Gusseisen Gefügebilder ... mal was ganz anderes ?

Begonnen von Robert Weichsel, Februar 10, 2013, 12:14:16 NACHMITTAGS

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Robert Weichsel

Hallo liebe Mikrofreund

Hier mal was ganz anderes, es ist eher kein Rätsel?
Der eine oder andere wird es sofort ekennen! was das ist...oder?
Es geht um eine Bezeichnung dieser Materie, diese enthält für dieses relativ! viel Kohlenstoff
hat aber nichts mit Biologie oder organischer Chemie zu tun.

SW Aufnahme ( Farbe bringt nichts)
Auflicht Objektiv Epiplan HD 40/0,85
Bildgrösse ca. 220x170 um


[img]http://www.bilderload.com/archiv.html?seite=1&bild=287721&bild_name=j0Z069.jpg/img]

Robert

Robert Weichsel


olaf.med

Lieber Robert,

Cementit (Fe3C) in Stahl???

Jedenfalls sehr schöne Verwachsungen (und ich glaube das erste Rätsel in 3 Jahren, bei dem ich eine Chance auf eine richtige Lösung habe).

Herzlichen Dank und Gruß,

Olaf
Gerne per Du!

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Heiko

Hallo Robert,

hätte ich ohne Olafs Detailkenntnisse auch vermutet: vielleicht die Oberfläche einer Klinge.

Gruß, Heiko

Robert Weichsel

Hallo Olaf und Heiko
Hervorragend ich erkenne Ihr kennt euch in dieser Materie aus

Ihr liegt schon ganz richtig!
Hier handelt es sich um ein Phasengemisch dies besteht aus Austenit und ZEMENTIT
einem eutektischen Gemisch (2,06-6,67%C), benant nach einem Herren Ledebur
also Ledeburit, bei Raumtempemperatur zu einem grossen Teil Zementit Rest Perlit....

Heiko
bei diesem Teil handelte es sich um ein nicht bearbeitbares (zu hartes )
Gusseisenteil also um einen Materialfehler (Ausschuss).

Robert

olaf.med

Danke, Robert, für das Zeigen dieses tollen Gefüges! Ich bin sicher, dass hier von einigen Nutzern weitere werkstoffkundliche Beiträge evtl. sogar mit ausführlicher Beschreibung und Phasendiagrammen sehr geschätzt würden.

Ich hatte übrigens einen Wissensvorsprung und war mir meiner Sache gleich sehr sicher. Vor gefühlt Tausend Jahren habe ich eine Diplomarbeit am gediegen Eisen vom Bühl bei Kassel und Ovifak in Grönland angefertigt, die mir viel Freude bereitet hat. Das sind Eisenmassen, die durch einen natürlichen Hochofenprozess beim Durchschlagen von basaltischen Schmelzen durch Kohleflöze entstanden sind und in denen es sehr ähnliche Gefüge gibt. Wir Mineralogen nennen nur den Cementit (oder Zementit?) Cohenit, aber das ist lediglich eine nomenklatorische Frage.

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

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Ulrich S

Hallo Olaf,
sehr interesantes Thema hattes Du da. Bei uns in der "Meteoriten-Fraktion" dienen Proben beider Fundorte immer als irdische Analoga zu den Mesosideriten bzw als Demo für Pseudometeoriten (Meteorwrongs).
Ist die Arbeit irgendwo zugänglich?
Grüße
Ulrich
Es kommt immer anders wenn man denkt

olaf.med

Hallo Ulrich,

es gibt eine Publikation, die Daten dazu muß ich mal raussuchen, evtl. finde ich aber auch noch ein komplettes Exemplar der Arbeit. Da ich nicht mehr regelmäßig ins Institut gehe kann es ein paar Tage dauern. Wenn Du länger nichts von mir hörst erinnere mich bitte. Du weist schon, der Alzheimer....

Herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

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moräne

Hallo Robert
Da hat Olaf recht
Auch ich wäre an solchen Gefügebildern interessiert.
Noch mehr:
wo könnte man metallographisches Material erhalten?
Ich meine damit geätzte Anschliffe von Metallen
Grüße
Gerd

wilfried48

Hallo Robert,

auch ich wäre an solchen Bildern weiterhin sehr interessiert.
Gerne auch weniger als Rätsel sondern mit  der Beschreibung, wie man so etwas präpariert, mikroskopiert
und was man in den Bildern genau sieht.

Ich stelle mir das analog zu den Pflanzenschnipplern vor, deren Erklärungen (siehe  z.B. die sehr schönen Darstellungen von Fahrenheit, Koch etc.)
man auch als biologischer Laie in etwa nachvollziehen kann.

Also so zu Einstieg etwa auf dem Niveau von "Metallkunde für Dummies". Vielleicht bildet sich ja dann mit der Zeit eine kleine Fangemeinde ?

viele Grüsse
Wilfried

vorzugsweise per Du

Hobbymikroskope:
Zeiss Axiophot,  AL/DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Axiovert 35, DL/Ph/DIC/Epi-Fl
Zeiss Universal Pol,  AL/DL
Zeiss Stemi 2000 C
Nikon Labo-/Optiphot mit CF ELWD Objektiven

Sammlung Zeiss Mikroskope
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=107.0

the_playstation

Hat schon mal Jemand Aufnahmen von Widmanstätten-Strukturen gemacht?
Die Realität wird bestimmt durch den Betrachter.

Robert Weichsel

Hallo Mikrofreunde
offensichtlich besteht ja Interesse an der Metallographie, freut mich natürlich (aber)
leider verfüge ich nur über eine geringe Anzahl metallographischer Schliffe und
diese sind (altersbedingt) leider nur noch bedingt für eine Präsentation geeignet.
Zur Zeit hab ich leider auch keine Möglichkeit diese entsprechend zu bearbeiten!

Ich zeige hier noch eine ältere Aufnahme von einem Gussmaterial
Bez. EN-GJV  ein Material mit hohen Festigkeitswerten... (im Vergleich zu EN-GJL)

Das Grundgefüge hier ca. 70% Ferrit und 30% Perlit.
Der Graphitanteil teilt sich in eine Anteil von ca. 30% Sphärolite
und 70% Vermicurgraphit (das sind keine Lamellen )




Gruß Robert

olaf.med

Lieber Robert,

herzlichen Dank für das neue Bild. Ich beginne mal mit einer Interpretation (bzw. Beschreibung), damit auch die weniger Auflichterfahrenen etwas nachvollziehen können. Du berichtigst und ergänzt, so können wir uns die Bälle zuspielen.

1. Ferrit hat das höchste Reflektionsvermögen und ist in Deinem Bild chremefarben und unstrukturiert.

2. Perlit (eine orientierte Verwachsung von Eisen und Zementit, Fe3C) ist schmutzigbraun und das Gefüge zwischen Kohlenstoff-reichen und Kohlenstoff-armen Bereichen ist in dieser Vergrößerung nicht auflösbar.

3. Graphit ist dunkelgrau, es gibt zwei verschiedene Varietäten: a) Kugeln (Sphärolithe) b) Würmer (Vermicurgraphit). Hier wäre eine polarisationsoptische Aufnahme sicher ganz schön, weil man dann die Unterschiede der Orientierung der Kristalle in den Sphärolithe und den Würmern besonders gut sehen würde.

Interessant ist vor allem, dass es um den Graphit herum ausschließlich Ferrit gibt und nie ein Kontakt zum Perlit zu sehen ist. Die Graphite ziehen also, wie ein Staubsauger, den Kohlenstoff (durch Diffusion?) an.

Warum ist dieses Gefüge besonders fest???

Ist das so etwa richtig?

Ach ja, nur noch eine Bemerkung an die Fraktion der Nicht-Festkörper-Mikroskopiker: Solche Bilder mögen zunächst viel weniger spektakulär sein als die von den wunderschönen Einzellern, die Frank, Heike oder Päule etc. etc. zeigen, aber sie sind für das Verständnis der Festkörpereigenschaften äußerst wichtig. Sie haben also eine große technische Bedeutung.


