Unbekanntes Material aus einem merowingischen Grab

Begonnen von Archäonerd, Februar 05, 2013, 15:14:58 NACHMITTAGS

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#15
Nematoden hört sich schon mal gut an. Vielleicht auch ein Insekt und deren Nachkommen, in dieser Form.
Eines darf man nicht ausser acht lassen. Das ganze ist ca. 1500 Jahre alt. Da könnte es sich auch um eine Art/Gattung handeln, die es heute nicht mehr gibt.

Besteht die Möglichkeit, davon was ab zu lösen? Und mal unter dem Durchlichtmikroskop sich an zu sehen?

Ein Versuch vielleicht in KOH was zu kochen, damit es durchsichtig wird. Vielleicht lösst es sich nicht ganz auf. Vielleicht reichen 3% KOH.
Oder wenn das nicht funktionieren sollte mit KOH, in Calciumhypochlorid zu legen. Vielleicht wird es dadurch ein wenig durchsichtiger.

Nachtrag: Wie wurde die genau beerdigt? Wurde sie nach ihrem Ableben einfach nach einigen tagen bestattet? Balsamiert oder anders aufbereitet? Eine Übersichts Aufnahme vielleicht mal rein stellen, wo genau es am Körper gefunden wurde.

Dünnschliffbohrer

In einem alten kleinen Kosmos-Bändchen habe ich mal gelesen, dass Bodennemathoden diejenigen sind, die die beerdigten Leichen fressen. Nicht die landläüfig angeschuldigten Regenwürmer. Ich denke daher, dass es sich um ganz gewöhnliche Bodennematoden handelt, die keinen spezifischen Aussagewert haben. Die fressen halt alles, was in ihrer Reichweite ist, und es werden sicher die gleichen Taxa sein, die heute noch auf dem Friedhof die Leichen fleddern.

Zu der obsolethen Muskel-Hypothese:
Das war doch nur eine ganz oberflächliche Analogie. Die richtige Querstreifung sieht man doch eigentlich nur bei entsprechender histologischer Färbung, im Polmi, oder am besten im Dünnschnitt im TEM - aber doch wohl eher nicht im REM?
Aber es ist überhaupt kein Prozeß denkbar der zur Erhaltung von solchen Strukturen in einem Grab führen könnte, es ist ja schon aufwändig genug frisches Gewebe entsprechend zu fixieren, um es ohne all zu große Artefakte histologisch untersuchen zu können.
ZitatDas ganze ist ca. 1500 Jahre alt. Da könnte es sich auch um eine Art/Gattung handeln, die es heute nicht mehr gibt.
Nee, so schnell geht die Evolution nicht. Das ist sicher(!) eine der vielen rezenten für den Nichtspezialisten kaum zu bestimmenden Arten, die heute noch im Boden vorkommen.
ZitatEine Übersichts Aufnahme vielleicht mal rein stellen, wo genau es am Körper gefunden wurde.
Welche Aussage würde das beinhalten, ob der Wurm am Kopf, oder am Fuss, oder am Bauch gefressen hatte? Oder aus seiner Röhre aus Richtung Westen oder Osten herangekrochen kam? - Dünnschliffbohrer
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

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In einem alten kleinen Kosmos-Bändchen habe ich mal gelesen, dass Bodennemathoden diejenigen sind, die die beerdigten Leichen fressen. Nicht die landläüfig angeschuldigten Regenwürmer. Ich denke daher, dass es sich um ganz gewöhnliche Bodennematoden handelt, die keinen spezifischen Aussagewert haben. Die fressen halt alles, was in ihrer Reichweite ist, und es werden sicher die gleichen Taxa sein, die heute noch auf dem Friedhof die Leichen fleddern.

Dann müsste ja so was schon aufgetaucht sein. Archäonerd hat bestimmt nicht erst seine erste Ausgrabung gemacht. Und andere werden sich das bestimmt auch angeschaut haben. Das sollte nicht so schwer sein, heraus zu  bekommen, ob solche Gebilde oft vor kommen. Ich verstehe das eher so, das es ziemlich ungewöhnlich ist.

Zitat
Nee, so schnell geht die Evolution nicht. Das ist sicher(!) eine der vielen rezenten für den Nichtspezialisten kaum zu bestimmenden Arten, die heute noch im Boden vorkommen.

Damals war der Boden bestimmt anders beschaffen als heute. Damals gab es bestimmt auch mehr grün, Flüsse, Wald oder oder oder in der Gegend.
Im laufe der 1500 Jahre, hat sich das Gebiet sicher verändert. Wie auch bei Flechten z.B., können solche Veränderungen Auswirkungen haben. Da wir ja nicht wirklich bisher Wissen, worum es sich handelt,
sollte man alles in Betracht ziehen.

Zitat
Welche Aussage würde das beinhalten, ob der Wurm am Kopf, oder am Fuss, oder am Bauch gefressen hatte? Oder aus seiner Röhre aus Richtung Westen oder Osten herangekrochen kam?

