es ist nicht leicht, eine erste Skizze anzulegen. Dazu verwende ich nachwievor ein Blatt Papier, Bleistift und einen Radiergummi. Die Skizze, die vor allem die richtige Raumeinteilung beinhalten muss, skanne ich dann ein (als 1 Bit-Schwarz-Weiss Graphik) und bearbeite sie anschließend am Wacom-Zeichenbrett. Durch gelegentliches Verkleinern der Ansicht kann man sich dann auch leicht eine Vorstellung von der Wirkung der auf Druckgröße verkleinerten Zeichnung machen und störende Moirée- sowie 'Dreckeffekte' vermeiden.

Viel Erfolg!

Alfons

JB

Hallo Werner,

Danke fuer die Warnungen. Die fehlende optische "Rueckmeldung" ist sicher ein Problem.

"Es ist mit aber unmöglich, beispielsweise ein Rechteck auf dem Bildschirm zu zeichnen - entweder man schaut auf den Schirm oder das Tablet - und der Zusammenhang fehlt einfach. (Mit der Maus zu zeichnen ist einfacher)"

Der Stift erscheint ja auf dem Bildschirm als Mauskursor; damit ist es doch eigendlich mindestens so leicht, oder schwer, wie das zeichnen mit der Maus? Die Bemerkung mit dem Zeichentubus war auch etwas scherzhaft gemeint. In dem Fall wuerde ich wohl am Zeichentubus mit einem Bleistift auf Papier arbeiten und dann die Bleistiftzeichnung als Vektorgraphik durchzeichnen, wenn das in Illustrator moeglich ist (http://www.aiptek.de/index.php/de/produkte/grafiktabletts-a-digitale-stifte/grafiktabletts/slimtablet-600u-premium2)

Beste Gruesse,

Jon

JB

@ Peter und Alfons

Danke fuer die Anmerkungen. Ich vermute, die Hand-Augen Koordination muss man fuer die Verwendung am Bildschirm etwas trainieren. Mit der Maus geht das ja auch einigermassen.

Die Punktierung bleibt das Hauptproblem. Moeglicherweise bleibt mir nichts anderes uebig als kleine Flaechen mit Punkten zu generieren und sie dann in die fertige Zeichung hineinzukopieren. Eine intelligente Flaechenfullfunktion scheint es in der ueblichen Software nicht zu geben.

Mit freundliche Gruessen,

Jon

Alfons Renz

Hallo Jon,

Eine 'intelligente Flächenfüllfunktion', die im Stande wäre, eine dreidimensionale biologische Struktur auch nur annähernd natürlich wiederzugeben, gibt es nicht, jedenfalls keine einfache und billige. Selbst die beeindruckenden animierten Kinofilme beruhen ja auf den Bewegungen von Schauspielern, die dann mit großem Aufwand  in 3-D-Graphiken  umgesetzt werden müssen. Trotzdem wirkt vieles sehr künstlich und wenig künstlerisch.

Mittels der Funktion 'Stempeln' könnte man vielleicht eine Punktierung anlegen und kopieren. Dennoch vermute ich, dass das Pünkteln von Hand effizienter wäre. Wenn es, wie bei Deinem Vorhaben, um die Darstellung hunderter von Extremitäten von Arthropoden geht, macht es Sinn, das Prinzip anhand einer sorgfältigen Zeichnung 3-dimensional darzustellen und die Vielzahl der Variationen durch kleine, nicht im Detail ausgeführte Skizzen zu ergänzen. 

Mit herzlichen Grüßen,

Alfons