Botanik: Der Gewöhnliche Schneeball (Viburnum opulus) *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, September 05, 2012, 18:59:33 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

Zur Gattung Viburnum werden rund 150 Arten gezählt. Fossil  ist Viburnum seit der Oberen Kreide  (97,5 - 65 Mio. Jahre) nachgewiesen.
Bild 01

Ein fossiler Viburnum lesquereuxii , Blatt mit Nachweis von Raupenfraß; Dakota Sandstein ( Kreidezeit ) von Ellsworth County, Kansas. Der Maßstabsbalken beträgt 10 mm.
Urheber: Wilson44691
Photograph taken by Mark A. Wilson (Department of Geology, The College of Wooster).  Das Bild ist gemeinfrei.

Der lat. Name Viburnum wurde von Vergil (römischer Dichter, 70 - 19 v. Chr.) ursprünglich für einen  Schlingstrauch verwendet. Der deutsche Name Schneeball erweist sich insbesondere für den kugeligen Blütenstand als treffend.

Bild 02  Illustration Viburnum opulus

Original book source: Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz 1885, Gera, Germany. Permission granted to use under GFDL by Kurt Stueber. Diese Bild ist gemeinfrei.
Quelle:  www.biolib.de

Systematik:

Ordnung: Kardenartige (Dipsacales)
Familie: Moschuskrautgewächse (Adoxaceae)  
Gattung: Schneeball (Viburnum)
Art: Gewöhnlicher Schneeball
Wissenschaftlicher Name: Viburnum opulus
Volkstümliche Bezeichnung:  Gemeiner Schneeball, Herzbeer, Blutbeer, Dampfbeere, Drosselbeerstrauch, Geißenball, Glasbeere, Schlangenbeere, Wasserholder, Wasser-Schneeball
Englischer Name: cramp bark
Im Buch von Professor Dr. Rudolf Schubert ,, Pflanzennamen und botanische Fachwörter" steht unter Viburnum :  Gattung: Geißblattgewächse (Caprifoliaceae).
Die Gattung wurde wohl früher in die Familie  Caprifoliaceae einbezogen.

Bild 03 Viburnum opulus

Die Blätter sind gegenständig und lang  gestielt; ein Blatt ist schon von Larven zerfressen. Die kugelförmigen Früchte sind scharlachrot und glänzend. Die Früchte sind ca. 10 mm groß, mit einem 6 – 9 mm großen, abgeflachten Steinkern. Die Früchte sind ungenießbar (ausgesprochen sauer)  und werden teilweise auch von den Vögeln verschmäht, sie bleiben auch im Winter am Strauch. Sie enthalten den Bitterstoff  Viburnin, Gerbstoffe, Saponin sowie Pektin.
Hier im Forum habe ich noch drei interessante Beiträge zum Schneeball gefunden.

Jörg: Runzelblättriger Schneeball https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=5077.0

Hans-Jürgen: Birkenblättriger Schneeball https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=11407.0

Klaus Herrmann: Runzelblättriger Schneeball https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4762.0

Bild 04 Schnittstellen Viburnum opulus

Stiel am Grund mit einigen fädigen Fortsätzen. Junge Triebe sind kahl. Abgeschnittene Zweige haben einen unangenehmen baldrianähnlichen Geruch.

Spross, Querschnitt, 20 µm

Bild 05 (Reichert - Schnittenmikrotom)


Arbeitsanleitung:

Original Färberezept siehe Seite von Herrn Armin Eisner http://www.aeisner.de/
W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf :

Spross und Blattstiel wurden frisch geschnitten. Anschließend habe ich  die Schnitte für etwa 20 Minuten in AFE III  fixiert.
1. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
2. Vorfärbung Acridinrotlösung 8 Min.
3. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
4. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca. 12 Sekunden !!!.
5. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
6. Nachfärbung Astrablaulösung 2 Minute.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 4 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).
7. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
8. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % ).
9. Als letzte Stufe vor dem Eindecken Xylol einsetzen.
10. Einschluss in Entellan.

Ergebnis :

Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.

Fotos: Nikon D5000, die Übersichtsaufnahmen wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.


Bild 06  Übersicht, Viburnum opulus

Die Übersichtsaufnahme  wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.

