Kompensation der Schichtdicke bei Objekten in Wasser (Trockenobjektive)?

Begonnen von JB, Februar 11, 2013, 23:07:57 NACHMITTAGS

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JB

Hallo Forum,

Das Problem:
Aus zwingenden technischen Gruenden muss ich einige Objekte in grosser Schichtdicke photographieren. Die Objekte sind ca. 200 um tief in Wasser eingebettet. Bei geringen Vergroesserungen ist dies nicht so problematisch; beim 40er Trocken-Objektiv zeigt die Abbildung aber stoerende Unschaerfe. Nach meinen Recherchen ist diese Unschaerfe hauptsaechlich auf sphaerische Aberration zurueckzufuehren. Normalerweise wuerde man empfehlen die Schichtdicke zu verringern oder ein Immersionsobjektiv zu verwenden; das ist hier aber leider nicht moeglich.

Meine Fragen:
A) Gelegendlich wird empfohlen die erhoehte Schichtdicke im diesem Fall mit der Verwendung eines duenneren Deckglaeschens (teilweise?) auszugleichen http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=7856.0

Stimmt das? Die duennsten Deckglaeschen auf dem Markt (Groesse 0) haben eine Dicke von 100 um.

B) Kennt jemand dazu eine Literaturstelle? Ich habe kein Problem neuere Veroeffentlichungen zu finden, in denen solche Berechnungen fuer Oelimmersionen angestellt werden. Weil dies fuer Konfokalmikroskope wichtig ist, wurden fuer hochaperturige Objektive (1.30 oder 1.40 Oel) die PSF in Abhaengigkeit von der Schichtdicke in Wasser berechnet und auch experimentell ermittelt. So weiss man genau ab welcher Schichtdicke der Kontrast auf 50% des Ausgangswertes abgefallen ist (es sind nur 10-30 um).

Gibt es solche Berechnungen oder Experimente auch fuer Trockenobjektive mittlerer Apertur? Insbesondere 40er mit NA=0.7 oder 0.75? Vielleicht ist das ja in der aelteren Literatur versteckt. Und welche Schichtdicke waere mit Deckglaeschen der Dicke 100 um maximal moeglich?

C) Durch Verringerung der Apertur sollte man die durch die sphaerische Aberration erzeugte Unschaerfe eindaemmen koennen. [darf ich das Wort "scharf" hier ungestraft verwenden? :) ]

Spielt es eine Rolle ob man die Apertur am Kondensor verringert oder durch die Wahl des Objektives?

Wuerde ich durch Verwendung eines 40er Objektives NA=0.60 ein schaerferes Bild erhalten als durch Verwendung eines 40x NA=0.75 das ich durch den Kondensor auf NA=0.60 abblende?

Vielen Dank fuer alle Hinweise!

Beste Gruesse,

Jon


Nomarski

Hallo Jon,

mir fällt zu dieser Problematik noch ein LD (Long Distance)-Objektiv ein. In dem Fall das LD-Plan 40/0,6 1,1-1,5 für Kammerböden. Wäre das nicht eine Möglichkeit?

Viele Grüße
Bernd

JB

Hallo Bernd,

Danke fuer den Hinweis. Mit Inversmikroskopen hatte ich mich auch schon beschaeftigt (das LD-Plan kann man nur durch den Objekttraeger hindurch benutzen). Ich muss aber hier beim aufrechten Mikroskop bleiben und mit den Trockenobjektiven auskommen. Tuempler kaempfen ja immer mit der Schichtdicke; ich habe aber zur Methode mit dem duenneren Deckglas (in diesem Zusammenhang) keine Literaturstellen gefunden und so sind mir Zweifel gekommen. Ich nehme doch an, diesem Problem kann man sich mathematisch oder experimentell naehern?!

Beste Gruesse,

Jon

reblaus

Hallo Jon -

es gibt ja einige 40er Endlich-Objektive mit verstellbarer Deckglasdicke 0,11-0,23 . Hast du damit schon herumprobiert? Bei den Unendlichen gibt es einige, bei denen man die Deckglasdicke sogar von Null bis 1,5 mm verstellen kann. Natürlich sind diese alle nicht für deinen Fall berechnet, aber da man hier die Einstellung sowieso meist nur durch Probieren ermitteln kann wäre es ja einen Versuch wert?
Ich weiß, dass man damit beim Inversmikroskop durch einen 0,17 mm Deckglasboden ein ganzes Stücke in die Tiefe (genauer gesagt Höhe) vorstoßen kann.