Wir Wissen ja noch gar nicht, worum es sich handelt. Vielleicht hatte die Person einen Parasiten im Körper und ist daran gestorben. Vielleicht wurde der Tote nicht gleich begraben, sondern aufgebahrt und Insekten konnten dort
ihr Gelege ablegen.

Da wir ja immer noch nicht Wissen worum es sich handelt und wir auch noch bisher die Umstände nicht kennen, wie so eine Beerdigung von statten ging, können wir doch genug Vermutungen aufstellen.
Früher sind die Leute nicht nur im Krieg oder alter gestorben. Es gab auch genug Krankheiten, die bestimmt das erklären können. Darum die Frage, wo genau es sich befand. War es z.B. nur im Bauchraum, könnte es sich um
einen Darmparasiten gehandelt haben.

Wie gesagt, alles Spekulationen. Aber besser als nichts  :D



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#18
Betrachten wir das ganze doch mal anders. Vielleicht gibt das mehr Aufschluss, wenn wir mehr vom ganzen was erfahren.

Bilder vom Grab
Grabbeigaben wie Obst, Gemüse, Getreide usw.
Bilder des Toten und wo die Stelle/Stellen sind, wo diese Gebilde zu sehen sind
Wie wurden die Toten vorbereitet und in was für einem Zeitraum
Beschafenheit des Bodens
Bilder der Umgebung (Wald gegend oder Flussufer usw.)
Besonderheit des grabes wie die Fundort Höhe oder Klima

Warum ist das nur an einer Stelle (Wir Wissen ja nicht ob es noch mehr solche Gebilde gibt)? Warum sind dort die Gebilde auch gestorben und haben sie sich nicht auf der Leiche verteilt?

Ich finde, man sollte nicht nur die Leiche in Betracht ziehen, sondern auch das Umfeld. Was anderes machen Kriminologen auch nicht. Sie schauen sich auch nicht nur die Leiche an,
sondern auch die Umgebung und was sonst alles in der Nähe des toten so zu sehen gibt.

1500 Jahre ist eine lange Zeit. Da kann vieles passiert sein oder hat sich verändert.

TPL

#19
Hallo zusammen,
auch wenn spektakuläre Erklärungen über Lebewesen aus der Zeit des Verstorbenen sicher einen viel größeren erzählerischen Reiz hätten und den Forscherdrang beflügeln: seit der Scholastik gibt es das sogenannte Sparsamkeitsprinzip (Ockham's razor/knife, Ockhams Rasiermesser). Mir scheint es, dass Dünnschliffbohrers Argumentation wesentlich weniger (zumindest weniger komplexe) Hypothesen erfordert, als die der Erhaltung von Lebensformen aus der Zeit des Bestatteten.

1500 Jahre sind tatsächlich eine lange Zeit, aber Evolution hat dann doch nochmal einen längeren Takt.

Gute Nacht, Thomas

Archäonerd

Hallo Zusammen!
Nach unserem 2-wöchigen Ausfall sind wir wieder am Start...
Vielen Dank für die lebhafte Diskusion über unser Thema! Die Anregungen, besonders von Alfons haben uns sehr weitergeholfen. Jetzt wissen wir auf was wir achten müssen und wie wir an weitere Proben herangehen...
Wir halten euch auf dem Laufenden....

LG
Archäonerd

the_playstation

#21
Kann gelöscht werden.
Liebe Grüße Jorrit.
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

Alfons Renz

Nochmals,

Falls es sich wirklich bestätigen sollte, dass es sich bei den fraglichen Strukturen um Nematoden aus der ursprünglichen Grablege handelt, und dies in einer so perfekten Erhaltung, dann wäre dies tatsächlich ein 'Knüller' => Nature-verdächtig! Denn was 1000 Jahre übersteht, das könnte gewiss auch geologische Zeiten erhalten bleiben. Ob nun die Oberflächenstruktur allein für eine taxonomische Zuordnung ausreichend wäre, ist sehr fraglich und als Merkmal sicher nicht in größerem Umfang hierfür eingesetzt worden. Aber dann gäbe es hierfür jetzt einen gewichtigen Grund! Und man könnte/sollte im vorliegenden Fundmaterial nach taxonomisch relevanten Strukturen suchen: Kopf mit Amphiden und Papillen, Vulva beim Weibchen, Hinterende mit Papillen, Gubernaculum und Spicula beim Männchen.

In diesem Zusammenhang kann ich es mir nicht verkneifen, auf die Bedeutung der Nennung von Klarnamen im Mikroforum hinzuweisen. Manchmal hilft ja schon ein kleiner Hinweis, dass ein vom Laien aufgelesener Kiesel vom Fachmann als Diamant erkannt wird. 

Mit herzlichen Grüßen,

Alfons Renz