Schneekristalle im Polmi

Begonnen von Dünnschliffbohrer, Januar 14, 2013, 21:03:07 NACHMITTAGS

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Dünnschliffbohrer

Liebe Foristen,
ich möchte hier kurz ein Experiment vorstellen, welches ich gerade eben durchgeführt habe.
Die Beobachtung von Schneekristallen im Lackabdruckverfahren  ist hier schon mehrfach erörtert worden. Der Vorteil davon ist, dass man Dauerpräparate erhält. Der Nachteil ist, das man nur die Kristallmorphologie bewahrt, aber nicht mehr die kristalloptischen Eigenschaften beobachten kann.
Bekanntlich schmelzen die Schneeflocken, sobald man sie ins warme Zimmer bringt. Die Untersuchungszeit lässt sich jedoch für eine rasche Beobachtung dadurch verlängern, dass man die Kristalle in entsprechend tief abgekühltem Benzin in einem Petrischälchen auffängt. Man muss sich aber trotzdem immer noch sehr beeilen, und schon alles vorbereitet haben! Zur Untersuchung eignet sich dann wegen dem dicken Gefäßboden aber nur noch ein umgekehrtes Mikroskop oder noch einfacher ein Stemi. Vom Vergrößerungsbereich reicht das aber vollkommen aus.

Ich habe dafür das Technival 2 mit der Polarisationseinrichtung genommen, aber leider (wie ich vorher zwar nicht ausgetestet, aber insgeheim befürchtet hatte) erwies sich die Plaste-Petrischale als doppelbrechend. Nächstes mal werde ich eine aus Glas nehmen. So ist das Bild zwar sehr bunt, aber doch nicht das, was ich angestrebt hatte. Auch ist die Kristallform der Flocken noch nicht das, was man sich wünscht. Dafür ist es wohl noch zu warm. Vieleicht sollte man auch eine etwas weniger flüchtige Substanz anstelle von Benzin verwenden. Das Foto soll daher nur belegen, dass die Methode funktioniert. Ich würde mich freuen, wenn hier andere Mikroskopiker  schönere Ergebnisse vorstellen können (Bitte ohne lambda-Plättchen!). - Dünnschliffbohrer



P. S.: Die Methode ist nicht von mir erfunden worden. Sie stammt vielmehr aus dem populärwissenschaftlichen Buch "Kristalle" aus dem VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, 1975, des bekannten Kristallographen J. Bohm, (Mitherausgeber des "Kleber"), der sich in einem eigenen Kapitel mit Schneekristallen beschäftigt. Ich möchte diese gelungene Einführung in die komplizierte Materie der Kristallographie allen Interessierten hiermit ans Herz legen.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

BergerN

Ich stelle mir gerade die Frage, warum es nicht eher umgekehrt gemacht wird:
Mikroskop im unbeheitzten Schuppen abkühlen lassen, inkl aller Präparateträger, und mit kaltlich Quelle, LED beleuchten.
Ginge das nicht auch?
Schließlich harren die richtigen Astronomen auch der Temperaturen...
N

plaenerdd

#2
Hallo BergerN
ich mache es immer so wie von Dir beschrieben: Mikroskop (in meinem Fall ein russisches MBS 10 von Lomo) wird im Schuppen gekühlt. Desgleichen das schwarze Papier, dass dann bei leichtem Schneefall raus gelegt wird. Beim MBS10 kann man direkt durch die Öffnung im Fuß mikroskopieren. Wichtiger Trick: Die Okulare dürfen nicht gekühlt werden, sonnst beschlagen sie. Die bleiben bis zum Einsatz in der Manteltasche.  Hier beim Einsatz in der Schule:



Ich dachte früher: Das Kühlen ist nicht nötig, wenn ich durch das größe Loch mikroskopiere, aber die Wärmestrahlung ist doch sehr gewaltig und man muss sich mit dem Fokussieren sehr beeilen, wenn man den Schneekristallen beim Schmelzen zusehen will.

Die Gewissensfrage, ob ich mein Mikroskop in den Frost stellen möchte (Stichwort "Delamination" von verkitteten Linsen), muss natürlich jeder selber entscheiden. Ich hatte damit noch keine Probleme.

Ein sehr guter Beitrag über Schneekristalle und ihre Erforschungsgeschichte war in der GEO 02/2005

Eisige Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Dünnschliffbohrer

Hallo N & Gerd,
natürlich kann man das Mikroskop den kalten Temperaturen aussetzen. Aber:

1) wäre mir dafür selbst das russische MBS 19 zu schade. Wenn es bisher gut gegangen ist, muss das ja nicht bedeuten das das Mikroskop auch in Zukunft immer wieder solche Temparaturwechsel verträgt. Nicht umsonst werden ja irgendwelche Geräte über längere Zeiträume mit wiederholten Temperaturänderungen in Klimakammern getestet. Dafür würde ich eher ein KMC nehmen, welches in der Bucht für 10 Eumel angeboten wird.

2) Mit der Methode habe ich aber keine Polarisation. Ein echtes Polarisationsmikroskop soll zur Vermeidung von Spannungsdoppelbrechung erst recht nicht Temperaturschwankungen ausgesetzt werden. Leitz empfahl bei Polarisationsmikroskopen, die für besonders kritische Untersuchungen eingesetzt werden sollten, diese auf +/- 1°C konstant klimatisiert aufzubewahren. Gut, das Technival ist zwar kein echtes Polarisationsmikroskop, aber trotzdem für zu schade um für so eine "Spielerei" möglicherweise geopfert zu werden.

3) Der Schneestern von Gerd ist trotzdem sehr schön.

Viel Spass beim Schneemikroskopieren - Dsb.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

plaenerdd

Hallo Dsb.
Zitat
Dafür würde ich eher ein KMC nehmen, welches in der Bucht für 10 Eumel angeboten wird
.
Leider beginnt der Vergrößerungsbereich des KCM bei 50x, was für Schneekristalle schon recht heftig ist. Ich habe das auch schon ausprobiert. Es geht! Für das KCM habe ich mir sogar eine einfache Poleinrichtung gebastelt: selbstklebende Polfolie unter den "Spezialobjektträger" geklebt (Polarisator). Unter dem Tisch ist da einfach zu wenig Platz. Analysator wird aufs Okular gesteckt analog zu diesem Beitrag:
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=14697.0

Das Problem ist allerdings die Blickebene: Man guckt i.d.R. von oben auf die flachen Kristalle und in dieser Richtung gibt es keine Doppelbrechung.

Deine benzingekühlten Schneekristalle schwimmen da schon etwas mehr durcheinander und geben in dieser Beziehung natürlich mehr her.  

Liebe Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph

Jürg Braun

Guten Morgen

Interpretiere ich die Abkürzung KMC als Kleinmikroskop C von ROW richtig?
Ich habe es auch damit versucht, wie jedoch oben beschreiben ist eine Vergrösserung von 50fach schon zu stark.

Gruss in die Runde

Jürg

plaenerdd

Hallo Jürg,
Deine Interpretation ist richtig und auch die Feststellung, dass die kleinste Vergrößerung schon etwas zu viel des Guten ist.
Grüße
Gerd
Fossilien, Gesteine und Tümpeln mit
Durchlicht: Olympus VANOX mit DIC, Ph, DF und BF; etliche Zeiss-Jena-Geräte,
Auflicht: CZJ "VERTIVAL", Stemi: MBS-10, CZJ SMXX;
Inverses: Willovert mit Ph