Viele Grüße

Rolf

TPL

Hallo Jon,
von Nikon gab es bereits zu Zeiten der endlichen Tubsuslänge Objektive, die auch größere "Deckglasdicken" wegstecken konnten (z.B. Achromat 20/o.40 160/0-2 mm, aber auch einen Planachromat ELWD 40/o.55 160/0-2 mm). Wenn ich es recht verstehe, ist dies ja auch eine Aufgabe, bei der im Objektraum ein Medium verhältnismäßig großer Dicke (o,2mm) mit verhältnismäßig großem Brechungsindex (1,33) liegt. Die eingestellten Werte an solch einem Objektiv wären zwar nicht allein ein Ergebnis der Deckglasdicke, aber sie könnten empirisch zu einem befriedigenden Ergebnis führen.

Gruß, Thomas

JB

Hallo Rolf,

Danke fuer den Tip. Du hast recht; mit einem Inversmikroskop waere alles etwas einfacher. Meine Objekte wuerden ausserdem auf das Deckglaeschen absinken und so leichter zu photographieren. Von Leitz gab es leider keine 160mm 40er CORR Objektive, zumindest bekommt man sie nicht zu vertretbaren Preisen (abgesehen von den alten 37mm-170mm Apos). Ausprobiert habe ich es also noch nicht. Nikons LD Objektive fallen mir da als einzige Alternative ein; aber dann muesste ich auch Okulare und Projektive austauschen.

Es muss also bei 40er Trockenobjektiven (NA=0.7) am aufrechten Mikroskop bleiben. Nur wenn man dort mit der Deckglasdicke etwas erreichen kann wuerde mir das weiterhelfen.

Beste Gruesse,

Jon

JB

Hallo Thomas,

Danke fuer den Hinweis. Genau da ist die Luecke in meiner Literatur. Fuer Objektive hoher Apertur (1.3-1.4) ist es ganz entscheidend ob da Glass oder Wasser im Lichtweg ist. Die Objektive sind genau auf die Glass-Oel Kombination abgestimmt; die "erwarten" Glass und bestrafen die Anwesenheit von Wasser mit Farbfehlern.

Wie "nachsichtig" Objektive mittlerer Apertur an dieser Stelle sind, genau dem gilt mein Interesse. Ich koennte aber ganz gut mit Farbsaeumen leben wenn nur die durch die sphaerische Aberration verursachte Unschaerfe nicht ware ...

Mit freundlichen Gruessen,

Jon

Nomarski

Hallo Jon,

mal ein weiterer Gedanke: Was spricht denn gegen den Einsatz einer Wasserimmersion wie z.B. das 40/0,75W von Zeiss, wenn sich deine Objekte ohnehin schon im Wasser befinden?

Viele Grüße
Bernd

JB

Hallo Bernd,

Wie gesagt, Immersion ist leider nicht moeglich. Die Praeparate dienen gleichzeitig zum Vermessen (Objektive 10x-40x muessen dabei staendig gewechselt werden) und zur Dokumentation (fuer Photos muessen es hier Planobjektive sein). Photos (10x-25x) und Vermessung (10x-40x) gehen mit den vorhandenen Plan-Trockenobjektiven ohne Probleme; nur die Photos mit dem 40x sehen aus als waeren sie durch Nebel geschossen. Und selbst wenn ich eine Immersion machen wuerde, die gibt es von Leitz nicht so problemlos wie von Lomo oder Zeiss.

Aber selbst wenn wir keine Literatur zur Berechnung der PSF finden; ich wuerde gern wissen was Du zur Frage "C" denkst. Spielt es eine Rolle ob man die Apertur am Kondensor verringert oder durch die Wahl des Objektives?

Beste Gruesse,

Jon

Nomarski

Hallo Jon,

ich bin nun nicht der Erfahrenste, aber die Verringerung der Kondensorapertur kostet immer zwangsweise an Auflösung. Fraglich ist eben, ob diese dann noch hinreicht für das, was man beobachten möchte. Auch bin ich nicht der große Tümpler, obwohl ich mir das eine oder andere mit Interesse anschaue. Nur bin ich mit zu viel Wasser zwischen Deckglas und dem Objekt noch nie zu optimalen Ergebnissen gekommen. Die Objektive sind eben so gebaut und gerechnet, daß sie die beste Leistung bringen, wenn das Objekt direkt an der Deckglasoberfläche ist. Druckschriften von Herstellern bestätigen dieses.
Nun habe ich schon einige Vorschläge für deinen Sonderfall genannt, das LD-Objektiv könnte man sehr wohl am aufrechten Mikroskop benutzten, wenn man mit einem entsprechend dicken Glas bedeckt, aber ich kenne nun auch nicht alles was es so gibt. Die Erfahrung und vielleicht auch die Lösung wirst du durch eigenes Ausprobieren finden müssen.

