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Apis m. Muskulatur

Begonnen von Jürgen H., Januar 11, 2013, 21:54:20 NACHMITTAGS

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Jürgen H.

Liebe Mitmikroskopiker,

Hier zeige ich Muskulatur der Mundwerkzeuge von der Honigbiene.



Die einzelnen Muskelfasern (längs von oben nach unten verlaufend) sind zu säulenartigen Gebilden zusammengefasst, die längs geschnitten sind. In einer zentralen Sarcoplasmaachse SPA liegen die zahlreichen Muskelkerne. Außen sind die Muskeln von einer Basalmembran, dem Sarcolemm SL umhüllt. Die Querstreifung der Muskulatur, oder die Unterteilung in anisotrope A-Banden AB und isotrope I-Banden IB ist ganz gut erkennbar. Und wo gearbeitet wird, muss Sauerstoff her. Daher finden sich im Bild auch einige quer geschnittene Tracheen oder Tracheolen T.

Paraffinschnitt knapp 4µ, Färbung in Hämatoxylin Ehrlich und Azophloxin, Aufnahme mit 63er Öl und ans Okular adaptierte Coolpix.

Schöne Grüße

Jürgen


derda

Hallo Jürgen,

vielen Dank für die schöne Aufnahme. Ich hätte nie gedacht, daß die Kerne so derart "perlenschnurartig" aufeinander folgen.

Viele Grüße

Erik


Alfons Renz

Lieber Jürgen,

Ein schönes Bild, und perfekt beschriftet! Die regelmäßige Anordnung der Banden in den Muskelfasern bietet sich geradezu an, diese mit Eisenhämatoxlin 'scharf' anzufärben und als Diffraktionsgitter zu verwenden!

Das müsste dann so ähnlich aussehen, wie dieses Präparat vom Muskel der Vertebraten:



Zur Nutzung solcher regelmäßiger Strukturen als Diffraktionsgitter gibt es ja schon einige Beiträge hier im Form.

Herzliche Grüße,

Alfons

Ronald Schulte

Jürgen,

Ein schönes Bild zeigst du aber was mir auffällt ist das die Kernen in die Mitte von die Zellen liegen.
Das weil, bei Saugetieren jedenfalls, die Kerne seitlich zu sehen sind. Bei glatte Muskelzellen liegen sie wohl in die Mitte.



Grüße Ronald
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
Leica/Wild M715 Stereomikroskop.
Mikrotom:
LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Jürgen H.

Lieber Erik

ZitatIch hätte nie gedacht, dass die Kerne so derart "perlenschnurartig" aufeinander folgen.

Ja , selbst die Abstände zwischen den Kernen scheinen annähernd gleich zu sein. Allerdings habe ich in Querschnitten eines Faserbündels auch schon einmal zwei Kerne nebeneinander gefunden.

Lieber Alfons! Das ist ja ein fantastisches Bild! Danke! Und ehrlich gesagt, ich habe mich schon geärgert, dass ich den Schnitt nicht in Eisenhämatoxylin gefärbt habe, um zu sehen, ob es bei diesem Muskel ein Z Band gibt und eine H-Zone. Anscheinend sind die Querstreifungsmuster bei den Insekten viel zahlreicher als bei den Vertebraten.



Lieber Ronald, Dank auch an Dich für das wunderschöne Muskelbild. Ich finde es großartig, wie ihr diesen Thread mit euren Bildern bereichert!

Übrigens gilt auch hier, dass die Muskeltypen anscheinend bei den Insekten wesentlich vielfältiger sind, als bei den Vertebraten,oder irre ich mich da?



Es gibt also durchaus nicht nur den Muskeltyp mit einer zentralen Achse, in der die Kerne aufgereiht liegen. Mich würde sehr interessieren, wann der eine, und wann der andere Muskeltyp gebraucht wird und warum der Zentralachsentyp offenbar aufgegeben worden ist. Bei Punkt d) ist dies klar: Es handelt sich um eine Spezialmukulatur zum Fliegen: Enorm leistungsfähig, was die Ausdauer und Bewegungsgeschwindigkeit angeht, mit großen Sarksomen, Mitochondrien, die die Kraftwerke der Zellen sind und die den großen Energiebedarf der Muskulatur decken und mit hoher Sauerstoffzufuhr: Die Flumuskeln werden geradezu von den Trachen "in Form" gehalten. Dieser Muskeltyp ist in der Leistung hingegen eher bescheiden, was das Maß der möglichen Verkürzung des Muskels angeht. Hierzu lese ich im Seifert, Entomologisches Praktikum, dass die Verkürzung des Muskels nur wenig mehr als ein Prozent der Muskellänge betragen soll: Fliegen kann das Insekt damit nur, weil ein Hebelmechanismus den Umfang des Flügelschlags enorm verstärkt.

Schöne Grüße

Jürgen

P.S.

Bilder beide aus dem Seifert. Ehre wem Ehre gebührt....

bewie

Hallo Jürgen,

vielen Dank für die Bilder und die interessanten Ausführungen! Ich staune immer wieder darüber, was es bei den Insekten alles an Variationen gibt. Wobei man wohl davon ausgehen kann, dass es für jede dieser Variationen einen evolutionären Grund gibt, oder?

Herzliche Grüße
Bernd Wiedemann

frfmfrfm

I do not understand much about it, but this very interesting.
Best regards, Francisco.

Jürgen H.

Thank you Francisco!

Lieber Bernd,

ZitatWobei man wohl davon ausgehen kann, dass es für jede dieser Variationen einen evolutionären Grund gibt, oder?

Zufall u n d Notwendigkeit, vielleicht, um Monod zu zitieren. Ich weiß leider zu wenig darüber.