Bild 07   Vergrößerung  aus der Übersicht mit Beschriftung, Viburnum opulus

CU = Cuticula, EP = Epidermis, H = Hohlraum, R = Rindenparenchym, Sk = Sklerenchym, P = Phloem, X = Xylem, T = Trachee, PX = Protoxylem, MP = Markparenchym

Bild 08  Vergrößerung aus der Übersicht, Viburnum opulus


Bild 09 Starke Vergrößerung, Viburnum opulus

Xylem mit Tracheen

Bild 10 Starke Vergrößerung, Viburnum opulus

Markparenchymzellen

Bild 11  Polarisation, Viburnum opulus


Bild 12  Polarisation, Viburnum opulus


Bild 13 AF – Fluoreszenzaufnahme, Spross,  Viburnum opulus

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3
Watt LED, Sperrfilter LP 519 IF.

Blattstiel, Querschnitt, 40 µm

Bild 14  Übersicht, Viburnum opulus

Das zentralen Leitbündel des Blattstiels, das sich hufeisen-förmig um das Markparenchym schließt ohne einen kompletten Ring zu bilden.
Der Gesamtdurchmesser des Blattstiels beträgt ca. 4 mm.
Die Übersichtsaufnahme  wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.

Bild 15  Vergrößerung aus der Übersicht mit Beschriftung, Viburnum opulus

STP = Strahlenparenchym, XY = Xylem, PH = Phloem, RP = Rindenparenchym, HY = Hypodermis, EP = Epidermis, CU = Cuticula
Keine  gestielten Sternhaare.

Bild 16 Viburnum opulus, schwarz/weiß Vergrößerungen und W-3A-Färbung


Bild 17  Blattstiel Viburnum opulus

Eines der beiden Nebenleitbündel

Bild 18 AF – Fluoreszenzaufnahme, Blattstiel,  Viburnum opulus

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 519 IF

Bild 19 AF – Fluoreszenzaufnahme, Blattstiel,  Viburnum opulus

Fluoreszenzaufnahmen mit Anregungswellenlänge RoyalBlue mit 455 nm, 3 Watt LED, Sperrfilter LP 519 IF


Literaturhinweis und Quellen:

Kosmos-Baumführer Europa, ISBN 978-3-440-11741-5
Schmidt, Peter A. / Hecker, Ulrich: Taschenbuch der Gehölze; ISBN 978-3-494-01448-7
Ben-Erik van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart; ISBN 3-8047-2069-2, 2004.
Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen; Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg.
Schubert – Wagner: Pflanzennamen und botanische Fachwörter, 1961
Wikipedia; Freie Enzyklopädie.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen



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Rolf-Dieter Müller

Zitat von: Hans-Jürgen Koch in September 05, 2012, 18:59:33 NACHMITTAGS
... Fossil  ist Viburnum seit der Oberen Kreide  (97,5 - 65 Mio. Jahre) nachgewiesen.
...

Lieber Hans-Jürgen,

ein schöner Bezug zu den von Dir gezeigten Schnitten des Gewöhnlichen Schneeballs.

Am besten gefallen mir Deine Bilder 06, 07 und 08. Dagegen verliert Bild 15 und 16 an Qualität.

Ich wollte Dich schon nach einer Erklärung fragen, sehe die Antwort aber beim zweiten Durchlesen Deines Beitrages selbst. Es ist die Schnittdicke was den Unterschied in der Abbildungsqualität ausmacht.

Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter

koestlfr

Hallo Hans-Jürgen!

Tolle Bilder, toller Beitrag - systematische Arbeit!

Eine Anregung: ich würde bei den letzten beiden Fluoreszenzaufnahmen die "Tiefen", dunklen Bereiche anheben oder noch besser, ein HDR machen.

Liebe Grüße
Franz
Liebe Grüße
Franz

Hans-Jürgen Koch

Lieber Rolf-Dieter,

danke für Deine Stellungnahme. Der Blattstiel vom Gewöhnlichen Schneeball hat eine ungewöhnliche Form. Er ist nicht so stabil, wie es auf dem Bild 04 scheint. Leider waren alle Schnitte unter 40 µm unbrauchbar, daher auch die schlechtere Abbildungsqualität.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"

Hans-Jürgen Koch

Hallo Franz,

danke für Dein Lob. Ich musste erst einmal nachsehen was HDR bedeutet.
Erklärung zu HDR:
HDR Fotografie ist das "Übereinanderlegen" von unterschiedlich belichteten Fotos
ein und desselben Motivs.
Wenn ich das HDR Programms namens ,,Photomatix ,, erwische, wird eine Testreihe durchgeführt.