Viele Grüße
Bernd

JB

Hallo Bernd,

Stimmt, an ein Sandwich zwischen zwei Objekttraegern hatte ich noch nicht gedacht.

Beste Gruesse,

Jon

Rene

Also Olympus did make 20x and 40x planachro objectives for the 160mm series with coverslip range 0-2mm. Chromatical correction is comparable to Leitz, although the planicity will be slightly affected. I think Optik Online has one for sale, and otherwise give me a PN. As a note, you might have to check the calibration at different settings (!).

I'm still not sure why you don't want to try out water immersion lenses. The Zeiss 40/0.75 or the very cheap&cheerful LOMO 40x/0.75 perform equally well to a depth of around 1mm or more (not entirely sure, I've tested it on diatoms in hollow (depressed) slides, my guess about 1mm depth, and that worked wonderfully). Remnant water evaporates quite quickly, and you might even be able to try it without coverslip.

Of course, the high NA water immersion lenses (NA>1) have just the same (short) working distance as the regular oil immersion lenses.

Best wishes, René

reblaus

Hallo Jon -

mangels besserem mache ich an meinem Inversmikroskop DIC mit einem LD-Kondensor der Apertur 0,63. Der Planapochromat 100/1,4 Oil wird dadurch nur dürftig ausgeleuchtet. Trotzdem werden die Strukturen einer Nitzschia obtusa aufgelöst, was eigentlich mit dieser Apertur nicht möglich sein sollte.

Ein Forumsmitglied (weiß leider nicht mehr wer  - Bernd war's aber nicht) hat dazu konstatiert, dass die resultierende effektive Apertur in diesem Falle der Mittelwert sei, allerdings ohne die Grundlagen dazu weiter auszuführen.

Viele Grüße

Rolf


purkinje

#13
Hallo Rolf,

zu diesen Aspekten hat Hr Husemann in diesem sehr lesenswerten faden http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=1823.0
geschrieben:
Zitat von: hinrich husemann in April 08, 2009, 21:33:54 NACHMITTAGS
wendet man die Abbesche Formel für die Auflösungsgrenze an, dann erhält man - zumindest rechnerisch - für den Fall Objektiv 60/1,4 mit Kondensor-NA = 0,5 bei einer Vakuum-Wellenlänge von 0,55µm (grün) als Auflösungsgrenze d = 0,55 µm /(1,4 + 0,5)  =  0,29 µm ; bei voll ausgeleuchtetem Objektiv 60/0,95 (Kondensor-NA = 0.95) ebenfalls 0,29 µm.
Anders wäre es aber umgekehrt: Mit einem Objektiv der NA = 0,5 und Kondensor-Apertur 1,4 (dort stünde im Nenner zunächst ja auch 0,5 + 1,4 = 1,9) erhielte man dennoch bestenfalls d = 0,55 µm, weil - zumindest nach der Abbeschen Betrachtungsweise - hier die Kondensor-Apertur nicht größer wirksam werden kann, als die des Objektivs. Wegen dieser Unsymmetrie ist es meiner Meinung nach etwas problematisch und kann irreführend sein, von einer "Gesamtapertur" oder einer mittleren Apertur zu sprechen.

und etwas weiter oben auch (!!):
Zitat von: hinrich husemann in April 08, 2009, 19:55:31 NACHMITTAGS

Das vom Objektiv (zusammen mit dem Kondensor) in seiner Aperturblende entworfene Bild der Kondensorblende hat also  - im Gegensatz zu Ihrer Vorstellung - keine Blendenwirkung. Es mindert nicht die Apertur des Objektivs !

reblaus

@ Stefan -

Danke für den Link auf diesen hochinteressanten Zwirn - genau die Erklärungen für meine praktischen Erfahrungen, die ich schon lange gesucht habe!

@Jon -

bei den sehr gelobten Multimmmersions-Neofluaren von Zeiss war ich eigentlich immer enttäuscht, wenn ich die Leistungen von Wasser- mit Ölimmersion verglichen habe.
Und noch ein Hinweis: Ich habe ein Zeiss Neofluar 63/1,25 160/- Öl, das einen Arbeitsabstand von etwa 0,6 mm hat; damit konnte ich in dicken Wasserpräparaten immer recht tief "tauchen" bevor ich eine wesentliche Verschlechterung des Bildes bemerkt habe.

Viele Grüße

Rolf