Ist ja gut, der Oberlehrer ist wieder still..... ;D

Trotzdem herzliche Grüße,

Olaf
Gerne per Du!

Vorstellung: http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4757.0

... und hier der Link zu meinen Beschreibungen historischer mineralogischer Apparaturen:
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Hugo Halfmann

Herr Oberlehrer,

bitte nicht stille sein, sondern weitermachen ! Ich finde das - trotz annähernd Nullahnung - hochinteressant.

Wie werden solche Anschliffe hergestellt?
Viele Grüße aus dem Bergischen Land

Hugo Halfmann

Robert Weichsel

Herstellung von metallographischen Präparaten (Schliffen)                     12.02.13
von Gusseisen und Stahl                     
Kurzanleitung                  
Um metallographische Untersuchungen durchzuführen                     
                     
1.    Metallprobe aus dem zu untersuchenden Materialstück heraustrennen                  
   Dies wird am besten mit einer Säge oder Trennscheibe durchgeführt.                  
   Um thermische Gefügeveränderungen zu vermeiden muss                  
   dies unter Wasserkühlung durchgeführt werden.                  
   Die Probenoberfläche sollten nicht zu gross ausfallen                  
   am besten nicht grösse 2x2 cm und nicht höher 2cm                  
                     
2.   Diese Oberfläche wird mit SiC od. Korund Schleifpapier grober Körnung ca.120er                  
   vorgeschliffen .                  
                     
3.   Schleifen:                  
   Weiter geht's nass mit SiC Schleifpapier                   
   mit den Körnungen:                    
   ( nur eine Richtreihe!)      240            
         320            
         600            
         800            
         1200            
   dazwischen immer gut abspülen!                  
   man schleift immer quer zur vorherigen Schleifrichtung                  
                     
4.   Polieren:                  
   am besten mit einer Diamantsuspension 3um unter Zugabe von einem                  
   Schmiermittel (vermutlich handelt es sich dabei um ein  Glykol??)                  
   man kann natürlich mit noch feinere Diamatsuspensionen weiterpolieren!                  
   Nach dem polieren ist diese Oberfläch sofort abzuspülen und zu trocknen                  
   (am besten mit Propanol spülen und mit einem Föhn trocknen)                  
                     
   eine Preisgünstigere Variante ist das polieren mit Al2O3 ....                  
                     
   Zur mikroskopischen Beurteilung der Graphitausbildung bei Gusseisen GJL, GJS, und GJV                  
   kann sollte diese Probe vor dem anätzen untersucht werden.                  
                     
5.   Anätzen:                  
   Anätzen der Oberfläche von Gusseisen zur Sichtbarmachung des Perlit und Ferrit                  
   in den meisten Fällen arbeitet man mit einer ca. 2-3%igen alkoholischen Salpetersäure.                  
   oder einer 1-2%igen alkoholischen Pikrinsäure.            (Vorsicht: mit Schutzbrille arbeiten)      
                     
   Für das anätzen taucht man die Probe zum Beispiel in einer Petrieschale für weinge sec.                  
   (ca. 3-10 sec.) in diese Lösung für perlitisches Gefüge etwas kürzer, das muss man testen!                  
                     
   danach wird diese Probe mit Wasser und Alkohol abgespült und mit dem Föhn getrocknet.                  
                     
6.    Mikroskopieren: Im Auflicht!                  
   In den meisten Fällen wird eine 100fache Vergrösserung 10er Objektiv 10er Okular zur                  
   Betrachtung verwendet, die Struktur von feinperlitischem Gefüge ist erst bei stärkerer Vergrösserung                  
   erkennbar!   einfach testen.                  
   P.S.                  
   zu den Punkten 2-4 werden meist rotierende Schleif-poliergeräte eingesetzt!                  
   ( von Hand geht das Auch aber!!...)                  
                     
                     
   Gruss                   
   Robert