Gruß
Hans-Jürgen
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Jan Kros

Lieber Hans-Jürgen
Schön wieder etwas von dir zu hören und sehen.
Wunderschöne Schnitte und gut dokumentiert
Herzlichen Gruss
Jan

koestlfr

Hallo Hans-Jürgen!

Definition nach Wickipedia: "Ein High Dynamic Range Image (HDRI, HDR-Bild, ,,Bild mit hohem Dynamikumfang") oder Hochkontrastbild ist ein digitales Bild, das die in der Natur vorkommenden großen Helligkeitsunterschiede detailreich speichern kann. Herkömmliche digitale Bilder, die dazu nicht in der Lage sind, werden hingegen als Low Dynamic Range Images oder LDR-Bilder bezeichnet."

Ich habe Photomotiv Pro und muss nur manchmal die Abstufung korrigieren - eine Testreine hat es von mir nie verlangt.

Nein, theoretisiert genug - der Vorteil ist, dass du in den dunklen Bereichen volle Durchzeichnung bekommst und wie in einem anderen Beitrag schon erwähnt, das Rauschen verringert wird.

Liebe gestapelte Grüße
Franz
Liebe Grüße
Franz

Hans-Jürgen Koch

Hallo Jan,
danke für Dein Lob.

Gruß in die Niederlande
Hans-Jürgen

Hallo Franz,
danke für Deine Ausführung  zum HDR-Bild.

Gruß
Hans-Jürgen

Hallo Rolf-Dieter,

ich habe mich heute noch einmal mit den Bildern vom Blattstiel beschäftigt.
Bild A

Das Foto ist unmittelbar nach dem Eindecken entstanden.

Bild B

Aufnahme  24 Stunden später.
Der Qualitätsunterschied ist sichtbar. Ich sollte doch etwas mehr Geduld haben und warten, bis das Eindeckmittel durchgetrocknet ist.

Zum Abschluss noch ein Bild vom Nebenleitbündel des Blattstieles.
Bild C

Die Schnittstärke beträgt bei diesen drei Fotos 40 µm.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen

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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

einmal mehr vielen Dank für Deine schöne Dokumentation!

Du solltest Deine Aufnahmen frühestens 48 Stunden, besser noch 72 Stunden nach dem Eindecken mit Euparal machen. Die Bilder sind sonst leicht "schlierig". An der Schnittdicke kann es eigentlich nicht liegen - ich selbst schneide grundsätzlich so um die 50 µm. Wenn Du dann noch nicht zufrieden bist, solltest Du über das Stacken nachdenken.

Herzliche Grüße
Jörg
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Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

Lieber Jörg,

danke für Deine netten Worte. Bei meinem nächsten Beitrag werde ich geduldig 3 Tage warten und dann erst die Schnitte fotografieren.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
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Rolf-Dieter Müller

Zitat von: Hans-Jürgen Koch in September 06, 2012, 17:38:06 NACHMITTAGS
...
Bild A
Das Foto ist unmittelbar nach dem Eindecken entstanden.

Bild B
Aufnahme  24 Stunden später.
...
Der Qualitätsunterschied ist sichtbar.
...
Die Schnittstärke beträgt bei diesen drei Fotos 40 µm.
...

Hans-Jürgen, von mir auch meinen Dank, besonders für diesen Vergleich, den wir künftig als Referenz nehmen können wie sich die zunehmende Aushärtung des Eindeckmittels vorteilhaft für Abbildungsqualität ist.

Wobei Du aber auch gezeigt hast, das dünne Schnitte, in diesem Fall so um die 20 µm dick, durchaus mit gutem Ergebnis zeitnah nach dem Einschließen  fotografiert werden können.

Ein Hinweis noch zu der von Franz (koestlfr) vorgeschlagenen HDR-Aufnahme. Ich habe dafür kein besonderes Programm. AxioVision light und Photoshop Elements sind meine einzigen Programme für die nachgelagerte Aufbereitung von Mikrofotos und mehr brauche ich auch nicht. Photoshop Elements hat eine integrierte Funktion mit der ich alle meine HDR-Bilder mache.

Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter