Botanik: Extraflorale Nektarien am Blattstiel vom Gewöhnlichen Schneeball *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, September 16, 2012, 17:57:18 NACHMITTAGS

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

am Blattstiel vom Gewöhnlichen Schneeball (Viburnum opulus) gibt es etwas Besonderes.
Der rötliche, kräftige Blattstiel ist 5 cm lang, kahl und besitzt nahe seiner Basis zwei bis vier oder mehr scheibenförmige Nektardrüsen.

Bild 01 Extraflorale Nektarien am Blattstiel vom Gewöhnlichen Schneeball (Viburnum opulus)


Viele Pflanzen wie z. B. die Bruch-Weide, die Vogel-Kirsche und die Hunds-Rose sondern auch außerhalb der Blütezeit Nektar ab, in so genannten Extrafloralen Nektarien. Das sind Drüsen, die außerhalb der Blüten ("extrafloral") an verschiedenen Pflanzenteilen wie z.B. dem Blattstiel angelegt sind. Die süßen Sekrete werden von Ameisen aufgesucht - ,,Polizistenfutter" - . Während sie die Pflanze belaufen, stoßen sie auch auf Fressfeinde der Pflanze, oder z.B. deren Eier, und befreien die Pflanze von ihren Schädlingen. Ein gegenseitiges Geben und Nehmen, eine Symbiose.

Bild 02  Schnittstelle, Viburnum opulus

Die Nektarproduktion in den Drüsen ist in den ersten Wochen nach dem Knospenaustrieb besonders groß. Die Drüsenhöcker vom Gewöhnlichen Schneeball haben keinen auffälligen Duft.

Querschnitt durch den Blattstiel und die Drüse, 40 µm

Drei Fotos in schwarz/weiß mit Grünfilter. Einschluss in Glyzerin.

Bild 03  Übersicht, Viburnum opulus


Bild 04   Vergrößerung aus der Übersicht, Viburnum opulus


Bild 05  Starke Vergrößerung aus der Übersicht Viburnum opulus


Bild 06  Übersicht, Dunkelfeld, Viburnum opulus


Bild 07  Übersicht, Dunkelfeld mit Grünfilter, Viburnum opulus


W-3A-Färbung nach Wacker

Arbeitsanleitung:

Original Färberezept siehe Seite von Herrn Armin Eisner http://www.aeisner.de/
W-3A-Färbung nach Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau) modifiziert

Arbeitsablauf :

Vorbehandlung mit Klorix – Bleichmittel (1 Teil Klorix + 9 Teile Wasser)
1. Schnitte  liegen in 30 % Ethanol.
2. Aqua dest. 3x wechseln je 1 Minute.
3. Vorfärbung Acridinrotlösung 8 Min.
4. 1x auswaschen mit Aqua dest. .
5. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) ca.   12 Sekunden !!!.
6. 2 x auswaschen mit Aqua dest..
7. Nachfärbung Astrablaulösung 2 Minute.
Bei der Nachfärbung mit Astrablau eine Mischung aus Astrablau und Acriflavin im Verhältnis 4 : 1 verwendet (blau + gelb = grün).
8. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste auf dem Objektträger verbleiben.
9. Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol ( 99,9 % ).
10. Als letzte Stufe vor dem Eindecken Xylol einsetzen.
11. Einschluss in Entellan.

Ergebnis :

Zellwände blaugrün bis grün, verholzte Zellwände leuchtend rot, Zellwände der äußeren Hypodermis orangerot, Cuticula gelb, Zellwände der innenliegenden Hypodermis tiefrot.

Fotos: Nikon D5000, die Übersichtsaufnahme wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.

Bild 08  Übersicht, Blattstiel und Drüse, Viburnum opulus

Die Übersichtsaufnahme wurde mit ,,MagniFlash" erstellt.

Bild 09 Blattstiel und Drüse, Viburnum opulus

Eine mit Leitbündel versorgte Drüse. Das zartwandige Sekretionsgewebe ist meist oberflächlich gelegen und besteht aus umgewandelten Epidermiszellen, die manchmal von papillöser Beschaffenheit oder auch palisadenförmig gestaltet sind.

Literaturhinweis und Quellen:

Esau, Katherine ,, Pflanzenanatomie" 1969
Eschrich ,, Funktionelle Pflanzenanatomie" 1995
Haberland ,,Pflanzenanatomie" Dritte Auflage 1904
Wikipedia; Freie Enzyklopädie

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Lothar Gutjahr

Guten Abend Hans-Jürgen,

vielen Dank für diese hochinteressante Ausarbeitung. Als Laie denkt man, die Ameisen bewirtschaften die Pflanzen wie andere mit Kühen die Weide. Daß es da extra Leckerli gibt macht manches Verhalten verständlicher. Jetzt bin ich froh, daß ich hereingeschaut habe.

einen schönen Abend in den Norden

Lothar

David 15

Lieber Hans Jürgen,

Sehr Interessante Doku ! Wieder etwas Neues gelernt  :)

Viele Grüße
David
''Wir leben in einem gefährlichen Zeitalter. Der Mensch beherrscht die Natur, bevor er gelernt hat, sich selbst zu beherrschen.'' ( Albert Schweitzer)

Vorstellung: ''Hier''

Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für Deinen interessanten Beitrag! Die Ameisen-Futterstellen sind wirklich ein genialer Trick.

Herzliche Grüße
Jörg
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Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Mila

Lieber Hans-Jürgen,

dank Deines schönen und interessanten Beitrags habe ich eine Menge gelernt,

herzliche Grüße
Mila

Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

danke für Euer Interesse und das Feedback.

@ David,

die Erforschung der Pflanzenwelt ist spannend wie nie zuvor.
Ein sehr interessantes Buch zu diesem Thema ist z. B.: "Kluge Pflanzen" von Volker Arzt, ISBN 978-3-442-15672-6.

Mit freundlichem Gruß

Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"

Jan Kros


Hans-Jürgen Koch

Lieber Jan,

danke für Dein feedback zu den Nektarien.

Gruß in die Niederlande

Hans-Jürgen
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Gerne per "Du"

oxalatdruse

Lieber Hans-Jürgen,

zum einen schließe ich mich meinen Vorrednern an: sehr schöne Bilder der Präperate und informativer Text. Ich wusste gar nicht, dass es dieses Phänomen auch bei einheimischen Pflanzen gibt, mir war es nur bei der Gattung Passiflora / Passionsblumen bekannt, die extraflorale Nektarien zum selbem Zweck besitzen. Irgendwie assoziiert man solche faszinierenden Symbiosen meist mit irgendwas exotischen aus den Tropen, aber Augen öffnen lohnt sich auch in unseren Breiten immer und immer wieder!

liebe Grüße
Julia

Hans-Jürgen Koch

Liebe Julia,

ich freue mich, dass Dir mein Beitrag gefällt. Die Pflanzenanatomie ist ein sehr interessantes Gebiet. Viel Erfolg bei Deinem Biologiestudium.

Gruß nach Hessen

Hans-Jürgen
Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Detlef Kramer

Hallo Julia,

extraflorale Nektarien sind durchaus häufig. Ein markantes Beispiel: Vicia faba, die Saubohne. Wenn Du Dir im Frühjahr einmal eine Pflanze genau anschaust, wirst Du an den Nebenblättern kleine schwarze Flecken erkennen. Damit werden ebenfalls Ameisen angelockt.

Herzliche Grüße
Detlef
Dr. Detlef Kramer, gerne per DU

Vorstellung: Hier klicken

oxalatdruse

#11
Erstmal vielen Dank an Detlef und Hans-Jürgen!

Wird gemacht mit der Saubohne. Wenn nicht, werden jetzt noch an der Fensterbank welche unter katastrophalen Lichtverhältnissen als Versuchspflanzen gezogen.

Bisschen Offtopic: Aber wisst ihr ob schon mal die Knöllchen von den Rhizobien bei SCHMETTERLINGSblütler-Wurzeln hier mikroskopiert und mit Bildern eingestellt wurden? Wenn ich am 25.9. mein Mikroskop auspack, hätte ich dann ja was zu tun!

Grüße
Julia

edit: faupax erst lippen- statt schmetterlingsblütlern geschrieben. argh. das darf nicht passieren  :'(