Bei der Gelegenheit stelle ich kurz histologisch zwei völlig unterschiedliche Augenformen vor, die sich am gleichen Tier, der Honigbiene befinden.

Einmal das Komplexauge: Diese Augen sind uns von der äußeren Gestalt wohlbekannt. Hier ein Teil eines Querschnitts (sagittal)



Außen die Cornea C, gefolgt von den einzelnen Kristallzellen KZ. Die optische Abschottung der einzelnen Sehkomplexe, der Ommatidien erfolgt durch die Pigmentzellen PZ, die Umschaltung der Lichtsignale in elektrische Signale durch die eigentlichen Sehzellen, die Rhabdomere S. Die elektrischen Signale werden im ersten optischen Lobus, Teil des Gehirns G dann weiter ausgewertet.


Zum zweiten ein Ocellus. Heike hatte schon einmal einige "von außen" gezeigt. Vergleichsweise winzig. Beide Schnitte sind in der gleichen Vergrößerung dargestellt! Diese Ocellen sind so klein, dass es ziemlich Zufall ist, wenn man sie exakt trifft. Leider ist auch dieser hier nicht exakt median getroffen, man braucht also etwas Vorstellungskraft.



Bei L beginnt einen Schnitt später die große einheitliche Linse. K dürften Bildungszellen sein. Die Sehzellen S nehmen das von Linse geworfene Bild auf und wandeln es in elektrische Ströme um, die wieder vom Gehirn G weiter verarbeitet werden.

Welch Riesenunterschied: Während im Komplexauge tausende kleine Seheinheiten hinter tausenden kleinen Facetten liegen mit tausenden kleinen eigenen Kristallzellen, befindet sich beim Ocellus alles unter einer einzigen Sehlinse. Der gesamte Apparat ist nicht mehr in Einzelstücke zerteilt sondern zu einer einzigen Einheit verschmolzen und ähnelt insoweit schon unseren eigenen Augen.

Und hier noch ein Bild, dass ich früher bereits einmal gezeigt habe: Das Komplexauge unserer Stubenfliege.



Bei der Biene sitzen alle einzelnen Seheinheiten unter einer einheitlichen Cornea. Hingegen verfügt die Stubenfliege für jede Seheinheit über eine gesonderte abgetrennte Linse. Wenn man genau hinsieht, bemerkt man aber auch bei der Biene gesonderte Abschnitte in der Cornea.

Zufall oder Notwendigkeit?

Immerhin: Die Funktion der Ocellen soll eine völlig andere sein als die der Komplexaugen.

Schöne Grüße

Jürgen


Ronald Schulte

Jürgen,

Das sind ja fantastische Schnitte, Färbungen und dito Bilder. Da hast du dich richtig mühe gemacht, Toll!

Fehlt mir noch die Bezeichnung ' T'  im ersten Bild.
Auch wurde ich gerne wissen was die zwei Rosa Teile im Gehirn von das zweite Bild sind. Ich meine Endothelzellen zu sehen so konnte das vielleicht Blutgefäße voll mit Erythrozyten sein?

Grüße Ronald

ps ich finde es großartig das ab und zu mal was Histologisches vorbei kommt. Mir kommt es ab und zu vor als ob ich (fast) alleine bin!
Mikroskope:
Leitz Orthoplan (DL, AL-Fluoreszenz und Diskussionseinrichtung).
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LKB 2218 Historange Rotationsmikrotom.

Jürgen H.

Lieber Ronald,

T dürften Tracheen sein. Ich bin allerdings etwas wegen der Form unsicher. Sie ist möglicherweise präparationsbedingt. An dieser Stelle befindet sich jedenfalls regelmäßig eine gute Sauerstoffversorgung in feinen Tracheolen.

Zu den rosa Teilen im Gehirn füge ich zwei Bilder bei die ich mit dem 40er bzw. 63er Objektiven geschossen habe. Ich bin im oberen rosa Teil meines früheren Bildes aus dem letzten Beitrag:





Beim Insektenhirn bzw allen Ganglien ist es so, dass die Zellkörper der Nervenzellen, die Perikaryen außen um den Ganglienknoten herum liegen. Sie sind in den Bildern annähernd kreisrund, stark blau gefärbt und mit granulärem Inhalt zu erkennen. Die Perikaryen liegen deshalb außen, weil sie hier den besten Zugang zur Hämolymphe haben, die die Ganglienknoten umgibt. Insekten haben ja im Gegensatz zu uns Menschen kein geschlossenes Blutkreislaufsystem, in dem das Blut als Nähr und Sauerstofftransporteur zirkuliert. Vielmehr schwimmen alle Organe in der Hämolymphe, die den ganzen Insektenkörper ausfüllt. Wenn die Organe groß werden, hätte es die Nährflüssigkeit darum schwer, ins Zentrum der Organe zu gelangen. Daher werden die eigentlichen Zellkörper nach außen, in die Nähe der Hämolymphe, verlagert. Man sieht leicht: Bei größeren Tieren mit großen geschlossenen Organen, könnte dieses Prinzip kaum funktionieren. Da müssen Leitungen, Adern her, die durch das Organ führen.

Die Perikaryen strecken nun ihre Axone ins Zentrum. Das ist der rosa gefärbte Teil. Im zweiten Bild kann man das ganz gut erkennen.



Mehr tierische/menschliche Histologie wäre wirklich schön! Gut dass es Dich gibt!

Schöne Grüße

Jürgen

Ronald Schulte

Jürgen,

Danke. Jetzt ist es mir klar. Ich werde mich kommendes Frühjahr doch mal was Insektenkopfe in Technovit einbetten.

Grüße Ronald
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